Bei Nirahil ist es mir gerade wieder in der Schreib-Bar aufgefallen, eigentlich lese ich es hier aber recht oft: "Ich kann dies und das gut, ABER ich weiß, Eigenlob stinkt/das soll nicht selbstverherrlichend sein". Niemals von Zirklern über jemand anderen, sondern stets als Entschuldigung für an sich selbst vorgebrachtes Lob oder eine Sache, die man als "gut" erkannt hat.
Wie schade ist das denn bitte? Ist es wirklich so schlimm und entschuldigenswert, wenn man etwas gefunden hat, das man an sich selbst mag? Ich denke doch nicht! Mehr noch: Meiner Meinung nach ist es gut, wenn man an sich nicht nur die ganzen Fehler, Unzulänglichkeiten und Talentlosigkeiten entdeckt.
Hier im Forum - und natürlich überall sonst auf der Welt auch - "darf" man seitenlang darüber schreiben, wie unzufrieden man mit sich selbst ist, wie schrecklich man sein nonexistentes Talent in Sachen Atmosphäre findet etc.etc. aber man fühlt sich schlecht, wenn man sich selbst lobt?
Mir selber ergeht es da ähnlich. Es ist ein unangenehmes Gefühl, zuzugeben, dass man etwas gut kann, zu schnell gilt man als arrogant oder selbstherrlich.
Ich finde es wirklich schade, gerade hier, wo es doch definitiv gut ist, wenn man seine eigenen Stärken erkannt hat. Nicht nur, dass man sich dann beim Schreiben darauf stützen kann, nein, man kann auch anderen helfen, die genau mit dieser Sache, die man selber gut kann, ihre Probleme haben. Vorausgesetzt, man geht nicht damit hausieren und reibt es jedem ungefragt unter die Nase ;)
Im Grunde ist dieser Thread eine Aufforderung: Schämt euch doch nicht, wenn ihr eine Stärke von euch nennt. Es ist keine Schande, sondern gut! Manchmal dient es zur Veranschaulichung innerhalb eines Postings und einer Thesenführung, manchmal möchte man sich einfach selber einen kleinen Motivationsschub geben und beides ist legitim. Aber ich persönlich habe dabei noch nie gedacht "Aha. Soso. Der hält sich also für was Besseres, was? Dieses arrogante $&/%$" Im Gegenteil. Ich finde es gesund und sympathisch.
(Ich finde ganz andere Dinge arrogant ,D )
Wenn ich noch einmal ein reumütiges "Aber ich weiß, Eigenlob stinkt :versteck: " lese, renne ich im Kreis ;D
Oder habt ihr es wirklich nicht gerne, wenn jemand, völlig im Kontext des jeweiligen Postings bleibend, schreibt, dass da oder dort seine Stärken liegen?
Wo ist das Mauseloch? ;D
Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, woher ich das genau habe, aber irgendwie hat sich mir immer aufgedrängt, dass es verpöhnt ist. Ob meine Geschichte gut ist, entscheidet der Leser - nicht ich. Ob meine Arbeit gut ist, entscheidet mein Chef - nicht ich. Ob ich brav war, entschied meine Mama - nicht ich. ;D Entscheide ich es doch, macht mich das aus irgendeinem Grund automatisch ein wenig arrogant, weil ich es doch gar nicht wissen kann - obwohl dieser Gedankengang totaler Quatsch ist, wie ich mir gerade beim Lesen denke. Aber ich glaube, es geht nicht nur mir so - und das macht mich stutzig, denn dann liegt die Krux nicht zwangsläufig nur in meiner Erziehung, sondern unter Umständen in Gesellschaftsnormen. Und es hat mit Selbstvertrauen zu tun, sich hinzustellen und zu sagen "japp, kann ich!". Mein erster Chef hat sich darüber aufgeregt, dass ich nichts kann und nur verschüchtert versucht habe, zigmilliarden Sachen auf einmal zu machen. Mein zweiter Chef hat sich darüber aufgeregt, dass ich nicht sehe, dass ich was kann, während ich zigmilliarden Sachen auf einmal gemacht hab. Mein jetziger Chef regt sich nur noch darüber auf, dass ich die Klappe nicht aufkriege, wenn ich zigmilliarden Sachen in Eigenregie durchboxe. Und trotzdem habe ich nicht das Gefühl, es endlich zu können. :P Wenn ich in zehn Jahren mal ein oder zwei Geschichten beendet habe, werde ich vielleicht sagen, dass ich es kann, ohne mich dafür zu entschuldigen. Aber jetzt fühlt es sich irgendwie so an, als würde ich eine Halbwahrheit von mir geben, die mich in ein besseres Licht rückt, als sein sollte. Als gäbe es einen Unterschied zwischen "kann ich" und "ich denke, das kann ich". Vermutlich ist das eine eher ungesunde Definition von Demut, die es uns verbietet, zu unseren Stärken zu stehen.
Aber ich muss sagen, deine Meinung dazu finde ich sehr interessant und richtig. :jau:
Es gibt sonne und sonne. Die Dosis macht das Gift. Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr ...
So, dann füllen wir die Phrasen mal mit Inhalt:
Die Dosis macht das Gift:
Ich glaube, es spricht nichts dagegen, wenn man seine eigenen Stärken und Schwächen kennt und sie auch klar benennen kann. Ich persönlich mag es allerdings auch nicht so gern, wenn jemand allzu überzeugt von sich und seinem Schreiben ist. Das ist immer so eine Gratwanderung.
Es gibt sonne und sonne:
Und auch eine Frage, von welcher Seite man kommt. Für die, die immer nur ihre negativen Seiten sehen, ist es bestimmt mal gut, auch zu lernen, zu ihren Stärken zu stehen.
Für die andere Seite, diejenigen, die immer alles total genial finden, was sie produzieren, und die Welt ist nur zu borniert, um das zu bemerken, geht dieser Ansatz womöglich in die falsche Richtung.
Bescheidenheit ist eine Zier ...:
Mir persönlich ist es sympathischer, wenn ich mitbekomme, dass jemand auch mit seinen Schwächen hadert.
Da man sich als Autor heutzutage aber natürlich auch selbst vermarkten muss, ist ein gesundes Selbstbewusstsein natürlich von Vorteil.
LG
Thali
Also ich gehe da mit Guddy. Man muss doch überzeugt sein von seiner eigenen Sache, sonst kommt doch nirgends hin im Leben. Wenn man einen ganz normalen Job sucht, muss man ja auch in die Bewerbung schreiben, was man kann und dass man glaubt, der/die Richtige für den Job zu sein (natürlich nicht so Faust-aufs-Auge-mässig formuliert ;)). Tut man das nicht, landet die Bewerbung im Papierkorb oder Rückantwortcouvert. Genauso ist es beim Schreiben und mit allem im Leben: Man muss, soll und darf auch das Gute an sich selbst sehen, denn wie soll man sonst andere von sich überzeugen?
Das klingt jetzt so, natürlich habe auch ich Selbstzweifel, und wie. ;D Aber es kann doch nicht sein, dass man gleich ein schlechtes Gewissen haben muss, wenn man einmal nicht darin versinkt, das tun wir Autoren ja schliesslich schon oft genug. Natürlich sollte man auch ein gewisses Mass an Selbstkritik besitzen. Aber deswegen braucht man das andere nicht völlig zu ignorieren oder leugnen, denke ich.
Arrogant finde ich es dann, wenn man an sich selbst nur noch das Gute sieht und alle anderen schlecht findet oder schlecht macht deswegen. Und das tut hier nun wirklich niemand.
ZitatVermutlich ist das eine eher ungesunde Definition von Demut, die es uns verbietet, zu unseren Stärken zu stehen.
Nirahil drückt aus, was ich denke. :D
Naja, vielleicht ist es nicht der einzige Grund. Erziehung, prägender Erlebnisse aus Kindheit und Jugend ... all das kann hier mit hinein spielen.
Wie bei allen Dingen, ist auch hier ein Mittelweg richtig, wie ich finde. Zu viel loben, zu viel auf seinen Lorbeeren ausruhen, ist nix - das Gegenteil tut aber auch nicht wirklich gut.
Bei mir ist das wohl eine Summe aus mehrerem. Meine Großeltern - die, ich ich erleben durfte - waren da sehr klassisch: Sei bescheiden, sei immer artig, sei danke, und wenn du redest, denk vorher sehr gut darüber nach. ALs Teenie bin ich vom Gymnasium auf eine Realschule gekommen, bevor ich meinen Weg zurück dahin und ins Studium gefunden habe. Da gabs ziemlich übelstes Mobbing, das war unterste Schublade dort. Gleichzeitig habe ich so viele so furchtbar arrogante, egoistische Menschen erlebt, die anderen wehtun, weil sie mit ausgefahrenen Ellenbogen durchs Leben gehen, dass ich mir gesagt habe: DAS will ich niemals sein. Lieber kleiner, lieber etwas bescheidener ... tja, mit der Konsequenz, dass das mit dem "etwas" nicht so geklappt hat. Ich bin das totale Gegenteil, und ich muss immer noch lernen, mich mal selbst zu loben. Sich kritisieren, sich klein machen und beschimpfen, das geht prima. :P
Aber Thaliope, es geht doch nicht darum, dass jeder völlig überzeugt von seinem Schreiben sein soll. Es geht vielmehr um die kleinen Dinge, die eine Meinung innerhalb eines Threads untermauern sollen, die zwar genannt, aber letztlich wieder beschämt nichtig gemacht werden. Dass man sich klein macht, anstatt "normalgroß" zu bleiben.
Wer jedoch seine Schwächen nicht erkennt, wer sich selber über andere stellt und stets von sich und seinen Stärken redet, der darf - ich glaube nicht, dass das zur Debatte steht - per Definition "arrogant" genannt werden.
Wie gesagt ist das hier im Thread allerdings nicht Thema :)
@Nirahil ja stimmt, Demut trifft es auch ganz gut und an sich ist es nichts schlechtes :)
Zitat von: Guddy am 22. April 2014, 10:26:45
Aber Thaliope, es geht doch nicht darum, dass jeder völlig überzeugt von seinem Schreiben sein soll. Es geht vielmehr um die kleinen Dinge, die eine Meinung innerhalb eines Threads untermauern sollen, die zwar genannt, aber letztlich wieder beschämt nichtig gemacht werden. Dass man sich klein macht, anstatt "normalgroß" zu bleiben.
Sag ich doch gar nicht. Ich sag nur, es gibt solche und solche. Und manchen würde etwas Bescheidenheit gut tun, und andere stehen sich damit selbst im Weg. In Bezug auf Letztere macht dein Post sicher Sinn.
Eigenlob stinkt - stimmt! Aber wozu gibt es Deo...? ;D
Okay, schlechte Scherze einmal beiseite. Im Gegensatz zu Ihnen, Guddy, sehe ich das etwas anders, allerdings aus einem etwas...naja...leicht anderem Grund.
Ja, ich kann etwas.
Zum Beispiel schreiben.
