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Schwierige Szenen

Begonnen von LeO, 08. April 2017, 23:16:52

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Sprotte

Wobei ich Trippelschritts Unterscheidung aber auch sehr wichtig finde, aus welchem Grund eine Szene für uns schwierig ist:
1) Weil sie uns emotional belastet.
2) Weil uns womöglich das Handwerkszeug fehlt, sie zu schreiben.

Bei 1) muß man durch, man darf weinen und fluchen und zähneklappern. Bei 2) entsprechende Szenen lesen und begreifen, wie und warum sie funktionieren.

Antonia Assmann

Ich mops mir das gerade mal von Sprotte:

Wobei ich Trippelschritts Unterscheidung aber auch sehr wichtig finde, aus welchem Grund eine Szene für uns schwierig ist:
1) Weil sie uns emotional belastet.
2) Weil uns womöglich das Handwerkszeug fehlt, sie zu schreiben.

Meine Antwort darauf: 1) Ich kann nicht weiterschreiben und werde es auch nicht tun, weil ich abwarten muss, wie es wirklich jedem mit diesem entscheidenden Einschnitt in meiner Geschichte geht - vielleicht habe ich sie auch aus der falschen Perspektive geplant? Nicht die Handlung an sich wird noch einmal hinterfragt (das steht fest und bleibt auch so) aber die Reaktionen der anderen. Und das kann schon ein wenig dauern, bis ich wirklich wieder alle auf der Reihe habe ... Und vorher schreibe ich nicht. Wenn dann alles in meinem Kopf steht, dann mit Mut und Kaltblütigkeit durch, kein Blick zurück und nichts bereuen.

zu 2) Sofort schreiben. Ohne Rücksicht auf Verluste. Die leichte Übelkeit, die man selbst empfindet, schiebe ich zur Seite ... Das Wissen, dass das Mist ist, auch. Ich will von Punkt A nach Punkt B. Das ich lieber den Luxusliner genommen hätte, statt meinem klapprigen selbstzusammngeschusterten Floß ist klar. Aber ich muss da rüber. Bestimmt kann ich, wenn ich an die Überarbeitung meines Textes komme, es besser. Ich bin ja dann drin im Text, weiß genauer, was ich wollte. Habe Zeit mir Informationen zu holen, Texte zu lesen, zu recherchieren. Aber jetzt geht es sofort weiter. In meinem Fall zögere ich da nie einen Augenblick. Wenn ich das täte, könnte ich es auch gleich ganz lassen. Mir wird immer etwa fehlten, oder ich es persönlich für nicht gut genug empfinden. Aber wenn ich da schon bei der Rohfassung Rücksicht darauf nehme, bin ich lange Zeit weg von meinem Text ...

Ansonsten habe ich gut Reden - ich zögere manchmal ganze Wochen vor einer Szene. Aber eben eher aus Grund 1. Das ist aber ein wenig wie Instinkt. Mein Schreibplan sagt mir, was geschehen soll - Handlung.
Ich war mir sicher, wie das dann aussieht und wie die Reaktion darauf ist. Reaktion
Die Reaktion der einzelnen wird auch nicht die Geschichte an sich ändern, jedenfalls kaum. Aber mittlerweile sind mir ja meine Personen klarer und darum muss ich nachjustieren. Und das kann schon mal ein paar Tage dauern ... Vor allem, wenn man natürlich ein riesen Personal hat ...

Koboldkind

Zitat von: Sprotte am 14. April 2017, 22:37:53
Wobei ich Trippelschritts Unterscheidung aber auch sehr wichtig finde, aus welchem Grund eine Szene für uns schwierig ist:
1) Weil sie uns emotional belastet.
2) Weil uns womöglich das Handwerkszeug fehlt, sie zu schreiben.

Bei 1) muß man durch, man darf weinen und fluchen und zähneklappern. Bei 2) entsprechende Szenen lesen und begreifen, wie und warum sie funktionieren.

Das ist eine schöne und erhellende Zusammenfassung, hilft mir, mich über meiner Schreibtechnik klarer zu werden.
Szenen von Punkt 1 hatte ich bisher wenige. Ganz früher bin ich beim Schreiben in einen Heulkrampf geraten, was ich so nicht gedacht hätte, aber da ist es dann wie beim Heulen über RealLive - das muss jetzt raus und ordentlich abgeschlossen werden, sonst geistert es noch ewig um mich herum. Ich denke, in ähnlicher Art habe ich meistens Schwierigkeiten beim Schreiben, wenn mein Charakter emotional nicht mitkommt oder mich mit Stimmungswechseln straft beim laufenden Schreiben. Da mach ich mir danach viele Gedanken darum, warum die Geschichte nicht wie geplant weiter kommt und ob es meine eigene Wohlfühlzone ist, die da raus spricht oder die Geschichte so wirklich besser wäre...

