Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Feuertraum am 01. Januar 1970, 01:00:00

Titel: Die "böse" Seite
Beitrag von: Feuertraum am 01. Januar 1970, 01:00:00
Schachbretts

Hallo liebe Tintenzirkler!

Wenn das Thema an der falschen Stelle gepostet ist, bitte ich Sie, es in die richtige Rubrik zu verschieben.

Wenn Sie sich jetzt über den Begriff "Schachbrett" wundern: ich hätte ihm auch einen anderen Namen geben können: Boxring, Stadion, Spielfläche und was es alles noch an eingegrenzten Spielräumen zur Verfügung steht.
Ich habe den Begriff nur deswegen gewählt, weil sich auf den 64 Feldern ein spannender, fesselnder Zweikampf abspielt.
Darum geht es ja auch bei einer Geschichte: Der "Kampf" zwischen dem Prota- und Antogonisten, dem Ziel und den Widrigkeiten, die sich in den Weg stellen, Gut gegen Böse.

Ein Schachbrett ist auf seine 8 x 8 Felder begrenzt, nach den Spielregeln darf man keine Figur über die Spielfeldränder hinaus ziehen.
Diese Regel müssen jedoch nicht nur Schachfiguren erfüllen, nein, auch die Prots und Antos sind ihnen unterworfen; man muß also eine Motivation in den Plot einbauen, die den Helden dazu   bringt, nicht das Schachbrett zu verlassen, nicht dem Autoren zu sagen: "Och, weißte, ich hab Null Bock das zu machen".
Der Held braucht also eine Motivation. Aber er braucht auch einen Charakterzug, der diese Motivation und den Weg, den der Held dank dieser Motivation beschreitet, erklärt.
Rache wäre ein Motiv, gepaart mit Ehrgühl, diese durchzuziehen.
Eine ganz große Schwierigkeit jedoch sehe ich beim Part des Bösen. Welche Motivation hat er, das Brett nicht zu verlassen?
Gehen wir mal dem Racheszenario aus:

Famis kommt von der Jagd zurück und sieht sein kleines Dorf abgefackelt, die Einwohner abgeschlachtet, darunter auch seine Eltern und seine jüngere Schwester. Einer der Einwohner, der in seinen letzten Zügen liegt, flüstert Famis ins Ohr, das Graf Zarad hinter dieser Aktion steckt und seine Recken alle Frauen zwischen einem bestimmten Alter verschleppen ließ. Famis stößt ein Schwert gen Himmel und schwört Rache (zugegeben, gähnend langweiliger Anfangsplot, ist halt etwas, was mir eben aus dem Stegreif eingefallen ist; bin halt ziemlich fantasielos)

Jedenfalls bekommt das Böse (auf welchem Weg auch immer) Kenntnis über seinen Gegner. Zuerst will er ihn einfach so töten lassen, als würde er ein lästiges Insekt verscheuchen, das Famis aber aus jeglichen Schwierigkeiten als Sieger hervorgeht, fängt die Sache an, ihn als Spiel zu interessieren. Und dieses Spiel will er gewinnen.
Das wäre eine Möglichkeit, das Böse zu motivieren.

Kennen Sie noch weitere?

LG

Feuertraum
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Zitat.
Das wäre eine Möglichkeit, das Böse zu motivieren.

Kennen Sie noch weitere?

-  der Bösewicht lebt seine sadistische Ader aus, das ist Motivation genug....
-  der, die das Böse ist halt das Böse an und für sich und kann nicht anders... o.k. überstrapaziert, aber immer wieder gern genommen
-  der Bösewicht wird von Rachegedanken beflügelt, ähnlich wie der Gute, aber Rache um der Rache willen ist die "dunkle Seite der Macht"...

Mehr fällt mir spontan nicht ein...

Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Elena am 01. Januar 1970, 01:00:00
Der Böse ist gar nicht Böse, sondern hat nur andere Ziele.
Was "Böse" ist, wird ja immer nur durch die Sichtweise definiert. Oder gehen wir hier von einem "Dark Overlord"-Bösen aus?

Ich würde gern mal einen Bösen haben, der einfach nur ungeschickt ist. Jemand, der irgendwie durch einen Unfall sehr mächtig geworden ist, aus Versehen die ein oder andere Stadt in die Luft gejagt hat und die Gerüchte machen dann den Rest draus (ähm... kennt jemand hier Trigun?). Und er sagt sich: Ja, wenn schon alle Angst haben, kann ich das auch ausnutzen...

Unsere Helden sind dann seine Mutter, die das gar nicht lustig findet, wie sich ihr Sohn aufspielt, sein zukünftige Verlobte (findet die Mutter), die gleich mitkommen sollte (und ein Faible für Dark Overlords hat) und ein Racheheld.

Äh, ich komme vom Thema ab.

- vielleicht ist er nur verzweifelt und benutzt das Böse, um etwas zu schaffen (siehe Darth Vader am Anfang, der Dingsdabumsda ja auch nur retten will, aber dann so etwas durchgängig)
- Weltherrschaft mag jeder
- ein finstere Religion (oder Wissenschaft/oder Magie...) hat ihn verdorben

Öh... Jetzt fällt mir auch nichts mehr ein.

Liebe Grüße,

Elena
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Ary am 01. Januar 1970, 01:00:00
Moin zusammen!

ZitatDer Böse ist gar nicht Böse, sondern hat nur andere Ziele.
Was "Böse" ist, wird ja immer nur durch die Sichtweise definiert.  

Ganz genau.
Ich versuche schon seit Ewigkeiten, mal einen richtig bösen Bösewicht zu erschaffen, der dann aber dummerweise immer einen tragischen Hintergrund bekommt und auf einmal eher tragisch als böse ist.
Die Motivation dieser Charaktere ist oft Rache, aber zum Teil glauben sie (wie mein lieber böser und eigentlich so mißverstandener Venaro) tatsächlich, das Richtige zu tun, weil sie nichts anderes gelernt haben als daß ihre Wege oder eben die ihrer Vorfahren richtig sind.
Die Frage wäre: Was ist denn eigentlich "böse"?
Plattbeispiel: Herr der Ringe, entscheidente Schlacht. Die Elben denken: Die bösen Orks.
Aber denken die Orks nicht auch: Die bösen Elben?

Aber... ohje, das geht OT. SORRY!
Aryana
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatFamis kommt von der Jagd zurück und sieht sein kleines Dorf abgefackelt, die Einwohner abgeschlachtet, darunter auch seine Eltern und seine jüngere Schwester.
*sich an ihrem Mocca verschluckt* Sagen sie mal, Feuertraum... sie haben nciht zufällig "Elfenblut" von mir gelesen? Arinyls Ausgangssituation ähnlet der hier erschreckend.

Bei mir stelle ich fest - das Böse gibt es nciht.
Warum?
Eigentlich gibt es ja diesen Gott, der der Welt nciht wohlgesonnen ist. Der arme Gott ist allerdings... leicht wahnsinnig, besessen - schizophren trifft es vielleicht auch.
Ihn trifft also nciht wirklich schuld, da gibt es ja diese ekelhafte Institution namens "schicksal"(wie ich dieses Wort hasse...).
Nun... man muss also das "schicksal"(*würg*) bekämpfen. Und wie macht man das am besten? Indem man nciht an das Schicksal glaubt. Tschüss, Schicksal. Tschüss, Böses.

Im Grunde konnte mein armer Gott nichts für sein Tun. Gut, er konnte schon was für... aber er war nciht böse. Er war einfach... naja, menschlich.
Und ich hoffe, ich kann das auch beibehalten.
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Elena am 01. Januar 1970, 01:00:00
Zitat*sich an ihrem Mocca verschluckt* Sagen Sie mal, Feuertraum... Sie haben nicht zufällig "Elfenblut" von mir gelesen? Arinyls Ausgangssituation ähnelt der hier erschreckend.

Öh... Fangen nicht ungefähr... na ja, so die Hälfte aller Fantasybücher so an? Mein erstes Manuskript begann genauso, danach hab ich's bleiben lassen. Wobei das letzte auch wieder ähnlich anfängt... Bzw. die Story. Aber da wird kaum einer getötet. Und es geht auch nicht um Rache. Meine Hauptperson wäre gar nicht zu Rachegefühlen imstande, glaube ich.

Genau, noch eine Motivation: Geld! Geld ist immer eine gute Motivation, und womit jemand seinen Unterhalt bestreitet, kann so oder so auszulegen sein.  Schließlich müssen wir alle irgendwovon leben, und nicht alle können dabei immer legal bleiben.

Ansonsten... *überleg* Motivationen der Bösen bei mir:
Der erste wollte seine Geliebte wieder lebendig machen, beim zweiten gab es eigentlich keinen Bösen (da gab es nur unterschiedliche Vorstellung zweier Völker, aber da aus beiden Perspektiven erzählt wird... eigentlich keinen Bösen), dann... wollten alle bloß überleben (da waren meine Helden eigentlich "die Bösen", aber die wollten eben ihr Welt retten, wobei dafür die andere Welt würde untergehen - Interessenkonflikte halt), dann war Rache das Motiv, und zuletzt waren die Räuber irgendwie die Bösen (aus Geldgier) und der König (aus Unfähigkeit).

Bei Monstern kann es auch immer schlichtweg Hunger sein, oder man hat sie dadurch aufgebracht, ihr Frühstück wegzunehmen (Astrid, der wütende, feuerspuckende Drache).

Eigentlich ist die Motivation des Bösen immer wieder eine der interessantesten Sache um zu sehen, was der Autor daraus macht.
"Macht" ist eine sehr beliebte Bösen-Motivation, aber irgendwie finde ich das immer Schade, weil es halt recht oft existiert.  ::)

Liebe Grüße,

Elena
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Astrid am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hm, wie ist es denn bei mir...

Ältester Sohn der Königin, eigentlicher Thronfolger, wird verbannt, weil er sich an einem Mordkomplott gegen die Königin beteiligt haben soll. Seine Schuld kann jedoch nicht nachgewiesen werden.

Sechs Jahre später: Jüngerer Sohn der Königin wird König. Weitere fünf Jahre später: er wird ermordet.

Älterer Bruder prescht in die Hauptstadt und meldet Rechte an. Sohn des jüngeren Bruders kann die Verbannung nicht aufheben, weil er als bloßer Kronprinz dazu kein Recht hat. Er muß also König werden, um den Onkel wieder in seine Rechte einzusetzen. Leider kann er danach nicht zugunsten des Onkels abdanken, weil er bei der Krönung den shajin tragen muß, einen Halsreif, den man nur durch Enthauptung wieder abnehmen kann. Blöderweise ist aber der shajin das ultimative Zeichen der Königsherrschaft, also kann der Onkel auch nicht ohne ihn herrschen. Und der Onkel weigert sich, an zweiter Stelle hinter so einem neunzehnjährigen Grünschnabel zu stehen.

Sprich: zwei Leute, die einander eigentlich recht neutral gegenüberstehen und wahrscheinlich prächtig miteinander klarkämen, werden durch saudämliche Umstände zu Todfeinden.
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Das is wirklich ne SAUdämliche Situation... die is so unglücklich, dass sie als parodie herhalten könnte, wenn mans richtig dreht und wendet.
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Astrid am 01. Januar 1970, 01:00:00
*G* Stimmt. Und das wissen meine beiden Helden auch ganz genau. *GG*
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Termoniaelfe am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatJedenfalls bekommt das Böse (auf welchem Weg auch immer) Kenntnis über seinen Gegner. Zuerst will er ihn einfach so töten lassen, als würde er ein lästiges Insekt verscheuchen, das Famis aber aus jeglichen Schwierigkeiten als Sieger hervorgeht, fängt die Sache an, ihn als Spiel zu interessieren. Und dieses Spiel will er gewinnen.
Das wäre eine Möglichkeit, das Böse zu motivieren.
 
Kennen Sie noch weitere?


Vielleicht ist der Böse einfach nur genervt vom ewig Guten. Immer diese Ritterlichkeit und ständig das Geschwafel von Ehre und Ruhm.


LG
Renate
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Ary am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hi!

*lol* Das kann natürlich auch sein.
Ich mag diese klischeehafte Trennung von dem eklig dunkel Bösen und dem strahlens hellen Licht gar nicht mehr hören... dummerweise hat sich bei mir bereits ein anderes Klischee breitgemahct, das vielgepriesene Gleichgewicht. Von einem Klischee ins Andere. Bäh.

Aryana
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Vielleicht hat der angeblich Gute ja was angestellt, was das Böse so böse gemacht hat - Liebste getötet, etc.
Damit wär der Gute nicht meh gut - und der böse hätte ein Motiv, nicht nur die welt plastt zu machen(das brauchen wir noch),sondern auch gegen den Helden: Rache, Wut, Trauer, alles mögliche.
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Lomax am 01. Januar 1970, 01:00:00
Was ich liebe, ist ein Bösewicht, der eigentlich sehr sympathisch ist. Wenn man mitbekommt, was er tut, findet man das im Prinzip sehr richtig; er wirkt immer vernünftig, und der Leser bekommt das Gefühl, dass er womöglich genau so denken würde ...
  Zu dieser Ebene des Verstehens treten die Taten des Bösen und ihre Auswirkungen allerdings als krasser Kontrast. Sie stoßen einfach nur ab und wirken, trotz aller Begründungen, einfach nur böse.
  Das hat natürlich den Vorteil, dass der Bösewicht keine weitere Motivation braucht: Er tut ja ohnehin das scheinbar nahe liegende, er verhält sich so, wie es für den Leser plausibel scheint ... zunächst. Und das Böse wirkt durch die Spannung zwischen dem vernünftigen Verstehen und dem emotionalen Widerwillen umso schlimmer. Denn der Leser wird immer wieder auf die Frage zurückgeworfen: "Bin ich auch so?"

Am besten ist es dann, wenn auch die Taten des Bösen anfangs gar nicht böse wirken, sondern man das Gefühl bekommt, es ist alles nur ein Missverständnis oder ein Unglück. Der "Gute" scheint dann den falschen zu verfolgen, und der Leser bekommt Gelegenheit, sich mit dem Bösen zu identifizieren. Und dann, ganz allmählich, kippt die Stimmung. Das Problem ist dann nicht, die Motivation des Bösen auszuarbeiten - eigentlich geht es darum, dass der Leser seine eigenen Motivationen in Frage stellt und selbst den Punkt finden muss, wo er sich von dem Bösen abgrenzt.
  Der Konflikt wird dann zu einem Konflikt im Leser selbst. Der Leser muss herausfinden, was beim Bösen eigentlich schief gelaufen ist. Und als Motivation für den Bösen wähle ich deshalb besonders gerne Verhaltensmuster, die allgemein als üblich, anerkannt, vielleicht sogar erstrebenswert gelten und baue dann unmerkliche Brüche ein. Mein Bösewicht hat also gute Gründe für das, was er tut - nämlich die Gründe, bei denen ich davon ausgehe, dass ein Leser dazu nicken würde.

Manchmal jedenfalls. In anderen Fällen sind meine Bösewichte auch einfach nur böse, verrückt, leicht neben der Spur, verrannt oder sonst irgendwie anders. Oder ich komme ganz ohne Bösewicht aus ;D Aber den Bösewicht ins Herz des Lesers zu tragen, das tue ich am liebsten ...
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Astrid am 01. Januar 1970, 01:00:00
Das klingt doch gut. :)

Nett ist es auch, wenn ein Guter etwas Böses tut. Dann sitzt der Leser da und ist hin- und hergerissen - einerseits mag er den Guten wegen der üblichen Identifikation mit dem Helden usw,. andererseits ist das, was der Kerl da gerade getan hat, absolut unverzeihlich, und man möchte ihm am liebsten rechts und links eine kleben, damit er damit wieder aufhört...
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hin und wieder gibt es ja diese verdrehte art von Zuneigung, das eignet sich aber nur in einzelnen Szenen und auch nur, wenn sich die beiden mal nahe gestanden haben.
Sprich: Folter, Sadismus - und dieser herrliche Satz: "Was ich liebe, will ich quälen und langsam zugrunde richten."
Wenn dann noch ein guter Stil oder bei einem Manga gute Zeichnungen dazukommen, sollte sich meine Umgebung die Ohren zustopfen, ich quietsche da sehr schnell.

Verdrehte Zuneigung... das eignet sich besonders, wenn euer "Böser" ohnehin schon nen leichten psychischen Traller hat. Da lassen sich so herrlcihe Motive finden...
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Astrid am 01. Januar 1970, 01:00:00
So etwas findest du gut? ? ?  :o
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Elena am 01. Januar 1970, 01:00:00
Stephen King, finde ich, kriegt das mit dem "Sichtweise des Bösen" Sehen so gut hin... (wenn es nicht ein "DAS BÖSE" ist) Beim Dunklen Turm erzählte er am Ende aus drei verschiedenen Perspektiven (zwei "Böse", eine "gut"), und bei jedem Absatz mit einer anderen Figur fand ich wieder, dass doch dieser Teil gewinnen sollte und war hin- und hergerissen. So etwas mag ich, aber leider schaffe ich es nicht, es in meine eigenen Geschichten einzubauen.


Grüße,

Elena
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatSo etwas findest du gut? ? ?    :o

Öh... ja. ich weiß, ich bin komisch, aber wenn solche Szenen gut geschrieben sind, sind sie einfach nur ein Genuss. Mal was anderes als diese "Ich hasse das Lciht, also quäle ich dich".
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Ary am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hi Manja!

ZitatSprich: Folter, Sadismus - und dieser herrliche Satz: "Was ich liebe, will ich quälen und langsam zugrunde richten."

Ups - seit wann kennst du denn den Bösewicht aus den Traverrachroniken?
*grins*
Mein Venaro ist genau SO ein Typ.
Und er geht noch ein bißchen weiter: "Was ich nicht haben kann, soll auch kein anderer haben, darum wird es zerstört."

 ;D
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Das ist nciht dein Bösewicht. So ähnlich ist mein armer Verrückter aufgebaut. Na, Rinyl hats zu spüren bekommen... autsch. (und das nicht nur körperlich... gewisse Alpträume... *hust*)

Außerdem solltest du DRINGEND Angel Sanctuary und Yami no maatsuei lesen. Dann weißt du, was ich an dieser Sparte von Bosheit finde(besonders, wenn der Böse noch so lecker anzuschauen ist...  ;D)
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Ary am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hi Manja!

Yami no matsuei kenne ich (mangamässig nur die ersten vier Bände, aber ich habe alle Folgen vom Animé gesehen). Von Angel Sanctuary hab ich die ersten Bände hier rumliegen und ich finde es... äh... ziemlich konfus.
Yami no matsuei und Bösewichter... denkst du da an einen gewissen immer weiß gewandeten Herrn Doktor? *grins* Der ist... böse gut!

Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ja. Genau den meine ich. Kluge Aryana.
Für alle, die unseren Onkel Doktor nciht kenne: er ist KRANK. Und genau o, wie wir ihn in unseren Schwärmerein beschrieben haben. *schnurr*
Obwohl... da gibts noch einen... (JEZEBEL RULEZ!)

[nochmal ary: lies AS ganz langsam und in Ruhe, die Story ist so voll und hat so viele Seitenstränge, dass du das nicht zwischendurch verschlingen kannst.)
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Ary am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hi!

Einer noch, sonst geht's wirklich zu sehr OT. Der Doc ist klasse, so ein richtig feises Miststück, aber, Gott, hat der STIL! Genial.

Aber mal davon abgesehen. Venaro gehört auch zu denen, die zerstören, was sie lieben. Die Szene dazu ist noch nicht geschrieben (sie gehört in Band 3 und wir schreiben gerade erst an Band 1), aber sie existiert in meinem Kopf. Ihhhhhh!
Venaro ist so ein "Bösewicht", der wohl keiner wäre, wenn er unter anderen Umständen aufgewachsen wäre. Das totale Erziehungsopfer, darauf gedrillt, sein reich mit eisenharter hand und gnadenlos zu regieren - und dabei übertreibt er.

LG,
Aryana
Titel: Re: Motivation des Bösen unter Berücksichtigung ei
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Nett, was du da sagst...
hach ja, unser doc... (ich schwärme für geistekranke Manga-ärzte, müsst ihr wissen...)

Bei meinem Taiose liegt die sache schon etwas komplizierter. eigentlich hatte er ja sowas wie zwei seelen, die zweite kam aber nie vor, hat aber alles immer durch seine Augen gesehen... hat also auch gewissermaßen Gefühle für die Personen entwickelt, die Taiose üer alles geliebt hat. Also Rinyl und seine Schwester(Taiose wollte die sogar heiraten).
Allerdings starb "Taiose" und die zweite Seele musste ran. Die rolle spielte sie gut, auch weil die gefühle echt und aufrichtig waren - bis dann der Wahnsinn(den hatte sie scohn immer) endgültig durchbrach und sich alles ins gegenteil verkehrte - zack, hat er mal dafür gesorgt, dass das Dorf abfackelt... dabei wurde Rinyls Schwester getötet und zu einem Geist, der bei Rinyl war - aber das eben auch nciht lange, weil "Osczar(so heit unser armer Irrer) ihr einen Körper gibt, sie also weg von Rinyl ist.
Und WARUM? Weil das Rinyl seeeeeehr wehtut. Immerhin - seine schwester ist nun richtig weg. Nicht mehr W wie Weg, sondern GW wie Ganz Weg.
Hach, ich kann so schön grausam sein...
Titel: Der Bösewicht- die zweitwichtigste Person?
Beitrag von: Adam Rosinni am 01. Juli 2007, 21:05:07
Wie macht ihr das eigentlich mit den Bösen in euren Geschichten? Es gibt ja mehrere Vorgehensweisen, und jede hat ihren eigenen Stil.
Geht ihr immer aufs Ganze und versucht, durch Brutalität den abgrundtiefen Charakterspiegel der Person wiederzugeben? :darth:

Macht ihr dem Leser klar, dass tragische Umstände den Bösewicht zu dem gemacht haben, was er ist? Soll man am Ende Mitleid mit ihm empfinden oder sich freuen, wenn der Held das Schwert nimmt und die Bedrohung beendet? :pfanne:
Das ist natürlich nicht immer so einfach zu erreichen.

Wie macht ihr das mit den Schwarz- Weiß- Klischees? Man sollte ja nicht übertreiben, aber der Böse muss ja aufgebaut werden....  :-\

Hmmm. Es interessiert mich Mal, wie ihr das regelt.
Titel: Re: Der Bösewicht- die zweitwichtigste Person?
Beitrag von: Artemis am 01. Juli 2007, 21:54:47
Ähem ... *hust*

Das Thema hatten wir schon so oft, dass es dazu kaum mehr was zu sagen gibt. Erst suchen, dann schreiben  ;)
Titel: Re: Der Bösewicht- die zweitwichtigste Person?
Beitrag von: Adam Rosinni am 02. Juli 2007, 16:45:08
Aha.
Genauer gesagt gibt es dazu 3 andere Beiträge.

Zitat von: Artemis am 01. Juli 2007, 21:54:47
Ähem ... *hust*

Das Thema hatten wir schon so oft, dass es dazu kaum mehr was zu sagen gibt. Erst suchen, dann schreiben  ;)

Es ist nicht unbedingt so, dass ich mir die Zeit nehme, alle 1600 Themen durchzusehen. Außerdem habe ich danach gesucht, und nicht die konkrete Fragestellung wie angezeigt gefunden. Es mag sein, dass viele Diskussionen über dieses Thema geführt wurden, aber ich sehe absolut nicht ein, weshalb ich meine Fragen in ein Thema aus dem Jahr 2006 oder sogar 1970 (???) schreiben soll.

Tja. Ich fürchte, das Thema kann dann wohl gelöscht werden, wenn keiner Lust auf ein solches Gespräch hat. Auch egal.

Adam Rosinni
Titel: Re: Der Bösewicht- die zweitwichtigste Person?
Beitrag von: Artemis am 02. Juli 2007, 16:55:32
Aber nein, das Thema muss nicht unter den Tisch gekehrt werden  ;)

Poste doch einfach in einem der älteren Themen, dann flutscht das wieder hoch, und die anderen können mitreden. Wo ist da das Problem? Oder nimmst du für jede neue Rechnung gleich nen frischen Ordner? Die werden auch gesammelt, über Jahre hinweg - ein ganzes Regal voll Ordner würde die Sache auch nicht übersichtlicher machen als ein Berg Blätter  ;D

Also, poste in einem der älteren Themen, was dir auf dem Herzen liegt, und wir kommen gern darauf zurück. Aber wenn man zu einem Sachverhalt 3, 4 Themen in einem Board hat, stresst das unsere Mods doch ganz gewaltig ... nicht umsonst werden doppelte Themen zu einem verwurschtelt  ::)
Titel: Re: Der Bösewicht- die zweitwichtigste Person?
Beitrag von: Moni am 02. Juli 2007, 19:56:06
Zitat von: Adam Rosinni am 02. Juli 2007, 16:45:08
weshalb ich meine Fragen in ein Thema aus dem Jahr 2006 oder sogar 1970 (???) schreiben soll.

Es gibt keine Beiträge aus 1970, das hat was mit der Portierung vom YaBB Forum auf das SMF Forum zu tun...  ;D Ganz so lange gibt es uns dann doch noch nicht.

Was die Sache mit doppelten oder dreifachen Threads angeht: wenn ein wirklich komplett neuer Aspekt eines Themas beleuchtet werden soll, macht ein neuer Thread sicherlich Sinn. Wenn es aber genauso gut in einen bereits vorhandenen Thread passt, ist es doch kein Problem, die Fragestellung dort hineinzuposten. Und gerade deine erste Fragestellung hatten wir bereits, auch wenn es vielleicht nicht der gleiche Wortlaut war.

Zu schwarz-weiß hatten wir zum Beispiel kürzlich erst den hier: http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=1691.0
Ähnlich gelagert war: http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=1619.0
Auch hier ging es darum: http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=422.0
Den Bösewicht haben wir hier: http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=377.0

Es juckt einem zwar manchmal in den Fingern, seine persönliche Frage in einem neuen Thread zu eröffen und sich durch viele alte Beiträge zu lesen ist sicherlich auch manchmal schwer, aber als Autor sollte man auch vor einer längeren Recherche nicht zurückschrecken...  ;)

Ich schaue mal, in welchen der anderen Threads deine Frage am besten passt und dann verbinde ich beide Threads. Es ist ja Sinn der Sache, in einem Forum durch neue Mitglieder auch neue Impulse zu gewinnen, was auch durch einen neuen Kommentar in einem alten Thread sehr gut funktioniert.

Lg
Moni
Titel: Re: Der Bösewicht- die zweitwichtigste Person?
Beitrag von: Linda am 02. Juli 2007, 20:57:26
Hi,

ich als altgedientes Zirkelmitglied empfinde es als ziemlich motivationstötend für jegliche Mitarbeit im Zirkel, wenn Neulinge sich nicht die Mühe machen, die alten Threads zu durchsuchen und zu gucken, was die "alten Säcke" vor zwei Jahren (also Anno Tobak) schon mal zu einem Thema geschrieben haben.
  Wir sind eine aktive Gemeinschaft und haben uns, teils recht dezidiert, auch schon ausführlich zu vielen Problemen geäußert. Gerade für Neulinge steckt da eine ganze Menge Wissen und Erfahrung drin. Muss ich noch sagen, dass ich mich nicht gerne wiederhole?

Also, warum gleich einen neuen Thread eröffnen, anstatt den alten hervorzukramen, zu lesen und dann u. U. einen neuen Aspekt aufzugreifen.
Das führt bei mir zu einem "bitte nicht schon wieder"-Effekt und Überdruss. Und das bezieht sich nicht speziell auf dieses Thema oder auf diesen Poster. Also bitte nicht persönlich nehmen.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Der Bösewicht- die zweitwichtigste Person?
Beitrag von: Adam Rosinni am 02. Juli 2007, 21:09:50
Das ist schon OK, ich habe nur nach dem Tehmenverzeichnis "Böse", "die Bösen" und so weiter gesucht... Das Thema, ob Orks auch gut sein können, kannte ich zwar, wusste aber nicht, dass es dann in die Richtung abschweift.

"Die Orks" von Stan Nicholls habe ich gelesen. Ein gutes, spannendes, solides Stück Bestsellerfantasy. War sehr lustig, mal einen anderen Aspekt der Orks vermittelt zu bekommen. (Für alle, die es nicht gelesen haben: Dort sind Orks die guten Helden, so komisch es auch klingt)...

Na, bis dann

Adam Rosinni
Titel: Re: Der Bösewicht- die zweitwichtigste Person?
Beitrag von: Moni am 03. Juli 2007, 14:19:32
@Adam: Ich benutze gar nicht so oft die Suchfunktion, sondern Klicke mich durch die Seiten in den Boards. Oft verrät einem der Titel der Threads ja schon einiges und man findet manches besser, als über die Suche. Das nur so als Tip nebenbei...  ;)
Titel: Die "böse" Seite
Beitrag von: zDatze am 31. Oktober 2007, 21:43:19
hmm ich hoffe, ich werfe hier nicht schon wieder eine Frage auf, die bereits woanders gestellt wurde ... (diesmal habe ich sogar die Suchfunktion verwendet, aber nichts gefunden^^)

Meine Frage: Hat sich schon einer von euch damit beschäftigt ein Buch zu schreiben, dass wirklich die "böse Seite" darstellt?

Mir ist bewusst, dass man nicht einfach zuwischen "gut" und "böse" unterscheiden soll und kann. Diese Schwarz-Weiß-Abgrenzung ist nicht das, was ich meine. Ich denke da an eine Geschichte, die nicht von den Abenteuern der Helden handelt, sondern von dem/den Bösewicht/en.
Mich würde auch interessieren, ob jemand von euch schon so ein Buch in Händen gehalten hat ...

lg zdatze

edit: aja, wenn das hier falsch ist, bitte verschieben :)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Coppelia am 31. Oktober 2007, 21:54:58
Irgendwie glaube ich, das Thema gab es schon mal, aber:
Mache ich mit Vorliebe und habe ich auch schon veröffentlicht.

Es wird allerdings jedem auffallen, dass die Person, aus deren Sicht die Ereignisse geschildert werden, niemals ganz böse sein wird. Das ist schon allein deswegen unmöglich, weil man ihre Beweggründe durch die Geschichte versteht. Daher würden Leser meiner Geschichten vielleicht einwänden, dass meine Hauptfiguren gar nicht die Bösewichte seien. Doch, kann ich allen versichern, sie sind es; es ist nur nicht mehr zu bemerken, denn aus ihrer eigenen Perspektive sind eben andere Leute die "Bösen".

Tethneka erzählt die Geschichte des bösen Bruders, der sich mit Schwarzmagiern verbündet, um den Thron seines Vaters an sich zu reißen. Der Gegenspieler ist natürlich sein "guter" Bruder.
Die Galotta-Romane erzählen vom bösen Hofmagier, der sich gegen seine ehemaligen Brötchengeber wendet, nachdem ihm seine Forschungen über den Kopf gewachsen sind.
Andere Hauptfiguren sind bei mir die Handlanger des bösen Obermotzes, Angehörige eines menschenopfernden Volkes, ein egozentrischer Politiker, zwei Kleinkriminelle, die einer bösen Organisation dienen müssen ...
Die würden alle in die Schublade mit der Aufschrift "böse" gesteckt werden. Und wenn eine echte Heldengruppe daherkäme, würden die Helden diese Figuren töten wollen, und alle fänden es ok.
Keine dieser Personen halte ich durch und durch für böse, aus der Sicht einer wirklich durch und durch bösen, bestialischen Person könnte und wollte ich nicht schreiben.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: DarkDreamer am 01. November 2007, 00:14:13
Mhmmm ... einen ganzen Roman noch nicht, aber eine Kurzgeschichte, wobei auch bei mir der Chara (Schwarzmagier) nicht in "seinem" Sinne Böse ist und ich ihn auch selber nicht für Böse halte. Er ist eben von seinen guten Absichten überzeugt, auch wenn es aus der Sicht der Meisten wohl eher die "böse" Seite ist. Er denkt eben ein wenig anders, als der Normalo. Aber darin lag auch wider der Reiz ... ok, anderes Thema.
Gelesen habe ich so ein Buch, soweit ich noch weiß, noch nicht, wobei ich es mir sehr unterhaltsam vorstelle, da es eben einfach mal etwas "anderes" ist :-) Empfehlungen in der Hinsicht wären wirklich sehr interessant!
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Sarina am 01. November 2007, 08:06:23
Ich finde Bücher interessant, die mal von der anderen Seite geschrieben wurden. Habe erst eine Kurzgeschichte geschrieben, die aus der "bösen" Seite handelt, auch wenn man es erst am Ende merkt.

Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: saraneth am 01. November 2007, 11:29:00
Bücher, welche aus der Sicht der "Bösen" geschildert sind, sind interessant. Aber ich denke, wie zDatze, dass selbst die "Bösen" nicht nur böse sind.

Helden haben ja auch ihre schlechten Seiten und handeln nicht immer heldenhaft, aber man versteht es. Genauso ist das auch mit den Bösen, wenn der Autor die Charaktere gut herausarbeitet.

Ich persönlich habe noch keine Geschichte aus der Sicht des Bösen geschrieben. Jedenfalls keine längere. Einige Kurzgeschichten schon, aber die sind schon ewig her.

Vielleicht sollte ich das mal in Angriff nehmen... ;)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Grey am 01. November 2007, 11:51:29
Hmm ... ich bin gerade bei einem Romanteil, der aus der Sicht meines Lieblingsdämons erzählt wird. Er ist böse. Er ist grausam. Er ist durch und durch schlecht, wie es sich für einen Dämon gehört. Und ausgerechnet er hat das Pech, aus Versehen in den Besitz einer menschlichen Seele zu gelangen ...  :gähn: Ich hab ihn sehr lieb und leide mit ihm, auch wenn er das nicht zu schätzen weiß. ;D

Er ist jedenfalls durchaus einer der Protagonisten. Fragt sich nur, ob er es auch schafft, Sympathieträger zu werden ... ::) Die Dinge aus seiner Sicht zu betrachten macht jedenfalls unheimlich Spaß! ;D
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Sarina am 01. November 2007, 11:59:47
Grey, dein Plot hört sich sehr interessant an.
ICH würde so ein Buch (oder Geschichte) bestimmt lesen.  :jau:
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Grey am 01. November 2007, 12:03:21
Das freut zu hören, es wird nur leider noch 10 Jahre dauern bis das Buch fertig ist. ^^

Diese Geschichte um Skgrothuneth ist nämlich nur ein ganz bescheidener von vielen bombastischen Handlungssträngen ;D
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Sarina am 01. November 2007, 12:08:43
ok, wenn ich 10 Jahre warten muss...Sag mir dann einfach bescheid  ;D
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lavendel am 01. November 2007, 13:18:33
Ich habe schon öfter festgestellt, dass es in meinen Bücher einfach keine 'Bösen' mehr gibt. Irgendwie sind die Charaktere alle kaputt und mehr oder weniger moralisch korrekt, aber böse... ne. Antagonisten gibt es schon, aber so richtig fies und von Schlechtigkeit nur so durchdrungen sind die auch nicht. Genauso, wie die Protas nicht durchgängig nette Menschen sind.

Und in 'Die Rache der Kastratoren', wie ein Freund Greys und mein Megaepos getauft hat, gibt es zwar einen wahnsinnigen und besessenen Magier - aber wenn die Geschichte richtig losgeht ist der schon längst tot.

Interessant finde ich es aber auf jeden Fall, aus der Perspektive von den Leuten zu schreiben, die sonst immer nur fies lachen und am Ende schreien müssen 'Nein, das kann nicht sein! Ich bin doch unbesiegbar!" (oder so ähnlich). Das gibt ja Stoff für ganz andere Geschichten her. Und die brauchen wir mal ganz dringend, wenn ich so in die Ladenregale gucke. Letztens meinte jemand zu mir (liest wohlgemerkt Harry Potter und His Dark Materials ), Fantasy fände sie blöd. Die war allen Ernstes der Ansicht, nur sowas wie Die Orks/Trolle/Zwerge/wasweißichs, das sei Fantasy. Uff, hab ich gedacht, das ist schlimm. So langsam muss da mal was anderes in die Buchhandlungen...
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 01. November 2007, 13:29:41
Zitat von: Lavendel am 01. November 2007, 13:18:33Die Orks/Trolle/Zwerge/wasweißichs[/i]
Apropos: Die Orks - Die Trolle - Die Goblins - Die Oger ...: Ein großer Teil der "Völkerfantasy" ist aus der Sicht der sogenannten "Bösen" geschrieben. Die Grundidee ist also schon im Mainstream fest vertreten.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Cailin am 01. November 2007, 13:46:22
Zitat von: Lomax am 01. November 2007, 13:29:41
Apropos: Die Orks - Die Trolle - Die Goblins - Die Oger ...: Ein großer Teil der "Völkerfantasy" ist aus der Sicht der sogenannten "Bösen" geschrieben. Die Grundidee ist also schon im Mainstream fest vertreten.