Oder Comedy.
Oder könnte (so ich die Mittel dafür hätte) bei Hörspielen Regie führen und bei der Sprachart so einiges verbessern.
Und ich bin mit Sicherheit nicht der allerschlechteste in diesen Bereichen.
Dennoch sehe ich keinen Grund, mit mit diesen Talenten hinzustellen und herumzuerzählen, wie gut ich doch bin. Und zwar aus einem Grund, den Sie in Ihrem Eingangsposting geschrieben haben: Es gibt so vieles, was ich nicht kann.
Warum also soll ich mit dem angeben, was ich (gut?) kann?
Ich lästere ja auch nicht über die Fehler anderer, weil ich selber alles andere als fehlerfrei bin.
Es hat meiner unbescheidenen Meinung nach nichts mit falscher Demut zu tun. Eher mit einer Art von Realismus. Ich kann zwar etwas, was manch anderer nicht kann, aber warum soll ich darauf stolz sein? Dafür können andere etwas, was ich nicht hinbekomme (zum Beispiel handwerklich arbeiten). Und diese Menschen stellen sich ja auch nicht hin und sagen: "Boah, Alter, was habe ich für ein Glück, dass ich handwerklich begabt bin und aus einem Stück Holz ein Regal bauen kann" (übertrieben ausgedrückt, aber ich denke, Sie wissen, worauf ich hinaus will).
@Thaliope Aye, nur an letztere ist dieser Post gerichtet, daher hatte mich deine Antwort gewundert.
@Feuertraum Es geht nicht darum, anzugeben
Es geht um die duckende Haltung, um das sich klein Machen und relativieren. Nicht um mehr, und auch nicht weniger ;) Was Angeber u.ä. angeht, dafür kann sehr gerne ein eigener Thread eröffnet werden.
(edit: es darf natürlich jeder anderer Meinung sein, aber dann bitte in-topic ;) )
Also, es gibt schon einen guten Grund, sich hinzustellen und zu sagen: Ich kann das!
Und der Grund ist einfach. Mit dieser Haltung vermarktet man sich besser.
Wessen Buch würde der Durchschnittsleser eher über den Weg trauen:
Dem eines Autors, der Mäuschen spielt und meint, er sei doch ziemlich unfähig, oder dem eines Autors, der selbstsicher sagt, so gut wie xyz bin ich schon lange?
Selbstsicherheit impliziert Können - egal, ob es stimmt oder nicht. Und daraus wird dann oft die sich selbst erfüllende Prophezeiung http://de.wikipedia.org/wiki/Selbsterf%C3%BCllende_Prophezeiung (http://de.wikipedia.org/wiki/Selbsterf%C3%BCllende_Prophezeiung).
Dazu fällt mir ein Zitat aus einem Spidermanfilm ein: "Du bist größer als sonst." "Ich gehe normalerweise geduckt."
Ich denke, das trifft es ganz gut. Denn viele sind innerlich größer, als sie es nach außen hin zeigen wollen/können und es gibt nur selten Situationen, in denen sie das auch einmal zeigen können. Das hat wenig mit Angeberei und noch weniger mit Arroganz zu tun, ich denke, wenn man etwas gut kann und stolz darauf ist, dann darf man das auch sagen!
Zitat von: FeeamPC am 22. April 2014, 10:44:46
Also, es gibt schon einen guten Grund, sich hinzustellen und zu sagen: Ich kann das!
Und der Grund ist einfach. Mit dieser Haltung vermarktet man sich besser.
Wessen Buch würde der Durchschnittsleser eher über den Weg trauen:
Dem eines Autors, der Mäuschen spielt und meint, er sei doch ziemlich unfähig, oder dem eines Autors, der selbstsicher sagt, so gut wie xyz bin ich schon lange?
Selbstsicherheit impliziert Können - egal, ob es stimmt oder nicht. Und daraus wird dann oft die sich selbst erfüllende Prophezeiung http://de.wikipedia.org/wiki/Selbsterf%C3%BCllende_Prophezeiung (http://de.wikipedia.org/wiki/Selbsterf%C3%BCllende_Prophezeiung).
Das wäre schön, Fee, aber leider zeigt meine Erfahrung, dass es nichts bringt. Meine Bewerbungen an Radiosender um eine Volontärstelle zeugen von meinen Fähigkeiten als Texter und Journalist und Moderator.
Und doch kommen Argumente wie:
Kein Abitur/kein Studium - daher nicht dafür geeignet.
Zu alt, um Neues zu lernen
etc. pp
@ Guddy: Der Threadtitel impliziert mbMn. aber die Angeberei... ;)
Ich stimme auch mit Guddy überein.
Und: Ich mag es überhaupt nicht, wenn Menschen sehr von sich selbst überzeugt sind. Wenn sie sich schön, toll, erfolgreich und genial finden (Cicero ausgenommen). ;D Warum nicht? Weil
mein Selbstbewusstsein leider nicht so groß ist. Ich kann irgendwie nicht damit umgehen, wenn ich auf großes Selbstbewusstsein treffe.
Mich hat man nicht nur zur Bescheidenheit erzogen, sondern ich habe auch sehr hässliche Dinge erlebt, von denen sich mein Selbstbewusstsein nie erholt hat.
Trotzdem finde ich, dass jeder von sich selbst und seinen Fähigkeiten so überzeugt wie möglich sein sollte. Warum, sagt FeeamPC:
ZitatAlso, es gibt schon einen guten Grund, sich hinzustellen und zu sagen: Ich kann das!
Und der Grund ist einfach. Mit dieser Haltung vermarktet man sich besser.
Außerdem denke ich, dass man einfach glücklicher im Leben ist und zufriedener mit sich selbst.
Ich muss ehrlich sagen: Mein niedriges Selbstbewusstsein empfinde ich als Hindernis und versuche seit Jahren, daran zu arbeiten.
Zitat
Für die andere Seite, diejenigen, die immer alles total genial finden, was sie produzieren, und die Welt ist nur zu borniert, um das zu bemerken, geht dieser Ansatz womöglich in die falsche Richtung.
Das ist zumindest für mich kein Widerspruch zum mangelnden Selbstbewusstsein.
Ich denke, wir sind uns alle einig, dass nichts dagegen spricht, sich seiner Stärken bewusst zu sein. Tatsächlich halte ich persönlich aber nicht besonders viel davon, das laut kundzutun. Im weitesten Sinne halte ich es da lieber mit "Show, don't tell!". ;) Wenn ich etwas gut kann oder meine, mich in einem Bereich auszukennen, weil ich dort selbst schon viel Erfahrung gesammelt habe, dann helfe ich dort aus, wenn sich die Gelegenheit bietet. Ich mag es aber nicht, explizit darauf hinzuweisen, wie toll ich bin/wie gut ich etwas kann, und ich finde es auch eher unangenehm, wenn andere das tun. Weil ich nämlich denke, wenn man wirklich so cool ist, dann merken die Leute das auch so. Dann habe ich es nicht nötig, damit auch noch anzugeben. ;) Mal davon abgesehen, dass ich die Fähigkeit zur (realistischen) Selbstkritik wesentlich höher einschätze als ein großes Selbstbewusstsein. Mag sein, dass sich mit viel Selbstvertrauen auch ein schlechtes Buch gut vermarkten lässt. Das deckt sich aber keineswegs mit meinen Ansprüchen an mich selbst. Aber das nur am Rande.
Damit will ich natürlich nicht sagen, dass du ganz Unrecht hast, Guddy, und ich finde es - nur um das klarzustellen! - gar nicht falsch, sich öffentlich zu freuen, wenn man mal etwas geschafft hat, worauf man besonders stolz ist (z.B. eine besonders gelungene Textstelle, für die man sich loben lassen möchte). Sich kleinzumachen, sollte auch definitiv keine Lebenseinstellung sein, weil es einfach ungesund ist. Klar sollte man wissen, was man kann, dass man etwas kann, und sich damit auch nicht verstecken. Ich denke bloß, solche Aussagen wie die von Nirahil zitierte haben oft vielleicht gar nicht wirklich etwas mit "sich kleinmachen" zu tun, sondern sind eher eine Vorsichtsmaßnahme, nicht in eine Verhaltensschublade einsortiert zu werden, die einem bei anderen vielleicht unangenehm aufstößt? Und dafür habe ich wirklich vollstes Verständnis.
Zitat von: Guddy am 22. April 2014, 10:37:26
@Thaliope Aye, nur an letztere ist dieser Post gerichtet, daher hatte mich deine Antwort gewundert.
Klar, davon geh ich aus, dass du dich an diese Leute wendest. :) Wer sich davon angesprochen fühlt, ist halt oft eine andere Sache. Deshalb wollte ich gern einfach das gesamte Spektrum einmal abbilden, so wie es sich für mich darstellt.
Davon abgesehen unterschreibe ich bei Grey :)
und @Coppi: Stimmt schon, manchmal sind es die unsichersten Leute, die auf andere so wirken, als wären sie extrem von sich und ihrem Können eingenommen.
Ich finde, dass es einen großen Unterschied zwischen "Eigenlob" und "arrogantem Verhalten von Autoren, die sich für ein Genie halten", gibt, und zwischen "Das fühle ich" und "Das lasse ich mir anmerken". Es gilt, die Grenze von Selbstbewusstsein zu Größenwahn/Arroganz/Angeberei nicht zu überschreiten.
Das oben erwähnte arrogante Verhalten ist ein absolutes No Go. Dinge wie: "Meine Geschichte ist die beste der Welt", "Niemand schreibt so gut wie ich", "Gegen mich kommt eh niemand an", "Ich verstehe nicht, wieso meine Bücher sich nicht verkaufen, sie sind doch so genial". Bei uns Autoren kommt es immer ein bisschen auf die Wortwahl an. Besser und meiner Meinung nach absolut richtig wäre: "Mit dem Buch könnte ich es wirklich schaffen", "Ich verstehe nicht, wieso meine Bücher sich nicht verkaufen, ich mag die Geschichte so sehr und der Plot ist absolut in Ordnung."
Eigenlob ist für mich etwas wie "Wow, diese Szene ist mir echt super gelungen", "Nicht zu fassen, ich hab es tatsächlich geschafft, einen spannenden Plot zu schreiben" oder "Ich bin heute so zufrieden mit dem, was ich geleistet habe" - und das ist absolut in Ordnung! Als jemand, der Psychologie drei Jahre lang im Unterricht hatte, kann ich sagen: Der Mensch braucht Erfolgserlebnisse und Anerkennung von anderen. Er möchte aber auch "dazugehören" - wie Grey schon erwähnte mit der Schublade, da bin ich ganz ihrer Meinung; der Mensch möchte sich vielleicht nicht ins Abseits stellen, er möchte nicht riskieren, aufgrund seines Verhaltens vielleicht verurteilt zu werden. Ich bin geradezu krankhaft bescheiden - aber wenn ich der Meinung bin, dass ich eine gute Leistung erbracht habe, kann ich das auch sagen, ohne mich schlecht zu fühlen. Erstens ist das relativ selten ;D und zweitens gibt es eben den Unterschied zu Arroganz.
