• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Wie plotabhängig sind eure Charaktere?

Begonnen von Gwee, 26. Mai 2013, 13:55:34

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Arcor

Das ist sehr unterschiedlich bei mir.
Oft beginnt es ähnlich wie bei Churke oder FeeamPC mit einer Szene oder einer einzelnen Idee. Manchmal betrifft die aber einen Fixpunkt in der Handlung, sodass sich erst der Plot entspinnt, manchmal betrifft es eine Figur, dann ist diese zuerst da.

Aber generell wachsen bei mir die Feinheiten des Plots auf jeden Fall mit den Charakteren, bzw. ergeben sich erst aus deren Verhaltensweisen und Interessen. Anders könnte ich mir das auch nicht vorstellen. Schließlich sind es ja aktive, eigenständige Lebewesen, die sich (leider) nicht in jedes Korsett zwängen lassen, dass man ihnen andenkt.  ;)

Allerdings ist die Plotabhängigkeit sehr unterschiedlich stark ausgeprägt. Bei Kurzgeschichten und in einigen größeren Projekten sind die Figuren für diese eine Geschichte da. Etwas anderes wird es mit ihnen auch nicht geben und all ihre Eigenschaften, Interessen, Ängste und Wünsche sind darauf ausgerichtet, ein möglichst stimmiges Erzählerlebnis dieser einen Geschichte zu kreieren. Andere Figuren hingegen bewegen sich sehr unabhängig vom einzelnen Plot. Mit ihnen kann ich mehrere unterschiedliche Geschichten schreiben. Das macht sie etwas lebendiger als die plotfixierten Figuren, finde ich.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Zurvan

Zitat von: Szazira am 26. Mai 2013, 15:07:56
Bei mir bestimmen Handlungsweisen von Figuren den Plot.

Erst kommen Figuren, dann die Welt (selten umgekehrt, irgendwer muss mir ja von der Welt erzählen), dann nisten sich die Figuren in der Welt ein und beginnen zu agieren. Miteinander, gegeneinander, unabhängig voneinander. Dabei erfahre ich dann auch (meistens) etwas über die Vergangenheit der Figuren und deren Motivation. Daraus entsteht dann der Plot. Nur weil eine Figur im Mittelpunkt des einen Plottes steht, heißt dies noch lange nicht, dass nicht eine andere im Mittelpunkt eines anderen Plottes in dieser Welt steht. Manchmal berühren sich die Handlungsstränge, der eine ist ursächlich bzw. leistet einen Beitrag für den anderen und manchmal sind sie unabhängig voneinander. Das sie unabhängig voneinander sind, heißt aber nicht, dass sie nicht einen Dritten beeinflussen können und eine andere Figur zum handeln bringen.

Kann ich ebenfalls weitgehend unterschreiben. Der einzige Unterschied: Die Welt kommt ebenfalls von Charakteren.
Sie erzählen es mir quasi wie Fremdenführer. Entsprechend habe ich eine sehr enge Bindung zu den Charakteren und manche von ihnen stellen mächtige Tulpas dar. Ich sehe mich da nur als Medium, um die Erlebnisse aufzuschreiben.

Wie ein Charakter entsteht ist ganz unterschiedlich. Wie beispielsweise Ahriman oder Ormazd entstanden - häufige Angelpunkte und/oder heimliche Drahtzieher - kann ich absolut nicht mehr sagen. Sie sind beide mittlerweile 6 Jahre alt und haben sich kaum verändert. Von anderen würde man ein Entstehungsbild und ein aktuelles kaum als die gleiche Person identifizieren (Stichwort Arsiel).

Manchmal träume ich Geschichten auch und diese Träume brechen dann auch aus meinen üblichen Schemata häufig komplett aus.
Dann begleite ich einen Charakter, wie bei einem Film, als reiner Zuschauer.

Almarian

Bei mir ist es meistens so, wie es Zurvan im letzten Absatz schreibt: Ich träume die meisten Geschichten (zumindest die längeren). Dabei stecke ich manchmal in einem Charakter und erlebe alles aus seiner Sicht. Manchmal schwebe ich aber auch über der Szene und sehe die Charaktere von aussen miteinander agieren und habe so direkt ein eher unabhängiges Bild von ihnen.
Bei Kurzgeschichten ist da - wie einige schon schrieben - zunächst eine Idee. Die Idee kann eine Art Schlüsselszene sein, aber auch ein besonderer Charakter, der dann als Prota verarbeitet werden will.

Was mir persönlich noch nicht passiert ist, sind Figuren, die sich wie von selbst in eine Geschichte geschlichen haben. Vermutlich plane ich dafür zu viel vorher?

