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Historische Romane

Begonnen von Don Deran, 30. August 2006, 19:55:43

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Aarmaan

ich für meinen teil lese auch fantasy und historisches und habe eines festgestellt: historische romane sind oftmals komplexer. dort kommt das handeln vieler, verschiedener, meist unzähliger geister zusammen und verknüpft sich in einem riesigen plexus. bei der fantasy habe ich einen (ok, manchmal auch zwei oder drei) autoren, die sich lustige dinge ausdenken. ich für meinen teil finde es eher anmaßend zu behaupten, dass fantasy einen größenen aufwand an eigenleistung mit sich bringt.

Amber

Ich stehe mit dieser Meinung wahrscheinlich ziemlich allein da, aber für mich sind Fantasy und Historie sehr eng verwandt und ich lese und schreibe beides in fließenden Übergängen. Fantasy ist für mich (meist) erfundene Historie. Der Spaß am Fremden und Exotischen, gleichzeitig aber auch die Parallelen zur heutigen / realen Welt ist bei beidem gegeben. Meiner Meinung nach
ist der Arbeitsaufwand in etwa derselbe, ich halte es für genauso schwierig eine fremde Welt zu erfinden wie "neuzuerschließen".... wobei man bei letzteren aber wohl noch stärker aufpassen muss, dass vor lauter Hintergrund die Geschichte nicht absäuft. Ich finde nicht, dass man das eine pauschal als komplexer beurteilen kann, es gibt doch in beiden Genres massenhaft Schund (die wievielte Hexe von Hintertupfingen mit 68er-Gesinnung?).... eine überzeugende, in sich stimmige Darstellung ist bei beiden schwer, aber macht das Lesen doch eigentlich erst schön.

Hr. Kürbis

Also ich denke auch, das man das Genre durchaus miteinander vergleichen kann. Nehme man z.B. die bis ins kleinste ausgearbeitete Welt von DSA, schildere das Leben eher "normaler" Leute (ohne Magie-Overkill, Dämonenstreitmächte, Powerplay etc.) und schon kommt man dem historischen Roman sehr nahe. Das gleiche passiert, wenn man einen historischen Stoff etwas "anreichert", sei es durch Magie oder seltsame Wesen. Fertig ist der Fantasy-Schinken! Auch auf die Gefahr hin, hier gekreuzigt zu werden...
Was ich allerdings nicht verstehen kann, ist die oft auftauchende Arroganz von Autoren des historischen Genres der Fantasy gegnüber, was soll sowas? Erst einen auf "Ich bin ja so toll und hab recherchiert!" machen und dann die armen Feldarbeiterinnen des Mittelalters in Baumwollkleidung auf den Acker zur Kartoffelernte schicken, na ja. Wer schreibt denn hier jetzt Fantasy, häh? :pfanne:


Linda

Hallo Amber und Hr Kürbis,

ich finde eure Ansichten gar nicht so entfernt von meiner eigenen. Ich schreibe Fantasy, weil ich in puncto Literatur den historischen "look and feel" bevorzuge, weil das Leben in einigen Punkten einfacher war, weil mir Reisen zu Pferd und Wagen oder per Pedes uriger erscheinen, weil die Klamotten schöner, weil Kämpfe und Krieg, so schlimm sie waren, durch die relativ überschaubare Waffentechnik noch beherrschbarer gewesen sind, weil ich Spaß habe an unberührten Landschaften, geheimnisvollen Orten, unerforschten Landen.  Und nicht zuletzt, weil ich Freiheit in gesellschaftlichen Fragen besitze und Frauen alles das tun lassen kann, wozu sie und ich Lust haben.
Ich schreibe nicht Fantasy, weil ich es geil finde, erzählerische Probleme durch Magie zu lösen und mir für jeden Mist eine eigene Rasse aus den Fingern zu saugen  ;)

Wenn ich nun die Wahl habe, ein (auf irgendeine nützliche Weise) idealisiertes Fantasiebild zu beschreiben, oder ein verfälschtes Mittelalter, dann fällt mir diese Wahl nicht schwer. Denn wirklich historisch, also darüber brauchen nicht zu streiten, sind die wenigsten "historischen" Romane. Und die erfolgreichen und von der Masse gelesenen noch viel weniger. Die Historienschreiber kochen ihre Kartoffeln auch nur mit Wasser.  Allerdings gibt es im Fantasygenre auch eine Menge Ausrutscher, die durch mein Raster fallen. Unter dem Strich ist es also wieder ausgewogen!

Gruß,

Linda

Arielen

Zitat von: Hr. Kürbis am 05. Oktober 2006, 07:59:00
Also ich denke auch, das man das Genre durchaus miteinander vergleichen kann. Nehme man z.B. die bis ins kleinste ausgearbeitete Welt von DSA, schildere das Leben eher "normaler" Leute (ohne Magie-Overkill, Dämonenstreitmächte, Powerplay etc.) und schon kommt man dem historischen Roman sehr nahe. Das gleiche passiert, wenn man einen historischen Stoff etwas "anreichert", sei es durch Magie oder seltsame Wesen. Fertig ist der Fantasy-Schinken! Auch auf die Gefahr hin, hier gekreuzigt zu werden...
Was ich allerdings nicht verstehen kann, ist die oft auftauchende Arroganz von Autoren des historischen Genres der Fantasy gegnüber, was soll sowas? Erst einen auf "Ich bin ja so toll und hab recherchiert!" machen und dann die armen Feldarbeiterinnen des Mittelalters in Baumwollkleidung auf den Acker zur Kartoffelernte schicken, na ja. Wer schreibt denn hier jetzt Fantasy, häh? :pfanne:

Meine Rede! Die Grenzen sind mehr als fließend, und was heutzutage teilweise als Historienroman untetrgejubelt wirt, ist etwas früher noch Fantasy gewesen. Denn in so manchem Liebesroman sind magische Elemente drin, ob nun besondere Gaben oder hilfreiche Feenwesen. Oder die seit Gabaldon so allseits beliebten Zeitsprünge. Was ist denn das anderes als Fantasy?
Nur die Leute nehmen es hin, weil die meisten Elemente darin ja oft "historisch bewiesene Fakten" sind, und keine "reinen Fantasiegebilde".
Alles liegt im Auge des Betrachters

Hr. Kürbis

Dann taufen wir das Genre einfach um! Nix mehr Fantasy! Das sind dann jetzt "Historische Romane kontrafaktischer Welten"  ;D

*schaut sich suchend im Forum um, wem er das "kontrafaktisch" gestohlen hat, findet das Thema aber nicht mehr"

Darf ich das trotzdem behalten?

*streichelt dem "kontrafaktisch" zärtlich übers "o"*

Linda

#21
Hallo Hr. Kürbis,

das kontrafaktisch haben zuletzt Lomax oder ich benutzt - gestohlen haben wir es aus der Anthologie "Moloch" und der Story "Ein Jahr in der linearen Stadt" von Paul di Filippo, die bei uns lektoriert wurde ;-)
Ein sehr schöner Begriff, der hängengeblieben ist und der nun unter anderem durch die kürbis'sche Nennung weitergetragen wird...

Gruß,

Linda

Arielen

Der Begriff ist aber auch einfach zu gut! Und die Leute müssen erst mal überlegen, was er bedeutet. Damit hat man dann auch gewonnen!
Alles liegt im Auge des Betrachters