@Tanrien:
Finde deine Antwort wirklich interessant, Shin, weil mir erst dadurch klargeworden ist, dass Debbie mehrere Sachen gemeint haben könnte, so wie der Post klingt. Pacing als das Tempo einer Szene selbst ist, oder Pacing als Strukturmerkmal, dass man also auf eine sehr dramatische Szene eine ruhigere folgen lässt, oder eine, die einem anderen Plotstrang folgt. Und Pacing als wie der Autor durch die Geschichte hetzt.
Kurze Konkretisierung, Debbie, von deiner Seite aus?
Alles davon

- außer das mit dem Autor, ich fürchte ich hetze selbst nicht wirklich ... Aber die anderen Dinge haben ja alle Einfluss auf das Pacing der Geschichte. Und ich denke, ich werde jetzt vielleicht wirklich mal eine Szene mit einem anderen Viewpoint-Charakter einfügen (das wollte ich ja ursprünglich auch, hatte es aber irgendwie wieder vergessen

). Und ja, ich hab schon ruhigere Momente, und richtige
Action, so wie Pesti sie beschreibt, kam bisher eigentlich fast garnicht vor - aber am Ende jeder Szene, egal wie idyllisch sie beginnt, gibts wieder Drama, Spannung und weitere Rätsel.
Ich habe Debbie so verstanden, dass es um die Geschwindigkeit der Geschichte geht, nicht um die Geschwindigkeit, in der man sie schreibt.
Als Autor geht es mir so, dass ich manchmal ziemlich schlecht einschätzen kann, ob meine Geschichte ein gutes Maß an Tempo hat. Ich bin dahingehend betriebsblind, weil ich ja weiß, wie es weitergeht und ich beim Schreiben einer "actionfreien" Szene schon weiß, dass es bald zur Sache gehen wird und ich der Szene schon entgegenfiebere, mir die eventuelle Langeweile also gar nicht bewusst wird.
Ferndiagnosen sind deshalb schwierig; wirklich weiterhelfen wird Dir wohl nur ein Betaleser.
Stimmt, es geht um die Geschwindigkeit der Geschichte.

Vielleicht geht es mir da ja insgeheim wie dir, und ich hab einfach ein Brett vor dem Kopf - aber ich halte es für eher unwahrscheinlich. Ich hab noch keine "neutralen" Betaleser zurate gezogen, aber die Betaleser im Familien- und Bekanntenkreis fragen ständig nach neuen Szenen; und können sich überraschenderweise auch immer noch an die Details des letzten Kapitel erinnern. Das werte ich jetzt einfach mal als gutes Zeichen.
Das Stadium für objektive Betaleser, die sich mit dem Schreibhandwerk auskennen, hat die Geschichte noch nicht erreicht; das nehme ich definitiv erst in Angriff, wenn ich das Gefühl habe, dass ich für den Text nichts mehr tun kann. Er also quasi "agenturreif" wäre.
Ich will potentiellen Betalesern kein unausgegorenes Zeug liefern, dass noch an allem krankt, nur um möglichst schnell eine
professionelle Resonanz zu kriegen. Das mag ich als Betaleser auch nicht sonderlich ...
Und das mit dem "Plätschern" bedarf tatsächlich einer genaueren Definition, danke für den Hinweis!

Unter "Plätschern" verstehe ich längere Beschreibungen, Szenen die nur der Charakterdefinition dienen (da hab ich aber tatsächlich ein paar - wenige

Meistens packe ich selbst die noch in plotrelevante Szenen

) und solche Sachen. Dinge, die man aus dem Text rausnehmen könnte, ohne das dem Leser Verständnis von Plot oder Figuren verloren ginge. Dinge, die nicht
nötig sind, aber eben in eine Geschichte gehören. Z. B. die Weihnachtsszene von Harry Potter im ersten Buch. Als alle in der großen Halle beim Essen sitzen. Ich mag die Szene, obwohl sie keinerlei relevante Informationen liefert, den Plot nicht vorantreibt und über die Charaktere praktisch nichts erzählt was entweder nicht schon bekannt oder wichtig wäre.
Deshalb liebe ich den Schreibstil von J. K. Rowling so: Solche Dinge einzubauen und zu einem Genuss/Spaß für den Leser zu machen, ist eine echte Kunst, und verleiht dem Text Perfektion. Da bin ich ein bisschen neidisch, und ich fürchte daran muss ich hart arbeiten!
Ich bin selbst jemand, der gerade so Dinge wie detailierte Beschreibungen in Büchern gerne mal skippt. Habe ich gerade wieder bei "Gott schütze dieses Haus" bemerkt. Und E. George schreibt wirklikch toll, ich mag ihren Stil, und die Ausarbeitung von Plot und Figuren; bei ihr ist alles schön rund, und gibt ein homogenes Gesamtbild ab. Und dennoch überfliege ich manchmal einfach Zeilen ...
In meinem eigenen Text tendiere ich dazu, nur Beschreibungen einzubauen, die plotrelevant sind - selbst zu weltenbaurelevanten Beschreibungen muss ich mich zwingen. Da hab ich glücklicherweise den Szenebogen, der mir beim Nachbearbeiten hilft. Sonst gäbe es in meinem Geschreibsel nur Handlung und Dialog, fürchte ich

