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"Bruder" schreiben, wenn es der Halbbruder ist?

Begonnen von Ryadne, 24. Januar 2013, 21:45:41

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Ryadne

Hm, offenbar doch keine so eindeutige Sache.
Ich bin den Text heute Nacht nochmal durchgegangen und hab dabei festgestellt, dass die beiden gar nicht zusammen aufgewachsen sind, zumindest nicht im selben Haus. Trotzdem tendiere ich weiter zum "Bruder", da sie, obwohl sie sich nicht mehr sehr häufig sehen, ein sehr vertrautes Verhältnis zueinander haben. In dem Kapitel, in dem mir das Problem zuerst aufgefallen ist, besucht mein Prota seinen (Halb-)Bruder zum Beispiel deshalb, weil er sich mal ausheulen muss. ;)
Ab und an habe ich jetzt aber auch mal auf den "Halbbruder" zurückgegriffen, vornehmlich dann, wenn beide in der Öffentlichkeit sind und der, aus dessen Sicht ich erzähle, sich durch seinen höheren Status etwas ausgegrenzt fühlt. Ich bin beim Nochmal-Durchlesen nicht über diesen Mix gestolpert. Mal schauen, was zukünftige Betaleser dazu sagen...

Jara

Also ich habe nur Halbgeschwister. Während die drei anderen Kinder meiner Mutter, mit denen ich aufgewachsen bin, aber definitiv meine Geschwister sind und ich mir sämtliche Gliedmaßen für sie ausreißen würde, ist die Tochter meines Vaters, die ich mit 13 kennengelernt habe und an der mir nicht besonders viel liegt, weil wir uns einfach nie ein Leben geteilt haben, auf jeden Fall nur meine Halbschwester, wenn nicht sogar "die Tochter meines Vaters".
Ich denke, das verdeutlicht das mit der Perspektive, je nachdem wie das Verhältnis der Geschwister zueinander ist. Ich stelle mich da gerne als dein empirisches Anschauungsmaterial bzw. deine Referenzquelle zur Verfügung ;D

Ryadne

Zitat von: Jara am 26. Januar 2013, 22:55:36
Ich stelle mich da gerne als dein empirisches Anschauungsmaterial bzw. deine Referenzquelle zur Verfügung ;D

;D Das ist nett von dir. Falls sich die Beziehung der beiden dann weiter problematisieren sollte (im Sinne von "Verdammt, irgendwie stehen die sich ja doch nicht so nah"), weiß ich, bei wem ich Rat suche. ;)

Eliyanor Aruval

Ich schließe mich der Meinung, dass "Bruder" völlig in Ordnung ist, an. Ich selbst spreche von meinen Halbschwestern auch immer als Schwestern, weil ich sie so wahrnehme, und in Zeiten, als mein Stiefvater noch mit mir gesprochen hat, habe ich ihn auch immer mit "mein Vater" benannt und das "Stief-" weggelassen. Die Protagonisten in meiner Geschichte sind sogar nur Adoptivgeschwister, Silas ist erst mit dreizehn in die Familie der siebzehnjährigen Elena gekommen und vier Jahre später spielt die Geschichte und die beiden nennen sich Bruder und Schwester und werden nur am Anfang der Geschichte Adoptivgeschwister oder Ziehgeschwister genannt und danach immer Bruder und Schwester, weil die beiden so eine starke geschwisterliche Bindung aufgebaut haben. Es hat halt immer damit zu tun, wie man den anderen sieht. Du kannst die Verwendung der Begriffe ja immer davon abhängig machen, wie die beiden gerade zueinander stehen :)

Christopher

Solange ich keinen Wert darauf lege, es zu betonen, würde ich bei nem Halbbruder auch immer "Bruder" sagen. Halbbruder zu sagen, setzt das ganze irgendwie herab. Möchtest du also nicht, dass dein Charakter die Beziehung herabsetzt, sollte er "Bruder" nutzen.

Zumindest meine Meinung  ;)
Be brave, dont tryhard.

Alaun

Ich sage inzwischen Halbschwester. Absichtlich. Aber auch nur, weil ich Gründe dafür habe. Früher war es immer meine Schwester. Ich denke, wenn die beiden keine Probleme miteinander haben, spricht absolut nichts gegen "Bruder".

