• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Deutsche Sprache, Schwere Sprache

Begonnen von Belgerog, 17. April 2019, 14:58:52

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Belgerog

Hallo zusammen,

ich bin seit einiger Zeit nun in diesem Forum unterwegs und befinde mich immer noch im "Anfänger" Stadium.
Ich habe ein kleines Problem. Deutsche Grammatik.

Ich habe es erfolgreich geschafft mich durch meine Realschulzeit zu mogeln und bei meinem Studium war so etwas wie "Grammatik" auch nie ein wirklich wichtiges Kriterium.
Kommata nach Gefühl und ab geht's. Das hat bislang wunderbar geklappt. Es ist erschreckend einfach, im Nachhinein betrachtet, so durch die Schule zu kommen.

Nun komme ich auf den verrückten Gedanken, dass ich Schreiben möchte. Das alles nach Gefühl zu machen funktioniert da nur noch bedingt und ich möchte mich auch nicht auf Rechtschreibprüfungen verlassen. Besonders bemerkbar war das Ganze für mich bei den Kurzgeschichtenduellen hier im Forum. Da fehlte eben die Zeit Wochenlang Texte nochmal zu korrigieren.

Mein Anspruch an mich selbst ist, dass ich gleich im Entwurf schon eine bessere Qualität habe.
Ich möchte mich an der Stelle einfach verbessern. Mein Problem ist nun... Wie fange ich damit am besten an.

Es geht dabei um Kommas, die richtigen Bezeichnungen von Zeiten und Formen sowie deren Anwendungen.
Am liebsten wäre es mir, wenn ich mir das ganze selber erarbeiten kann.

Falls der ein oder andere gute Seiten, Tipps und Ratgeber hat, wie man sich dem Thema nachträglich und mit Struktur am besten nähern kann wäre das super.

Gruß Belge

Jen

Ich habe mal für das Schreibnacht-Forum einen ,,ultimativen Kommaguide" geschrieben, da es dort viele junge AutorInnen gibt, die quasi keine Ahnung haben. Ich pack ihn dir mal in den Spoiler, ist ein bisschen lang.

Spoiler

Es gibt sieben Kommaregeln, die ihr kennen müsst. Das schaffen wir!

Kommas sind wichtig bei:

Aufzählungen, Aufzählungen und Aufzählungen
Zusätzen, zum Beispiel bei Nachträgen
Bindewörtern, obwohl man die auch Konjunktionen nennen kann
Datums-, Wohnungs- und Literaturangaben am Freitag, 30. September
Partizip- und, relevant und knackig, Infinitivgruppen
Satzreihen, vielmehr Satzgefüge
Oho, Hervorhebungen, Ausrufe und dergleichen!
1. Aufzählungen

Aufzählungen werden innerhalb eines Satzes durch Kommata getrennt. Das gilt für Aufzählungen, die nicht durch und oder oder verbunden sind, obwohl es da auch Ausnahmen gibt.

1. Beispiel: Ich habe heute CDs, Vinyl, Kassetten und Disketten gekauft.

Es ergibt wenig Sinn, die Kommas wegzulassen, da dort sonst "CDs Vinyl Kassetten" stünde. Leuchtet ein.
Allerdings: Sind die Elemente eines Satzes gleichrangig, wird kein Komma gesetzt.

2. Beispiel: Die heiße erste Nacht zusammen hatte sich Kyle anders vorgestellt.
(Hier hätte man "heiße, erste" Nacht durch ein Komma trennen können, um die Worte einzeln zu betonen. Sinniger ist es aber ohne).

Aufzählungen sind auch dann noch Aufzählungen, wenn ihre Elemente nicht direkt aufeinanderfolgen. Das nennt man "detaillierte Aufzählung".

3. Beispiel: Ich habe heute alte CDs, neues Vinyl, etwas ramponierte Kassetten und einige Disketten gekauft.

Warum macht man denn nun Kommas bei Aufzählungen? Ganz einfach: So muss nicht jedes Mal ein neuer Satz angefangen werden.

Negativbeispiel: Ich habe heute alte CDs gekauft. Ich habe außerdem neues Vinyl gekauft. Auch etwas ramponierte Kassetten habe ich gekauft. Einige Disketten sind ebenfalls im Einkaufswagen gelandet.

2. Zusätze und Nachträge

1. Beispiel: Käthe Müller, eine junge Autorin, hat gerade ihr erstes Buch veröffentlicht.

Das "eine junge Autorin" ist ein sogenannter Einschub (Apposition), also eine zusätzliche Information zu Käthe. So ein Einschub kann auch am Ende eines Satzes stehen und alle möglichen Informationen enthalten.

2. Beispiel: Das ist Käthe Müller, eine junge Autorin.
3. Beispiel: Käthe Müller, 22 Jahre alt, hat gerade ist erstes Buch veröffentlicht.

