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Wenn der Zweifel an die Tür klopft

Begonnen von Alaun, 06. August 2009, 09:47:55

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Abakus

Zweifel. O ja... kenne ich auch!

Aus jedem Zweifel versuche ich stets das Beste zu machen, was natürlich nicht immer funktioniert. Aber ich bin ein Optimist. Ich versuche manchmal meine Zweifel am eigenen Text zu analysieren. D. h. ich versuche zu erörtern, ob der Zweifel vielleicht doch angebracht ist, also ob der Text vielleicht doch nicht so gut ist wie ich denke.

Zweifel sind meiner Ansicht nach letztendlich auch dafür gut, um einen Autor besser (stilistisch etc.) werden zu lassen. Nun, ein Optimist eben. Für mich ist das Glas immer halb voll! ;)

Falckensteyn

Ich denke, so spontan wie der Herr Zweifel anklopft, geht er auch wieder. Seit einiger Zeit beherzige ich den Rat, trotz Zweifeln einfach mal weiter zu schreiben. Und das klappt eigentlich ganz gut. Wenn da nur der Zeitfaktor nicht wäre. Je weniger ich mich ins Schreiben stürzen kann, desto öfter klopft Herr Zweifel auch wieder an und stellt das alles in Frage.


Moa-Bella

Deswegen brauche ich mit meinen Texten oft ziemlich lange. Wenn mir ein Plot oder eine Formulierung nicht gefällt, bastele ich manchmal Stunden daran herum. Ich bin aber eigentlich froh, dass ich meine Texte kritisch betrachten kann, meine Texte hätten sonst keine Chance gut zu werden. ich habe mal nach der Hälfte eines Buches aufgehört zu schreiben, weil ich gemerkt hatte, dass das alles im Grunde nicht funktioniert und dass es im Grunde Schund ist. War vielleicht ein bisschen spät, aber wenn ich nicht gezwefelt hätte, hätte ich noch mehr Zeit auf das projekt verwendet, anstatt etwas vernünftiges zustande zu bringen.

Kath

#33
Ich befördere diesen Thread mal wieder nach oben, weil auch ich mich momentan mit Zweifeln abplage. Allerdings nicht mit den hier viel genannten Zweifeln, die meine schreiberischen Fähigkeiten als solche umfassen. Viel mehr habe ich das Gefühl, rein ideentechnisch nicht das zu schreiben, was ich eigentlich schreiben will. Ich habe das Gefühl, irgendeinen langweiligen Schund zu tipseln, für den sich eh niemand interessiert und gleichzeitig sehe ich andere Geschichten, denke mir "Wow! Sowas in der Art will ich auch schreiben!" und schaue dann auf meinen bisherigen Text und merke, dass ich in eine ganz andere Richtung arbeite. Und plötzlich kommt mir der Gedanke, alles hinzuschmeißen und etwas ganz anderes zu plotten.

Das einzige, das mich momentan noch davon abhält, ist die "Geschichte hinter der Geschichte", wenn man denn so will. Zum Beispiel habe ich mit meinem aktuellen Projekt ein wahnwitziges Battle gegen Sprotte bestritten, was mir unheimlich Freude bereitet hat und ich fürchte, dass diese Erinnerung an Bedeutung verliert, wenn ich mein Projekt ad acta lege. Genauso motiviert mich auch der TiNoJuliMo, denn weiß ich hier: Um mein Ziel von 50k Wörtern im Juli zu erreichen, kann ich es mir nicht leisten, mich mit einer völlig neuen Idee zu befassen.

Trotzdem bleiben die Zweifel und hindern mich schon den ganzen Tag daran, weiterzuschreiben. Und ich weiß nicht, was ich dagegen unternehmen könnte. Für das hier im Thread vorgeschlagene "Abwarten und sich mit was anderem beschäftigen" fehlt mir, wie ich angedeutet habe, eigentlich die Zeit und das Lesen eines schlechten Romans bringt mir auch nichts, außer neue Ideen, die ich erstrecht nicht gebrauchen kann.

Habt ihr vielleicht irgendwelche Tipps und Strategien, die ihr anwendet, wenn euch Zweifel an eurem eingeschlagenen Weg kommen (und nicht an euren schreiberischen Fähigkeiten)?