Muetzenschaf

Bei mir fängt es meistens mit einer Idee an und der nächste Schritt sind dann plötzlich Charaktere, die mir im Kopf herum schwirren. Manchmal ist es auch nur ein Name, mit dem ich eine Szene verbinde.
Auf jedenfall habe ich kein Schema F, wonach ich vorgehe.

Windfeuer

Bei mir sind immer erst die Charakter da. Dann kommt der Plot. Häufig sogar nacheinander, überlappen sich und entwickeln sich gemeinsam weiter. Beides treibt sich gelichermaßen bei mir vorwärts.

Nirahil

Nachdem ich jetzt endlich ein wenig mehr habe, als mein einziges, großes Projekt, kann ich sagen: es ist unterschiedlich für mich. Für die große Geschichte hatte ich erst die Idee, bevor sich die mehr oder minder Hauptfigur dazu herab gelassen hat, sich vorzustellen. Dann kam die zweite und dann die dritte und letztlich sind sie alle im Watschelgang erst in die Idee und dann in den Plot gewandert. Für eine Kurzgeschichte war zuerst die Figur da, die sich mit bescheuertem Namen vor meine Tür gesetzt hat und nicht mehr weg geht, bis ich ihre Geschichte endlich geschrieben habe. Da fehlt mir bisher allerdings immer noch die Idee und die Figur erzählt mir nicht wirklich, was sie von mir will.

Ich glaube ebenfalls, Plot und Figuren funktionieren vor allem miteinander, ganz egal, was zuerst da war. Der Plot funktioniert nicht, wenn die Figuren nicht mitspielen und die Figuren funktionieren nicht, wenn der Plot falsch für sie ist.
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

Minhael

Bei mir kommt das stark darauf an, um was für ein Projekt es sich handelt. Bei Kurzgeschichten habe ich meist zuerst eine Idee. Die Charaktere füllen das ganze Gerüst dann nach und nach, machen es lebendig und wachsen während des Schreibens. Bei meinem Romanprojekt (da hab ich bisher nur eines als Referenz), war mein Protagonist zuerst da, allerdings in Kombination mit einer Schlüsselszene. Alles weitere, also eine Art "Fahrplan" sowie die anderen Charaktere, kamen dann erst später.

Wichtig ist m.M.n. vor allem, dass sowohl der Plot als auch die Charaktere in kein allzu enges Korsett geschnürt werden. Beides sollte sich noch entwickeln können und der Geschichte genügend Raum zur Entwicklung lassen. Vermutlich mit ein Punkt, weshalb es mir schwerfällt, mit allzu tiefgreifenden Plots zu arbeiten.

Ryadne

Bei längeren, nicht-ausschreibungsabhängigen Texten kommen mir in der Regel ein Grundthema und ein, seltener auch mehrere Protagonisten zuerst in den Sinn. Plot und weitere Figuren entwickeln sich dann daraus. Ausnahmen gelten für erträumte Handlungen, da stehen Handlung und die erträumten Figuren am Anfang.
In nahezu jedem Projekt hatte ich aber auch mindestens eine Figur dabei, die erst als kleine Nebenfigur in die Handlung reinkam und sich dann plötzlich zu einer Hauptfigur weiterentwickelt hat, weil der Plot das irgendwie verlangt hat.

Sanjani

Ich brauche eine Spur von beidem. Bisher habe ich mir über so etwas nie Gedanken gemacht, aber beim Lesen des Threads bin ich zu dem Schluss gekommen, dass beides irgendwie vorhanden sein muss, tendenziell aber wohl eher Figuren als Plot. Meist ist es so, dass ich eine Figur im Kopf habe, die irgendetwas Bestimmtes erlebt und eine Idee, was im Lauf der Geschichte passieren soll. Letzteres ist manchmal sehr klar, manchmal aber auch nicht. Ich merke aber, dass ich weder irgendeinen Plot schreiben kann, wenn der richtige Charakter fehlt, noch einen Charakter in einen Plot setzen kann, der nicht irgendwie gemeinsam mit ihm entstanden ist. Aber wie schon gesagt ist es für mich leichter, wenn Charaktere da sind. Ich hasse es, wenn ich in meinem Plot Nebencharaktere brauche, die sich mir überhaupt nicht zeigen, obwohl ich weiß, dass ich sie an Punkt X brauchen werde. Da sitze ich dann meist und weiß genau, was ich schreiben will, aber mir fehlt dann meist der richtige Name und mit dem Namen fehlt meist auch das Gesicht des Charakters. Ich bin in letzter Zeit dazu übergegangen einfach einen Namen zu nehmen, der mir spontan einfällt. Das fühlt sich zwar meist nicht so stimmig an, wie es sollte, aber es funktioniert, zumal ich den Namen hinterher immer noch ändern kann.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)