"Erstens ist das relativ selten" ... da hätten wir's mal wieder, die Tatsache, dass ich immer total an mir selbst und meinen Fähigkeiten zweifle. :d'oh:
Zitat von: Grey am 22. April 2014, 11:14:23
Ich denke bloß, solche Aussagen wie die von Nirahil zitierte haben oft vielleicht gar nicht wirklich etwas mit "sich kleinmachen" zu tun, sondern sind eher eine Vorsichtsmaßnahme, nicht in eine Verhaltensschublade einsortiert zu werden, die einem bei anderen vielleicht unangenehm aufstößt? Und dafür habe ich wirklich vollstes Verständnis.
Da hast du genau den Finger auf das gelegt, was ich sagen wollte, aber nicht ausdrücken konnte. :jau:
Zitat von: GreyIch denke bloß, solche Aussagen wie die von Nirahil zitierte haben oft vielleicht gar nicht wirklich etwas mit "sich kleinmachen" zu tun, sondern sind eher eine Vorsichtsmaßnahme, nicht in eine Verhaltensschublade einsortiert zu werden, die einem bei anderen vielleicht unangenehm aufstößt? Und dafür habe ich wirklich vollstes Verständnis.
Ich denke, dass man noch ergänzen kann, dass der Mensch sich selbst gut fühlen möchte. Das habe ich jedenfalls schon festgestellt, wenn Leute, die eigentlich genug Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen haben, sich auf einmal ganz klein geben, wenn es um eine Sache geht, die sie gut können, was aber bei einer größeren Masse noch nicht bewiesen ist.
Es ist viel leichter zu sagen, dass man vielleicht ganz gut ist, oder selbst noch lernt, oder ..., als "Ja, ich kann das schon sehr gut!", um nicht irgendwo von vielen mehreren Leuten gesagt zu bekommen, dass das gar nicht so ist. Da haben geben einem die dezenteren Aussagen, dass man es eben (noch) nicht zu gut kann, viel mehr Halt.
Ich kenne z.b. jemanden, der inzwischen in einer Nationalmannschaft spielt und auf seinem gesamten Weg dahin behauptet hat, sein Spiel wäre ganz in Ordnung. Diese Haltung hat sich erst mit dem deutlichen Erfolg gewandelt, so dass er jetzt auch zugibt, was ihm andere schon Jahre erzählt haben.
LG Atra
Ich denke, das Problem ist, das man im Internet mittlerweile einfach zu viele Autoren findet, die (leider!) direkt in die andere Richtung gehen und viel zu viel Selbstbewusstsein an den Tag legen (was ich jetzt auch nicht mit Eigenmarketing verwechseln will). Man unterschätzt einfach, dass das, was einem selbst angemessen vorkommt, nach aussen hin, immer gleich viel dramatischer wirkt. Denke ich "Mein Buch ist gut" und schreibe das auch so, kommt bei meinem Gegenüber an: "Ich bin total von mir selbst überzeugt und du kannst nichts anderes behaupten."
Sage ich: "Ich bin mit meinem Buch nicht zufrieden", wird daraus bei meinem Gegenüber "Oh Gott, das Buch ist Mist und ich werde nie-nie-nie wieder Schreiben!"
Bei Fall Zwei bekomme ich dann eine tröstende Reaktion, bei Fall Eins bekomme ich eins übergezogen. Klar, dass man da eher Fall Zwei rauslässt ;)
Ich denke einfach, dass ein gewisses Selbstvertrauen wichtig ist, ebenso wie Zweifel, aber man muss halt immer bedenken, wie mein gegenüber meine Aussage aufnimmt.
Ich sehe es ähnlich wie Klecks.
ZitatIch finde, dass es einen großen Unterschied zwischen "Eigenlob" und "arrogantem Verhalten von Autoren, die sich für ein Genie halten", gibt, und zwischen "Das fühle ich" und "Das lasse ich mir anmerken". Es gilt, die Grenze von Selbstbewusstsein zu Größenwahn/Arroganz/Angeberei nicht zu überschreiten.
Allerdings bemerke ich allmählich, dass es da häufig Gender-Unterschiede gibt. Frauen stellen sich gerne unter den Scheffel, und im negativen Sinne betreiben sie "fishing for compliments" in Reinkultur. Das ist nicht minder nervig als Männder, die eher dazu tendieren, sich für den grössten unter der Sonne zu halten.
Natürlich liegen viele Leute irgendwo dazwischen oder agieren je nach Stimmung, Laune und Situation wieder ganz anders. Bei mir ist der Grat zwischen akutem Selbstmitleid (ich bin einfach eine Pfeife! :wums:) und dem Gefühl, eigentlich doch ganz passabel was auf die Reihe zu kriegen, oft sehr schmal. Und es kann auch sein, dass ich innerhalb eines Tages von einer inneren Haltung zur anderen schwenke. Aus diesem Grund lobe oder kritisiere ich mich selber gegenüber Dritten eher selten. Ich weiss dann, dass das gar nichts bringt, weil es in 2 Stunden auch wieder anders sein könnte.
Ich habe weder etwas gegen Wolkenkratzer-hohe Egos, noch gegen Jammerlappen. Manche können einfach nicht anders. Ein Arbeitskollege hatte mich 5 Jahre mit seinen Zimperleins und seinem extrem tiefen Selbstbewusstsein konfrontiert, und mich hat es nicht gestört, weil ich wirklich wusste, dass es ernst gemeint ist. Auf die Palme bringen mich aber Leute, die genau wissen, dass sie gut sind, aber ständig irgendwo Bestätigung brauchen. Und am schlimmsten ist es, wenn sie denken, dass andere das nicht merken. Da werde ich dann - je nach Lust und Laune - auch mal ganz fies und sage genau das Gegenteil von dem, was sie hören möchten. Ich hatte in der Schule eine Freundin, die wirklich jedes Mal behauptete, sie hätte totaaaal versagt bei der Prüfung. Und manchmal hab ich dann einfach sehr ernst gesagt: "Ja, mir fiel in letzter Zeit schon auf, dass du dich verschlechtert hast. Vielleicht solltest du dich mal um Nachhilfe kümmern." Danach hatte ich dann wieder ein paar Monate Ruhe von ihren gestellten Panikattacken.
Bescheidenheit aus Vorsicht (so wie bei Niharil), das finde ich total normal. Macht das nicht fast jeder? Muss nicht zwingend sein (man darf sich auch wirklich für eine geile Sau halten), ist aber eine schöne Geste, fast wie ein Selbstbewusstseins-Knigge. ;)
Ja, ich habe auch den Eindruck, dass Frauen ganz besonders betroffen sind.
Mir wurde auch schon gesagt, ich solle nicht so angeben, wenn ich mit Begeisterung über meine Geschichten und die Figuren darin gesprochen habe. Das ist einfach eine Sache, die mir sehr viel bedeutet. Ich habe große Freude daran. Ich sehe es dabei aber nicht als meine Leistung an, dass diese Figuren vor meinem inneren Auge lebendig sind und ich das Gefühl habe, dass es tolle Figuren sind, denn ich fühle mich nicht als Schöpferin dieser Figuren. Es ist für mich eher so, als würde ich mich an der Existenz von Menschen freuen, die ich sehr gerne mag und deren Gesellschaft ich genieße. Und so habe ich wohl mal, beseelt von dieser Freude und Begeisterung, andere Menschen vor den Kopf gestoßen. Den Vorwurf werde ich nie vergessen ... richtig nachvollziehen kann ich ihn bis heute nicht, jedenfalls nicht vom Gefühl her. Allein in der Freude an Geschichten liegt für mich nämlich kein Hinweis auf die eigene Leistung. Und es ist doch schön, wenn man Freude an etwas hat. Aber offenbar wird von uns einerseits erwartet, extrem bescheiden zu sein und sich bloß nicht offen für irgendetwas zu begeistern, was man selbst tut oder woran man vielleicht einen Anteil haben könnte. Andererseits habe ich das Gefühl, dass im Beruf von mir erwartet wird, mich selbst anzupreisen wie Marktware - und wenn ich das nicht hinbekomme, sei ich selbst schuld.
Es ist irgendwie widersprüchlich, verwirrend und hinterlässt mich unzufrieden.
Ich sehe hier ähnlich wie Cailyn auch einen gewissen Genderbias... was nicht heißen soll, dass Männer das Problem nicht auch haben, nur kommt es eben eher bei Frauen vor als bei Männern.
Mädchen werden dummerweise immernoch vielfach nach dem Motto erzogen: "Sei fleißig und bescheiden, dann mag dich jeder leiden." Also wird aus Vorsicht ein wenig heruntergespielt, gezweifelt und vorsichtig angemerkt. Im Job ebenso wie eben auch bei den Hobbys. Eine Frau würde selten genug sagen: "Joa, kann ich." Nein, eine Frau kann möglicherweise ein ganz klein wenig Englisch, das schon ausreichen könnte (dabei spricht sie es fließend), könnte sich vorstellen, sich in den Bereich xy einzuarbeiten (dabei ist sie darin längst pro), und naja, vielleicht hat sie schon mal etwas zu einem Erfolg beigetragen (dabei war sie federführend). Und nein, ich übertreibe da nicht, ich erlebe es Tag für Tag bei den Kolleginnen. Frauen haben gute Examina, Männer promovieren und kriegen die gutbezahlten Stellen.
Beim Schreiben ist es für mich ähnlich. Wir sind einfach dazu erzogen, unsere Schwächen zu sehen (und daran zu arbeiten) und die guten Dinge bloß nicht zu sehr herauszukehren, um ja niemanden vor dem Kopf zu stoßen. Die digitale Kommunikation verstärkt den Trend zu Abschwächungen womöglich noch, nur um ja niemandem auf die Füße zu treten, egal wie er ein "kann ich" auffassen könnte. Aber letztlich ist diese Lebenseinstellung in meinen Augen etwas, das einem nur selbst im Weg steht, im Job ebenso wie bei einem Hobby. Insofern kann ich da Guddy nur zustimmen: Eigenlob ist schon in Ordnung, wenn man sich einfach mal seiner Stärken besinnt. Ist doch auch nichts verwerfliches daran, wenn man etwas kann.
Natürlich ist das etwas ganz anderes als unreflektierter Größenwahn oder übertriebens Ego. Stärken kann ich nur kennen, wenn man seine Schwächen kennt, und auch dazu steht. Aber wenn man das geschafft hat, finde ich es gar nicht verwerflich, einfach mal "kann ich" zu sagen, ohne Entschuldigung oder Abschwächung. Dafür kann man eben andere Dinge nicht...
Zitat von: Cailyn am 22. April 2014, 12:30:47
Auf die Palme bringen mich aber Leute, die genau wissen, dass sie gut sind, aber ständig irgendwo Bestätigung brauchen. Und am schlimmsten ist es, wenn sie denken, dass andere das nicht merken.