Szenen bei Punkt 2 habe ich derzeit einen Brocken auf meinem Tisch stehen. Eine Show-Down-Gerichtsverhandlung, ein Thema, mit dem ich so noch gar nicht gearbeitet habe. Es ist nicht geschrieben worden, aber ich weiß, was passieren sollte. Mittlerweile glaube ich, einen besseren Hintergrund gefunden zu haben, ein besseres Werkzeug, aber wie ich dann vorgehe, weiß ich noch immer nicht. Kommt Zeit, kommt Tastatur, nicht wahr?
Witzig, dass Kampf/Actionszenen hier scheinbar so schwer sind. Wobei ich das unterscheiden würde. Kampf wie Duelle und Schlachten, ja, die sind mir auch dumpf, aber meist ist ein Zweikampf eher kurz, wichtig ist für mich nur eine klare, sehr klare Vorstellung davon, was passiert, sonst kann ich das nicht übertragen. Dasselbe gilt für Actionszenen, Szenen mit Tempo, für die ich auch Aufmerksamkeit und Elan brauche, aber die finde ich ziemlich wichtig, vor allen in Abwechslung mit meinen geliebten Dialogen ^^ Was mir da mehr Schwierigkeiten bereitet, sind Kampf-Dialoge. Wer soll wann was sagen, merkt man, wer jetzt die Oberhand hat? Und ist das ganze nicht nur Quark? Sowas kann ich nicht einfach schreiben, wenn ich nicht aufmerksam bin, dafür ist das Überarbeiten solcher Szenen zu tricky.
Wer jetzt nicht wahnsinnig wird, muss verrückt sein.

Silvasurfer

#33
Ich muss sagen, eine Szene zu schrieben, bei der ich von vorneherein das Gefühl habe, das ist Mist, widerstrebt mir von Natur aus sehr. Es ist mir ein absolutes Dorn im Auge und der Idealist in mir möchte, dass die Szene einfach oberaffengeil ist. Ich will im Zustand von Inspiration schreiben nicht einfach irgendwas zu Papier bringen.

Momentan beginne ich jedoch langsam zu begreifen, wie sehr ich mir damit selbst buchstäblich im Weg stehe.

Nicht nur dass ich aus einer Mücke einen Elefanten mache, weil diese Szene ohnehin später einmal überarbeitet werden kann und zwar dann zum Beispiel, wenn mir Ideen für weitere Szenen ausgehen.
Vor allem jedoch gehe ich den Weg nicht weiter und stehe jetzt vor einem Elefanten. Es ist ein verdammt langer Weg bis zum Ende einer Novelle. In 3 Tagen an denen ich die Szene vor mich herschiebe, könnte ich bereits 2, 3 Szenen weitergeschrieben haben, die allesamt inspirierend sind. Und ich weiß, es heißt hätte, hätte Fahrradkette. Natürlich könnte man auch die Lücke in der Erzählung im nach hinein mit der Szene überbrücken, genau so, wie man die geschriebene Szene im nach hinein bearbeiten kann.

Tatsache bleibt dagegen, dass ich, indem ich die Szene vor mich hin schiebe die Dynamik des Schreibens verlieren kann.

Mir gefällt in diesem Zusammenhang vor allem das englische Wort "momentum", welches in Zusammenhang von Bewegung und Sport andeutet dass die Bewegung an sich einen Kraftimpuls erzeugt.  Schreibt Man sie nicht, die besagt Szene, dann bleibt dieses ganz miese Gefühl in dir, es lässt dich nicht los und beklemmt dich. So geht es mir zumindest. Wenn ich sie jedoch geschrieben habe fühle ich mich gleich viel besser und mein schreiben nimmt fahrt auf. Es ist wie, wenn man bei einer Parkour mit seinen Armen von Stange zu Stange hangelt.  Hält man inne, verliert man den Schwung und muss mehr Kraft aufwenden, nimmt man den Schwung in einer Bewegung als Kraftimpuls, dann ist es Leichter und man schwingt einfach mit zur nächsten Stange.  Klar bewegen wir beim Schreiben lediglich unsere Finger aber Bewegung möchte ich hier im abstrakten Sinne verstehen und zwar als die besagte Dynamik des Schreibens. Denn wir bewegen uns schließlich dem Ende der Geschichte entgegen und hangeln und von Szene zu Szene sozusagen.

