Da
@Arcor und
@Ary mich hier netterweise getagged haben, gebe ich gern mal meinen Senf dazu und was für Erfahrungen ich in "Die Götter müssen sterben" hatte.
Dass sich das grammatikalisch richtige Geschlecht manchmal falsch anfühlt im Deutschen, kenne ich auch, angefangen bei so Zeug wie "das Mädchen" (wo ich mich tatsächlich manchmal über die Korrektheit hinwegsetze und "sie" schreibe). Ich verstehe gut, dass man sich besonders unwohl fühlt, wenn es um Transgeschlechtlichkeit und Misgendering geht.
Spontane Lösungsansätze:
- "der Golem" als Überbegriff zu verwenden, ist an sich kein Problem, denke ich. Das haben auch viele trans* Personen nicht mit "der Mensch". Aber die persönlich gewählten Pronomen sind eben etwas anderes. Es sollte grundsätzlich möglich sein, so zu schreiben, dass man sich nie grammatikalisch mit er-Pronomen auf "der Golem" beziehen muss, etwa, indem man den Namen der Figur einschiebt.
XXX kannte das nicht als Golem. Sier war es gewohnt, dass etc.
- es ist immer eine Möglichkeit, die Charaktere selbst über die Sprache und was sie mit ihnen macht, reflektieren zu lassen. So habe ich das in meinem Roman gehandhabt. Die Begriffe "Amazone", "Kriegerin" und "Waffenschwester" werden geschlechterübergreifend verwendet, sie werden als Ehrentitel für eine Profession verstanden, zu der nicht ausschließlich Frauen Zugang haben. Sie fungieren damit also als Generisches Femininum in einer matriarchalischen Gesellschaft. Bei einer nicht-binären Amazone, Iphito, wird das dann explizit bei der Einführung erwähnt: "Kriegerin" ist nur ein Titel. Und man sieht im Umgang der Amazonen, welche Begriffe geläufig sind und welche nicht.
Zusätzlicher Hinweis: Ich habe mit einem nicht-binären Sensitivity Reader gearbeitet. Für sier und viele andere hat das funktioniert, es gab aber auch trans* Personen, die das nicht gut fanden und die das zu sehr an Verunsichtbarung in feministischen Kreisen erinnert hat, ähnlich wie das Generische Maskulinum andere Geschlechter neben Männern verunsichtbart. (Wobei die Amazonen in meinem Buch keinesfalls als ideal dargestellt werden und es nur einer von vielen Auswüchsen ihrer ungerechten Gesellschaft ist, die stark kritisiert wird.)
Ich habe also nur eine Möglichkeit, keine ideale Lösung, die bei dem Thema wohl eh kaum zu gewährleisten ist. Da muss man einfach wagen.
In meinem Roman wurden die Begriffe "Amazone", "Kriegerin" und "Waffenschwester" also nicht nur für Frauen benutzt, das Pronomen "sie" habe ich allerdings nie für die nicht-binäre Amazone verwendet, sondern ausschließlich das von ihrm gewählte Pronomen "sier".
Gerade erst habe ich an dem Buch einer nicht-binären Person, Sarah Stoffers, mitgewirkt, wo eine nicht-binäre Hexe vorkommt. Für Stoffers ist es also offensichtlich kein Problem, einen Begriff wie "die Hexe" geschlechtlich auszuweiten, aber auch dort gibt es eben nie Bezug mit dem Pronomen "sie", sondern ausschließlich das von der Hexe benutzet Pronomen "xier".
Das als weiteres Beispiel, vielleicht hilft das?
EDIT:
Halb relevant fürs Thema: Im zweiten Teil des Romans kommt ein trächtiger Drache vor, bei dem ich auch so ein Pronomenproblem hatte. Ich wusste, das Tier muss schwanger sein für den Plot, aber "der Drakon" und das Pronomen "sie" wollten einfach nicht flüssig zusammengehen, schon gar nicht in einer Action-Szene.
Da dachte ich: Moment. Du schreibst Fantasy. Das kann doch einfach ein trächtiges Männchen sein, wie ein Seepferd, keine weiteren Fragen. So ist es jetzt "der Drakon" mit Pronomen "er" und ein trächtiges Männchen.