Aber auch wenn sie in anderen Romanen 'die Bösen' sind, gibt es in 'ihren' Romanen einen, der noch böser ist, bzw. die Rolle des Antagonisten hat.  :darth:

'Böse' ist also wohl doch immer eine Frage der Perspektive. - Aber die Theorie hatten wir glaube ich schon. :hmmm:
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lavendel am 01. November 2007, 14:27:21
Ja, stimmt Lomax. Die Orks habe ich ja sogar gelesen - allerdings kann ich mich nicht besonders gut an das Buch erinnern. Der Einhorndildo war aber echt... *urgs*
So richtig böse waren diese Orks aber nicht, fand ich. Haudraufs, das ja, aber es war mehr nach dem Motto, schaut mal, wie lieb die grünen Grunzer eigentlich sind. Und so cool dabei! Wie die metzeln können... Naja. Lassen wir mal das Geläster. Wir sind ja alle nur neidisch *räusper*
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Sarina am 01. November 2007, 14:35:35
Einhorndildo???

Scheint, als wäre die Entscheidung das Buch nicht zu lesen die richtige gewesen...
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Wölfin am 01. November 2007, 14:39:19
Naja,
mein erster Roman war einmal aus Sicht der "Guten" und einmal aus Sicht der "Bösen" geschrieben. So wollte ich zeigen, dass böse eben nicht gleich böse ist, sondern jeder seine Motive/Beweggründe hat.
Von der Idee her ist das auch gar nicht so schlecht geworden, aber wenn ich mir heute den Stil angucke....  :d'oh: :nöö:
Naja, ich war noch jung und unerfahren. Jetzt bin ich etwas älter und ein kleines wenig erfahrener....oder auch nicht.

Okami
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Warlock am 01. November 2007, 15:27:37
Ja, ich kenne solch ein Buch. Sehr gut sogar. Es ist mein eigenes.

Mich hat schon seit je her die dunkle Seite fasziniert, ohne dabei
gleich "böse" mit assozieren zu wollen. Ich finde die "dunklen" Typen eben
am besten.
_____________

Es kommt in jedem Märchen vor, in jedem gutem Film und auch überall sonst. Aber was ist eigentlich Gut und was ist Böse?

Böse:
Die Menschen suchten bereits früh die Gegensätze. Schon in der Steinzeit hielten sie z.B. den Säbelzahntiger für böse, weil er sie angriff. Aber ist es wirklich böse, wenn man wie der Säbelzahntiger nur versuchte zu überleben? In den Augen des Urzeittigers waren die Menschen böse, weil sie ihn töten und verwerten wollten. Somit liegen Böse hier im Auge des Betrachters. Sobald zwei konkurrierende Mächte aufeinander trafen, galt immer die gegnerische Macht als böse oder zu mindestens falsch. Doch woran lag das? War man nicht bereit, die Meinung des Anderen zu akzeptieren? Oder wollte man nur auf seinen eigenen Vorteil hinaus? Hätte der Säbelzahntiger sich andere Beute als den Menschen gesucht, hätten unsere Vorfahren vielleicht nie von dem Raubtier erfahren. Somit beruht das Gut – Böse Prinzip auf Gegensätzlichkeit.

Gut:
Hier wäre das Beispiel Mittelalter angebracht. Die Leute glaubten damals an die Wirkung des Ablasshandels (,,Wenn das Geld in der Kasse klingt, die Seele in den Himmel springt"). Nie wären sie auf den Gedanken gekommen, dass die Kirche sie nur zu ihrem eigenen Vorteil ausnahm. Doch warum vertrauten sie der Kirche? Ganz einfach: Einmal konnten viele einfache Leute weder lesen noch schreiben, aber der größte Teil sah die Kirche als ,,gut" an. Nie würden das Volk auf die Idee kommen, dass ,,ihre Beschützer vor dem Teufel (der damals für alles verantwortlich gemacht wurde)" sie hintergehen können. Und doch kam es so. An diesem Beispiel sehen wir, dass Gut und Böse auch etwas mit der Erscheinung und dem Geben nach außen hin zu tun hat.

Zusammenfassung von Gut und Böse:
Gut und Böse liegen im Auge des Betrachters. Ein Terrorist würde sich niemals als böse ansehen, er denkt, er opfert sich für seinen Glauben und sein Land und gilt somit als gut.

In seiner Vorstellung ist die Regierung ,,das Böse", während wir es genau anders herum sehen.

Gut und Böse beruht auf Gegensätzlichkeit. Wenn kein Gut da ist, kann es auch kein Böse geben.

Gut und Böse haben etwas mit dem äußeren Erscheinungsbild zu tun. Handelte man oft gut und kam überzeugend rüber, traute einem niemand mehr eine ,,böse Tat" zu. Man munkelte dann höchstens, man wäre ,,besessen".
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: saraneth am 01. November 2007, 15:45:41
@ Grey: Das erinnert mich ein wenig an Bartimäus von Jonathan Stroud. Der Dämon war, aus meiner Sicht, jedenfalls ein sehr großer Sympathieträger. Auch, wenn er so seine Macken hatte. ;)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Grey am 01. November 2007, 16:03:20
Hm, hab ich nicht gelesen ... werd ich glaub ich auch nicht, um mich vor Plagiatsvorwürfen zu schützen ^^
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: zDatze am 02. November 2007, 23:41:07
Sehr interessante Beiträge.  Danke an euch alle :)

Bitte nicht böse sein, wenn ich noch ein bisschen aushole und nachträglich einige weitere Fragen in die Runde werfe.^^

Einige haben ja schon Erfahrungen mit der "bösen" Seite gemacht ... in welcher Weise hat sich euer  Char von anderen unterschieden? Andere Gedankengänge, Handlungen und Reaktionen? Was versteht ihr unter einer typisch "bösen" Handlung? Oder besser ausgedrückt: was hat ihn/sie böse gemacht?
Oder einfach "nur" Interessenkonflikte?

Mich würde es extrem reizen mal was in diesem Bereich zu schreiben, doch habe ich meine Zweifel, dass die Hauptfigur dann glaubwürdig rüberkommt. Deshalb all diese Fragen.  ::)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Grey am 02. November 2007, 23:58:14
Wenn ich mal Darkwing Duck zitieren darf: "Oh nein, jetzt kommt wieder die alte Geschichte Wie ich böse wurde ..."

In anderen Worten: Böse wird man nicht. Entweder man IST ein wirklich böses Wesen (wie ein Dämon eben) und einfach im Dunkel geboren. Oder man ist es eben nicht und wird halt einfach nur ganz kolossal missverstanden von den sogenannten Guten.

Was die Darstellung eines solchen Charakters betrifft, unterscheidet sich eigentlich nicht wirklich davon, einen "normalen Helden" darzustellen. Entweder du schaffst es, dich ausreichend intensiv mit ihnen auseinanderzusetzen, um ihre Sicht der Dinge hinterher glaubwürdig schildern zu können, oder solche Charaktere passen einfach nicht zu dir. Du kannst ja niemanden zwingen, in deinem Kopf einzuziehen. Da hilft nur ausprobieren. Wichtig ist, von vornherein nicht mit zu genauen Vorstellungen ranzugehen, wie so ein "Böser" sich verhalten soll. Hör zu. Dann werden deine Fieslinge dir schon erzählen, wie sie so drauf sind ;)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Coppelia am 03. November 2007, 08:12:18
Ich denke schon, dass man böse werden kann, allerdings kann man wohl kaum absolut böse werden (ebenso wenig wie absolut gut), es sei denn, man ist kein menschliches Wesen. ;)

Eine böse Person qualifiziert sich in meinen Augen durch böse Taten. Wenn ein verständliches System dahinter steckt, umso schlimmer. Aber was ist eine böse Tat? In meinen Augen das, was man bewusst tut, um sich selbst Vorteile zu verschaffen, dabei aber anderen schadet. Wenn eine Figur nicht weiß, dass sie anderen schadet, sondern denkt, sie tut das Richtige, ist es zweifelhaft, ob man wirklich eine böse Figur hat.

Aber als optimistische Natur glaube ich, dass auch eine böse Figur besserungsfähig ist, zumal eine Hauptfigur.

Ich hab mal eine Liste mit den Klischeebösen erstellt und wollte immer eine Art Fragebogen machen, "welcher Bösi bist du?" ... wenn ich mal wieder Zeit hab. ;D
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 03. November 2007, 10:02:03
Zitat von: Coppelia am 03. November 2007, 08:12:18Aber was ist eine böse Tat? In meinen Augen das, was man bewusst tut, um sich selbst Vorteile zu verschaffen, dabei aber anderen schadet.
Dann wäre ja schon ein Wettläufer böse, der sich ernsthaft Mühe gibt, schnell zu laufen, und dabei seinen Konkurrenten überholt. Oder der Käufer, der das letzte Stück ein Sonderangebots ergattert ;D
Ich denke, es fällt schwer, das Böse abstrakt zu definieren. Aber man erkennt es, wenn man es sieht. Leider erkennt jeder ein wenig anderes, und damit fangen dann die Probleme an, die das Thema interessant genug machen, um darüber zu schreiben - was der "Klischeebösewicht" nicht leisten kann, denn der zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass alle Erkennungsprobleme ausgeklammert werden.

Ich persönlich halte es übrigens für "böse", jemandem zu schaden, wenn man selbst keinen Vorteil davon hat. Das mögen viele für selbstverständlich und eine Mindestanforderung halten - trotzdem wird man überrascht sein, wie viele Alltagssituationen schon davon betroffen sind.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Sarina am 03. November 2007, 10:30:52
Unter "dabei den anderen schadet" würde ich aber verstehen, wenn dein Wettläufer den anderen vorher Schlafmittel verabreicht oder ein Bein stellt ;-)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Dorte am 03. November 2007, 10:59:18
Ich würde auch wie Lomax den Schaden als Schwerpunkt nehmen und den Vorteil als Bonus. Besonders böse ist es doch, wenn jemand andere fertig macht, obwohl es ihm überhaupt nichts bringt - außer persönlichem Kick vielleicht.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Coppelia am 03. November 2007, 11:41:08
Der persönliche Kick ist doch ein entscheidender Vorteil ... ;) Den habe ich natürlich bei den Vorteilen mit eingerechnet. Ich weiß ja selbst (leider), dass viele Menschen einfach nur andere deswegen fertig machen, weil sie sich selbst dadurch "cool" fühlen. Ich vermute, wenn es ihnen wirklich gar nichts brächte, kein besseres Gefühl und auch sonst keinen Vorteil, täten sie es nicht.

Das mit dem Laufen ist aber kein so gutes Beispiel. Wenn mehrere Leute laufen, dann sind alle darauf vorbereitet, so gut zu laufen, wie sie können, und dass einer von ihnen gewinnt und die anderen verlieren. Indem sie mitlaufen, zeigen sie ja, dass sie damit einverstanden sind. Es ist aber etwas anderes, wenn jemand überfallen und ausgeraubt wird - darauf ist man nämlich normalerweise nicht vorbereitet und auch nicht einverstanden. ;)

Oh nee, Sokrates. Ich glaube, ich bin gefangen. Ich muss weiter, ehe ich in Aporie gerate. ;D
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: saraneth am 03. November 2007, 11:58:43
Oh, eine Idee, eine Idee. ;D Wie wärs, wenn man einfach einen durch und durch Bösen (mit Beweggründen) den Guten umbringen lässt.

Sozusagen einen kompletten Satire-Roman mit Fantasy auf die Beine stellt. Aus der Sicht des Bösen. ;)

Versteht jemand, was ich meine? oO
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 03. November 2007, 12:38:28
Zitat von: Coppelia am 03. November 2007, 11:41:08Der persönliche Kick ist doch ein entscheidender Vorteil ... ;) Den habe ich natürlich bei den Vorteilen mit eingerechnet. Ich weiß ja selbst (leider), dass viele Menschen einfach nur andere deswegen fertig machen, weil sie sich selbst dadurch "cool" fühlen.
Das ist die offensichtliche Seite dessen, was ich meinte. Die problematischen Fälle sind subtiler.
  Als idealtypisches Beispiel ziehe ich gerne einen Fall aus meiner Ausbildungszeit heran. Damals stand ein Passus im Vertrag, dass man 40% (oder so) der Lehrbuchkosten selbst trägt. Das stand auch schon im Jahrgang vorher, dort aber war das Kassieren vergessen worden, so dass de facto wir die ersten waren, die die 40% zahlen sollten. Einige waren darüber sehr aufgebracht, fanden das ungerecht und wollten sich beschweren. Ich habe massiv dagegen interveniert, weil auf Grundlage der vertraglichen Regelungen hätte man durch eine Beschwerde nur eines erreicht: Man hätte die Geschäftsleitung daran erinnert, dass man beim vorangegangenen Jahrgang das Kassieren vergessen hat, und die hätten auch noch bezahlen müssen.
  Mit einer Beschwerde hätte man also vielleicht für "Gerechtigkeit" gesorgt - aber de facto hätte man nur dem Vorjahrgang geschadet, ohne selbst dadurch etwas zu gewinnen. So sieht für mich das ganz alltägliche, banale Böse aus.
Zitat von: Coppelia am 03. November 2007, 11:41:08Wenn mehrere Leute laufen, dann sind alle darauf vorbereitet, so gut zu laufen, wie sie können, und dass einer von ihnen gewinnt und die anderen verlieren. Indem sie mitlaufen, zeigen sie ja, dass sie damit einverstanden sind. Es ist aber etwas anderes, wenn jemand überfallen und ausgeraubt wird - darauf ist man nämlich normalerweise nicht vorbereitet und auch nicht einverstanden. ;)
Hm, und wenn jemand sich auf einen Job bewirbt, ist er auch darauf vorbereitet, nicht genommen zu werden, und deshalb ist es auch in Ordnung, wenn ich ihm den Job wegschnappe? Ich glaube, diese Rechnung geht nicht auf. Konkurrenz bedeutet immer, dass man sich selbst einen Vorteil auf Kosten ein anderen beschafft, und konkurrenz ist ein so essenzieller Bestandteil unseres Daseins, dass man sich ihm nicht entziehen kann - für jede reguläre Konkurrenzsituation also "Einverständnis" zu unterstellen, geht an der konkreten Wirklichkeit oft vorbei.
  Ich bezweifle, dass man so die erlaubten von den unerlaubten "Vorteilsnahmen" formal sauber abgrenzen kann. Wenn dem so wäre, könnte man sogar sehr mühelos die Bösen zu Helden machen ...
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: felis am 03. November 2007, 15:27:33
Zitat von: Coppelia am 03. November 2007, 08:12:18

Ich hab mal eine Liste mit den Klischeebösen erstellt und wollte immer eine Art Fragebogen machen, "welcher Bösi bist du?" ... wenn ich mal wieder Zeit hab. ;D
Das finde ich ne coole Idee. Mach doch bitte und stells hier rein!  :-*
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lavendel am 03. November 2007, 17:15:13
'Böse' ist wohl immer eine Sache des Blickwinkels. Jemand, der plant einen Menschen umzubringen und die Tat dann ausführt ist böse, nicht?
Aber wenn Dolores ihren Ehemann mit Absicht in den Brunnen stürzen lässt, weil sie jahrelang unter ihm gelitten hat und weil er am Ende ihr ganzes Geld eingesackt und die gemeinsame Tochter missbraucht hat - ist das wirklich böse oder nur verzweifelt?
Man kann sogar einen fiesen Mafiaboss ganz leicht zum Sympathieträger machen, wie wir alle wissen.

Manche Leute tun gemeine Sachen. Manche Leute fügen anderen Leuten skrupellos Schaden zu - aus Gier oder Rache oder einem von den anderen 'niederen Beweggründen'. Aber in welchem Fantasyroman ist schon der Zwerg, der den fiesen Drachen erschlägt um seinen Hort auszunehmen, der Böse? In welcher Fantasygeschichte ist das kleine Mädchen, das seine Familie durch die marodierenden Horden des grausamen Herrschers verloren hat und als gestandene Frau endlich auf Rache sinnt, die Böse?

So einfach ist das alles also nicht. Wer ist denn in Wirklichkeit schon wahsinnig genug, sich wirklich die Weltherrschaft aufhalsen zu wollen?
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Sarina am 03. November 2007, 19:52:04
Also ich wollte dich nicht ignorieren!

Meintest du ein bereits veröffentlichtes Buch oder "nur" eins was du geschrieben hast?

Du hast in jedem Fall recht, dass Gut und Böse im Auge des betrachters liegen!
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lennard am 03. November 2007, 20:23:44
Ich habe schon des öfteren Romane mit Hauptcharakteren gelesen, die in der Fantasy eigentlich traditionell böse sind (Orks, Vampire etc.), aber im Rahmen der Erzählung zu Sympathieträgern gemacht werden. Eine mittlerweile gern genommene Variante.

Im Grunde gilt: Böse sind jene, die Böses tun  ;)

Aber ich glaube, die Frage war auch etwas anders gemeint. Einen Roman, der im Wesentlichen von den Charakteren handelt, die "Böses tun" und gewissermaßen an die Stelle des Helden gesetzt werden, habe ich nocht nicht gelesen. Ich glaube auch nicht, das so ein Roman große Erfolgsaussichten hat. Ein Leser muß eine Beziehung zu den Charakteren aufbauen können, um nicht zu sagen Sympathie.
Wenn der Leser aber nur Charakteren folgen muß, die "Böses tun", dann wird der Leser das Buch recht schnell wieder aus der Hand legen (es sei denn, er ist irgendwie pervers veranlagt  ;D).
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lavendel am 04. November 2007, 10:57:10
Ignoriert? *kopfkratz*

Ich denk mal, du wolltest sagen, dass der schöne Spruch 'Evil is, who evil does' nicht ganz greift. Ich war der Ansicht, ich hätte das unterstützt, aber nun gut...

Und noch mal zu den VertreterInnen des oben genannten Sätzchens: Ich finde, dass der/die böse AntagonistIn mit Weltherrschaftsambitionen wirklich etwas abgegriffen ist. Ich meine, diese Leute, die einfach von Natur aus grausam sind, Spaß daran haben, andere zu quälen, es cool finden, wenn alle vor ihnen auf dem Boden kriechen und nichts anderes im Sinn haben, als ihre eigene Macht zu vergrößern. Über solche Leute will ich jedenfalls nicht mal mehr aus der Perspektive eines Helden lesen. Das sind einfach keine spannenden und glaubwürdigen Charaktere.

Ich denke, man kann nur relativ böse sein. Und solange man sich in die Taten einer Figur einfühlen kann, wenn man dafür Verständnis aufbringt (selbst, wenn man sowas selbst vielleicht niemal tun würde), kann man auch über einen 'bösen' Charakter schreiben.