Ja, das stimmt - wobei ich bei so etwas sehr vorsichtig bin. Ich bin selber der Typ pessimistischer Optimist, wie ein Kumpel mal meinte - ich rechne eigentlich damit, dass alles gut geht, bereite mich aber immer auf den absoluten worst case vor. Ich gehe auch nach jeder Prüfung davon aus (und zwar sehr ernsthaft), dass ich nicht bestanden habe, allein um mich auf die mögliche Enttäuschung vorzubereiten und dahingehend abzusichern. Ich habe schon immer einen Plan B und C für ein Zweitstudium, was in den Augen der meisten Menschen Quatsch ist in Anbetracht meiner Noten, aber ich brauche das einfach, um nicht durchzudrehen vor Panik, dass es doch schiefgehen könnte durch irgendwelche dummen Zufälle. Im Übrigen würde ich auch nie sagen, dass ich etwas kann, wenn ich es nicht offiziell bewiesen hätte - jedenfalls im Jobbereich nicht, weil da Zeugnisse und Abschlüsse doch meist eine deutliche Sprache sprechen, jedenfalls in meinem Bereich.
Beim Schreiben halte ich es jedoch eher so, dass ich mir selber schon sehr darüber im Klaren bin, was ich drauf habe und was nicht. Ich würde es nun nicht bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit allen unter die Nase reiben (wieso auch?), aber gerade wenn ich mit Verlagen oder Agentur kommuniziere, weiß ich, was ich kann und wert bin. Das ist der geschäftliche Bereich, und da mache ich mich echt nicht kleiner, als ich bin. Dazu besteht einfach kein Grund, und mit Eigenlob hat das in meinen Augen nichts zu tun. Nur damit, dass ich mir mein Selbstvertrauen nicht dadurch kaputt machen lasse, dass ich mich auch noch selbst verletze. Das tun andere oft genug.
Zitat von: Snöblumma am 22. April 2014, 13:14:14
Ich sehe hier ähnlich wie Cailyn auch einen gewissen Genderbias... was nicht heißen soll, dass Männer das Problem nicht auch haben, nur kommt es eben eher bei Frauen vor als bei Männern.
Mädchen werden dummerweise immernoch vielfach nach dem Motto erzogen: "Sei fleißig und bescheiden, dann mag dich jeder leiden." Also wird aus Vorsicht ein wenig heruntergespielt, gezweifelt und vorsichtig angemerkt. Im Job ebenso wie eben auch bei den Hobbys. Eine Frau würde selten genug sagen: "Joa, kann ich." Nein, eine Frau kann möglicherweise ein ganz klein wenig Englisch, das schon ausreichen könnte (dabei spricht sie es fließend), könnte sich vorstellen, sich in den Bereich xy einzuarbeiten (dabei ist sie darin längst pro), und naja, vielleicht hat sie schon mal etwas zu einem Erfolg beigetragen (dabei war sie federführend). Und nein, ich übertreibe da nicht, ich erlebe es Tag für Tag bei den Kolleginnen. Frauen haben gute Examina, Männer promovieren und kriegen die gutbezahlten Stellen.
Und das ist tatsächlich schon lange bekannt. Wir waren in der Schule mal das Arbeitsamt, Ausbildungsinformationszentrum und Bewerbungshilfezentrum besuchen (8. oder 9. Klasse, also schon ca. 15 Jahre her). Da wurde uns im Bewerbungsinformationszentrum von einem Mitarbeiter, der den ganzen Tag nichts anderes tut, als Leuten bei der Bewerbung zur Seite zu stehen, ganz deutlich gesagt, dass wir Mädchen uns auf keinen Fall kleiner machen sollten, als wir sind, weil er das immer wieder sieht. Bei gleicher Qualifikation haben die männlichen Bewerber sich selbst in einem viel besseren Licht gesehen und dargestellt, als es die weiblichen Bewerber taten. Wenn er sie darauf ansprach, weshalb sie dieses oder jenes nicht in die Bewerbung schreiben, kam von den Mädchen nur ,,das ist aber doch nichts besonderes" oder ,,das ist doch angeben".
Und es wird ja auch noch von außen dieser Eindruck geschürt. Ganz berühmtes Beispiel: J. K. Rowling, die nicht Joanne Rowling auf dem Cover stehen haben sollte, ,,weil Frauen keine Bücher für Jungs" schreiben.
Zitat von: Cailyn am 22. April 2014, 12:30:47
Ich sehe es ähnlich wie Klecks.
Allerdings bemerke ich allmählich, dass es da häufig Gender-Unterschiede gibt. Frauen stellen sich gerne unter den Scheffel, und im negativen Sinne betreiben sie "fishing for compliments" in Reinkultur. Das ist nicht minder nervig als Männder, die eher dazu tendieren, sich für den grössten unter der Sonne zu halten.
Das mit dem Fishing for compliments halte ich auch für einen der häufigstsen Gründe für, im Grunde nicht echte, Bescheidenheit. Das sieht und hört man immer wieder und überall. Obwohl ich der Ansicht bin, dass man Leuten auch immer wieder sagen sollte, wie gut sie gewisse Dinge können, sehe ich bei den Fishing for compliments Leuten dann eher davon ab ... Bei denen, die ihre Bescheidenheit dann auch noch immer wieder betonen und hervorheben (also einen gewissen Nervfaktor erreichen), bin ich dann sogar oft so gemein, dass ich sie dran erinnere, dass es massenweise Leute gibt, die genauso gut oder besser sind; z.B. indem ich dann bemerke, dass ich letztens aber ein wirklich gutes Buch gelesen habe und von den Fähigkeiten dieses Autors oder Dichters schwärme (oder Fotografen, etc.). Ich weiß, das ist gemein, aber ich finde halt nicht, dass man diese versteckten Narzissten weiter unterstützen muss, sondern sie vielmehr mal wieder ein wenig erden muss ;)
Genauso schlimm finde ich aber die Halb- oder Fehlinformierten, die voller Inbrunst ihre Wissenslücken und auf falschen Daten basierenden Ansichten in die Welt hinausschreien ... oder die Fanatiker, die sich nur einseitig informieren und dann denken, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen und keine andere Meinung mehr gelten lassen ...
Also ja, offenes Selbstbewusstsein da, wo man das Gefühl hat sich umfassend und kontrovers informiert und gebildet zu haben (am besten über vieeeele Jahre); Bescheidenheit und Lernbereitschaft da, wo man anerkennen sollte, dass es viele gibt, die genauso viel können oder mehr, selbst wenn man sich schon einige Zeit mit dem Thema/der Kunst beschäftigt hat. Und egal wozu man gehört, sollte man mit dem Wissen, was man bereits erworben hat, nicht hinterm Berg halten, ohne es jedoch jedem aufzuzwingen und krampfhaft daran festzuhalten - und jeder Fehler den man dabei macht und der korrigiert wird, ist eine weitere Gelegenheit etwas dazuzulernen.
Zitat von: Snöblumma am 22. April 2014, 13:14:14
Beim Schreiben halte ich es jedoch eher so, dass ich mir selber schon sehr darüber im Klaren bin, was ich drauf habe und was nicht. Ich würde es nun nicht bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit allen unter die Nase reiben (wieso auch?), aber gerade wenn ich mit Verlagen oder Agentur kommuniziere, weiß ich, was ich kann und wert bin. Das ist der geschäftliche Bereich, und da mache ich mich echt nicht kleiner, als ich bin. Dazu besteht einfach kein Grund, und mit Eigenlob hat das in meinen Augen nichts zu tun
Amen! :vibes:
Zitat von: Snöblumma am 22. April 2014, 13:14:14
Mädchen werden dummerweise immernoch vielfach nach dem Motto erzogen: "Sei fleißig und bescheiden, dann mag dich jeder leiden." Also wird aus Vorsicht ein wenig heruntergespielt, gezweifelt und vorsichtig angemerkt. Im Job ebenso wie eben auch bei den Hobbys. Eine Frau würde selten genug sagen: "Joa, kann ich." Nein, eine Frau kann möglicherweise ein ganz klein wenig Englisch, das schon ausreichen könnte (dabei spricht sie es fließend), könnte sich vorstellen, sich in den Bereich xy einzuarbeiten (dabei ist sie darin längst pro), und naja, vielleicht hat sie schon mal etwas zu einem Erfolg beigetragen (dabei war sie federführend). Und nein, ich übertreibe da nicht, ich erlebe es Tag für Tag bei den Kolleginnen. Frauen haben gute Examina, Männer promovieren und kriegen die gutbezahlten Stellen.
Zitat von: Nika am 22. April 2014, 13:25:56
Und es wird ja auch noch von außen dieser Eindruck geschürt. Ganz berühmtes Beispiel: J. K. Rowling, die nicht Joanne Rowling auf dem Cover stehen haben sollte, ,,weil Frauen keine Bücher für Jungs" schreiben.
Das trifft den Nagel auf den Kopf. Vielfach wird einem das auch von der Umwelt so suggeriert und wenn man sich nicht dagegen wehrt, bestätigt man dieses Bild, wodurch man dann von aussen klein gemacht wird, weshalb man sich kleiner fühlt und so gerät man in einen Teufelskreis. Ich arbeite auch in einer ziemlichen Männerdomäne, Frauen auf dem Bau gibt es wenige und hinter ihrem Rücken tuschelt man(n) (auch da: Ausnahmen vorbehalten) über sie. Wenn sich da eine nicht hinstellen und sagen kann: "Ich bin euer Boss, ich weiss wie's geht und so wird es gemacht" ist sie ganz schnell raus aus dem Job. Ich finde es total wichtig, dass Leute, die sehr wenig Selbstbewusstsein haben, das auch lernen und sich selbst stärken.
Zitat von: Debbie am 22. April 2014, 13:38:04
Genauso schlimm finde ich aber die Halb- oder Fehlinformierten, die voller Inbrunst ihre Wissenslücken und auf falschen Daten basierenden Ansichten in die Welt hinausschreien ...
Einerseits ja. Andererseits ist das teilweise nicht einmal Absicht. Mir ist es auch schon passiert, dass ich irgendwoher eine falsche Information hatte und diese für richtig hielt und dann natürlich wie selbstverständlich entsprechend gehandelt oder gesprochen habe. Und dann kommt jemand anderes und findet: Du, das ist aber Quatsch, was du da erzählst. Das ist mir dann eher peinlich. Aber was soll ich denn machen, wenn ich die Quelle für zuverlässig halte und gar nicht daran denke, dass das empfangene Wissen falsch sein könnte? Dann ahne ich das ja nicht, bis mich einer bei so einer Aussage ertappt und mich darauf hinweist.
Zitat von: Nika am 22. April 2014, 13:25:56
Bei gleicher Qualifikation haben die männlichen Bewerber sich selbst in einem viel besseren Licht gesehen und dargestellt, als es die weiblichen Bewerber taten. Wenn er sie darauf ansprach, weshalb sie dieses oder jenes nicht in die Bewerbung schreiben, kam von den Mädchen nur ,,das ist aber doch nichts besonderes" oder ,,das ist doch angeben".