Sprotte

1. Ausjammern (machst Du hier schon, und das ist gut so)
2. Freunde/Betaleser, die die Geschichte kennen, mit genau diesen Zweifeln vertraut machen (Ich habe meine Ansprechpartnerin, wenn ich das Gefühl habe, Mist zu bauen, die mit eeeeendloser Geduld die Wogen glättet und meinen Nervbratzenalarm erträgt.)
3. Doch das bisher Geschriebene durchgehen, gute Stellen einfärben, sich merken, sich genau daran erfreuen und sich vornehmen, bei der Überarbeitung den Rest daran anzupassen.
4. Zähne zusammenbeißen, Bauch rein, Brust raus, weiterschreiben. Wenn Du keine Rohfassung schreibst, wirst Du nie überarbeiten, feilen und verbessern können.

Ich habe Kenna auch zweimal an die Wand gefahren. Jetzt hatte ich das Glück, daß sich Nycra des Textes erbarmt hat und mir gnadenlose Kommentare reingeschrieben hat. Nach Roveon ist Kenna mit der Überarbeitung der ersten Hälfte dran. Und dann - Gnaden ihm seine Götter, ich tu es nicht! - schreibe ich den Roman um meinen rothaarigen Krieger zu Ende.

Zweifel an sich sind etwas Gutes. Sie zeigen uns Schwächen (teilweise leider auch da, wo gar keine sind, weil es mal wieder diese Zeit des Monats ist, oder weil privat/beruflich/schulisch zu viel Streß ist oder weil die Gänseblümchen nicht mehr blühen. Whatever!) und verhindern, daß wir in Selbstgefälligkeit versinken. Stillstand ist unser Feind - nicht nur beim Tippen sondern vor allem in der Entwicklung unserer Fähigkeiten.

Rosentinte

Liebe Kath,
Lass dich zuerst mal  :knuddel:.
Mir ging es mit dem TiNo ähnlich, wie du ja mitbekommen hast, ich hatte Mittwoch wirklich mein persönliches Tief, wo ich drauf und dran war alles hinzuwerfen. Dann hätte ich diesen Monat lang wahrscheinlich kaum etwas geschrieben.
Du musst es langsam angehen lassen. Hey, ich lese im Moment auch Terry Pratchett und ich weiß, dass ich längst nicht so gut bin. Ich würde auch gerne so witzige Ideen haben, aber ich weiß, ich kann es nicht. Ich kann nicht lustig schreiben.
Du darfst dich nicht mit anderen Autoren vergleichen. Es sollte dein Ziel sein, so gut zu werden, aber wie man so schön sagt: Der Weg ist das Ziel.

Mir ging es so ähnlich wie dir. Als ich mich im Februar hier angemeldet habe, habe ich direkt total stolz meinen Roman vorgestellt. Und dann kam die gnadenlose und leider auch berechtigte Kritik. Ich habe an der ganzen Idee gezweifelt. An dem, was ich bis jetzt geschrieben hatte, sowieso. Und dann habe noch mal von vorne begonnen. Wirklich, von vorne. Der Plot war verändert, enthielt aber noch den Grundplot und viele Szenen aus der alten Idee.
Wassermelodie wurde in geänderter Form zu meiner ersten vollendeten Geschichte.

Ich habe gelesen, dass du Vielplotterin bist. Vielleicht kannst du aber doch versuchen, den Plot nur ein wenig zu ändern oder spontan zu schreiben. Dann fällt dir vielleicht etwas besseres ein. Oder du beherzigst Sprottes Rat, der auch richtig ist: Schreib, egal was. Überarbeiten und verbessern kannst du später noch. Jetzt wird geschrieben.