Manche von uns hangeln sich sogar an einem sehr instabilen Gerüst. Geroge RR Martin spricht von Architekten, die einen Roman planen ehe sie den ersten Stein setzen und Gärtnern, die einen Samen pflanzen, wissen wie man ihn hegt und pflegt während langsam ein Garten voller schöner Pflanzen entsteht,d ie Früchte für neue Samen tragen.

Nicoletta

Also ich kenne dieses Problem, allerdings nicht bei Sterbeszenen oder so. Wie ich das letzte Mal einen Charakter in meinen Buch habe sterben lassen, habe ich beim schreiben durchgehend böse gegrinst und gleichzeitig "Tut mir leid" geflüstert. ;D
Bei mir sind es eher einfach Szenen, die ich vorher nicht durchgeplant habe. Z.b. ein Raum worin sich etwas wichtiges befindet, der Hauptcharakter muss da rein um das zu holen und es stehen aber Wachen vor der Tür. Das war einmal ein Problem von mir, wie schafft er es da rein und wieder raus? Aber nach einigen Monaten Pause, in der ich mir (vergeblich) Hilfe von meinen Lesern (=meine Familie) erhofft hatte, habe ich mich einfach nochmal hingesetzt und dann war es plötzlich eh nicht so schwer.
Ich tendiere leider dazu, ein kleineres Problem dann über Monate zu erhalten als "Es gibt ein Problem, deshalb kann ich nicht weiterschreiben" und zwar ohne genauer darüber nachzudenken. Und wenn ich mich dann wieder hinsetzte und kurz nachdenke, kommt die Lösung ganz von alleine.
Ich hoffe aber auch, wenn ich beim nächsten Buch nicht den selben Fehler wie beim letzten mache (nur sehr grobe Planung im Kopf) dann wird es solche Probleme nicht mehr oder kaum mehr geben. :)

Tinnue

Sehr schwierige Szenen im Sinne von "emotional schwierig zu schreiben" hatte ich jetzt noch nicht, obwohl ich da mit Sicherheit ein paar Vorlagen habe, wo es evtl spannend wäre zu sehen, ob das ganz ohne Durchatmen ginge. Bisher hatte ich damit aber noch kein "Problem", bsp bei einer Vergewaltigungsszene. Ich kann da gut genug wegtreten und es von außen betrachten. Oder Todesfälle, was in den letzten drei Jahren vermehrt vorgekommen ist. Aber das heißt nicht, dass das immer so bleibt. Wer weiß, ob man nicht eine Art Szene dreimal schreibt, und dann bei einem anderen Mal unter anderen (Story-)Umständen andere GEfühle oder Schwierigkeiten beim Schreiben hat.

Was für mich schwierig sind, sind Szenen, von denen ich weiß, dass ich sie nicht gut kann bzw. wo ich beim Plotten schon merke: Ok, das liegt dir nicht so und wird nicht unbedingt so flüssig laufen. Manchmal ist das, wenn ich bestimmte Dinge wie technische Hintergründe oder andere Informationen einbauen muss, die ich vorher recherchiert habe, aber sehr konzentriert bleiben muss und darauf achte, die auch richtig einzubauen, ohne aus dem Fluss zu geraten.
Blöd - aber das fällt hier ein bisschen raus - sind Szenen, die klemmen, weil ich noch nicht genug Material im Kopf habe. Szenen, die ich mir so toll vorgestellt habe, dann aber merke, dass ich bestimmte Dinge noch wissen muss oder dachte, ich bin mir sicher über die Umstände oder den Charakter und kenne ihn dann doch noch nicht genug. Dann klemmt es, weil ich genau merke, die Reaktion passt nicht, weiß aber noch nicht genau, warum. Dann versuche ich hin und her und es will einfach nicht. Und beim Probieren kommt mir dann meistens die Eingebung, wo ich noch nachdenken muss.

Ganz ärgerlich ist wenn im Grundgerüst schon was nicht stimmt. Szenenfolge bsp. Wenn ich dann merke, ich kann da jetzt nicht weiterschreiben, weil ich mich irgendwie verzettelt habe. Da ist noch etwas, was nicht stimmt - eine neue Szene muss her, irgendwo ist eine Leerstelle oder Szenen müssen umgestellt werden, damit es funktioniert.
Da geht es mir dann wie bei @Nicoletta: Ich trage das dann ein Weilchen mit mir rum und versuche, das Problem zu lösen, kann aber vorher nicht weiterschreiben. Bis es dann "Klick" macht.