Allerdings: Das normale menschliche Kurzzeitgedächtnis (Beweis für das 2. Beispiel der Aufzählungen!) kann sich um die sechs Worte merken. Ist ein Einschub länger als sechs Worte, zum Beispiel indem man eine irrsinnige Fülle an Informationen unterbringt und zusätzlich eine Wettervorhersage - sonnig - trifft, vergessen Leser teils den Anfang des Satzes, wodurch er mistig wird.

Negativbeispiel: Die Forscher haben dem Experiment, das neben einer Kernspaltung auch die Beschäftigung mit empirischen Erhebungen und dem Tagesangebot der Kantine beinhaltet, zugesagt.
Schlechter Stil!

Auch bei den Einschüben gibt es natüüürlich Ausnahmen:

4. Beispiel: Unsere Administratorin(,) Jennifer Jäger(,) ist sehr hübsch.

Sobald Namen im Spiel sind, sind die Kommas nicht zwingend erforderlich.

Meine Quellseite (kommaregeln.net) sagt außerdem:
Jedoch ist Vorsicht geboten, denn Appositionen werden häufig mit Attributivsätzen, auch Gliedsätze genannt, verwechselt. Sie erläutern das vorangegangene Wort ebenfalls, jedoch werden diese Sätze durch Relativpronomen oder Ähnliches eingeleitet.

Beispiel dafür: Der Mann, der dort steht, ist mein Onkel.
Beispiel dafür: Die Gefahr, dass man bei Pferderennen Geld verliert, ist groß.

3. Bindewörter und Konjunktionen

Eine Konjunktion ist ein Bindewort, das den Nebensatz einleitet. Ausnahmen sind:

und
oder
beziehungsweise
entweder ... oder
nicht ... noch
sowie
sowohl ... als auch
weder ... noch
Vor diese Worte gehört also kein Komma!

1. Beispiel: Unsere Administratorin ist nicht nur hübsch, sondern auch schlau.
2. Beispiel: Waschbären sind süß, aber gefährlich.
3. Beispiel: Ich mag sowohl Waschbären als auch Katzen.
4. Beispiel: Das Wetter wird entweder sonnig oder regnerisch.

Mehr zum Thema Konjunktionen gibt es unter diesem Link.

4. Kommasetzung bei Datums- und Zeitangaben, Adressen und Literaturangaben

1. Beispiel: Am kommenden Samstag, den 01. Oktober wird es ein Konzert geben.
2. Beispiel: Die Buchmesse geht von Mittwoch, dem 19. Oktober, bis Sonntag, dem 23. Oktober.

ACHTUNG! Das habe ich selbst erst nicht verstanden, ich finde es immer noch weird.
Das Komma kommt nur nach der Zeitangabe, wenn es Teil einer Aufzählung ist. Hier gibt es komisches Geschwurbel mit Dativ und Akkusativ, darum würde ich euch direkt diese Seite ans Herz legen: Link.
Ich denke, dieser Bereich ist Special Interest, ich brauche das z.B. nur sehr selten (und das auch nur in Zeitungsartikeln).

5. Partizip- und Infinitivgruppen

Bei einer Reihung von Adjektiven ist Kommasetzung besonders wichtig, v.a. für uns Autoren. Wir orientieren uns ab sofort daran, ob Adjektive "gleichrangig" sind. Sind sie es nicht, darf kein Komma gesetzt werden.

1. Beispiel: Die derzeitige politische Lage ist kompliziert.

Die Begriffe sind nicht gleichrangig, da zwischen ihnen kein "und" gesetzt werden kann. "derzeitig und politisch" ist schwachsinnig, darum: Kein Komma.

6. Satzreihen und Satzgefüge

Eine der wichtigsten Aufgaben eines Kommas ist es, Haupt- und Nebensatz zu trennen.

Bei einer Aneinanderreihung von Sätzen muss durch ein Komma getrennt werden.
Sind die Sätze durch entgegenstehende Konjunktionen (doch, jedoch, aber, allein, vielmehr) verbunden, muss ein Komma gesetzt werden.
Sind die Sätze durch "einerseits ... andererseits" verbunden, kann ein Komma gesetzt werden
1. Beispiel: Ich esse gerne Fisch, jedoch kein Fleisch.
2. Beispiel: Er hatte starken Mundgeruch, deshalb bin ich ausgezogen.

Ist ein Nebensatz in den Hauptsatz eingeschoben, steht vor und nach dem eingeschobenen Part ein Komma.

3. Beispiel: Mia kann, obwohl sie im Rollstuhl sitzt, gut Basketball spielen.
4. Beispiel: Jennifer Jäger leitet die Schreibnacht, ein wirklich aktives Forum, und schreibt selbst Romane.

Hier kann man Kommas auch benutzen, um Dinge zu betonen:

5. Beispiel: Früher, da war alles besser.

Allerdings: Zu viele Nebensätze verzögern den Lesefluss. Übertreibt es nicht! Auch hier gilt: Das menschliche Kurzzeitgedächtnis schafft nur sechs Worte, dann herrscht Verwirrung!