Warlock: Dass die Leute sich in Gruppen zusammenrotten und sich anhand gewisser Kriterien gegen andere Gruppen abgrenzen, ist ja ein bekannter Mechanismus. Wer anders ist ist dann also 'böse' bzw. nicht erwünscht oder minderwertig. So funktioniert leider unsere Gesellschaft. Sonst käme Herr Bush sicherlich nicht darauf, dass es sowas wie eine 'Achse des Bösen' gäbe. Und es käme auch kein Mensch darauf, dass ein Mann mit einem Turban ein islamischer Fundamentalist sein müsse, nur weil er etwas anders aussieht.
Titel: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Drachenkind am 07. November 2007, 10:47:32
Wir hatten ja bei den Elfen/Zwergen/Orks&Co auich kurz das Seitenthema, wie man die "Bösen" überzeugend gestaltet.
dazu habe ich einen inspirierenden Ansatz im neuen Buch von Kristen Britain gefunden.
Auf den ersten Seiten skizziert sie eine reine Idylle. Ein Flüchtlingslager in einer pittoresken Gebirgslandschaft, eine gütige Großmutter, die sich um die Kinder kümmert, einem kleinen Jungen Heilkräuter für seine hustende Mutter gibt, ihre eigene zurückgeblieben Enkeltochter aufzieht - wir erfahren, dass die ganze Gruppe zu dieser Frau, die von allen Großmutter genannt wird, aufsieht und sich auf sie verlässt.
dann wird kurz erzählt, wie viel besser die Kinder das Flüchtlingsleben verkraften, weil sie es als Abenteuer erleben. Sie spielen Zweites Imperium gegen Soldaten des Königs und immer gewinnt das Imperium.

Hier wird der erfahrene Leser das erste Mal stutzig, denn das zweite Imperium, das sind die Bösen in Britains Büchern.

Und dann verwandelt sich diese gütige Großmutter vor den Augen des Lesers in ein Monster, das aus nachvollziehbaren Gründen einen jungen Mann, der ihre Sache zu verraten drohte, grausam hinrichtet.
Es tut ihr sogar aufrichtig leid, muss aber sein.

Ich habe diese Szene mit offenem Mund gelesen, weil hier wirklich das Böse in seiner eigenen Selbstverständlichkeit daher kommt. Für sich selber sind sie eben nicht die Bösen und ihre eigene Überzeugung, dass sie die Guten sind und die anderen die Bösen wird nicht mit Argumenten, sondern mit ein paar Bildern skizziert: Das Lager im Gebirge, die spielenden Kinder, die alte magische Kunst des Knotenknüpfens, Großmutters Korb und der schreckliche Tod des Verräters.

Das ganze Gut-Böse-Gefüge, an das der Leser sich gewöhnt hatte, wird einmal spielerisch in die Luft geworfen, dreht sich um sich selbst und landet umgekehrt wieder in der Hand.

Ich habe bisher noch keine richtigen Bösen als Volk kreiiert, finde es auch schwieriger, das zu tun, als reine Projektionsflächen für unsere dunklen Triebe (Orks) zu entwerfen, aber ungefähr so müsste es funktionieren.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: saraneth am 07. November 2007, 11:07:01
Ohoh... die "guten" Bösen. Ja, daran feile ich auch gerade in meinem 2. Handlungsstrang. Da zieht die eine Gruppe los um ihr Land zu befreien und ist sich sicher, dass sie im Recht ist, weil das ja schließlich ihr Land ist und die andere Gruppe zieht los um ihre neue Heimat zu verteidigen.

Wer hat Recht? Wer ist der Böse?

Ich denke, das beide ein gewisses Recht haben... aber ich bin mir einfach nicht sicher.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Silvia am 07. November 2007, 16:38:18
Muß man denn immer jemanden/ein Volk als "den/die Bösen" aufbauen und deklarieren? Mir sträubt sichs seit einiger Zeit immer, wenn ich diese Einteilung lese oder von jemandem höre, der über eine Geschichte redet.
Ich halte es eher damit, den unterschiedlichen Parteien ihre eigenen Gründe und Ziele zu geben, aus denen sie Dinge tun oder halt nicht tun. Hängt eben alles vom Standpunkt und der Sichtweise des einzelnen/der Gruppe ab. Jeder kann "böse" agieren oder "gut" agieren, auch wenn das den Anhängern des Gutseins nicht gefällt, weil man da ja die eigenen dunklen Seiten, die jeder in sich drin hat, anschauen und akzeptieren müsste, dass sie da sind.
Gebt den Leuten ein nachvollziehbares Motiv und möglichst noch ein bißchen Hintergrundgeschichte und ein paar nette Seiten, die jeder andere Mensch auch hat. Und das "platte Böse", das immer nur ein Konstrukt war, hat ausgedient.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: saraneth am 07. November 2007, 16:49:27
@ Silvia: Das meinte ich auch. Es sind halt zwei Gruppe bei mir tätig und die jeweils andere wird immer als "die Bösen" hingestellt, auch wenn sie das nicht sind, weil sie beide ihre Beweggründe haben und für eine Sache kämpfen, die ihnen wichtig ist.

Wobei man auch sehen muss, dass es Dinge gibt, die man nicht als gut darstellen kann oder sollte und das ganz besonders auf unsere Vergangenheit bezogen.
Auch, wenn diese Menschen, von denen ich spreche, ihre Beweggründe hatten (die meiner Meinung nach mehr als fragwürdig waren) und privat vielleicht liebende Väter/Mütter waren, war das, was sie getan haben so schlecht, wie etwas sein kann und daran kann man nichts schön reden.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Dilian Cortex am 07. November 2007, 20:53:46
Völker, die per se "gut" oder "böse" sind, halte ich auch für Quatsch.
Jede Einstellung ist von der richtigen Seite betrachtet, entweder "gut" oder "böse".
Diese Thematik fasziniert mich auch, weswegen ich in meiner Buchreihe (soweit es dazu kommt) geplant habe, gute Leute böse, böse gut und wieder umgekehrt zu machen.
Vorallem der Hauptdarsteller ist in permanentem Gewissenskonflikt.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: FeeamPC am 07. November 2007, 21:58:15
Fantasy ist vielseitig. Warum soll es nicht einmal ein Volk geben, daß durch und durch böse ist oder zumindest auf uns so wirkt? Wir stammen von Säugetieren ab, mit der ganzen dazugehörigen Gefühlswelt. Was, wenn ein Volk von einer ganz anderen Tierspezies abstammt ? Würde ein Alligator-Mensch aus unserer Sicht nicht wohl völlig böse wirken?
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Dorte am 07. November 2007, 22:02:25
FeeamPC, vielleicht, weil das böse Volk in der Fantasy mittlerweile so ein abgenudeltes Klischee ist, dass es einfach nett ist, wenn es in Büchern mal fehlt? ;)
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Lavendel am 07. November 2007, 23:42:24
Ich möchte mal anmerken, dass es nicht unbedingt gleich eine ganz andere Rasse braucht, um für unsere Begriffe abstoßende Sitten und Bräuche zu entwickeln. Ich erinnere nur an versunkene, südamerikanische Hochkulturen, in denen Menschenopfer Gang und Gebe waren. Oder an einen Brauch aus dem skandinavischen Raum: Die Frau mit ihrem verstorbenen Ehemann zu verbrennen.
Durchaus barbarisch für meine Begriffe und nicht mir unseren heutigen Moralvorstellungen vereinbar. Allerdings bezweifele ich stark, dass ein Mensch, der in einer entsprechenden Kultur aufgewachsen ist, sowas als böse eingestuft hätte.

Man kann einfühlsam über sowas schreiben, aber da muss man sich - denke ich - schon sehr in diese Welt einfühlen können. Ob das dann 'gute Böse' sind kann ich nicht so genau entscheiden. In dem Fall kommt es wohl wirklich auf den Perspektive an.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: FeeamPC am 08. November 2007, 00:26:04
Dorte, es ist nur ein bestimmter Typ "böse", der - für mich- abgenudelt ist (so der Typ machhungriger Zauberer, der sich dem Bösen verschrieben hat). Überzeugend kalt und böse und damit für uns durch und durch fremdartig sind die wenigsten Fantasy-Figuren, noch weniger ganze Völker. Selbst die Orks zeigen für gewöhnlich recht menschliche Züge. Auch wenn sie zur Seite des Bösen gehören, sind sie doch soweit verständlich, daß wir uns vorstellen können, unter gewissen äußeren Umständen bei ihnen leben zu können. Richtig böse sind für mich Kreaturen, die keinen Raum für normales menschliches Denken zeigen und statt dessen mit einer eigenen Rationalität arbeiten.
Unter Menschen wäre das für mich der Typ Serientäter, der ohne Motiv und ohne inneren Drang tötet, weil er gerade mal nichts besseres zu tun hat, oder weil er einfach testen will, wieviel schlauer er ist als die Polizei.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Grey am 08. November 2007, 09:12:52
Aber dann hättest du den Satzteil "oder zumindest so auf uns wirkt" nicht schreiben dürfen. Der arme Alligator fällt nämlich bestimmt nicht in die eben von dir beschriebene Kategorie ... ::)
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Espérance am 21. November 2007, 23:29:59
Die Gestaltung des Bösen ist meiner Meinung nach immer deshalb problematisch, weil, wie ja schon oben angemerkt, es das Böse per se erstmal nicht gibt. Ich versuche meinen Antagonisten auch immer einen Grund zu geben, warum sie handeln wie sie handeln, warum sie so geworden sind wie sie nunmal nicht. Keiner entwickelt sich so ohne Grund. Klar, es gibt charakterliche Unterschiede und der eine hat weniger Skrupel als andere aber böse von grundauf nur sehe finde ich nicht realistisch.

Bei einem Buch von mir habe ich quasi zwei Protagonisten, die ich gegeneinanderrennen lasse, um es mal bildlich auszudrücken. Jeder ist aus Sicht des anderen der Böse. Für den Leser aber ist es keiner, weil beide die Motivation der Protagonisten kennen.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: felis am 26. November 2007, 09:57:05
Ich kann dazu nur sagen - guckt mal bei den Klassikern: Habe gerade Shakespeares Othello gesehen:
Jago ist einer der "bestgemachten" Bösen die mir je über den Weg gelaufen sind. Ich war völlig fasziniert!
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Berry am 27. November 2007, 10:35:42
(Achtung: Spoiler(!) zu Eragon - Der Auftrag der Ältesten)
Zu diesem Thema muss ich einfach was schreiben, denn mich faszinierte schon immer das Böse, zumindest solange es nur fiktiv ist.

Ich selbst mag es, mit meinen Charakteren die Grenze zwischen Gut und Böse zu verschieben, zu verwischen, Gut und Böse umzukehren, was mir so einfällt. Dafür muss ich natürlich festlegen, dass es das Gute und das Böse gibt. Das Gute und das Böse wechselt je nach Perspektive, jedoch bleibt es in der Regel bestehen, bei allem anderen begeben wir uns dann in den Bereich vollkommen umnebelter Gehirne - auch interessant, aber nicht Thema.

Im zweiten Band von Eragon muss der Prota ebendies lernen, beziehungsweise muss er lernen, dass der Böse aus seiner Sicht für das Gute kämpft, damit Eragon sich dann fragen kann, warum er sich für die Seite entschieden hat, auf der er steht. Alles in allem ein überraschend gutes Buch, anders als das erste.

Wichtig ist, denke ich, eine gute Charakterisierung, denn ich glaube, dass niemand ohne Grund handelt.

Ein großes Problem ist, dass Leser häufig nicht fragen, ob die Charakterisierung logisch ist, oder ob sie selbst so gehandelt hätten in der Situation, sondern sich nicht die Mühe machen, es nachzuvollziehen und es bzw. den Autoren dafür im schlimmsten Falle abartig finden.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: caity am 28. November 2007, 20:08:37
Hallo,

Ich finde das Thema auch wahnsinnig interessant und es macht imho furchtbar viel Spaß.

Anfangs hatte ich auch immer die strenge Unterteilung. Der tolle Held/die tolle Heldin - der böse, böse Gegner. Mittlerweile bin ich soweit, dass ich alles komplett umdrehen kann. *Aber* - und hier ist eventuell ein Problem - es kommt darauf an, ob der Leser bereit ist, sich das auch als "gut" vorzustellen.

Trotzdem: Wenn ich für mich meine Antagonistin und meine Protagonistin vergleiche muss ich sagen - vom Charakter her ist die Antagonistin wesentlich humaner. Sie ist ehrlicher, selbstbewusster und an ihren Händen klebt nicht unbedingt so viel mehr Blut als an denen meiner Protagonistin. Natürlich bleibt meine Protagonistin meine Protagonistin, ganz einfach, weil ich es aus ihrer Sicht erzähle, doch ich hätte keine Probleme, die Geschichte umzudrehen und das ganze noch einmal aus der Sicht der Antagonistin zu erzählen und der Leser würde imho dennoch ihre Beweggründe voll und ganz nachvollziehen können.
Und das macht mir wahnsinnig Spaß. Ich bin mal gespannt, was meine Betaleser dazu sagen, wenn sie die Stelle erreichen. *gg*

Bye
caity
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Romy am 03. Januar 2008, 00:36:58
Dieses Thema finde ich extrem interessant, deshalb muss ich es mal nach oben kramen. :)
In meinem zweiten Lieblingsprojekt zur Zeit gibt es zwei Kontinente bzw. zwei Völker, die sich gegenseitig nicht leiden können und deshalb miteinander im Krieg stehen. Obwohl sie recht unterschiedlich organisiert sind (Demokratie gegen Monarchie) kann man aber keineswegs sagen, der ist Böse und der Gut. Ich habe dafür auch mehrere Protagonisten aus beiden Völkern zwischen denen ich ständig wechsle und die verschiedenen Schlachten werden gewöhnlich von beiden Seiten beleuchtet. Natürlich werden die Wege meine Protagonisten sich vor allem gegen Ende überschneiden. Insgesamt überlasse ich es meinen späteren Leser, auf wessen Seite er gerne mitfiebern möchte. 8)

Klar habe ich auch schon Geschichten erfunden mit dem üblich plakativen 'Gut' und 'Böse', aber am Liebsten mag und schreib ich es, wenn auch die 'Bösen' gut durchdacht sind und man so was wie Verständnis für sie aufbringen kann.

Ciao Romy
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Wölfin am 04. Januar 2008, 18:49:35
Hallo,

das Thema "gute Böse" ist wirklich interessant. Ich habe in einem meiner  "Frühwerke" mal versucht gerade das darzustellen, zu zeigen, dass es nicht diese strikte Einteilung zwischen gut und böse gibt.
Ich denke bei so etwas hilft es immer, wenn man die Beweggründe der "Bösen" darstellt. Warum tun sie Dinge, die wir als Böse empfinden? Was sind ihre Ziele, ihre Träume? Wenn man die kennt, fällt es einem nicht mehr leicht zu sagen, ja, dass da vorne ist der Böse und das hier neben mir der Gute. Plötzlich fängt man an, nachzudenken...

Okami
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Lord Bane am 04. Januar 2008, 19:27:35
Meiner Ansicht nach kommt es darauf an, was für eine Art Geschichte man erzählen will. Es gibt Bücher, die leben von ihrem "Gut" gegen "Böse" Schema und würden anders nicht funktionieren. Meistens wird dann auch kaum erklärt, war um der Gute nun gut ist und der Böse böse, sie sind eben so geschaffen worden - Ende. Die Bösen erkennt der Leser meistens daran, dass diese schwarz gekleidet sind, mit hohler Stimme sprechen und ohne jeden echten Grund alle möglichen Verbrechen begehen, eben weil sie einfach böse sind. Es gibt sehr viele Leser, die eine Fantasygeschichte genau so erzählt haben wollen. Die reale Welt ist schon kompliziert genug und Menschen mögen einfache Strukturen.

In meinem Manuskript verwende ich hingegen das Gut und Böse Schema überhaupt nicht. Ich gehe einfach davon aus, dass es verschiedene Kräfte gibt, die stark voneinander abweichende Interessen haben und deswegen miteinander in Konflikt geraten. Keine Seite ist dabei der anderen moralisch überlegen. (Eigentlich sind alle echte Bastarde  ;D)

Ich weiß nicht, welche Art zu erzählen besser ist, aber mir gefällt die Struktur in meinem jetzigen Manuskript ganz gut.


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: SemSimkin am 05. Januar 2008, 14:15:15
Zitat von: Drachenkind am 07. November 2007, 10:47:32
dazu habe ich einen inspirierenden Ansatz im neuen Buch von Kristen Britain gefunden.

So wie dieser Abschnitt beschrieben wird, stellt er für mich wirklich sehr schön die zwei Ebenen von "Gut und Böse" dar. Ich würde sagen, die "obere" Ebene, also praktisch das Etikett, ist in der Tat bloße Willkür. Immer ist der andere der Böse, da dieser gegen mich arbeit - und da ich der Gute bin, muss jeder, der dies tut, böse sein. Das läuft zwangsläufig so ab (ob individuell oder kollektiv), da es das eigene Handeln rechtfertigt. Wie Lord Bane schon richtig gesagt hat, ist es anstrengend, das zu reflektieren und so liest sich eine klassische "fiese Orks gegen noble Elfen" Geschichte sehr viel angenehmer als ein Sumpf von Intrigen - wobei letzteres natürlich deutlich tiefgehender ausgearbeitet werden kann.

Die untere Ebene würde ich nun rein auf den Handelnden selbst beziehen. Solange nicht ein pathologischer Geisteszustand vorliegt, strebt jeder Mensch nach persönlichem Glück. Und nur weil dies vielleicht für ihn in erster Linie durch Macht über andere erreichbar scheint, ist er ja noch nicht böse. Erst wenn er Regeln überschreitet, die von der Mehrheit als verbindlich angesehen werden, entsteht eine objektive "Dunkle Seite". Denn das wikrlich ALLES subejtiv ist, kann ich nicht unterschreiben.
Das mit den Alligator-Menschen ist wieder ein schönes Beispiel: Natürlich muss man nicht unbedingt von einem menschlichen Maßstab ausgehen, aber vielleicht ist es bei diesen Wesen das Schlimmste überhaupt, wenn sich ein älteres Tier nicht selbst tötet um den Jüngeren nicht die Nahrung streitig zu machen ? Von unserer Menschen-Sicht her, würden wir es uU als nobel erachten, wenn es dies tun würde, aber in keinem Fall als böse, wenn es lieber doch noch selbst etwas leben wollte. Bei den Inkas sehe ich das Problem eines Machtapparates, der diese Menschenopfer als Gut proklamiert. Sicher, kann es kulturelle Unterschiede geben, und womöglich freuten sich auch viele der Verlierer beim Ballspiel, gleich bei lebendigem Leib das Herz herausgerissen zu bekommen, aber für mich würden die Inkas, bzw. ihre Machthaber (wenn man sie als Fantasy-Volk verwursten würde) damit sofort von "weiß" zu "grau".

Sorry, falls das jetzt ein bisschen kantig wurde  :hmmm: , aber was ich damit sagen wollte: Niemand (außer vielleicht Kranke) hält sich selbst für böse. Es gibt keine bösen Menschen, sondern nur böse Taten. Sobald von einer Person eine gewisse Anzahl böser Taten ausging, kann man diese als Verallgemeinerung dann durchaus als "böse" bezeichnen, auch wenn sie nur krankhaft-assozial handelt. 