Das erlebe ich immer wieder live und in Farbe, weil ich wegen meiner Gleichstellungsarbeit oft bei Vorstellungsgesprächen dabei bin. Ich bin da nur Beobachterin, habe kein Stimmrecht und darf allerhöchstens Empfehlungen aussprechen, aber ich kann wunderbar beobachten, wie unterschiedlich Männer und Frauen sich präsentieren. Bei einem Beispiel für eine Nautiker/innen-Stelle für ein Projekt stellten sich eine Frau und zwei Männer vor. Einer der Männer strotzte nur so vor Selbstbewusstsein und "konnte alles" bzw. sich superflott in alles einarbeiten, der zweite war eher bescheiden, präsentierte sich aber immer noch deutlich "bissiger" als die einzige BewerberIN. Da in der Stelle auch Technikverständnis und ein gewisser Grad an Nerd-sein und Computerfreak-Gene gefragt waren, würde natüröich auch dahingehend nachgehakt. Und als die Frau dann sagte "Dieser Technik-Kram ist ja auch eher was für Männer und an der Stelle sehe ich mich dann doch nicht ganz so da...", habe ich nur noch innerlich aufgeheult. Nach dem Gespräch habe ich ihr dann auch nahegelegt, sowas wie "da sind Frauen doch eher schlechter" nie wieder in einem Vorstellungsgespräch zu sagen.
Ich neige auch eher zu Unter-als zur Übertreibung bei Bewerbungen, weil ich eben auch vieles unter den Tisch kehre, weil ich denke, es ist selbstverständlich, interessiert eh keinen oder es fühlt sich für mich tatsächlich wie angeben an. Liegt vielleicht auch daran, dass ich zu Bescheidenheit erzogen wurde und vor allem meine Mutter immer sehr darauf geschaut hat, dass ich nicht "angebe".
Inzwischen bin ich dabei, mir ein gesundes Selbstbewusstsein anzutrainieren, aber leicht ist das nicht, und gerade in Bewerbungen habe ich immer noch das Problem, die Gratwanderung zwischen "ich präsentiere mich realistisch und ohne zu untertreiben" und "ich habe das Gefühl, ich plustere mich auf und gebe an" zu finden. Ich finde das wirklich sauschwer.
Zitat von: Coppelia am 22. April 2014, 13:02:22Ich sehe es dabei aber nicht als meine Leistung an, dass diese Figuren vor meinem inneren Auge lebendig sind und ich das Gefühl habe, dass es tolle Figuren sind, denn ich fühle mich nicht als Schöpferin dieser Figuren. Es ist für mich eher so, als würde ich mich an der Existenz von Menschen freuen, die ich sehr gerne mag und deren Gesellschaft ich genieße.
Mir geht es auch so - und ich habe auch oft die Erfahrung gemacht, dass das andere Menschen sehr befremdlich finden und einen dann als angeberisch abstempeln, wenn man liebevoll von den Figuren spricht. Dabei erfreut man sich einfach an den Menschen, deren Geschichten man erzählen darf, an Menschen, die man sehr liebt.
Ich muss zugeben, dass ich es bei Bewerbungen nicht verstehe, warum Frauen dazu neigen, sich schlechter darzustellen. Persönlich habe ich ebenfalls schon die Erfahrungen gemacht, dass es die Realität ist. Besonders merkwürdig fand ich es, wenn man mit den anderen Bewerbern gewartet hat und die Damen sich eher klein gezeigt haben, während die Männer sich obercool gaben, da ich mich immer mit gesundem Selbstbewusstsein präsentiert habe und zeitweise das Gefühl hatte, ich mache etwas falsch. Der Erfolg hat mir zwar am Ende recht gegeben, aber ich hätte gerne irgendwas aufbauendes von mir gegeben :seufz:
Beim Fishing for Compliments habe ich das Gefühl, dass das eher Frauen unter Frauen betreiben bzw. Männer unter Männern. Wie gesagt, nur ein Gefühl und mit Sicherheit an dieser Stelle nicht zu beweisen.
LG Atra
Zitat@Thaliope Aye, nur an letztere ist dieser Post gerichtet, daher hatte mich deine Antwort gewundert.
Entschuldige, hattest du mich gemeint (letztere)? Wenn nicht, einfach vergessen.
Dann tut es mir leid, dann habe ich mich wahrscheinlich falsch ausgedrückt. Ich kann das bei solchen Themen nicht so gut. Aber ich hab nicht gemeint, dass es nur solche und solche Menschen gibt. Also geduckt/demütig, selbstbewusst/angebend.
Wie zuvor gesagt, ich denke da, ein Mittelweg schön. Man darf sich ruhig gut, toll, hübsch ... finden (ich kann das noch nichtso dolle, lerne aber noch). Zu viel ducken it nicht gut - auch, um an Fees Worte zu erinnern - auf markttechnische Sicht bezogen. Gerade für Vermarkten ist es von Vorteil, sich präsentieren zu können. Und dazu muss man auch mit sich auskommen und sich schätzen können.
Grey hat es auch schön ausgedrückt. "Show, don't tell". Ich muss niemandem sagen, was ich kann, wo ich gut bin ect., ich kann es zeigen. Und auch da gibt es durchaus schöne Varianten: ich kann jemandem beratend in einem Gebiet zur Seite stehen, in dem ich mich auskenne. Recherche, usw. Das geht am besten aufrecht, Nase nach vorne und nicht nach oben. Aber auch mit geradem Rücken läuft sichs einfach besser. ;)
Verständnis dafür, nicht in eine Schublade einsortiert werden zu wollen, habe ich auch. Ich lasse solche Sätze doch hin und wieder auch mal fallen, obwohl ich nicht glaube, dass ich ein kleines Selbstbewusstsein habe. Aber so groß mein Verständnis dafür ist, so schade finde ich es doch auch, dass man seine Erfolge so doch wieder ein wenig relativieren muss.
Gerade auch weil wir dazu erzogen werden, selbstkritisch ohne Ende zu sein, uns aber gleichzeitig bitte auch anständig verkaufen zu können. Ich finde nicht, dass es von Arroganz zeugt, wenn ein Autor begeistert über seine Figuren redet, so lange er das Gleiche auch anderen zugesteht. Ebenso wenig, wie ich es arrogant finde, wenn hin und wieder einmal kommt: "Ich bin stolz auf diese Textstelle/ dieses Kapitel/whatever!" Die Dosis macht das Gift, wie Thali schon sagte. Und deswegen schäme ich mich auch nicht, wenn ich das tatsächlich einmal sage. Ich schüttle dann eher hin und wieder über mich selbst den Kopf, wenn ich schon wieder tiefstaple, weil man das eben so tut.
Zitat von: Tinnue am 22. April 2014, 14:22:31
Grey hat es auch schön ausgedrückt. "Show, don't tell". Ich muss niemandem sagen, was ich kann, wo ich gut bin ect., ich kann es zeigen.
Wenn ich da kurz einhaken darf: Genau das habe ich mir inzwischen echt abgewöhnt, jedenfalls in beruflicher Hinsicht und was das Schreiben insofern angeht, als es an Verlag und Co. geht, was ja weitestgehend beruflich ist, selbst wenn das Schreiben an sich für mich Hobby ist. Einfach nur Dinge gut machen interessiert niemanden, jedenfalls nicht primär. Woher soll mein Arbeitgeber oder der Verlag, bei dem ich mich bewerbe, denn wissen, dass ich gut bin? Derjenige ist auf meine Aussagen angewiesen. Natürlich muss ich dann beweisen, dass ich es auch kann, was ich persönlich beruhigend finde und weshalb ich inzwischen ganz gut mit Windbeuteln leben kann - früher oder später fallen diese Leute dann doch auf und haben nix von ihrer haltlosen Angeberei. Aber im ersten Moment muss ich schon sagen, dass ich da und dort gut bin. Und zwar laut und deutlich. Zwischen den Zeilen lesen ist zwar schön und gut, und wird ja zum Glück auch immer wieder gemacht, aber im ersten Moment zählen doch einfach nur klare Aussagen. Ist einfach angenehmer für denjenigen, der die Entscheidung treffen muss, wenn er alles auf dem Präsentierteller serviert bekommt, und hinterlässt einfach einen entsprechenden ersten Eindruck ;).
Wobei das für mich eben etwas ganz anderes ist als bspw. Textarbeit oder auch abstrakte Fragen (wie hier im Workshop bspw.), das hat ja eine ganz andere Zielrichtung. Da sind Zweifel (und auch ausgedrückte Zweifel) sehrwohl erlaubt, und da muss ich nicht erst schreiben, dass ich das und das wirklich kann, wenn ich auch einfach einen guten Tipp loswerden kann - andererseits kann man ja aber mit Tipps von anderen nur sinnvoll umgehen, wenn man sich selber Gedanken über Stärken und Schwächen gemacht hat. Und Begeisterung über die eigenen Figuren? Das ist doch das Normalste von der Welt, jedenfalls in meinen Augen. Ich stehe dazu, dass ich jedes Mal wieder ein klein wenig (sehr) in meinen aktuellen Love Interest verliebt bin und meine aktuelle Prota in meinen Augen die coolste, tollste, hammergeilste Frau ist, die ich je entworfen habe. Stürzt mich gelegentlich in Sinnkrisen, wenn es mal bei einem Projekt nicht so ist, aber an und für sich liebe ich dieses Gefühl und quassle auch viel zu gerne über meine Jungs. Sätze wie: "Prota XY würde jetzt dies und das dazu sagen" sind bei mir an der Tagesordnung, auch in ganz normalen Diskussionen über Gott und die Welt. Damit muss meine Umwelt leben, und als arrogant wurde es noch nie gewertet - vielleicht ab und an als ein klein wenig seltsam, weil Nichtschreiber sich oft nicht vorstellen können, dass man die Meinung anderer, erfundener Menschen auch vertreten kann, ohne gleich verrückt zu sein. Aber als arrogant? Nicht, dass ich diese Rückmeldung je bekommen hätte. Das würde doch auch kein Mensch sagen, wenn ich so von meinem Partner spreche, und Figuren sind doch so etwas wie Lebenspartner ;).
Stolz sein auf Textstellen gehört für mich in die gleiche Kategorie. Ich persönlich brauche auch dieses Gefühl, in meine eigenen Texte verliebt zu sein. Das ist genau das, was für mich den Spaß am Schreiben ausmacht - und wenn es daran mal fehlt, bekomme ich gleich Zustände. Da hilft dann alles verstandesmäßige "gutfinden" nichts, keine Rückmeldung von Betas, gar nichts. Ich werde den Text nie so toll finden wie andere, in die ich auf den ersten Blick verliebt war ;). Natürlich bedeutet das wiederum nicht, dass man nicht doch mal mit einzelnen Szenen, Wörtern, Sätzen unzufrieden ist und nicht auch überarbeiten muss, aber diese Grundverliebtheit finde ich einfach wunderwunderschön. Und kein bisschen arrogant oder überheblich, solange man nicht deshalb die Texte anderer runtermacht oder eben denkt, man selber wäre unangreifbar perfekt.