Dann bediene ich den Leser mit einem Mysterium nach dem anderen - quasi in jeder Szene mindestens ein neues - und fange langsam echt an, mich zu fragen, ab wann einem das zuviel wird. Meine Betas mögen es bisher, aber die bekommen ja auch nur immer "kleine Dosen" des Ganzen. Wie wirkt das wohl, wenn man sowas über längere Zeit geliefert bekommt?
Ich würde Pestis Post noch hinzufügen wollen, dass es durchaus auch rein idyllische Szenen geben kann, ohne Drama, ohne Geheimnisse. Einfach nur verschnaufen für Leser und Figuren, in denen alle zur Ruhe kommen und das Leben genießen, ein tolles Essen, ein Zusammentreffen mit Freunden. Etwas, dessen Verlust in der nächsten actiongeladenen Szene schmerzt.
Ja Thali, perfekt auf den Punkt gebracht!

Ich fürchte genau das fehlt mir/der Story bisher.

Daran muss ich, wie gesagt, jetzt mal vermehrt arbeiten, und sehen, wo ich in meiner Plotline sinnvollen Platz für sowas schaffen kann

@ Debbie: Diesen Zustand, verbissen der Handlung hinterherzuschreiben, die im Kopf ja meist schon viel weiter vorne stattfindet, kenne ich auch. Daher habe ich mir angewöhnt, die Texte auszudrucken, um sie dann möglichst aus der Sicht eines Lesers durchzulesen. Das gelingt am besten, wenn etwas Abstand zwischen Schreiben und Lesen liegt. Da bin ich selbst immer wieder erstaunt, dass ich das geschrieben haben soll - in positivem wie auch negativem Sinn. Aber gerade dadurch kann ich Korrekturen, Kürzungen und das Einfügen weiterer Szenen (vielleicht zur besseren Verständlichkeit - oder eben zum Abbremsen der Geschwindigkeit) vornehmen. Oftmals fallen mir in diesem Stadium außerdem weitere oder sogar ganz andere Dinge ein, die eine Szene, vor allem auch Dialoge, noch passender werden lassen. Ganz am Schluss versuche ich jedes Mal kräftig zu streichen - Augenmerk auf: versuche ...
Das mach ich ganz genauso!

Ausdrucken, Korrigieren; Liegenlassen, Korrigieren. Nur ich fürchte, ich muss mein Augenmerk mehr auf das Einfügen, als das Rausstreichen richten ...
Ich habe genau das gegenteilige Problem: Ich baue auf und baue auf und baue auf und dann geht es zum Ende hin zu schnell, weil ich am Anfang so viel aufgebaut habe. Ob das für den Leser generell langweilig ist, weiß ich nicht, aber es passiert halt nicht viel wirklich Spannendes und dann ändert sich das sehr plötzlich. Fast alle meine älteren Geschichten verlaufen so und wirklich toll finde ich das als Leser auch nicht.
Ich auch nicht - weil ich das Buch dann leider meist schon weggelegt habe

Und wahrscheinlich hat das auch meinen "High-Speed-Stil" größtenteils mit geprägt/verursacht. Zusammen mit diversen Schreibratgebern, die nicht müde werden zu propagieren, dass alles, was die Geschichte nicht weiterbringt, gnadenlos gestrichen werden muss. Aber das einem das so in Fleisch und Blut übergehen kann ... Unheimlich!

Was mir dabei hilft das zu umgehen und wohl auch helfen würde eine zu spannende, hecktische Handlung zu vermeiden, ist mir wirklich vorher aufzuschreiben, was genau wann passiert. Das geht gut mithilfe eines Zeitstrahls, der die Kapitel umfasst. Da sieht man dann, ob die Handlung in einigen Kapiteln zu geballt kommt, oder ob sie am Anfang zu dünn oder mit zu viel Rätseln gespickt ist. Wenn sich nämlich alle wichtigen Ereignisse bei den Kapiteln 20-30 ballen, weiß ich, dass ich wieder zu viel aufbaue und kann ein paar der Actionszenen einfach weiter nach vorn schieben. Gleichzeitig würde man wohl sehen, ob man zwischen die actionreichen Szenen nicht noch ein paar ruhigere einbauen sollte.
Ich hab einen formidablen Zeitstrahl - Storybook sei Dank!

- Das Problem ist eher, dass die Handlung in allen Kapiteln geballt ist. Die nehmen sich da, ehrlich gesagt, nichts. Und ja, das mit den ruhigeren, genau das brauche ich. Thalis Ausführung hat da einen Nerv getroffen, denke ich. Genau das, was ich gebraucht hab: Die Rechtfertigung für augenscheinlich bedeutungslose Idylle!