So soll es ja vor nicht allzu langer Zeit und nicht allzu weit weg jemanden gegeben haben, der sein Volk vor bedrohlich wirkenden fremden Mächten schützen wollte und von einer planmäßige Demütigung (die er auch persönlich nahm) zu erlösen gedachte. Er entwickelte vor diesem Hintergrund erheblichen Hass und ließ diesen den Weg des geringsten Widerstands nehmen. Bis zu diesem Punkt stand noch alles in der Schwebe, gleicht er doch einer der Standartsituationen vor großen Umbrüchen. Nur schoss dieser jemand auf schreckliche Weise über sein Ziel hinaus und wischte jedes moralische Bendenken mit einer Flucht ins Irreale beiseite. Er beging (ob direkt oder indirekt) eben eine Vielzahl o.g. objektiv "böser" Taten, die es heute unmöglich machen, ihn rückblickend irgendwie als "für sich gut" zu interpretieren. Als heikle These könnte man angesichts der schwachen menschlichen Psyche höchstens sagen, er war die Macht, die Gutes will und Böses schafft. 
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Grey am 05. Januar 2008, 15:33:38
Zitat von: SemSimkin am 05. Januar 2008, 14:15:15
Niemand (außer vielleicht Kranke) hält sich selbst für böse.

Moment mal, aber hier musst du unterscheiden zwischen "bösen Menschen" und "bösen Wesen". Was menschliche Antagonisten betrifft hast du vollkommen recht, sicher. Aber was ist mit den Wesen, die von Haus aus böse sind, sich dessen bewusst sind und es sogar als ihre Existenzgrundlage sehen? Dämonen zum Beispiel. Natürlich wird oft und gern auch dieses Schema umgedreht, allein des Konfliktpotentials wegen, aber in ihrer ursprünglichen Form sind sie doch nichts anderes als düster, bösartig, grausam, blurünstig etc. Und das völlig ohne Motivation für eine übergeordnete Sache, die auch nur für irgendjemanden weitreichende Vorteile bringt.
Kurz: Das Böse an sich findet man natürlich nicht beim Menschen, und schon gar nicht bei einer einzelnen "bösen" Person. Aber das heißt ja nicht, dass man "Das Böse" in Reinform nicht für eine Geschichte verwenden kann. Wenn einem das nicht zu langweilig ist, natürlich ...  :innocent:
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: SemSimkin am 05. Januar 2008, 19:54:44
Ja, das ist natürlich eine etwas andere Sache, da hast du Recht. Wobei die Fantasy Wesen, Völker, Erscheinungen und dergleichen ja in Ihrem Grundansatz nichts anderes sind, als Allegorien auf menschliche Emotionen und Lebenswelten. Vielleicht ist es deshalb gleichzeitig exotisch und auf eine merkwürdige Weise unkompliziert, von diesen Völkern (die ja stets etwas sehr Markantes an sich haben oder absichtlich belanglos gehalten wurden) zu lesen.

Bei einem Dämon oder gleich einem ganzen "Volk" davon, ist diese Allegorie dann so überspitzt, dass nur noch das objektiv Böse übriggeblieben ist. So hast du ganz Recht: Gute Dämonen wären zumindest sehr unorthodox. In diesem Zusammenhang vielleicht noch die krude Tatsache, dass der böse Mensch, den ich oben beschrieben habe, von der katholischen Kirche in Südamerika als (nun wohl in der Hölle existenter) Dämon angesehen wird und Exorzisten bei "Besessenen" auf gewisse Symptome achten sollen, die ihn charakterisieren  :gähn: .
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Lord Bane am 05. Januar 2008, 20:39:11
Ich denke nicht, dass moralische Kategorisierungen wie "Gut" und "Böse" auf nichtmenschliche Figuren überhaupt anwendbar sind. Es ist ja auch unsinnig Tiere - und wenn sie noch so gefährliche Raubtiere sind - als böse einzustufen. Wenn der Autor natürlich die billige Lösung bevorzugt, kann er selbstverständlich alles in ein schwarz-weiß Schema pressen, aber mir persönlich ist das zu einfach.

Dämonen sind meiner Einschätzung nach nicht böse, sondern einfach nur furchtbar fremdartig.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Grey am 06. Januar 2008, 08:21:51
Du kannst Dämonen aber auch nicht mit Tieren vergleichen oder mit überhaupt einem lebenden Wesen, das den darwinschen Prinzipien folgt, zumindest wenn du von der ursprünglichen Idee der Dämonen ausgeht, die es schon lange vor den Fantasyromanen wie wir sie kennen gab - und sie nicht zu einem banalen Fantasyvolk machst. Denn das wird ihnen meiner Ansicht nach nicht im Geringsten gerecht. Sie leben nicht, stehen außerhalb der Nahrungskette, haben kein "Volk" an sich, dem sie loyal sein sollten oder auch nur wollten. Sie kämpfen für keine Sache, keine Seite, sie haben nicht mal ein weitreichenderes Ziel, außer vielleicht dem, immer noch mächtiger zu werden und immer noch mehr Lebewesen sinnlos umzubringen. Aber das ist gleichzeitig ein sehr momentanes Ziel, das immer aktuell ist ;)

Und sowas zu tun ist nach den vorangegangenen Diskussionen nicht mehr nur fremdartig, sondern durchaus böse. Nur dass man bei Dämonen wohl nicht von psychischer Krankheit sprechen kann. Die sind einfach so.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: SemSimkin am 06. Januar 2008, 14:10:42
Zitat von: Grey am 06. Januar 2008, 08:21:51
Du kannst Dämonen aber auch nicht mit Tieren vergleichen oder mit überhaupt einem lebenden Wesen, das den darwinschen Prinzipien folgt, zumindest wenn du von der ursprünglichen Idee der Dämonen ausgeht, die es schon lange vor den Fantasyromanen wie wir sie kennen gab - und sie nicht zu einem banalen Fantasyvolk machst. Denn das wird ihnen meiner Ansicht nach nicht im Geringsten gerecht.

Genau, Grey hat mir da schon das Meiste aus dem Mund genommen  ;) . @Bane: Was verstehst du denn unter Dämonen ? Wenn man natürlich Hellboy oder dieses "Dämonen-Volk" aus den Heroes of Might and Magic Spielen dazurechnet, weicht das die Sache ziemlich auf. Aber dabei handelt es sich dann nur um eine hohle Bezeichnung, um etwas Abwechslung - eben das furchtbar Fremde - in die Story reinzumischen.

Ich verstehe unter einem Dämon aber eigentlich auch nur diese Ur-Gegenspieler, wie wir sie hier im Westen durch die monotheistischen Religionen vermittelt bekommen haben. Ich finde diesen Baustein auch sehr wichtig, denn manchmal will man eben einfach eine Böse Seite einfügen ohne jetzt lang und breit darzulegen, wieso sie jetzt so ist. Oder wolltest du im Herr der Ringe eine Sequenz, in der sich der Balrog von seiner Familie verabschiedet, bevor er sich dem miesen Zauberer entgegenstellt, der so rüde in sein Wohnzimmer eingedrungen ist ?  ;D
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 15:30:56
Zitat von: SemSimkin am 06. Januar 2008, 14:10:42
Genau, Grey hat mir da schon das Meiste aus dem Mund genommen  ;) . @Bane: Was verstehst du denn unter Dämonen ? Wenn man natürlich Hellboy oder dieses "Dämonen-Volk" aus den Heroes of Might and Magic Spielen dazurechnet, weicht das die Sache ziemlich auf. Aber dabei handelt es sich dann nur um eine hohle Bezeichnung, um etwas Abwechslung - eben das furchtbar Fremde - in die Story reinzumischen.

Dämonen sind für mich diejenigen, die der Schöpfung an sich feindlich gegenüberstehen. Nach Ansicht der Dämonen ist die kosmische Ordnung ein großer Fehler, weswegen man sie so schnell wie möglich rückgängig machen sollte. Der Demiurg (= der Uhrwerkgott) ist ein Ursupator, der dem Kosmos unrechtmäßig seinen Willen aufgezwungen hat.
Der erstrebenswerte Zustand für die Dämonen ist Chaos und Entropie. Vernunft, Rationalität, Logik, all das sind Irrtümer, die es auszumerzen gilt. Tugenden sind dagegen Lust, Zügellosigkeit und Hemmungslosigkeit.

So haben die Dämonen in meinem Manuskript zwar einen Grund für ihr Handeln. Die daraus folgenden Implikationen sind aber natürlich monströs, fremd und unmenschlich.

Andererseits kann man auf dieser Basis wunderbare Partys feiern  ;D


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: SemSimkin am 06. Januar 2008, 19:59:09
Na okay, wobei das ja dann für all diejenigen, die zu der Schöpfung gehören mehr als unangenehm werden würde. So sind deine Dämonen ja schon irgendwie die Gegenspieler aller anderen, oder ? Ist natürlich ein Ansatz zu sagen, dass die Schöpfung "unrechtmäßig" war, aber das würde ich als deren Teil dann doch als ziemlich böse ansehen.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 20:15:32
Natürlich sind die Dämonen Feinde der gesamten kosmischen Ordnung, aber das heißt nicht, dass sie nicht auch menschliche Verbündete haben könnten. So unter anderem meinen Prota, der den kosmischen Konflikt allerdings nicht voll durchschaut und familiengeschichtlich an die Entropie gebunden ist.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Grey am 07. Januar 2008, 08:35:09
Zitat von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 15:30:56
Dämonen sind für mich diejenigen, die der Schöpfung an sich feindlich gegenüberstehen. Nach Ansicht der Dämonen ist die kosmische Ordnung ein großer Fehler, weswegen man sie so schnell wie möglich rückgängig machen sollte. Der Demiurg (= der Uhrwerkgott) ist ein Ursupator, der dem Kosmos unrechtmäßig seinen Willen aufgezwungen hat.

Tja ... dafür musst du aber auf jeden Fall davon ausgehen, dass es eine Schöpfung gibt ...

Aber davon mal ganz abgesehen - was mich wirklich interessieren würde ist, ob die Dämonen bei dir zusammenarbeiten, also gewissermaßen ein soziales Bündnis bilden?

Zitat von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 15:30:56
Der erstrebenswerte Zustand für die Dämonen ist Chaos und Entropie. Vernunft, Rationalität, Logik, all das sind Irrtümer, die es auszumerzen gilt. Tugenden sind dagegen Lust, Zügellosigkeit und Hemmungslosigkeit.

So haben die Dämonen in meinem Manuskript zwar einen Grund für ihr Handeln.

Damit drängst du sie aber schon irgendwie in menschliche Verhaltensmuster, oder? Klingt ein bisschen nach modernem Christentum ... ::)
Nebenbei bemerkt - Chaos und Entropie bezeichnet beides das Gleiche. ;) Und interessanterweise ist ja Entropie der einzige biochemische Ordnungszustand, in dem Leben möglich ist. Also sind wir vielleicht eigentlich alle dämonisch? ;)
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 10:51:39
Zitat von: Grey am 07. Januar 2008, 08:35:09
Tja ... dafür musst du aber auf jeden Fall davon ausgehen, dass es eine Schöpfung gibt ...

Aber davon mal ganz abgesehen - was mich wirklich interessieren würde ist, ob die Dämonen bei dir zusammenarbeiten, also gewissermaßen ein soziales Bündnis bilden? Damit drängst du sie aber schon irgendwie in menschliche Verhaltensmuster, oder? Klingt ein bisschen nach modernem Christentum ... ::)


Es gab sogar mehrere Schöpfungen. Als die vorletzte Schöpfung im Lauf eines schrecklichen Krieges zerstört wurde herrschte lange Zeit das Chaos und die Dämonen. Später kam der Demiurg, der in der vorangegangenen Schöpfung nur ein kleiner Beamter in der Himmlischen Hierarchie war, und schuf den Kosmos neu. Die Dämonen, die alles beherrscht hatten, wurden an den Rand der Existenz gedrängt, sozusagen ins Exil, wo sie an ihrer Rückkehr arbeiten.

Die Dämonen arbeiten in dem Sinne zusammen, dass die Starken eine brutale Gewaltherrschaft über die Schwachen ausüben. Sie bilden keinen Staat, sondern eher eine Horde.

Modernes Christentum? Damit kenne ich mich nicht aus und eigentlich interessiere ich mich auch nicht dafür. Meine Ideen stammen aus einigen apokryphen Bibelstellen, die ich als Ideenvorlage und wohl auch als Steinbruch benutze. Ich verwende sogar ein paar biblische Dämonennamen, aber eben wirklich nur die Namen, nicht den Kontext.


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Grey am 07. Januar 2008, 14:09:55
Aha, na gut, also reden wir in deinem Fall eben doch über eine Art "Volk" oder eine menschenähliche Kultur mit übernatürlichem Flair, das du entworfen und dann "Dämonen" genannt hast ;)
Ist selbstverständlich vollkommen legitim, aber dann meinen wir zwei ziemlich verschiedene Dinge, wenn wir von Dämonen reden.

Zitat von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 10:51:39
Die Dämonen arbeiten in dem Sinne zusammen, dass die Starken eine brutale Gewaltherrschaft über die Schwachen ausüben. Sie bilden keinen Staat, sondern eher eine Horde.


Und wie ist das mit der Machtverteilung innerhalb der Horde? Die Dämonen sind doch sicherlich nicht alle gleich stark? Wie kommt es, dass sie sich nicht gegenseitig auslöschen? Gibt es eine gewisse dämonische Loyalität zur eigenen Spezies oder haben sie einfach genug Platz, sich aus dem Weg zu gehen?
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 16:37:05
Zitat von: Grey am 07. Januar 2008, 14:09:55
Und wie ist das mit der Machtverteilung innerhalb der Horde? Die Dämonen sind doch sicherlich nicht alle gleich stark? Wie kommt es, dass sie sich nicht gegenseitig auslöschen? Gibt es eine gewisse dämonische Loyalität zur eigenen Spezies oder haben sie einfach genug Platz, sich aus dem Weg zu gehen?

Sie haben ein gemeinsames Ziel, das sie halbwegs zusammenhält - den Sturz des Demiurgen. Natürlich gibt es immer wieder Rebellionen und Machtkämpfe, die werden dann eben ausgetragen. Die Unterlegenen werden meistens von den Siegern aufgefressen oder zu Tode gefoltert. Die Dämonenfürstin Belial beherrscht die Horde schon seit vielen kosmischen Zyklen, einfach weil sie grausamer, intelligenter und stärker ist als die anderen.


Sie ist übrigens diejenige, mit der mein Prota anbendelt. Ein hübsches Paar, wirklich...

Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Grey am 07. Januar 2008, 19:25:45
Zitat von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 16:37:05
Die Dämonenfürstin Belial beherrscht die Horde schon seit vielen kosmischen Zyklen, einfach weil sie grausamer, intelligenter und stärker ist als die anderen.
Sie ist übrigens diejenige, mit der mein Prota anbendelt. Ein hübsches Paar, wirklich...

Ah Belial ist also bei dir eine Frau ...
Nach allem, was ich aus anderen Threads über deinen Prota weiß, ist sie wohl genau die Richtige für ihn. Ich hoffe sie stopft ihm ordentlich das Maul ;D

Aber das wird jetzt arg OT ... *duck*
Zurück zum Thema ;)
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: SemSimkin am 07. Januar 2008, 23:10:20
Hmm, hört sich nach einer peppigen Geschichte an, muss man sagen. Aber deine Dämonen sind dann eigentlich nur "aufgebohrte" Orks. Zumindest füllen Sie diese Standard-Rolle aus, sobald Sie eine Gesellschaft bilden und menschlich irgendwie nachvollziehbare Ziele verfolgen (auch wenn diese sicher sehr verzerrt sind).

Bei meinem Manuskript/Baustelle/Vorabversion setze ich eine bewusst anonyme Naturmacht als das Böse ein. Diese kann dann den Geist aller Völker über Generationen beeinflussen und so früher oder später mehr oder weniger "böse" Völker erschaffen, welche aber weiterhin gute Individuen hervorbringen können. Wie das genau funktioniert, soll aber nie vollkommen aufgeklärt werden, wie das wohl auch in der Realität nie der Fall sein wird.

Das meinte ich eben mit dem Baustein, der einfach als Kulisse stehen bleibt. 
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Lord Bane am 08. Januar 2008, 14:12:08
Zitat von: SemSimkin am 07. Januar 2008, 23:10:20
Hmm, hört sich nach einer peppigen Geschichte an, muss man sagen. Aber deine Dämonen sind dann eigentlich nur "aufgebohrte" Orks. Zumindest füllen Sie diese Standard-Rolle aus, sobald Sie eine Gesellschaft bilden und menschlich irgendwie nachvollziehbare Ziele verfolgen (auch wenn diese sicher sehr verzerrt sind).

Die Zerstörung der gegenwärtigen Realität an sich ist für dich ein nachvollziehbares Ziel  ???
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Grey am 08. Januar 2008, 14:54:42
Naja, versucht man die Dinge aus der Sicht der Dämonen zu sehen, schon. Ich wäre auch stinkig ;)

Aber das ist es ja, was ich meinte. Betrachtet man die Dinge aus ihrem Blickwinkel, steht ein größerer Sinn und Zweck hinter ihrem Handeln. Sie machen das nicht einfach nur, weil sie eben so sind, sondern weil sie etwas damit erreichen wollen. Und ab dem Punkt werden sie eben für mich zu einem nicht mehr schlicht bösen Wesen sondern eben zu einer ... sagen wir, sehr hoch entwickelten Tierart. Ähnlich wie der Mensch, nur vielleicht mit noch ein bisschen mehr Kraft.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: SemSimkin am 08. Januar 2008, 18:08:22
Genau. @Bane: Das darf man nun natürlich nicht 1:1 verstehen. Das Dämonentreiben wird von den (denke doch meistens menschlichen :D) Lesern als Gleichnis auf Enttäuschung, Hass, Wut, Minderwertigkeitskomplexe, Rache uvm. aufgefasst, die jeder dann (uU völlig unbewusst) auf seine Lebenssituation mehr oder weniger abbildet. 
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: Björn am 08. Januar 2008, 21:50:10
Ich denke, daß "gute" Böse vor allem dann beim Leser ankommen, wenn sie glaubwürdig sind, d.h. wenn sie nicht einfach nur ein Klischee darstellen, sondern sozusagen eine Art Charisma haben. Ein Beispiel dafür, auch wenn nicht aus der Fantasy, ist vielleicht Hanibal Lecktor (nicht nur, weil A. Hopkins ihn so klasse spielt). Wichtig ist auch, daß die Bösen eine Geschichte haben, denn in der Tat wird niemand einfach nur so böse.