Ohjee, bevor das jetzt falsch rüberkommt: Das war kein direktes Zitat von Grey. Also auf meinem Mist gewachsen. :versteck:
ZitatEinfach nur Dinge gut machen interessiert niemanden, jedenfalls nicht primär. Woher soll mein Arbeitgeber oder der Verlag, bei dem ich mich bewerbe, denn wissen, dass ich gut bin? Derjenige ist auf meine Aussagen angewiesen.
Und ja, da hast du auch wieder recht. Man muss sich ja schon verkaufen können. Muss ich ja auch, zumindest wenn ich Aufträge will. In den Momenten schalte ich das andere Stimmchen im Kopf aus, das mich gern kleinmacht
Aber es ist ja schon auch ein Unterschied, ob man von Bewerbungssituationen spricht oder vom täglichen Umgang und Austausch miteinander ...
Und ja, ich finde, man darf ruhig stolz auf sich sein, auf etwas, das man geleistet hat, das man sich erarbeitet hat. Ich finde auch, man darf sich ruhig über Dinge freuen, die einem zufliegen. Alles eben in den richtigen Verhältnissen ;) (wie immer eigentlich :))
Ich denke etwas Selbstvertrauen und sich einfach mal zu sagen "ich bin gut in dem was ich tue" hat für jeden Menschen eine gesunde Wirkung.
Ich hab es an mir gemerkt, dass ich lange auch eher "geduckt" war, um mal auf das Zitat anzuspielen. Selbstvertrauen? Oft eher Mangelware. Das hat sich inzwischen gegeben, unter anderem auch durch den Kampfsport, den ich seit über einem Jahr mache.
Es spielt definitiv in die Psyche: Wenn man sich selbst immer nur schlecht redet, wird man schlecht. Das heißt zwar nicht, dass man umso besser wird je besser man sich redet (das ist bereits mit der Anzahl der Durchgefallenen im ersten Semester wiederlegt ;D) aber sich mal realistisch auf seine Stärken zu konzentrieren hilft.
Auf längere Sicht wird man eine Veränderung feststellen.
Vor gar nicht langer Zeit wurde ich beim Einkaufen von einem älteren Herren angesprochen, der mich fragte ob ich Kampfsportler sei weil mein Gang so "aufrecht und voll Selbstvertrauen wie der von Putin" wäre :rofl:
Ähm, ja... danke.... nach jahrelangem "Steh mal gerade" nehm ich das mal als Kompliment ;D
Dann klinke ich mich hier auch gleich einmal ein ;D
Bei mir dauerte es sehr lange, bis ich benennen konnte, was beim Schreiben meine Stärken und meine Schwächen sind. Bei einer Forumsbewerbung wurde zB. einmal diese Frage gestellt und ich war absolut ahnungslos. Erst die Erfahrung zeigte mir auf, was mir leicht von der Hand geht und was die Leser dann auch immer wieder positiv hervorheben, und bei was ich wirklich Arbeit hineinstecken muss, wo ich mich durchquäle, damit der Leser nicht merkt, dass dies eine Schwäche von mir ist. Ich sag's hier ganz offen: Umgebungsbeschreibungen sind meine absolute Schwäche, seien es nur einzelne Räumlichkeiten oder Landschaften ... Ich bin zu ungeduldig dafür und will lieber weiterkommen, anstatt mich zB. mit Wohnungseinrichtung aufzuhalten. Daher schreibe ich dazu auch immer nur das Nötigste und Details werden erst hinterher beim Bearbeiten eingefügt. Diese Schwäche zu erkennen und zu akzeptieren, machte es mir bei weiteren Projekten viel einfacher, denn ich quälte mich nicht mehr ahnungslos durch, ohne zu wissen, warum ich nicht weiterkomme.
Und ich glaube, dass jeder Autor Momente hat, in denen er einfach laut rufen möchte: "Das ist das Beste, das ich je geschrieben habe" oder "Dieses Kapitel ist einfach nur genial, ich liebe es". Diese Euphorie und die Leidenschaft für unser Tun hält uns ja am Ball. Leider folgt solchen Momenten - zumindest bei mir - die "alles ist Mist"- Zeit. Ein Projekt, das ich Wochen vorher als das Beste empfunden habe, das je in meinem Kopf entstanden ist, taugt plötzlich nichts mehr. Es ist schrecklich geschrieben, unglaubwürdig, kitschig, und sowieso ist alles für den Müll. Solche Phasen kommen bei mir meistens bei den Fahnenabzügen, wenn ich nichts mehr ändern kann, der Text endgültig ist und so raus muss. Da kommt die Panik, genauso vor dem Erscheinungstermin.
Daher finde ich es ganz und gar nicht schlimm, wenn ein Schreibender stolz verkündet, er habe eben das genialste Kapitel erschaffen. Man darf sich von seiner Leidenschaft ruhig mal mitreißen lassen, denn meistens plagen einen eh immer nur Selbstzweifel. Wenn ein Schreibender also empfindet, gerade das Beste geleistet zu haben, zu dem er imstande ist, kann ich nur gratulieren. Ich verdrehe nur die Augen und finde es nicht so toll, wenn Vergleiche mit anderen gezogen werden á la "ich bin besser als du" oder "besser als Autor XYZ". Das kommt für mich dann Arroganz nahe. Denn so etwas ist meist Geschmacksache, jeder Schreibstil, jede Geschichte unterscheidet sich und man soll sich auf sein eigenes Ding konzentrieren und lieber nicht vergleichen, finde ich.
Zitat von: SabrinaQ am 23. April 2014, 09:22:04
Ich verdrehe nur die Augen und finde es nicht so toll, wenn Vergleiche mit anderen gezogen werden á la "ich bin besser als du" oder "besser als Autor XYZ". Das kommt für mich dann Arroganz nahe. Denn so etwas ist meist Geschmacksache, jeder Schreibstil, jede Geschichte unterscheidet sich und man soll sich auf sein eigenes Ding konzentrieren und lieber nicht vergleichen, finde ich.
Trotzdem finde ich es legitim, wenn ich etwas lese, zu denken: "Das hätte ich anders formuliert. Mein Stil ist besser als das, was hier steht."
Grundsätzlich gebe ich Dir natürlich Recht, aber ich denke, man lernt ja daraus, wenn man sich mit anderen vergleicht. Allerdings ist es auch hier wieder einmal die Art und Weise, wie man das macht. Für sich allein darf man denken was man möchte. Im Dialog unter vier Augen mit dem Autor sollte man ehrlich (wenn anzunehmen ist, dass der andere Autor das möchte), sachlich und höflich sein. Und in der größeren Runde sollte man davon besser still schweigen.
Liebe Canis, genau das meinte ich. Denken kann man sich sowieso, was man will, aber laut zu rufen: "Ich bin besser als du" oder "ich schreibe viel besser als Bestsellerautor ABC", kommt wohl nicht so toll an. Zu sagen "das hätte ich anders gemacht" ist durchaus legitim, wir machen ja unsere eigenen Sachen.
Bei diesem Thema schwanke ich ebenso hin und her, wie meine Stimmungen. In gewissen Momenten bin ich überzeugt davon, gerade das genialste Kapitel oder die beste Szene überhaupt geschrieben zu haben und dann kommt alsbald der Augenblick, wo ich jedes Wort anzweifle und mich frage, was zum Teufel ich denn da geschrieben habe.
Ich habe noch nie gesagt, ich kann schreiben. Ich sage immer, ich schreibe gern, und dass mich das Schreiben auf eine Weise befriedigt, wie es nichts anderes auf der Welt kann. Irgendwo in einer dunklen Ecke in mir mag vielleicht der Gedanke lauern, dass ich schreiben kann. Doch ich lasse ihn aus Angst nicht zu, mich dann darauf auszuruhen. Ich möchte mich weiterentwickeln und nicht stehen bleiben, wo ich gerade bin. Jedoch befürchte ich, dass ich genau das tun werde, wenn ich dieses 'Eigenlob' zulasse.
Allerdings genieße ich auch die Momente, wenn ich einmal glücklich über meine Worte bin. Warum auch nicht? Ich habe diesen Absatz geschrieben und über das, was man selbst erschaffen hat, darf man auch ein rechtes Maß an Stolz zulassen.
Zweifel ist der Antrieb jedes Fortschritts. Eigenlob ist der gesunde Verstand und das Erkennen der eigenen Stärke. Großes entsteht aus der Balance beider Gefühle.
Ich bin Arbeitgeberin in einem Beruf, in dem praktisch nur Frauen als Angestellte arbeiten.
Die meisten Azubis bewerben sich so verschüchtert, das ich sie am liebsten treten würde. Ich bin immer heilfroh, wenn eine junge Frau aufkreuzt, die mir klipp und klar sagen kann,
a) warum sie den Beruf will
b) was sie von ihrer Ausbildung und Karriere erwartet
c) was ihre Stärken sind
Schwächen interessieren mich weniger. Hinter die Schwächen komme ich ziemlich schnell von alleine, und Schwächen kann man mit etwas Arbeit meist beheben. Aber jemand, der nicht einmal seine eigenen Stärken benennen kann, das bedeutet Schwierigkeiten. Die steht nämlich dann genauso verschüchtert auch vor dem Kunden, und der nimmt sie dann nicht für voll. Würdet ihr euch von jemandem beraten lassen, der den Eindruck vermittelt, selbst nicht sattelfest zu sein?
Ähnlich sehe ich das auch für Autoren/Autorinnen. Besonders für Letztere, denn Frauen scheinen dafür extrem anfällig zu sein.
ZitatZweifel ist der Antrieb jedes Fortschritts. Eigenlob ist der gesunde Verstand und das Erkennen der eigenen Stärke. Großes entsteht aus der Balance beider Gefühle.
Klasse, Exilfranke, besser hätte ich es nicht ausformulieren können. :jau:
@Fee - ich mag die forschen Bewerberinnen auch "lieber", aber ich erkenne mich selbst in jeder dieser ängstlichen, geduckten Mäuse und vergehe dann immer fast vor Mitleid. Treten würde ich auch gern, aber ich weiß auch, dass ich es selbst kaum besser kann. Bisher fand ich mich ein einziges Mal bei einem Bewerbungsgespräch wirklich überzeugend, was mir auch von denen, die dabei waren, bestätigt wurde. Trotzdem bekam jemand anderes die Stelle. Das lag aber nicht am Auftreten, sondern daran, dass die andere einfach fachlich die absolute Kanone war und ich mich fachfremd beworben hatte. Da war ich schon froh, überhaupt ins Vorstellungsgespräch gekommen zu sein, ich habe das ganze dann als positive Erfahrung und "wieder was gelernt" verbucht.
Alessa,
Ja, deine Haltung kann ich gut nachvollziehen.