Minhael

Ich würde auch auf ein schlichtes "Bruder" zurückgreifen. Ein "Halbbruder" vermittelt meiner Meinung nach zu sehr den Eindruck, es handele sich um ein angespanntes bzw. eher schlechtes Verhältnis.

Evtl. könntest du auch, wenn es zum Plot passt, erst mit einem "Halbbruder" beginnen und während der Entwicklung der Beziehung zu einem "Bruder" übergehen.

Nakýo

Also ich finde schon, dass es einen Unterschied zwischen "Halbbruder" und "Bruder" gibt. Wenn der Erzähler immer wieder drauf hinweißt dass es "nur" sein Halbbruder ist, baut dies eine gewisse Distanz zu dem Protagonisten auf. Benennt der Erzähler den Halbbruder jedoch als Bruder so besteht für mich eine gewisse Nähe zwischen den Brüdern, sie fühlen sich also miteinander verbunden, was im ersten Fall nicht so ist.

Sturmloewin

Genauso sehe ich das auch. Es kommt erstens auf die Beziehung drauf an, aber auch, mit wem man über die Brüder spricht.
Meine kleine Halbschwester wohnt zwar nicht bei uns, aber je nachdem mit wem ich spreche, bezeichne ich sie als Schwester oder Halbschwester. Gegenüber ihrer Mutter bezeichne ich sie als Schwester, gegenüber meiner als Halbschwester. Fremden Leuten gegenüber sage ich auch Schwester, es sei denn, es wird nachgefragt.
So when the world knocks at your front door
Clutch the knob tightly and open on up
And run forward and far into its widespread, greeting arms
With your hands outstretched before you
Fingertips trembling, though they may be
--- Anis Mojgani "Shake the Dust"

Notrya

So einen Fall habe ich auch gerade, wenn auch in einem Königshaus, sodass es da ganz unabhängig vom persönlichen Verhältnis zwischen den Figuren wichtig ist, wer mit wem verwandt ist. Ich habe mich aber dafür entschieden, bei gutem Verhältnis auch "Bruder" statt "Halbbruder" zu schreiben, sobald für den Leser deutlich geworden ist, dass die beiden Figuren in Wahrheit nur Halbbrüder sind, und nur ab und an noch (zum Beispiel durch weitere Figuren) auf das genaue Verwandtschaftsverhältnis hinzuweisen, damit der Leser sich im Verlauf der Geschichte nicht wundert, dass sie unterschiedliche gesellschaftliche Positionen einnehmen oder bei der Erbfolge anders behandelt werden.

Ich würde daher auch sagen, so lange dem Leser das Verwandtschaftsverhältnis klar ist (denn dass sie Halbbrüder sind, ist sicherlich plottechnisch nicht irrelevant ;) ), kann man sie als "Brüder" bezeichnen. Was dann natürlich, wie hier schon mehrfach beschrieben wurde, für ein gutes Verhältnis zwischen ihnen spricht.

Ryadne

#25
Inzwischen ist die Geschichte bei mir ziemlich weit vorangeschritten (für meine Verhältnisse jedenfalls ;) ) und nach den irritierenden Anfangskapiteln habe ich mich jetzt völlig aufs "Bruder" konzentriert, jedenfalls in den Kapiteln, die aus Sicht eines der Brüder geschrieben sind. Da ich möchte, dass ihre Beziehung bei den Lesern auch als eng und freundschaftlich rüberkommt, erscheint mir da "Halbbruder" mittlerweile unpassend.

Einige Kapitel sind aber aus der Sicht von einer geschrieben, die beide erst vor kurzem kennengelernt haben. Bei ihr habe ich es so gemacht, dass sie am Anfang noch die beiden als "Halbbrüder" bezeichnet hat, inzwischen ist sie aber auch zum "Brüder" übergegangen.

Edit: Ich musste gerade an diese Stelle bei "Avengers" denken, als Thor irgendwie meint, Loki sei immer noch sein Bruder und als er auf dessen Missetaten in den vergangenen Tagen aufmerksam gemacht wird, hinzufügt, dass Loki adoptiert ist.  ::) Ist zwar nochmal ein etwas anderer Fall, aber passt ja schön als Beispiel zur Verdeutlichung, wann man bei fortgeschrittenem Beziehungsstatus noch auf der genauen Verwandtschaftsbeziehung rumreiten kann. ;)