In einer meiner Geschichten ist eine der Bösen eine Frau, die vollkommen herzlos und unbarmherzig zu sein scheint - ihr Antrieb ist jedoch nur der Versuch, in einer völlig feindseligen Welt als einziger Mensch unter gezüchteten Monstren zu überleben, wobei sie in den Jahren immer mehr abstumpft...ähnliche Verhaltensmuster gibt es übrigens in der Realität mehr als genug.

Die Frage, wie man "gute" Böse zum Leben erweckt, bedarf also meiner Meinung nach immer auch einen Blick auf uns selbst.
Titel: Re: Wie gestaltet man "gute" Böse?
Beitrag von: felis am 09. Januar 2008, 11:54:05
Zitat von: Grey am 07. Januar 2008, 08:35:09
Nebenbei bemerkt - Chaos und Entropie bezeichnet beides das Gleiche. ;) Und interessanterweise ist ja Entropie der einzige biochemische Ordnungszustand, in dem Leben möglich ist. Also sind wir vielleicht eigentlich alle dämonisch? ;)
Sorry, aber naturwissenschaftlich sind dir da die Gäule durchgegangen.
Die Komplexität von Leben lässt sich nämlich auf der Basis der 3 Hauptsätze der Thermodynamik (der von der Entropie ist der 2. HS) eben nicht erklären.
Die Versöhnung zwischen Thermodynamik und den uns umgebenden Fakten hat eigentlich erst die Komplexitätstheorie geschaffen....
(Sorry für OT)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Grey am 09. Januar 2008, 12:41:46
Öhm ... ja, schon klar ... ich kenn die 3 Hauptsätze wohl ... *kopfkratz* Und ich wollte ja auch nichts erklären, und schon gar keine naturwissenschaftliche Diskussion draus machen. :gähn: Aber es ist doch richtig, dass kein Leben möglich wäre, wenn alles im Gleichgewicht ist, oder?
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: SemSimkin am 10. Januar 2008, 22:43:49
Hm, um die Sache mal wieder zu ihrem Anfang zurückzuführen: Ich denke es ist schwer das ganze auszudiskutieren, wenn sich wohl jeder verschiedene Stufen von "böse" vorstellt und da irgendwelche Etiketten draufklebt (was sich aber nicht vermeiden lässt).

Als comment zur Themeneröffnung: Inzwischen können wir es doch so auf den Punkt bringen, dass "normale" böse Charaktere entweder nur der Einfachheit halber so dargestellt werden und (meistens) die entsprechenden Motivationen wie Rache, Sadismus etc. verpasst bekommen oder sich durch ihre konkreten Taten als untragbar outen. In jedem Fall sehen Sie ihr Handeln als für sich gerechtfertigt an und wollen auch nur Erfolg bzw. Glück erreichen.  -  Dann gibt es da noch die "absolut" böse Seite, die gar nicht menschlich charakterisiert wird und (zugegeben sehr künstlich) einfach als Gegenspieler herhalten muss. Sobald für diese Figuren nachvollziehbare Motivationen reingeflickt werden, wandeln sie sich hin zur ersten Gruppe.   

Außerdem muss man ja als Leser nicht immer den Beurteilungen folgen. ... Hmm, was hab ich als Kind dem taffen Herzog Igzorn gewünscht, dass er den bornierten König Gregor und die weinerlichen Gummibären mal zum Teufel jagen kann  ;D ;D !
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Nitewolf am 11. Januar 2008, 13:43:56
Zitat von: Grey am 09. Januar 2008, 12:41:46
Aber es ist doch richtig, dass kein Leben möglich wäre, wenn alles im Gleichgewicht ist, oder?

Wie Heraklit so schön sagt: Der Krieg ist der Vater aller Dinge
Wobei er den Krieg nicht unbedingt wörtlich meint, sondern eben genau ausdrücken will, dass es ohne den Streit von Unterschieden nur Stillstand und Stagantion gäbe.

Um mal auf die ursprünglichen Frage nach der Motivation des Bösen einzugehen:
Der Böse muss ja nicht immer gleich der sadistische Folterknecht sein.
Ganz banale und alltägliche Dinge wie Egoismus, Stolz, Ehrgeiz können einen Charakter "böse" machen.
Es gibt da draußen genug Leute, die sich einfach rücksichtslos nehmen was sie wollen oder für ihre Karriere über Leichen gehen, weil ihnen die Auswirkungen auf andere einfach egal sind, oder die dir einfach gerne eins reinwürgen möchten, weil du ihnen mal dumm gekommen bist.
Wir nennen sowas heut nicht Böse, sondern Arschlöcher und wundern uns kopfschüttelnd, wie man so sein kann. Aber es sind doch erstaunlich viele Leute so und wenn man mal ein paar moderne gesellschftliche Konventionen wegnimmt, soziale Systeme einführt, wo die niederen Schichten eh nicht viel Wert sind, etc. wie das ja vor allem im Fantasy oft der Fall ist, und dem Verhalten solcher Leute damit freie Bahn gibt, hat man recht sehr alltägliche und sehr glaubwürdige Böse.

Obwohl... vielleicht sind die auch grade für einen modernen Leser nur schwer glaubwürdig zu machen, weil er das Verhalten aus dem Alltag kennt und es ihm dann in der Form präsentiert schnell überzogen vorkommt?
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lord Bane am 11. Januar 2008, 14:53:38
Zitat von: Nitewolf am 11. Januar 2008, 13:43:56
Ganz banale und alltägliche Dinge wie Egoismus, Stolz, Ehrgeiz können einen Charakter "böse" machen.

Ich frage mich, ob jemand wegen solcher Charaktereigenschaften gleich Antagonist sein muss und auch, was scharfe Kategorisierungen in "gut" oder "böse" für den Lesegenuss bringen sollen. Sollte der Leser nicht selbst entscheiden dürfen, wen er sympathisch findet?

(Ich weiß, darf er nie, nirgends, in keinem Buch der Welt, weil Sympathien immer vom Autor gelenkt werden. Aber man kann das doch etwas subtiler tun, als die Welt einfach in "gut" und "böse" einzuteilen oder bestimmte Eigenschaften mit solchen Wertungen zu versehen).

Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Grey am 11. Januar 2008, 15:01:44
Ich glaube, das versucht hier auch niemand. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass es einen mehr oder weniger fließenden Übergang gibt, und dass Schwarzweißmalerei nicht das ist, worüber wir schreiben möchten, und dass es in den meisten Fällen eine Frage des Blickwinkels ist. Und schließlich gibt es sogar Bücher, die völlig ohne Antagonisten auskommen.

Trotzdem bleibt es die klassische Variante, die Gegner des Protas mit Eigenschaften auszustatten, die als bekämpfenswert erscheinen. Was nicht heißt, dass sie unsympathisch sein müssen, das steht sowieso noch auf einem ganz anderen Blatt. Die "Bösen" werden gerade wegen ihrer schlechten Eigenschaften immer ihre Fans haben - egal auf welcher Seite der Geschichte sie stehen.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: ChaldZ am 04. Mai 2009, 23:35:01
Zitat von: Fuchsfee am 22. Januar 2009, 15:17:56
Ok, ein Böser ist böse, weil er tut, was ich nie tun würde und ein Guter ist gut, weil er tut, was ich tun würde? Schon klar. Aber wie kann der Böse das überzeugend tun, wenn sein Schöpfer im Grunde weiß, dass ds alles schlecht ist. ichmeine, ein Böser ist ja wohl böse, weil er denkt, das sei das Richtige. Klar kann er das auch machen, weil er Spaß dran hat. Dann ist er wahrscheinlich ein Irrer. Aber das ist mir zu oberflächlich. Wie kann er überzeugend rüberbringen, dass er denkt, er tut das Richtige wenn der Autor im Grunde weiß, dass es falsch ist? Da hat mich noch keiner überzeugt.

Zitat von: ChaldZ am 03. Mai 2009, 17:27:42
Meiner Meinung nach gibt es hier vier Möglichkeiten.

Die erste ist, dass der "Böse" ein Psychopath ist und in seiner verquerten Welt denkt, das Richtige zu tun oder einfach das tut, wonach ihm der Sinn steht.
Das ist schwierig zu beschreiben, denn man soll ja als Leser dennoch nachvollziehen können, warum der Char so handelt, auch wenn seine Taten "böse" sind. Es muss nicht der Logik in unserem Sinne entsprechend, muss aber für den Char - und somit nachvollziehbar für den Leser - Sinn ergeben.
Schafft der Autor das, bekommt man einen sehr interessanter Char, der trotz seines chaotischen Geistes nachvollziehbare Aktionen macht, die "böse" sein können.

Die zweite ist, dass der Char in einem Umfeld aufgewachsen ist, in dem bestimmte Regeln und Handlungsweisen als legitim und wünschenswert eingestuft werden. Klassisch hier ist zum Beispiel das System Herr und Sklave. Oder dass, um eine Machtposition zu erhalten, alles erlaubt ist.
Mit dem entsprechenden Hintergrundwissen sind solche Chars nachvollziehbar. Dafür ist es aber nötig, erst einmal selbst viel über die Lebensumstände des "Bösen" zu wissen (was ja generell nie schlecht ist) und diese Ideale und Traditionen auch dem Leser zugänglich zu machen.
Leistet der Autor diese Arbeit, erhält man einen "Bösen", der für sich und die Umstände seines Großwerdens nicht "böse" ist, sondern meint, das Richtige zu tun. Für die Moralvorstellungen des Lesers sind die Taten aber unmoralisch, falsch und scheinen vielleicht unreflektiert. Ich denke, man bekommt so bestenfalls einen "Barbaren", aber keinen wirklich "bösen" Char. Dennoch ist es einfacher zu bewerkstelligen als einen Psychopathen.

Die dritte Möglichkeit ist es, dem "Bösen" ein Ziel einzugeben.
Ich denke, das ist die meist genutzte Option. Allerdings auch oft sehr flach ausgearbeitet. Für einen Char zu sagen "ich will die Welt beherrschen und jeder, der sich mir in den Weg stellt, wird getötet" ist nicht wirklich nachvollziehbar. Zwar gerne genutzt, weil es eben so einfach ist; aber mal ehrlich: Wer von euch würde sagen: Ja, das ist nachvollziehbar?
Viel interessanter sind solche Chars, die durch Erlebnisse in ihrem Leben ein Ziel haben, zu dessen Erreichen ihr Lebensinhalt wird. Das Ziel sollte nicht in Beherrschung der Welt ausarten, für mich ist das zu klischeebehaftet. Vielleicht wurden sie von einer mächtigen Familie in Grund und Boden gedemütigt und arbeiten sich hoch, um mit ihrer neuen Machtposition Rache nehmen zu können. Der Moral haben sie entsagt, doch Menschlichkeit ist noch immer zu finden. Das macht den Char nachvollziehbarer, interessanter.
Schafft man es überzeugend, einem Char solch ein Ziel einzugeben, hat man einen runden "Bösen", der nachvollziehbar ist. Das ist mit einer Hintergrundgeschichte relativ einfach hin zu bekommen und die Taten sind wirklich "böse".

Die vierte Möglichkeit (mein Favorit).
Umstände, die einen Char dazu verleiten, (vermeintlich) "Böses" zu tun. Eine Geschichte, die, aus einer Perspektive erzählt, dazu verleitet anzunehmen, dass die Gegenfraktion "böse" ist oder "böse" handelt.
Meiner Meinung nach die schönste Variante, da sie Überraschungen in der Geschichte und interessante Wendungen zulässt.
Aus der einen Perspektive wirken die Handlungen niederträchtig. Doch später und aus anderer Perspektive sind sie nachvollziehbar und es lässt sich nicht mehr in "Gut" und "Böse" einteilen.

Vielleicht hat sich der ein oder andere gewundert oder auch davon genervt gefühlt, dass ich "böse" ständig in Anführungsstriche gesetzt habe. Doch meiner Meinung nach liegt hier genau darin die Wurzel von einem "bösen" Char, der nicht nachvollziehbar ist: Einfach "böse" zu sein, weil er eben böse ist und Spaß daran hat. Das ist nicht nachvollziehbar.
Die Kunst ist, hinter diesen Char eine Geschichte zu stellen, die mit ihm harmoniert und stimmig ist, einen Grund liefert, warum der Char genau so ist, wie er ist.
Wenn man einen "Bösen" braucht, so sollte man sich nicht ausmalen, wie "böse" er ist. Sondern was ihn dazu verleiten könnte, keine Moral mehr zu haben, der Moral abgeschworen zu haben, ein Ziel über alle Güte zu setzen.
Und dann wird auch der Char automatisch interessant.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: FeeamPC am 05. Mai 2009, 00:52:36
Und was ist, wenn die Bösen einfach nur böse sind, weil sie Tätigkeiten als angenehmen Zeitvertreib betrachten, die wir bzw. die Buchcharaktere als abgrundtief schlecht empfinden?
(So nach dem Motto: Wollen wir wetten, daß mein Mensch/Zwerg/Elf/Ork länger lebt als deiner, wenn ich beiden die Beine ausreiße?)
Oder wenn die "Bösen" mit einer für mich nicht nachvollziehbaren Pragmatik handeln?
Wäre für eine Fliege nicht wohl der Mensch mit der Fliegenklatsche böse?
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 05. Mai 2009, 11:37:54
Zitat von: ChaldZ am 04. Mai 2009, 23:35:01Meiner Meinung nach gibt es hier vier Möglichkeiten.
Als ich deine Aufzählung las, hatte ich gleich das Gefühl, da fehlt etwas. Und was es ist, wurde mir dann an diesem Satz bewusst:
Zitat von: ChaldZ am 04. Mai 2009, 23:35:01Doch meiner Meinung nach liegt hier genau darin die Wurzel von einem "bösen" Char, der nicht nachvollziehbar ist: Einfach "böse" zu sein, weil er eben böse ist und Spaß daran hat. Das ist nicht nachvollziehbar.
Die Kunst ist, hinter diesen Char eine Geschichte zu stellen, die mit ihm harmoniert und stimmig ist, einen Grund liefert
Denn an der Stelle oute ich mich mich mal: Ich war schon mal böse, einfach weil es mir Spaß gemacht hat. Und ich habe Dinge getan, obwohl ich vorher, dabei und/oder nachher genau wusste, dass sie böse sind. Nicht in Anführungszeichen, sondern auch nach meinem eigenen Wertesystem. Klar, mitunter hatte ich dabei oder hinterher ein schlechtes Gewissen, oder ein zwiespältiges Gefühl - aber auch das nicht immer.
Und ich denke, die meisten, wenn sie ehrlich sind und mal schauen, was sie in ihrem Leben getan und wie sie empfunden haben, finden Situationen, bei denen sie dasselbe über sich selbst sagen müssen. Jedenfalls muss man nur mal auf einen durchschnittlichen Schulhof gehen und sehen, wie die Kinder miteinander umgehen, um zu wissen, dass Böses zu tun nicht immer einen Grund braucht und mitunter einfach aus Eigendynamik geschieht - und von der Lust am Bösen beflügelt wird.
Ich denke also, es gibt einen Punkt, da braucht das Böse nichts, was als Rechtfertigung hinzutritt. Womöglich braucht ein Bösewicht einfach etwas nicht. Etwas weniger Gewissen, weniger Selbstkontrolle, eine geringere Hemmschwelle als ich und du und andere. Und schon wird aus dem gelegentlichen Ausrutscher ins Bösen eine wirkliche böse Gestalt, die glaubwürdig bleibt, ohne auch nur vor sich selbst eine Rechtfertigung zu brauchen.
Denn ich denke, dass ist die Lücke in deiner Aufzählung: Du suchst einen Grund. Für alles und jeden. Du implizierst, dass jeder Mensch - und auch jeder finstere Herrscher aus einem anderen Volk, was das betrifft - für alles, was er tut, einen guten Grund hat. Dass er zumindest für sich selbst alles rational herleiten kann.
Was du dabei komplett übersiehst, ist das Gefühl. Dabei ist das viel wichtiger. Nicht alles, was man tut, hat irgendeinen vernünftigen Grund. Oft genug tut man Dinge, obwohl man selbst weiß, dass sie eigentlich dumm sind, unvernünftig. Und selbst Gefühle sind nicht immer "vernünftig". Sie können sogar in ein und demselben Augenblick widersprüchlich sein.
Ich denke also, für einen wirklich glaubwürdigen Bösewicht musst du nicht deine Liste mit guten Gründen fürs Bösesein abarbeiten. Du musst in die Gefühle deiner Figur eintauchen. Dein Bösewicht wird in dem Moment viel lebendiger, wo er etwas einfach tun will - lustvoll, aus dem tiefsten Inneren heraus. Und ich denke, wenn du deine eigenen Empfindungen überprüfst, wirst du auch genug Hinweise finden, wo die Tat und das Gefühl dich einfach mitgerissen hat, wo du böses getan hast, ohne vorher und währenddessen über die Gründe nachzudenken.
Ich denke, das ist der Kern, um den du einen lebendigen Bösewicht herumformen kannst. Und wenn du tatsächlich immer gut warst, und dir nur wohlberechnet etwas zu tun vorstellen konntest, was vielleicht mancher als "böse" bezeichnen könnte - dann fehlt dir einfach noch etwas, um einen wirklichen Schurken zum Leben zu erwecken. Denn immerhin willst du deinen Schurken doch nicht am Reißbrett konstruieren, als exemplarische Charakterstudie - du willst in erster Linie ein atmendes, fühlendes Wesen vor dem Auge des Leser entstehen lassen. Eine Figur, die der Leser nicht so sehr versteht, wie er sie nachfühlen kann.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: ChaldZ am 05. Mai 2009, 12:08:53
Natürlich hast du Recht, was die Sache mit dem "Bösen" im richtigen Leben angeht.
In meinem Originalpost habe ich noch etwas angefügt, was eigentlich zu dem entsprechenden Topic gehörte, aber ebenso das, was du als fehlend gesehen hast, ergänzt:

Zitat von: ChaldZ am 03. Mai 2009, 17:27:42
Chars leben davon, dass sie überspitzt sind, dass sie extrem sind, leidenschaftlich, wechselhaft, aber immer nachvollziehbar bleiben.
Wir selbst sind selten extrem... dafür aber zumeist für uns selbst nicht nachvollziehbar.
Schon von daher wäre es schwer, über einen selbst zu schreiben.

Ich stimme dir zu, dass wir natürlich Dinge tun können, einfach aus dem Gefühl heraus, ohne nachvollziehbar zu sein. Und wenn man einen Char kennt und entsprechend aufbaut, kann man als Leser mal mitgehen, wenn dieser ohne einen Grund eine relevante Aktion macht.
Aber ich halte es für falsch, einen wirklich wichtigen Char auf Aktionen aufzubauen, die allesamt "aus einer Laune heraus" das gesamte Geschehen prägen oder eben einfach nicht nachvollziehbar sind.
Ich denke, man muss hier klar zwischen realen Geschehnissen und einer guten Geschichte unterscheiden.
Dass man einen Grund hat, etwas zu tun heißt noch lange nicht, dass man nicht wechselhaft oder leidenschaftlich sein kann, dass man nur für das eine Ziel lebt und ein stereotyp darstellt.
Ich sehe auch das Nachvollziehen weniger als ein Gegensatz zum Nachfühlen denn als eine Grundvoraussetzung, die das Nachfühlen intensiver, wenn nicht gar erst möglich macht.