Galaksy

Ich hatte es einmal, aber das ist lange her. Da war ich vielleicht 13 oder 14? Das Projekt hieß "Der Teufelschlund" und ich habe es abgebrochen, weil ich es nicht über mich gebracht habe, die Szene zu schreiben, in der einer meiner Lieblingscharakere gefoltert wird. Mittlerweile lasse ich mich davon nicht mehr zurückhalten. Im Gegenteil: Ich freue mich auf die Szenen mit den größten Emotionen, ob sie nun negativ oder positiv bin. Ich weiß nämlich, dass die Szenen, die bei mir viel auslösen, das auch bei Lesern wahrscheinlich werden. Nicht zwangsweise, aber wenn ich diese Szenen gut schreibe, dann sind das die Szenen, an denen du eventuell Tränen in den Augen der Leser finden wirst. Gib dir das als Motivation, stell dir den Leser vor, geh durch die Emotionen, weil du willst, dass deine Leser genau das gleiche empfinden. Für mich ist das die Motivation. Ich schreibe für meine Leser.

MynaKaltschnee

ZitatWobei ich Trippelschritts Unterscheidung aber auch sehr wichtig finde, aus welchem Grund eine Szene für uns schwierig ist:
1) Weil sie uns emotional belastet.
2) Weil uns womöglich das Handwerkszeug fehlt, sie zu schreiben.

Bei mir kam es bisher selten vor, dass mich eine Szene wirklich emotional belastet hätte. Selbst Szenen, in denen geliebte Figuren sterben, kann ich relativ problemlos schreiben, auch wenn mir die Sache meist unendlich leid tut für die Charaktere ... *seufz* Aber was tut man nicht alles für eine gute Geschichte?!

Mir fallen auch grundsätzlich Kampfszenen schwer und ich hatte mal ein Manuskript, in dem relativ viele solche Szenen vorkamen. Das war dann ein echter Kampf, das zu schreiben. Ich hatte das Gefühl, mich bei jeder Kampfszene zu wiederholen und immer zu den gleichen Mitteln zu greifen. Sexszenen fallen mir da leichter, denn wenn es um große Gefühle und Leidenschaft geht, ist das meine Welt  ;)
Ich bin nur ein schwarzer Geist, dessen Spinnerei Wort für Wort auf das Papier tröpfelt.

Aria

Wenn ich mit den Figuren verbunden bin, zögere ich nicht bei einer emotionalen Szene. Ganz im Gegenteil. Angespornt von der Intensität versuche ich den Moment zu fangen und ihn festzuhalten. Denn wenn ich es fühle, es mich emotional mitnimmt, kann ich es auch nach außen tragen.
Ich mag Kampfszenen sehr, da es ein verzwicktes Spiel zwischen "so genau wie möglich und so lang wie nötig" ist. Ich glaube sie liegen mir einfach. Auch darf dabei gerne Blut fließen. So nah an der Wahrheit, wie es eben geht.  :darth:

Ich renne eher vor einen Abschnitt davon, oder wenn die Szene ausschlaggebend ist. Dann brauche ich meist zwei, drei Tage ehe ich weiterschreiben kann. Ich weiß auch nicht warum, aber das ist für mich immer eine Hürde.... Das "Jetzt ist es soweit. Du bist an der Stelle angekommen"...

Soly

Zitat von: Aria am 06. Juli 2017, 23:30:50
Ich renne eher vor einen Abschnitt davon, oder wenn die Szene ausschlaggebend ist. Dann brauche ich meist zwei, drei Tage ehe ich weiterschreiben kann. Ich weiß auch nicht warum, aber das ist für mich immer eine Hürde.... Das "Jetzt ist es soweit. Du bist an der Stelle angekommen"...

Das kenne ich auch sehr, sehr gut.
Gerade bei Schlüsselszenen, aber auch bei weniger wichtigen Stellen geht es mir oft so, dass ich mir die Szene Tage vorher vorstelle, als bewegtes Bild, mit genauen Formulierungen im Kopf, und mich total darauf freue, weil sie sich in dieser Vorstellung richtig gut anfühlt - nachdem ich sie dann tatsächlich geschrieben habe (gerne auch nach einer Pause zum tief Luftholen), bin ich immer unzufrieden mit der Szene und kann das Gefühl, es nicht gut genug gemacht zu haben, auch durch mehrfache Überarbeitung nicht abschütteln.
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Trippelschritt

Wenn Du Dir die Szene vorstellst und hast ein paar gute Formulierungen gefunden, dann musst Du sie auch schreiben. Selbst, wenn es nicht vollständig geht und nicht alles klar ist. Morgen ist es dann wieder eine fremde Szene und verdammt hart zu schreiben.

Liebe Grüße
Trippelschritt