Zudem kommt es doch auch immer darauf an, aus welcher Perspektive man sein eigenes Schaffen betrachtet. Wenn ich mich mit den ganz Grossen vergleiche, dann halte ich mich einfach für eine grosse Niete. Gucke ich dann aber mal, was da alles an "Ramsch" auf den Verkaufstischen der Bücherläden liegt, dann empfinde ich das, was ich mache als durchschnittlich gut. Aber natürlich kommt das auch wieder auf die Stimmung an.
Aryana,
Bei Bewerbungen finde ich es aber auch wichtig, dass Chefs oder Arbeitgeberinnen sich nicht darauf versteifen, dass nur selbstbewusste Frauen oder Männer gute Arbeitskräfte sein können. Heutzutage wird das ziemlich überbewertet. Es geht häufig darum, dass derjenige die Stelle kriegt, der sich am besten verkaufen konnte. Aber unterm Strich ist so jemand ja überhaupt nicht besser als eine graue Maus.
Eine stille und wenig redegewandte Person könnte ja andere Talente haben, die ein "Schwätzer" (ich wähle jetzt extra die Extremformen ;)) ganz sicher nicht hat.
Mir tut es dann halt ein wenig weh, wenn wirklich gute Leute keinen Job kriegen, nur weil sie zu ehrlich, zu scheu oder zu wenig redegewandt sind. Einem guten Freund von mir geht es seit Jahren so. Er ist super intelligent, teamfähig, kreativ und effizient - er bringt alles mit. Aber er kann sich schlecht verkaufen, ganz schlecht. Daher dümpelt er auf einem blöden Job umher und findet keinen besseren. Das ist einfach schade, und ich finde, es wäre an der Zeit, dass Vorgesetzte, welche Leute einstellen, auch mal versuchen, "graue Mäuse" zu testen.
Hallo,
unabhängig von Vorstellungsgesprächen und Selbsteinschätzung. Stimme ich ein paar meiner Vorrednerinnen und Vorrednern zu, die es hauptsächlich für ein Stilmittel gehalten haben oder eine Konvention.
Diese Floskeln gehören in die geschriebene Sprache eines Forums, wenn es um ein angenehmes Klima geht. In einem persönlichen Gespräch lächeln die Leute sich an, sie variieren mit ihrer Stimmlage, sie sprechen sanft oder sie werden langsamer und drücken somit Dinge aus, die in einem reinen Text schwerer ausgedrückt werden können.
"Meiner Meinung nach", "meiner Einschätzung nach", "wenn es nach mir geht", "ich denke", "ich glaube", jede Form der Abschwächung wie "möglicherweise", "wahrscheinlich", "könnte" statt können etc. ist ein Stilmittel um den Text nicht hart klingen zu lassen.
"Schick mir den Text und ich schau ihn an. Ich bin gut in Personenbeschreibungen." Klingt vollkommen anders als. "Wenn du möchtest, kannst du mir den Text zukommen lassen. Ich denke ich bin ganz gut darin Charaktere zu beschreiben." Der Inhalt ist der Gleiche: Ein Angebot eine seiner Stärken zu nutzen um jemandem zu helfen. Dabei geht es oft nicht so sehr darum, sich schlecht zu machen. Man mildert nur die Schärfe der Konversation, die einzig anhand der Worte nicht klar geführt werden kann, weil zu Kommunikation einfach sehr viel mehr gehört. Alternativ können natürlich auch viele süße Smilies verwendet werden. Es lockert einen Text auf und soll signalisieren, dass man bereit ist für ein Gespräch ohne gleich streiten zu müssen.
Gleichzeitig führt ein häufiger Gebrauch solcher Floskeln zu einer wenig überlegten Übernahme. Es ist pure Gewohnheit. Deshalb fällt es mir auch ziemlich leicht über so etwas hinwegzusehen oder hinwegzulesen. Ich interpretiere es einfach ein wenig anders. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die anderen Leute versuchen zu helfen, sonst würden sie es ignorieren, und dass sie mir gegenüber nicht böse gesonnen sind, sondern wir vielleicht einfach nur anders kommunizieren. Wirkliche Unsicherheit und Selbstzweifel drücken sich in geschriebener Form meiner Meinung nach (hier auch wieder ein Schmiermittel der Konversation - immerhin dürfte es jedem klar sein, dass ich nicht für andere sprechen kann und auch nicht so vermessen bin zu glauben, dass meine Ansicht die einzig wahre ist) anders aus.
Zitat von: heroine am 25. April 2014, 20:14:54
"Schick mir den Text und ich schau ihn an. Ich bin gut in Personenbeschreibungen." Klingt vollkommen anders als. "Wenn du möchtest, kannst du mir den Text zukommen lassen. Ich denke ich bin ganz gut darin Charaktere zu beschreiben." Der Inhalt ist der Gleiche: Ein Angebot eine seiner Stärken zu nutzen um jemandem zu helfen. Dabei geht es oft nicht so sehr darum, sich schlecht zu machen. Man mildert nur die Schärfe der Konversation, die einzig anhand der Worte nicht klar geführt werden kann, weil zu Kommunikation einfach sehr viel mehr gehört.
Das driftet jetzt zwar evtl. etwas ab aber wenn ich ganz ehrlich bin: Nr. 1 würd ich meinen Text schicken, Nr. 2 nicht. Wieso? Wenn man schon den eigenen Stärken und Schwächen so zurückhaltend gegenüber steht, wie zurückhaltend reagiert man dann auf fremde Texte?
das ganze Thema ist ziemlich abgedriftet, da darfst du auch darauf antworten :D
Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich auch Person a) den Vortritt geben. Ich kann das zwar selber ganz gut.... Aber ich mag Duckmäusertum einfach nicht so gerne. Ist Ansichtsache, wie fast alles in diesen Forum und ich möchte keinem damit zu nahe treten, zumal ich selber auch nicht besser bin.
Zitat von: Nika am 25. April 2014, 21:18:40
Das driftet jetzt zwar evtl. etwas ab aber wenn ich ganz ehrlich bin: Nr. 1 würd ich meinen Text schicken, Nr. 2 nicht. Wieso? Wenn man schon den eigenen Stärken und Schwächen so zurückhaltend gegenüber steht, wie zurückhaltend reagiert man dann auf fremde Texte?
Irgendwie musste ich gerade voll grinsen. Da sieht man wieder, wie subjektiv alles ist. :vibes:
Ein wirklich interssantes Thema.
Bescheidenheit, sich klein machen, nur nicht vordrängen, nicht auffallen, in Sack und Asche gehen, das hat bei uns (in Vorarlberg) in meinen Augen sehr katholische Wurzeln. Es ist eine konservative Weltanschauung, die der Kirche gefällt und daher auch uns Mädchen anerzogen wurde. So kommen wir nie auf den Gedanken, dass wir unbequeme Fragen stellen dürfen oder das Wort Gleichberechtigung in den Mund nehmen.
Zurück zum Autorenleben. Ich kann nicht hochliterarisch schreiben. würde schrecklich gern zeichnen können, um meine Bücher mit viel mehr schwarz weiß Zeichnungen zu illustrieren wie Brandon Sanderson es machen lässt. Ich kann auch nicht sehr gut vorlesen, da müsste ich noch fleißig üben, ehe ich an Lesungen denke.
Was ich immer besser kann ist Welten erschaffen, ich schreibe auch gern Gedichte, daher mag ich Beschreibungen schreiben und ich mag meine eigenen Geschichten und auch andere Texte von mir. Ich kann mich in meine eigenen Texte hineinziehen lassen. Das ist einerseits ungünstig, da ich selten genug Distanz aufbaue, um gut Rechtschreibung zu korrigieren, andererseits freut es mich, dass meine Geschichten mir selber Spaß machen.
Ich habe jede Menge Ideen für weitere Bücher, auch wenn ich nicht die Zeit habe, diese im Moment zu schreiben. Ich kann weder Schifahren noch singen, ich spiele auch kein Instrument und ich schwimme gerade gut genug, um nicht unterzugehen. Ich kann so viel Dinge nicht. Daher bin ich stolz darauf, dass ich mich selbst und andere für meine Geschichten begeistern kann.
Und ich würde mich freuen, wenn hier noch andere Autoren ihre Stärken benennen. Ich finde es wichtig, zu erfahren, was sich jemand zutraut und worin er schon von anderer Seite bestärkt worden ist. Man kommt ja nicht aus dem Nichts auf den Gedanken, dass man etwas gut kann. Man hört und liest es von Betalesern, von Lektoren, von Lesern, von Rezensenten.
Zitat von: Cailyn am 23. April 2014, 16:34:51
Aryana,
Bei Bewerbungen finde ich es aber auch wichtig, dass Chefs oder Arbeitgeberinnen sich nicht darauf versteifen, dass nur selbstbewusste Frauen oder Männer gute Arbeitskräfte sein können. Heutzutage wird das ziemlich überbewertet. Es geht häufig darum, dass derjenige die Stelle kriegt, der sich am besten verkaufen konnte. Aber unterm Strich ist so jemand ja überhaupt nicht besser als eine graue Maus.
Eine stille und wenig redegewandte Person könnte ja andere Talente haben, die ein "Schwätzer" (ich wähle jetzt extra die Extremformen ;)) ganz sicher nicht hat.
Mir tut es dann halt ein wenig weh, wenn wirklich gute Leute keinen Job kriegen, nur weil sie zu ehrlich, zu scheu oder zu wenig redegewandt sind. Einem guten Freund von mir geht es seit Jahren so. Er ist super intelligent, teamfähig, kreativ und effizient - er bringt alles mit. Aber er kann sich schlecht verkaufen, ganz schlecht. Daher dümpelt er auf einem blöden Job umher und findet keinen besseren. Das ist einfach schade, und ich finde, es wäre an der Zeit, dass Vorgesetzte, welche Leute einstellen, auch mal versuchen, "graue Mäuse" zu testen.
Cailyn, ich habe nicht gesagt, dass ich diesen Umstand GUT finde. Ich habe nur geschrieben, dass ich diese Erfahrung immer wieder mache. ich bin selber auch eher von der schüchternen und "untertreibenden" Sorte, aber ich merke, so kriegt man einfach keinen Job, man muss schon ein bisschen - vulgär gesagt: auf die Kacke hauen. Das muss man nicht mögen und es ist sicher auch nicht gut, dass es so ist. Bei der Auswahl unserer Chemilaboranten-Azubis fiel die Wahl dieses Jahr auf eine sehr schüchterne und nervöse Bewerberin, letztes Jahr machte ein auch nicht so draufgängerischer junger Mann das Rennen, es sind also nicht immer nur die tollen Hechte und Glänzer, die die Stellen bekommen. Aber oft ist es eben so. Ich gehe inzwischen mit dem Gefühl in Vorstellungsgespräche, auf eine Bühne zu gehen. Ich spiele mich selbst, aber ich spiele mich selbstbewusster, als ich mich in dem Moment fühle. Sicher auch nicht optimal, aber es hilft mir.