Zitat von: Lomax am 05. Mai 2009, 11:37:54
Ich denke also, es gibt einen Punkt, da braucht das Böse nichts, was als Rechtfertigung hinzutritt. Womöglich braucht ein Bösewicht einfach etwas nicht. Etwas weniger Gewissen, weniger Selbstkontrolle, eine geringere Hemmschwelle als ich und du und andere. Und schon wird aus dem gelegentlichen Ausrutscher ins Bösen eine wirkliche böse Gestalt, die glaubwürdig bleibt, ohne auch nur vor sich selbst eine Rechtfertigung zu brauchen.

"Böse" zu sein ist ja kein Zustand, den man festlegen kann, sondern immer abhängig von Norm und Moral. Wenn unser Char als etwas nicht hat, dann hat das mit Sicherheit einen Grund.
Entweder er wuchs in einer Umgebung auf, wo andere Normen gelten, womit wir bei Punkt 2 meiner Aufzählung wären.
Oder er hat die Moral, die auch für uns als "gut" gelten würde, nicht angenommen.
Wenn das der Fall ist, dann würde denke ich keiner - auch ich nicht - auf die Idee kommen, den Psychologen zu spielen und zu sagen: Nicht genug Mutterliebe, alle waren als Kind gemein zu ihm, er hat das Falsche gegessen. Das ist nicht das, was interessant ist.
Interessant ist, was er - mit dieser nicht vorhandenen Moralvorstellung - zu erreichen sucht. Er ist ja nicht willkürlich irgendwo böse, bringt mal hier einen um, beklaut mal dort einen, sondern er ist eine prägende Kraft in der Geschichte. Und die kann er nur sein, wenn er zielgerichtet etwas tut. Ganz gleich was, es muss nur Relevanz besitzen.
Und damit sind wir wieder bei Punkt 3.

Klar, jeder Mensch ist mal "böse", aber deswegen dreht sich nicht gleich die ganze Stadt oder die ganze Welt um uns. In einer Geschichte muss es aber so sein, sonst ist sie nicht groß, nicht leidenschaftlich, nicht bedeutend.
Deswegen kann ein richtiger "Böser" für mich nicht "einfach so böse" sein.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Smaragd am 05. Mai 2009, 13:02:09
Ich glaube, was mir dazu einfällt, gehört zu Norm und Moral - die Weltanschauung und Menschensicht des Charakters. Ein Charakter, der glaubt, dass der Mensch des Menschen Wolf ist, kommt sehr schnell ganz logisch dazu, dass es richtig ist, dass zu tun, was für ihn gut ist und sieht sich eigentlich auch dazu gezwungen, damit er nicht unter die Räder kommt. Und es lassen sich schon Begründungen für so eine Sichtweise finden...

Eine Variante, die ich mal bei einem Anta hatte, war schamlos von der Wirklichkeit abgekupfert - er hat einfach einer Volksgruppe die Menschlichkeit abgesprochen (und wirklich geglaubt, dass sie keine Menschen sind) und deswegen absolut kein Problem damit gehabt, sie wie Tiere zu behandeln. Ok, war auch sonst kein besonders netter Mensch, aber als böse hat er sich überhaupt nicht gesehen.

Ansonsten kann ein "Böser" natürlich auch in ein System hereinrutschen und dann nicht mehr rauskönnen... und sich vor sich selbst damit rechtfertigen, dass ein Opfer seinerseits total sinnlos wäre, weil dann halt jemand anderes seine Stelle einnimmt, das System also sowieso bleibt. Und er will sich natürlich nicht opfern. Hat jemand hier mal "Lord of War" gesehen? Da wird die Lebensgeschichte eines Waffenhändlers aus dessen Sicht erzählt und die Argumente kommen da auch vor. Bei dem Film hab ich geheult, aber als Studie "Wie baue ich einen nachvollziehbaren Bösen auf, der kein durchgeknallter brutaler Psychopath ist?" fand ich`s wirklich gut.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 05. Mai 2009, 14:00:01
Sorry, bei deiner Antwort habe ich immer noch das Gefühl, dass du versuchst, das "Böse" zu rationalisieren. Begriffe wie "Laune" oder die selbstverständliche Gegenüberstellung von "begründet böse" und "einfach so böse". Gefühl hat nichts mit Lust und Laune zu tun - eine Gefühlsstruktur ist ein viel stärkerer und ein regelmäßiger Motivator für nachvollziehbare Taten als ein nüchterner Sachgrund. Denn die Begründung beugt sich dem Willen, aber das Gefühl führt den Willen.
  Klar kannst du jetzt sagen, dass auch das Gefühlsleben einer Figur in der Regel eine beschreibbare Entwicklungsgeschichte aufweist. Nur, für einen glaubwürdigen Bösewicht ist sie zweitrangig. Der ein oder andere Leser mag gerne wissen, warum ein Bösewicht so ist, wie du ihn darstellst. Nur, ich würde mal sagen, wenn eine Figur eine stimmige Gefühlsstruktur hat, fragt der Leser auch nicht mehr lange danach, ob sie eine schwere Jugend hatte, ob ihre Taten aus ihrer Perspektive wohl gerechtfertigt sind. Der Leser wird deinen Bösewicht für das hassen, was er tut, und er wird die Taten und die Figur für nachvollziehbar halten, wenn sich die Figur nur stimmig genug anfühlt - und vor allem dann, wenn der Bösewicht den Figuren, mit denen der Leser sich identifiziert, nur nachhaltig genug auf die Füße tritt ;D
  Genau genommen, für die Wirkung und die Akzeptanz eines Bösewichts beim Publikum spielt es sogar eine größere Rolle, ob er sich "cool anfühlt", als ob wirklich bis ins Detail geklärt ist, warum er so böse ist. Denn genau dieselbe Regel, die in der Praxis für das Verhältnis von Gefühl und Motivation gilt, gilt auch in der Rezeption - dein Bösewicht wird nicht dadurch interessant, dass der Leser viel über ihn erfährt. Ganz im Gegenteil, der Leser wird ganz selbstverständlich die Lücken füllen und sich selbst überlegen, wie denn alles zusammenhängen könnte, wenn der Bösewicht ihn nur genug beeindruckt. Ein gutes Beispiel dafür ist beispielsweise der "Starkult" um Darth Vader in der Fanszene, noch bevor Episode I-III ein mehr oder minder stimmiges Psychogramm nachgeliefert haben. Vader als beeindruckender Bösewicht hat das wirklich nicht mehr gebraucht.

Versteh mich nicht falsch: Ich denke nicht, dass die Gründe in der Liste keinen Platz haben können bei der Entwicklung des Bösewichts. Aber man sollte sie auch nicht benutzen, um einen guten Bösewicht zu entwickeln. Man muss einen guten Bösewicht haben, und dann kann man vielleicht seinen Hintergrund genauer differenzieren und Hinweise streuen für die, die es interessiert. Ich würde allerdings sagen: Ein guter, präsenter Bösewicht, der emotional Wirkung zeigt, liefert ganz von selbst die Begründungen für seinen Charakter mit, wenn der Áutor ihn nach seiner Erschaffung auf die Couch legt und ihn ein bisschen nach seinen Wurzeln befragt.
  Aber gerade in einer Geschichte ist das, was an einem Bösewicht wirkt, was den Leser erreicht, seine Tat, nicht seine Kindheit. Und diese Tat sollte überzeugend wirken, sie sollte vor allem böse wirken. Nicht etwa stets halb zurückgenommen, indem gleich eine Begründung wie eine Entschuldigung hinterhergeschoben wird. Und wie man die Tat unmittelbar aus seinem Antagonisten herauszieht, so dass sie Angst macht, schaudern lässt, so dass sie wirkt - das vermisse ich ein wenig an deiner Aufzählung. Und wie du selbst gesagt hast, wir reden über Geschichten und Authentizität, nicht über die Realität. Und da zählt die Wirkung noch sehr viel mehr als das Sein.
  Um konkrete Beispiele zu nennen: Wo in deiner Liste hat das pure, essentielle Hochgefühl Platz, das entstehen kann, wenn man mit der Waffe in der Hand einem Gegner gegenübersteht und um sein Leben kämpft? Oder zumindest glaubt, es ginge um die existenzielle Frage nach "er oder ich". Wo hat die Befriedigung Platz, die man nach einer Rache empfinden kann - und zwar nicht etwa aus einem Gefühl der "Angemessenheit" heraus, sondern selbst wenn man diese Rache als unverhältnismäßig erkennt?
  All diese Dinge können jedem Menschen situationsbedingt widerfahren, und sie machen ihn nicht gleich böse. Aber all diese Dinge können es sein, die ganz unmittelbar die Taten eines Bösewichts speisen können, jenseits von allen Zielen, und sie lassen dann einen Bösewicht entstehen, wenn man einfach nur Charakterzüge weglässt, die diese destruktiven Züge sonst zügeln könnten. Und natürlich muss man all das nicht unbedingt selbst erlebt haben, um einen glaubwürdigen und lebendigen Bösewicht zu erschaffen.
  Aber ich frage mich doch, ob deinen Bösewichten nicht irgendwas Essentielles fehlen wird, wenn du dir nicht einmal vorstellen kannst, wie ein komplexer Charakter, der in der Praxis als "böse" auftritt, schlicht durch ein kohärentes System solcher Impulse geformt werden kann - und denen eine Kultur, ein logischer Grund, ein konkretes Ziel etc. nur nachrangig und letztlich austauschbar und entbehrlich hinzutritt.
  Ich würde deine vier Gründe also ganz gerne auf ein paar einfachere Regeln runterschmelzen wollen: Ein Bösewicht sollte vor allem weh tun. Und er sollte das wollen. Der Rest ist Feinarbeit, um genau das an die Zielgruppe zu bringen - und wie man das tut, kann je nach Genre und Zielgruppe ein wenig differieren.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 05. Mai 2009, 14:47:22
Die allmähliche Verfertigung des Gedankens während des Schreibens ...
  Ich war immer noch darüber am Grübeln, was genau mich eigentlich so daran stört, wenn ich Chaldz Liste so anschaue. Neige ich doch selbst dazu, meine Protagonisten zu psychologisieren und wäre in vielerlei Hinsicht geneigt, ihm zuzustimmen, und habe vielfach auch schon Ähnliches vertreten. Und doch widerstrebt es mir, das als Blaupause für einen wirkungsvolleren Antagonisten zu empfehlen. Warum?
  Ich denke, wenn ich den Ursachen für mein Unbehaben ein wenig weiter nachspüre, komme ich als nächstes zu der Erkenntnis, dass die Bösewichte, die mir im Gedächtnis geblieben sind und die mich besonders beeindruckt haben, eigentlich wenig in der beschriebenen Hinsicht ausgearbeitet waren.
  Diese Empirie ist jedenfalls bedenklich. Es macht ein wenig den Eindruck, als wären diese Blaupausen eher für die Vertiefung von Protagonisten geeignet ... und der Gedanke, in Verbindung mit dem oben gebrachten Star-Wars-Beispiel, brachte mich dann plötzlich zu den Texten, wo ich derartige Ausarbeitung von Antagonisten extrem häufig gefunden habe: In Fanfiction zu Antagonisten!

Meine vorläufige Arbeitshypothese, die ich hiermit mal in den Raum stellen möchte: ChaldZ Vier-Punkte-Plan für Antagonisten eignet sich mehr als Blaupause für Fanfiction, die den Antagonisten zum Protagonisten machen möchte - aber weniger für Antagonisten, die den Leser so sehr beeindrucken, dass er selbst Fanfiction dazu schreiben würde!
Ich habe also eher das Gefühl, die entsprechende Ausarbeitung von Antagonisten ist eher ein Luxus. Und wenn ein Autor ihn pflegt, sollte er sehr sorgsam darauf achten, dass diese Differenzierung der Wirkung des Antagonisten nicht im Wege steht - oder er sollte sich gleich bewusst dafür entscheiden, dass er in Wahrheit eine Geschichte über seinen Antagonisten schreiben will.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Smaragd am 05. Mai 2009, 15:04:04
Zitat von: Lomax am 05. Mai 2009, 14:00:01
Ich würde allerdings sagen: Ein guter, präsenter Bösewicht, der emotional Wirkung zeigt, liefert ganz von selbst die Begründungen für seinen Charakter mit, wenn der Áutor ihn nach seiner Erschaffung auf die Couch legt und ihn ein bisschen nach seinen Wurzeln befragt.

Das kann ich mir vorstellen, aber wie würdest du einen guten, präsenten, "coolen" Bösewicht mit emotionaler Wirkung erschaffen, ohne die Wurzeln zu kennen? In dem Moment, in dem du überlegst, wie er sich generell verhält, kommt doch die Frage auf, welches Verhalten sich wie begründen ließe... oder nicht? Immerhin soll der Bösewicht so böse sein, dass er "böser" ist als jeder Durchschnittsmensch, also muss da eine Geschichte dahinterstecken.

Um erstmal zu wissen, wie die Gefühlsstruktur aussieht - also wie sie stimmig ist - muss ich doch den Charakter kennen. Wie könnte ich ihn kennen, ohne zu wissen, was ihn geprägt hat?
Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, bei nicht-bösen Charaktere brauche ich vielleicht nicht so explizit für mich den Hintergrund, um sie stimmig schreiben zu können. Vielleicht liegt das daran, dass ich mich nicht für "böse" halte und deswegen sehr bewusst versuchen muss, mir einen "Bösen" vorzustellen. Den Hintergrund zu haben, hilft dann dabei, sich in ihn/sie hineinzuversetzen.  :hmmm:

Ich habe übrigens den Eindruck, dass ihr zwei von unterschiedlichen Definitionen eines Antagonisten/Bösewichts ausgeht. Für dich, Lomax, ist er der Böse, der eindeutig böse ist und den guten Protas wehtun will, wenn ich dich richtig verstanden habe. Und du, ChaldZ, spielst mit diesem Gegensatz von gut und böse und einige deiner Optionen relativieren das "Böse", indem du es so aufbaust, dass es aus einer anderen Perspektive eben nicht "böse" aussieht. Das sind ganz unterschiedliche Vorstellungen von Aufgaben und Wirkungen der Antas, die ihr da habt.

Ich würde aus Gefühl und Rationalität gar nicht zwangsweise einen Gegensatz machen. Die Begründungen, die ChaldZ aufgezählt hat, können ja alle mit Gefühlen verknüpft sein, nur dass die Gefühle nicht direkt der einzige Auslöser der bösen Taten sind. Es gibt nun mal Menschen, die eher aus dem Gefühl heraus handeln und andere, die eher rational sind (ok, jeder hat mal Aussetzer, aber die Anfälligkeit dafür und die Häufigkeit variieren schon). Deswegen würde ich beides eigentlich als komplementär sehen.

Der gefühlsmäßige Ansatz könnte vielleicht Punkt fünf werden, ein Anta, der destruktiven Charakterzügen freien Lauf lässt und gern das Gefühl hat, andere zu dominieren. Das geht in Richtung von Psychopath, ist aber nicht ganz so heftig, denke ich.

Was meint ihr?
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: ChaldZ am 05. Mai 2009, 18:18:32
@ Smaragd
Ich finde, du hast das ganz gut erkannt.
Auch wenn ich dieses "Böse, das eher relativ ist" in Punkt 4 zu beschreiben versucht habe, ist das tatsächlich mehr oder weniger ein Motiv, das sich durch meine Empfehlung zur Erstellung eines "Bösen" zieht.
Und jetzt, da das Wort "Antagonist" gefallen ist, ist es sehr viel eher das, was ich zu beschreiben versucht habe als jemand wirklich "Böses".

Ich denke von der Struktur her hat es Lomax besser getroffen, jemand wirklich "böses" zu beschreiben. Aber Smaragd hat den Punkt getroffen, den ich versucht habe im Nachhinein zu erklären: Um einen Char zu kennen, muss ich wissen, was ihn geprägt hat.
Meine Aufzählungen sind ja nun nicht für den Leser bestimmt. Was den Leser erreicht, sind die Taten des "Bösen" und vielleicht dessen Ziel.
Gedacht war die Liste als Wegweiser für den Autor, der sich damit den Hintergrund des "Bösen" schaffen kann, um ihn selbst und seine Gründe kennen zu lernen und danach glaubhaft rüber bringen zu können - eben mit seinen vielleicht wirren emotionalen Schwankungen, seinen "bösen" Vorlieben und was Lomax noch so aufgezählt hat.
Dabei ist es mir nicht wichtig, rational zu erklären, sondern - bildlich gesprochen - den Char nicht in der Luft hängen zu lassen, sondern ihm ein Fundament zu verpassen, auf dem er so ist, wie er ist. Das sollte in keinem Falle in eine psychologische Untersuchung ausarten.
Demnach will ich überhaupt nicht all sein Handeln auf einen einzigen Grund reduzieren. Die Bandbreite ist genau so, wie Lomax sagt. Es reicht von "Spaß am Bösen haben" bis "von Allem zurückziehen" oder jedweder anderen Handlung.
Die Punkte 1 bis 4 sind vorstellbar als roter Faden, der auf Seiten des Antagonisten die Geschichte durchzieht und mit dem er den Plot prägt.



(Das mit dem Fanfiction habe ich übrigens nicht ganz verstanden... damit habe ich mich noch nie beschäftigt.
Meintest du, man könnte anhand meiner Liste bereits bestehenden (erdachten) Bösewichtern nachträglich Gründe unterschieben, um sie weniger Böse scheinen und zu Protagonisten aufsteigen zu lassen?)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 05. Mai 2009, 19:01:29
Zitat von: ChaldZ am 05. Mai 2009, 18:18:32(Das mit dem Fanfiction habe ich übrigens nicht ganz verstanden... damit habe ich mich noch nie beschäftigt.
Meintest du, man könnte anhand meiner Liste bereits bestehenden (erdachten) Bösewichtern nachträglich Gründe unterschieben, um sie weniger Böse scheinen und zu Protagonisten aufsteigen zu lassen?)
So in etwa - allgemeiner gesagt: Man kann deine Liste benutzen, um die Bösen für sich selbst besser zu verstehen.
  FanFiction erzählt Geschichten mit Figuren aus dem Werk und der Welt eines anderen Autors. Oft werden dabei dann eben Figuren zu Protagonisten gemacht, bei denen der Fanfiction-Autor das Gefühl hat, dass über diese Figur noch mehr erzählt werden müsste. Und die nicht unbedingt die Protagonisten des ursprünglichen Werks waren, sondern eben möglicherweise interessante Nebenfiguren oder beeindruckende Antagonisten.
  Natürlich kann der Autor selbst dieselbe Technik anwenden, um seinen eigenen Antagonisten besser zu verstehen. Aber wenn ich an den Fangeschichten sehe, dass Leser anscheinend sehr kreativ sein können, solche Begründungszusammenhänge selbst zu suchen, wenn eine Figur sie genug beeindruckt hat, dann können diese Begründungen auch nicht der Punkt sein, der darüber entscheidet, ob der Leser den Antagonisten annimmt.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Smaragd am 06. Mai 2009, 15:15:28
Zitat von: Lomax am 05. Mai 2009, 19:01:29
Oft werden dabei dann eben Figuren zu Protagonisten gemacht, bei denen der Fanfiction-Autor das Gefühl hat, dass über diese Figur noch mehr erzählt werden müsste. Und die nicht unbedingt die Protagonisten des ursprünglichen Werks waren, sondern eben möglicherweise interessante Nebenfiguren oder beeindruckende Antagonisten.