Zweifel kommen, aber sie helfen, unsere Fehler zu finden und uns zu verbessern.
LG, Rosentinte
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Wollmütze

Oh Gott, wie ich genau das kenne!
Liebe Kath, es gibt es nur eine einzige Antwort darauf: Schreib es zu Ende!
Überarbeiten kannst du später noch. Du kannst auch die Hälfte der Geschichte wieder umstellen. Aber bitte, schreib die Geschichte erstmal fertig. Oft merkt man dann, dass sie gar nicht so schlecht ist. Mit etwas Abstand filterst du die schlechteren Stellen heraus und kümmerst dich darum. Aber wenn du bei solchen Zweifeln aufgibst, dann bereust du es später.
Ich hab früher bei genau diesem Zweifeln an der Idee überhaupt ALLES wieder umgeschrieben. Selbst wenn da schon 150 Seiten waren. Auf Dauer hat mich das wahnsinnig gemacht, weil ich die Geschichte nie zu Ende geschrieben habe und das tut einem irgendwann nicht mehr gut.
Schreib es zu Ende und hol dir dann Meinungen ein (sagte Sprotte ja schon). Dann arbeite daran. Aber gib jetzt nicht auf, du packst das  :pompom:
Und unter uns: Meistens sind die Ideen gar nicht so schlecht, oft ist es einfach so, dass es hier und da noch an geschliffener Umsetzung fehlt. Und das lässt sich bei der Überarbeitung alles richten  ;)

Lavendel

Ich glaube, diese Zweifel kennt jeder Autor. Ich bin auch grade wieder in dieser Phase (es interessiert keinen, was ich schreibe, alles ist so belanglos und ausgelutscht und außerdem nicht gut genug durchkonstruiert und blaaaaa).

Versuch es von dieser Seite zu sehen: Meistens kommt irgendwann doch ein Punkt, an dem man wieder quietschend vor dem PC sitzt, weil man sein eigenes Buch grade so toll findet. Es ist schrecklich, wenn man in dieser anderen Phase ist, aber das müssen wir einfach aushalten. Meistens ist dieses Gefühl total irrational und hat wenig mit der Realität zu tun.

Lemonie

Oohhh, kenn ich....
Das kann einen echt fertigmachen.

Vor allem, wenn man total enthusiastisch angefangen hat, geschrieben, geschrieben, geschrieben hat und dann denkt: Das ist doch alles sch***
Bisher hab ichs dann immer gelöscht (manchmal - hab ich hinterher immer bereut) oder eben einfach gelassen und was Neues angefangen.
Aber da wurde es dann auch wieder so.

Ich denke nicht, dass ich je irgendwas schreiben werde, bei dem ich diese Phase nicht habe. Aber das ist eigentlich bei allem so, nicht nur beim schreiben. Und die Momente, in denen es einem einfach nur Spaß macht und man sich toll fühlt dabei, die sind es definitiv wert, daran versuch ich ab jetzt zu denken :)

ZitatMeistens kommt irgendwann doch ein Punkt, an dem man wieder quietschend vor dem PC sitzt, weil man sein eigenes Buch grade so toll findet.

Genau das meine ich. Das Projekt an sich ändert sich von Phase zu Phase gar nicht - nur unsere Stimmung. Seine Gefühle über etwas macht man immer selbst (sagt meine Mutter immer ;) Und die hat meistens Recht). Man muss einfach irgendwie versuchen, trotzdem weiterzumachen.

Ein kleiner Egoboost durch Lob von außen schadet aber auch nie. Für sowas sind nicht - schreibende FreundInnen dann perfekt  ;D

Feuertraum

Zweifel haben nur eine Aufgabe: den Enthusiasmus unter sich zu begraben und jemanden einzureden, dass alles, was er macht, schlecht ist. Zweifel ist Freund und Feind zugleich, weil er einerseits verhindert, dass man eine zu unrealistische Vorstellung von sich hat und meint, dass jedes Wort, jede Idee, jede was weiß ichnoch allesTM absolut fantastisch ist, Nobelpreisverdächtig und man überhaupt ein Genie ist, wie es kein zweites gibt.
Gleichzeitig ziehen Zweifel einen runter.
Wenn ich zum Beispiel eine Bewertung in einer Fernsehzeitung über einen Film sehe, die beschrieben wird mit "Unlustig, lohnt nicht" usw. dann "weiß" ich, dass man genau das auch über meine Stories schreiben wird.
Ich weiß allerdings, dass diese Gedanken nur in meinem Kopf stattfinden.
Und ich weiß, es wird immer Menschen geben, die meine Geschichten doof und Menschen geben, die meine Geschichten toll finden.
Ganz ehrlich, Kath, im Grunde genommen wird man nie wirklich mit einer Geschichte zufrieden sein.
Spätestens nach 4 Wochen wird man sich hinstellen und murmeln: "Ach, Mist, der Sätz hätte so besser geklungen. Hier habe ich was vergessen, was hingepasst hätte, das hätte weggemusst.
Lassen Sie Ihre Betaleser entscheiden, ob es ihnen gefällt.
Beherzigen Sie einen Ratschlag von Anno dazumal, der auch heute noch Gültigkeit besitzt: "Schreiben Sie für den Leser! Ist er zufrieden, haben Sie es richtig gemacht!"