Es hat nichts mit dem Schreiben oder Ähnlichem zu tun, sondern ist eher sehr banaler Natur, aber ich hatte gestern ein sehr schönes Erlebnis, das irgendwie zum Thema passt. Eigentlich ist es mehr zum selber dran freuen, aber mir ist gestern etwas aufgegangen, das ich wichtig finde, deshalb schiebe ich es hier rein.
Meine Gilde in Final Fantasy 14 hing 6 Wochen an einem Raid, ehe sie die Mechaniken gut genug beherrschten, um den Boss zu legen. Weil gestern einer fehlte, haben sie mich als Ersatz mit und außer einem Guide habe ich nix gesehen. Nun kann ich mit Guides aber nur bedingt etwas anfangen, ich muss den Kram selber machen - oft selber machen, weil sonst nichts dabei hängen bleibt. Ich dachte also, wir sterben uns da eine Weile durch und irgendwann in ein paar Wochen ;) klappt das dann auch. Meine Gruppe wollte den sofort legen. Dementsprechend unter Druck stand ich, weil ich natürlich auch was vernünftiges abliefern wollte und mich nicht gleich in den ersten 20 Sekunden episch ablegen - aber auch aus den Erklärungen des Raidleiters bin ich erst nicht so recht schlau geworden (da waren so lustige Sachen dabei wie Ketten zwischen den Spielern, die durch auseinander laufen gebrochen werden müssen, oder Tankwechsel an bestimmten Punkten (ich spiele als Tank), etc.).
Interessanterweise habe ich es trotzdem geschafft, die ganze Gruppe zu überraschen - und am allermeisten mich selbst - weil eigentlich alles sofort super klappte, obwohl ich mir anfangs kein Bild davon machen konnte, was von mir erwartet wird. Nur eine einzige Mechanik gegen Ende hin habe ich fast immer versaut, aber die ist auch verdammt stressig und einmal hatten wir den Boss sogar bis 3 % runter. Wäre nicht einem Mitglied das W-LAN abgeraucht und die Zeit nicht schon so weit fortgeschritten gewesen, dann hätten wir den sicherlich gelegt und ich hätte an einem Tag geschafft, wofür die Gruppe 6 Wochen verbraten hat.
Der Grund, warum ich das erzähle, ist der: Ich habe sehr viel Lob dafür eingeheimst und war deshalb sehr verlegen, weil ich dachte, das ist nichts. Es war Zufall, es war Glück, es war sonstwas, aber nicht meine Leistung. Später habe ich noch mal genauer darüber nachgedacht und dabei gemerkt, dass ich eigentlich gar nicht immer so begriffsstutzig bin, wie ich denke. Oft, ja, aber genauso oft fummle ich mich in neue Aufgabengebiete ein (gerade jetzt mit der Versetzung), verstehe Raidmechaniken und kann ganz ausgezeichnet auf Ansagen arbeiten (man hat mir z. B. Tankwechsel auf Bitte hin immer angesagt). Im Prinzip fände ich auch das nicht so wichtig, um es zu erwähnen, aber es hat mir den Spaß und das Selbstvertrauen an der Arbeit zurück gebracht. Ich sitze hier und könnte mir plötzlich nichts Schöneres vorstellen, als das mir unbegreifliche System nach den Materialien zu durchsuchen, die auf dem Papier vor mir stehen, obwohl ich keinen blassen Schimmer habe, was sich wo versteckt. Und das ist eine Sache, die ich an dieser Erkenntnis und diesem Erlebnis extrem wichtig finde - festzustellen, dass es auch Sachen gibt, die ich intuitiv kann, selbst wenn es anfangs total konfus erscheint und mich dann an dem Ego-Push erfreuen. ;)
In der Beziehung würde mich jetzt interessieren: Hattet ihr sowas auch schon? Aufgaben, die euch viel zu groß und unmöglich erschienen, aber dann plötzlich wie geschmiert von der Hand gehen, und euch Sachen auffallen, die euch wirklich liegen?
Zitat von: Nirahil am 23. Juli 2014, 10:48:48
In der Beziehung würde mich jetzt interessieren: Hattet ihr sowas auch schon? Aufgaben, die euch viel zu groß und unmöglich erschienen, aber dann plötzlich wie geschmiert von der Hand gehen, und euch Sachen auffallen, die euch wirklich liegen?
Ja, ich denke, so etwas Ähnliches kann ich auch vorweisen. Damals, als ich die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium absolvierte, war ich vollkommen überzeugt, dass ich sie nicht bestehen würde. Ich habe sonst nie Prüfungsangst, aber an diesen beiden Tagen hatte ich sogar Prüfungspanik! Mir war leider auch nur allzu bewusst, dass ich
so viel auch gar nicht dafür gelernt hatte. Ein paar Arbeitsblätter gelöst, ein paar Mal in der Gruppe Französischvokabeln geübt... Und als ich dann vor der eigentlichen Prüfung sass, hatte ich ständig das Gefühl, dass ich nur Mist aufschreibe.
Die Zeit bis ich die Ergebnisse erhielt, war eine Qual. Ich wollte damals noch nicht arbeiten und die Vorstellung eine Berufsausbildung machen zu müssen, fand ich schrecklich.
Und dann, als die Ergebnisse da waren, haute es mich schier aus den Socken. Ich war unter denen in unserer Klasse, die die Prüfung gemacht haben, sogar die beste! Ich konnte es nicht fassen und das Ganze kam mir einfach surreal vor.
Aber wenn ich heute darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich eigentlich schon immer die "Begabung" hatte, mich gut durch Prüfungen zu schummeln, ohne viel dafür gelernt zu haben. Ich weiss allerdings bis heute nicht, woran das liegt ???
Jedenfalls gehöre ich auf alle Fälle zu der Sorte Menschen, die sich ganz schwertun, sich selbst eine positive Eigenschaft einzugestehen. Wenn sich mal eine diskret an die Oberfläche drängt, drücke ich sie mit ganz viel Pessimismus und dem Wissen über meine Fehler und Macken wieder tief nach unten. Ja, so ist das eben...
ZitatIn der Beziehung würde mich jetzt interessieren: Hattet ihr sowas auch schon? Aufgaben, die euch viel zu groß und unmöglich erschienen, aber dann plötzlich wie geschmiert von der Hand gehen, und euch Sachen auffallen, die euch wirklich liegen?
Ich habe das immer wieder, wenn es um behördliche, bzw. wirtschaftliche Dinge geht. Die Steuererklärung? Der nächste Banktermin, bei dem ich Entscheidungen treffen muss? Formalien erledigen? Dokumente zusammensuchen? Furchtbar! Ich hab jedes Mal das Gefühl, dass ich komplett überfordert bin (ja, wirklich jedes Mal aufs Neue :'( )! Sobald ich mich dann aber hinsetze und das mit Zeit und Ruhe durchgehe, stelle ich fest, dass das alles eigentlich ganz einfach ist. Leider hält das Gefühl nie an und ändert was an der Überforderung beim nächsten Mal.
Ansonsten bin ich generell jemand, der seine Stärken sehr gut kennt, aber ich benenne sie sehr selten. Aus denselben Gründen wie die meisten hier.
Beim Schreiben allerdings ist das für mich noch mal etwas ganz anderes. Da ist soviel Geschmackssache dabei, dass es mir besonders schwerfällt, zu sagen, dass ich etwas gut kann. Denn, das was mir von 5 Leuten als gut rückgemeldet wird, kann mir von den nächsten 4 um die Ohren gehauen werden. Insbesondere, wenn ich mich traue, dem Text Kontur zu geben in dem ich Worte und Sätze als Stilmittel benutze und nicht versuche, die Sprache so weit wie möglich hinter die Geschichte zu stellen.
Mir fehlen da die objektiven Kriterien, die ich für ein gut-schlecht-Urteil anwenden kann.
Das fällt mir auch besonders in Textkritikforen auf, wenn vollkommen unterschiedliche Meinungen untereinander stehen. Oftmals scheint es eher eine Entscheidung im Sinne von "Wessen Meinung/Geschmack ist gewichtiger?" zu sein, als eine objektiv-sachliche.
Ein weiterer Punkt, weswegen ich in der Schreibszene da sehr still geworden bin, ist der, dass es so wahnsinnig schnell ich Konkurrenz und Neid abdriftet. Dann wird der eigene Text zerpflückt um Inkompetenz nachzuweisen etc. (Und ich bin sehr froh, dass hier im TiZi ein gegensätzlicher, sehr wertschätzender Umgangston herrscht.)
Ich habe jetzt nicht alle Beiträge gelesen (meine Zeit ist einfach zu knapp und die Threads hier wachsen so unglaublich schnell ;) ), deswegen hoffe ich, dass nichts doppelt ist, aber ich möchte noch mal aufgreifen, was ich irgendwo gelesen habe. Show, don't tell in Bezug auf eigene Fähigkeiten. Mir geht es auch so, dass ich selten im Vorfeld sage, was ich gut kann, weil ich im Vorfeld ja auch nie weiß, was ein Text braucht. Wenn der Autor schon Fragen miteinstellt, weiß ich zumindest, ob er gezielt nach meinen Schwächen sucht - dann melde ich mich gar nicht erst. Ansonsten sage ich aber auch nie, worin ich gut bin, sondern zeige es tatsächlich im ersten Feedback.
Aber das ist ja auch schon wieder etwas anderes, als wenn man einfach nur für sich selbst sagt, was man gut kann. Denn sage ich es einfach nur über mich, ist keine Hierarchie zu anderen mit eingebaut. Das Maßstab gut gilt nur für mich und mein Können. Und das halte ich für sehr gesund! Man muss es nicht immer laut sagen, aber zumindest für sich selbst sollte man sich das gönnen! (Und wie sehr das pusht und Freude macht, erlebe ich in dem neuen Stall in dem ich bin, wo es völlig ohne Neid zugeht und jeder für seine persönlichen Fortschritte gelobt wird. Laut und offen und vor, bzw. von allen. Ich habe noch nirgends so eine tolle Athmosphäre zwischen (Dressur)reitern erlebt.)
Begebe ich mich aber in die Rolle des Helfenden, liegt der Arroganzverdacht automatisch näher. Je neidbehafteter das Umfeld ist, desto eher gehen heimliche Beurteilungen/ Tuscheleien und die Lästerei los. (Okay, ich bin da auch Dressurreiter geschädigt, vielleicht achte ich deswegen besonders auf das Umfeld, in dem ich mich bewege^^)
Vielleicht gab es die Idee ja auch schon, aber wie wäre es denn mit einem Thread, in dem man einfach mal posten kann, was einem Spass macht/was man gut kann oder was einem einfach leicht fällt. So eine Art Übersichtsthread, den man nach Schlagworten durchsuchen kann und gezielt die User für Tipps ansprechen könnte? Vielleicht in der Betaleservermittlung? Niemand muss, aber jeder kann einfach mal seine Stärken in den Raum/zur Verfügung stellen ...