Ja sicher, aber um eine Figur bzw. einen Antagonisten/Bösewicht so aufzubauen, dass der Leser das Gefühl hat, dass da noch mehr dahintersteckt, muss ein Autor doch immerhin Andeutungen fallen lassen, oder? Und um das zu tun, muss er selbst Bescheid wissen...

Ich glaube, wir müssen uns mal mit der Definition des Wortes "böse" beschäftigen. Was genau versteht ihr unter "böse"? Dinge zu tun, die unseren Moralvorstellungen widersprechen? Oder eher Sadismus?

Und um noch einen Schritt weiterzugehen, haben wir einen generellen Unterschied zwischen Bösewicht und Antagonist? Ich denke schon. Ein Antagonist hat ja generell die Aufgabe, den Protas Steine in den Weg zu legen und das zu sein, wogegen die Protas kämpfen. Er verkörpert also etwas, was sie ablehnen (allgemein gesprochen). Also hat ein Antagonist zumindest mal andere Ansichten - und daraus resultierend andere Ziele - als die Protas. Das ist erstmal noch nicht per se böse, sondern einfach nur anders. Dafür könnte man einen gut geschriebenen Anta zwar erwürgen, aber das ist dann eine Frage der Perspektive bzw. Meinungsverschiedenheit.
Böse wird`s für mich dann, wenn der Anta auch noch ein Sadist, Psyopath oder ähnliches ist.

Ich denke, beides kann gut funktionieren, aber grade wenn wir hier diskutieren, sollten wir wissen, wovon genau wir sprechen, sonst reden bzw. schreiben wir nämlich aneinander vorbei.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 06. Mai 2009, 17:01:36
Zitat von: Smaragd am 06. Mai 2009, 15:15:28Ja sicher, aber um eine Figur bzw. einen Antagonisten/Bösewicht so aufzubauen, dass der Leser das Gefühl hat, dass da noch mehr dahintersteckt, muss ein Autor doch immerhin Andeutungen fallen lassen, oder? Und um das zu tun, muss er selbst Bescheid wissen...
Was der Autor tun muss, damit ein Antagonist so weit beeindruckt, ist ja eben die Frage - ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, dass er irgendwas liefern muss, was die Taten explizit erklärt. Meine Theorie wäre, dass der Antagonist nur emotional stimmig wirken muss - der Rest ist egal. Und schon gar nicht muss der Autor wirklich wissen und ausgearbeitet haben, was der "Böse" in der Hinsicht aufzuweisen hat - denn Andeutungen kann man im Text auch streuen, ohne selbst die Lösung zu kennen. Dazu reicht es schon, interessante Andeutungen zu verteilen, aber nicht so viele, dass man sich selbst widerspricht.

Und ansonsten geh ich jetzt mal davon aus, dass wir von einem Bösewicht in der Rolle des Antagonisten sprechen. Mit einem Bösen als Prota siehts natürlich anders aus. Und mit einem "Nicht-Bösen" Antagonisten erübrigt sich das ganze ja sowieso.  ;)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Joscha am 06. Mai 2009, 17:31:05
Eine der am meisten auftretenden Ursachen für Handlungen, die wir in unserer moralisch festgefahrenen Gesellschaft als "Böse" bezeichnen (nicht, dass irgendeine Gesellschaft der Welt davor gefeit wäre), ist Gruppenzwang oder Aussagen, mit denen man von frühesten Kindheitsbeinen aufwächst. Im dritten Reich beispielsweise, da hat auch keiner (bzw. kaum jemanden) den SS-Mann, der hunderten von Juden "aus Spaß" getötet hat, als böse bezeichnet, er sich selbst wohl am allerwenigsten. Heute würden wir die Hand vor den Mund schlagen und sagen "Oh, wie schrecklich." (Bitte nicht falsch verstehen, ich finde, dass so etwas schrecklich ist, aber das Beispiel ist eben ein sehr deutliches.)

Gut und Böse ist völlig abhängig von der gesellschaftlichen Situation. Menschen halten sich selbst nicht für böse. Sie tun manchmal etwas, das sie für schlecht halten, aber dann werden sie sich sagen, sie seien durch die Umstände dazu gezwungen worden. Psychopathen und geistig Gestörte, die nicht rational denken, können Dinge tun, die wir für böse halten, doch sie realisieren nicht, dass ihre Tat schlecht ist. Wieder andere reden sich ein, es handle sich um eine göttliche Gerechtigkeit.

Am Schwierigsten zu schreiben ist wohl aus der Sicht eines Psychopathen, da beim Leser irgendwie der Grund durchschimmern muss, warum er so handelt, und sei er auch noch so verquer. Rache dagegen ist ein menschliches Grundbedürfnis, das ist jedem verständlich und jemand, der aus verständlicher Rache böse handelt, ist uns dennoch symphatisch. Oder jemand, der einen anderen Bösen tötet, wobei das Töten an sich ja selbst schon wieder eine Böse tat wäre.

Ich finde, man sollte, wenn man es auch nicht in die Geschichte einbringt, zumindest in der Lage sein, einige Szenen realistisch und deren Handlungen erklärend aus der Sicht des Antagonisten/Bösewichtes schreiben können, egal wie böse und brutal er ist. Man muss diese Szenen ja nicht veröffentlichen, aber sollte als Autor auf jeden Fall bescheid wissen. Sonst wirken die Antas einfach nur wie stumpfsinnige Pappfiguren, die dem Protagonist in den Weg gelegt wurden, um zu zeigen, worüber er moralisch alles erhaben ist.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Churke am 06. Mai 2009, 19:23:31
Zitat von: Lomax am 06. Mai 2009, 17:01:36
Was der Autor tun muss, damit ein Antagonist so weit beeindruckt, ist ja eben die Frage - ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, dass er irgendwas liefern muss, was die Taten explizit erklärt.

Es gibt Taten, die MUSS man erklären, weil sie sonst schlichtweg nicht logisch sind.
Bei einer erfundenen Geschichte würde man so etwas beim Plotten elegant umschiffen. Die Figuren verhalten sich geradlinig und logisch. Fertig.
Wenn man sich aber mit historischen Bösewichten befasst - für einen historischen Roman - dann hat man womöglich auf einmal Handlungen, die aus sich selbst heraus nicht mehr zu erklären sind. Die Figuren handeln nicht emotional und aus dem Bauch heraus, sondern langfristig planend und nehmen Umwege in Kauf.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Evenia am 06. Mai 2009, 19:42:25
ZitatWas der Autor tun muss, damit ein Antagonist so weit beeindruckt, ist ja eben die Frage - ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, dass er irgendwas liefern muss, was die Taten explizit erklärt.
Finde ich allerdings auch. Natürlich muss man ansatzweise verstehen, warum die Person das tut. Zum Beispiel tötet sie jemanden, weil der etwas gestohlen hat oder die Person beleidigt hatte. Nur damit das Motiv zu erkennen ist. Aber richtig nachvollziehbar sind "böse" Taten ja nie. Sonst würde man sie schließlich nicht als "böse" bezeichenen sondern als "moralisch bedenklich" etc... Allerdings hat bestimmt jeder von uns schon mal etwas getan, was auf den ersten Blick zumindest als gemein gelten würde. Jedoch im Zusammenhang fast logisch war oder?
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Mogwied am 06. Mai 2009, 20:00:18
Kleine Ursachen können den Ausschlag geben. Das ist meine Meinung.
Es muss nicht immer religiöser Wahn, ein Psychopath oder ein Sauron sein.  ;)
Eifersucht ist ein Motiv, Rache wurde oft genannt, Machtgier. Dann ist der Anta auch nicht "böse", sondern einfach nur der Gegenspieler.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Lomax am 07. Mai 2009, 10:48:20
Zitat von: Churke am 06. Mai 2009, 19:23:31Es gibt Taten, die MUSS man erklären, weil sie sonst schlichtweg nicht logisch sind.
Bei einer erfundenen Geschichte würde man so etwas beim Plotten elegant umschiffen. Die Figuren verhalten sich geradlinig und logisch. Fertig.
Wenn man sich aber mit historischen Bösewichten befasst - für einen historischen Roman - dann hat man womöglich auf einmal Handlungen, die aus sich selbst heraus nicht mehr zu erklären sind. Die Figuren handeln nicht emotional und aus dem Bauch heraus, sondern langfristig planend und nehmen Umwege in Kauf.
Die Diskussion ging ja nicht darum, ob man die Taten der Bösewichte erklären. Sie ging darum, ob man ihre Persönlichkeit erklärne muss. Und ich finde, das ist ziemlich entbehrlich. Solange die Persönlichkeit emotional stimmig wirkt. muss man nicht mehr viel (zer-)reden - oder auch nur lange geplant haben -, was den Bösewicht denn so böse gemacht hat.
Man muss seine Taten zeigen, und die sollten natürlich nachvollziehbar sein. Der Bösewicht wirkt dann durch seine Taten, nicht dadurch, dass man ihn erklärt.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Coppelia am 07. Mai 2009, 11:18:12
Ja, interessante Diskussion. Dass ich nur Fanfiction schreibe, weiß ich ja schon lange. ;D

ZitatEifersucht ist ein Motiv, Rache wurde oft genannt, Machtgier. Dann ist der Anta auch nicht "böse"
Ich kann es nicht als "nicht böse" definieren, wenn man aus Eifersucht, Rache oder Machtgier anderen vorsätzlich schadet.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Romy am 07. Mai 2009, 18:10:02
Ich würde mal sagen, solange man einen Antagonist hat, der KEIN Perspektiventräger ist, ist es in Ordnung, seinen Charakter und seine Hintergründe nicht genauer zu erklären, sondern ihn und sein Handeln nur durch seine Emotionen stimmig darzustellen.

Aber wenn der Antagonist/der Böse ein Perspektiventräger ist, dann ist das etwas anderes und ich finde, das hat nichts damit zu tun, ob es sich um Fanfiction handelt. Jemand, aus dessen Sicht erzählt wird, sollte auch möglichst ausführlich beleuchtet werden. Die bloßen Emotionen reichen da nicht aus, um irgendwelche Gräueltaten zu erklären.
Mal ein Beispiel, was besonders gut passt, weil ich selbst das als nächstes schreiben muss  ;)
Einer meiner beiden Protas gehört auf die Seite der Bösen/Antagonisten. Also, er ist nicht der Oberbösewicht, hat sich aber deren Seite angeschlossen und soll nun seine Weihe haben, bei der er ein Menschenopfer darbringen muss. Also, er soll einen unschuldigen, zufällig ausgewählten Menschen bei einer Zeremonie töten. Bisher war er quasi nur Mitläufer, hat einige schlimme Dinge gesehen und nichts dagegen unternommen, aber er hat bis dato selbst noch nichts WIRKLICH Schlimmes getan. Bis dahin kann man einiges durch die äußeren Umstände, oder Emotionen erklären, aber ich finde, spätestens ab diesem Punkt, muss man sein Innenleben und seine Beweggründe ausführlicher erklären, damit er glaubwürdig bleibt. Zumal, um auch sein weiteres Handeln im Roman verstehen zu können, was sonst oftmals schlecht nachvollziehbar wäre.


Zitat von: Coppelia am 07. Mai 2009, 11:18:12
Ich kann es nicht als "nicht böse" definieren, wenn man aus Eifersucht, Rache oder Machtgier anderen vorsätzlich schadet.

Ich finde, was Rache angeht, kommt's drauf an. Manchmal kann es gute Gründe geben. Auch Protas brechen doch manchmal auf, um Rache zu üben und das würde doch kein Leser als böse bezeichnen wollen.  :innocent: Es kommt dann aber auf den Grund und auf das Wie an. Wobei wir wieder dabei wären, das pure Emotion dann doch nicht ausreicht, ob nun bei Prota oder Anta.
Außerdem haben die meisten Protas im Gegensatz zu Antas die Angewohnheit, sich im letzten Moment an ihre moralischen Werte zu erinnern und es dann doch nicht zu tun  ;)
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Kati am 10. Mai 2009, 13:58:32
Ich finde schon, dass wenigstens ein wenig klar sein muss, wieso jemand etwas tut. Ich meine, wenn da jetzt der so genannte "Böse" kommt und, zum Beispiel, einen Gegenstand stiehlt, der für die Gesellschaft in der Geschichte lebenswichtig ist, dann sollte man schon wissen, wieso der das jetzt gemacht hat. Ich finde es auch immer schön, wenn man die Geschichte des Antagonisten kennt.
Für mich gibt es gar kein Gut und Böse. Jeder denkt er ist der Gute und darin besteht ja auch meistens der Konflikt. Alle sind überzeugt davon, dass sie das Richtige tun und der andere nicht und wollen ihre Meinung durchsetzen.


LG,

Kati
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Joscha am 10. Mai 2009, 16:19:14
Zitat von: Nightingale am 10. Mai 2009, 13:58:32
Ich finde schon, dass wenigstens ein wenig klar sein muss, wieso jemand etwas tut. Ich meine, wenn da jetzt der so genannte "Böse" kommt und, zum Beispiel, einen Gegenstand stiehlt, der für die Gesellschaft in der Geschichte lebenswichtig ist, dann sollte man schon wissen, wieso der das jetzt gemacht hat. Ich finde es auch immer schön, wenn man die Geschichte des Antagonisten kennt.
Für mich gibt es gar kein Gut und Böse. Jeder denkt er ist der Gute und darin besteht ja auch meistens der Konflikt. Alle sind überzeugt davon, dass sie das Richtige tun und der andere nicht und wollen ihre Meinung durchsetzen.


LG,

Kati

Genau so handhabe ich es normalerweise auch. Gewissermaßen vertauschen Prota- und Antagonist ihre Rollen regelmäßig, je nachdem, aus wessen Perspektive eben gerade erzählt wird. Auch wenn das in High Fantasy-Romanen meistens nicht ganz so praktikabel ist.
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Jara am 11. Mai 2009, 00:16:46
Ich denke, man kann auch erkennen, dass es die letzten Jahre (meine Erfahrungswerte sind meinem Alter gemäß, dementsprechend dürfen Leute mit längerer und größerer Leseerfahrung mich gerne verbessern) zu einer zunehmenden Psychologiesierung in der Fantasyliteratur kam.

Natürlich wurde vor allem auf Seiten der Protas schon immer erklärt, welche Beweggründe sie haben und ihnen
psychische Schwächen und Stärken angedichtet.
Aber dieses Phänomen, dass die Psyche komplex und vielschichtig ist und bestimmte Dinge aus der Figur selbst herausbrechen, wenn man es am wenigsten erwartet, ist meiner Meinung nach neueren Datums und erst seit einiger Zeit mehr verbreitet. Vor allem auch auf Seiten der Antagonisten. Es sind oft nicht mehr die äußeren Umstände, die die Handlung voran treiben, sondern das mehr oder weniger stabile Innenleben der Figuren.

Das hängt wohl auch mit der Sehnsucht zusammen, sich von der klassischen Fantasy a la Tolkin abzugrenzen.
"Evil - Overloards" sind nicht mehr so gefragt. Man möchte verständlich machen, warum  der Anta so handelt. Unter anderen eben mit der Absicht, dass der Leser ihn nicht mehr als einfach böse, sondern als böse mit Grund oder verzweifelt - bemitleidenswert - böse ansieht.
Oder hätte jemals jemand verstanden ( verstehen wollen) was in Saurons Kopf abgeht?

Auch wenn der Anta kein Perspektivträger ist, kann das von Vorteil sein.
Als Autor eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten mit dem Leser "zu spielen".
Titel: Re: Die "böse" Seite
Beitrag von: Cythnica am 24. September 2009, 14:09:15
Denke bei Sauron ist es irgendwo eine Mischung aus Willen nach Macht und dem Versuch, das Werk seines Meisters Melkor zu übertreffen, der ja selber letzlich sehr gescheitert ist.

Sehr interessant für mich und irgendwo ein Vorbild meiner Antagonisten ist der Feind der aus dem Computerspiel Baldurs Gate 2 hervorgeht ( in meinen Augen das Beste der Welt, ganz nebenbei)
Joneleth Irenicus. Ein Elf, der wegen dem Streben nach zu viel Macht zusammen mit seiner Schwester von den Elfen verbannt wurde und seine Unterblichkeit verlor.

Im Laufe des Spiels jagt er den Protagonisten, ein Kind Bhaals, um sich mit seinem Blut wieder unsterblich zu machen und dann seine Rache an den Elfen nehmen zu können.
Doch das ist nicht die treibende Motivation.

In einer Traumvision, in der er den Protagonisten aufsucht und über das Leben aufklärt tötet er eine Frau mit Landbesitz, nur um zu zeigen wie ihr Land unter ihren Söhnen verteilt wird und nach und nach vergessen wird, wer diese Frau gewesen ist.
Er veranschaulicht damit seine wahre Furcht, die Möglichkeit, dass er selbst und alles, was er einmal getan hat, letztlich durch sein Ende vergessen werden könnte und damit alle Bedeutung verliert.

Dieser Wunsch, nicht den Einfluss zu verlieren und vergessen zu werden, ist treibende Kraft meiner beiden Lieblingsantagonisten Solgort und Troglos in meiner Geschichte, die sich mitunter gegenseitig unterwandern, weil sie wissen, dass sie einander sonst eines Tages entmachten könnten.

In vielen anderen Büchern findet man auch Hinweise darauf, dass Antagonisten teils neben der Macht auch nach dieser Relevanz streben, und ich finde das immer sehr interessant, da ich diesen Wunsch auf eine gewisse Weise immer irgendwo nachvollziehen kann.
Ich denke auch dass der Joker aus Batman da irgendwo ein bisschen ähnlich gestrickt sein könnte.



Nun, ich hoffe mal der Beitrag passt noch in das Thema rein ~ und dass die Inhalte nicht völig obsolet geworden sind, da das alles schonmal gesagt wurde oder so.

LG
Cythnica