LG
Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Kath

#40
Ihr alle habt wahrscheinlich recht, insbesondere Sie, Feuertraum, wenn Sie sagen, dass ich nicht die letzte Instanz bin, die zu entscheiden hat, ob die Geschichte gut ist und gefällt. Es fällt nur so verdammt schwer, etwas zu schreiben, hinter dem man nicht mehr vollständig steht und wenn man beim Schreiben gelegentlich über den Tellerrand schielt und dabei so viele andere tolle Geschichten entdeckt, an die man herankommen will, aber nicht kann und sei es auch nur, weil man einen ganz anderen Ansatz hat und in eine ganz andere Richtung schreibt.

Ich werde mir heute mal einen ruhigen Abend gönnen, nicht daran denken, was und wie ich schreibe und auch nicht, was und wie ich schreiben möchte. Morgen sieht die Sache vielleicht schon ganz anders aus und wenn nicht, dann hilft wohl wirklich nur stures Weiterschreiben.

Vielen Dank für eure Beiträge, die machen doch zumindest ein bisschen Mut. :knuddel:

Smaragd

Die Art Zweifel kenne ich auch. Die musst du aber wirklich beiseite schieben, den inneren Zensor zum Schweigen bringen und stur an deiner Geschichte weiterschreiben. Sonst wirst du es nämlich nie schaffen, etwas fertig zu schreiben. Es gibt ganz unterschiedliche tolle Geschichten und deine gehört sicher auch dazu! Wenn man etwas schreibt, kommt es einem selbst immer ganz anders vor als jemandem, der es später liest.
Die Idee hat dir schon so gut gefallen, dass du die Geschichte geplottet hast und angefangen hast zu schreiben. Das ist das einzige Quaslitätsmerkmal, das für eine erste Version zählt! Kritik kommt später, beim Überarbeiten. Nicht beim ersten Schreiben.

(Und falls dir eine gaaanz tolle andere Plotidee kommt, schreib sie kurz auf und mach dann mit deiner aktuellen Geschichte weiter.)

Maria

Das Gefühl kenne ich sehr gut.
Daher habe ich mich seitdem ich mit meinem aktuellen Fantasyprojekt arbeite (seit gut eineinhalb Jahren) nichts mehr in der Richtung gelesen.
Nur noch Sachbücher oder eben andere Genres. Ich weiß, dass mich gute Ideen anderer verleiten können "sowas" schreiben zu wollen anstatt mein aktuelles Projekt durczuziehen.
Aber wenn ich irgendwann mal fertig sein will, dann darf ich mich nicht verunsichern oder ablenken lassen. Ist schwer genug, wenn man über so viele tolle Bücher stolpert.

Rigalad

Tolle Bücher können aber auch inspirieren. Wenn ich schlechte Phasen habe, hilft es mir, ein gutes Buch zu lesen, weil es meine Kreativität wieder weckt. Natürlich denke ich auch oft: Warum kannst du nicht so gut schreiben?
Aber auf der anderen Seite kann es auch den eigenen Ehrgeiz wecken, irgendwann einmal daran anknüpfen zu können.
Außerdem, Zweifel hin oder her, möchte ich ja sehen, was die Konkurrenz so treibt. :)

Drachenfeder

"Wenn der Zweifel an die Tür klopft" ?? Das kennte ich nur zu gut und viel zu oft. Gute Bücher haben mir bisher nicht so gut geholfen. Am besten Hilft mir ein Gespräch mit einer vertrautren Person die ebenfalls schreibt oder durch und durch Kreativkopf ist. Da kann wirklich beflügeln. Ich brauche immer ein wenig Mut gemacht bekommen und einen kärftigen Tritt in den Hintern. Aber Zweifel werden mich immer und ewig begleiten  :-\