7. Hervorhebungen, Ausrufe, Anreden und Stellungnahmen

Jeder kennt Briefe, die mit "Lieber XY," beginnen, das Komma setzt so ziemlich jeder. Fun fact: Hinter "Mit freundlichen Grüßen" gehört kein Komma.
Empfindungswörter (Interjektionen) wie "Oho", "Aua!", "Aha!" und "PFUI DEIBEL!" werden ebenfalls mit einem Komma versehen.

1. Beispiel: Pfui, schämst du dich nicht!?
2. Beispiel: Oho, das Schaf kehrt zum Schäfer zurück!
3. Beispiel: Verdammt, damit hätte ich rechnen müssen!

Allerdings kann das Komma auch weggelassen werden, wenn sich die Interjektion eng an den übrigen Teil des Satzes angliedert.

4. Beispiel: Ja wie denn auch?
(Ich finde das stilistisch nicht so schön, aber grammatikalisch ist es ebenso richtig wie mit Komma).

Fertig! War doch gar nicht so schwer, oder?
(Uff).

Quelle: http://kommaregeln.net/, für euch zusammengefasst und grammatikalisch richtig umgewandelt. Auf der Seite selbst sind viele Dinge zu umschweifend erklärt, teilweise sind sogar Fehler dabei.
[close]
Guilty feet have got no rhythm.

Belgerog


Zauberfrau

Hallo Belgerog,

hier ein Tipp für Zeiten (das musste ich mir auch erarbeiten).

Gerade der Konjunktiv macht oft Probleme, wenn man ihn braucht. Es gibt da den Konjunktiv 1 und den Konjunktiv 2.

Heißt es nun:
1) "Martin meinte, Silvia sei krank."
Oder:
2) "Martin meinte, Silvia wäre krank."

Beide Sätze sind richtig, sagen aber etwas Unterschiedliches aus:

Im ersten Fall glaubt der Erzähler, dass es stimmt, was Martin sagt.
Im zweiten Fall ist er nicht davon überzeugt.

Das ist jetzt nur ein Beispiel. Genaueres gibt es auch im Internet zu finden:

Ich hoffe, es ist erlaubt, hier diesen Link dazu zu posten: https://online-lernen.levrai.de/deutsch-uebungen/grammatik_5_7/29_konjunktiv/01_konjunktiv_1_2.htm

Für mich war gerade der Konjunktiv eine Herausforderung. Deshalb wollte ich es dir hier zeigen  :winke:

Liebe Grüße,
Zauberfrau

PS: Mach dich nicht so fertig wegen der Rechtschreibung  :knuddel: Die kommt beim vielen Schreiben ganz automatisch, je mehr du dich mit dem Thema auseinandersetzt. Und Korrekturen oder Anmerkungen im Duell darfst du nicht als Maßregelungen wie in der Schule sehen, sondern mehr als Hilfen, was sowohl die Rechtschreibung, als auch die Handlung angeht.  :vibes:

Churke

Zitat von: Zauberfrau am 18. April 2019, 01:56:20
Im ersten Fall glaubt der Erzähler, dass es stimmt, was Martin sagt.
Im zweiten Fall ist er nicht davon überzeugt.

Sehe ich anders. Konjunktiv 1 steht regelmäßig bei indirekter Rede. Genau genommen ist "Martin meinte, Silvia sei krank" nur die grammatisch korrekt Wiedergabe von Martins "Silvia ist krank". Der Erzähler steht dazu grundsätzlich (!) neutral.

Allerdings kann der Erzähler auch (vermeintliche) Fakten im  Konjunktiv 1 wiedergeben, um sich von der Aussage eines Dritten zu distanzieren, sie sozusagen zwischen den Zeilen anzuzweifeln.

"Die Welt sei eine Kugel, versichert Kolumbus." (Klassische Spiegel-Schreibe  ;D )

Beim Konjunktiv 2 stellt der Erzähler die Aussage dagegen gezielt als irreal und damit falsch dar:

"Die Welt wäre eine Kugel, versichert Kolumbus."

Es gibt noch mehr Möglichkeiten, die Aussagen ganzer Absätze in die Grammatik zu packen. Versteht heute leider kaum noch jemand.  :gähn:

 

Anj

Also Konjunktiv 1 kennt jeder, der im sozialen Bereich mal Berichte schreiben musste. Und da schreiben wir genauso, weil wir lediglich die Aussage des Klienten wiedergeben, aber eben nicht darlegen, ob wir dieser Glauben schenken oder nicht.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Theophilus

#6
ZitatIch habe mal für das Schreibnacht-Forum einen ,,ultimativen Kommaguide" geschrieben, da es dort viele junge AutorInnen gibt, die quasi keine Ahnung haben. Ich pack ihn dir mal in den Spoiler, ist ein bisschen lang.

Spoiler (click to show/hide)

Hallo Jen,
Deine Zusammenstellung finde ich sehr gut und ausgesprochen hilfreich. Werde ich mir kopieren und abspeichern.
Herzlichen Dank. :jau: :)

Jen

Danke! Es hapert halt bei der Datumsdarstellung, aber andere Regeln sind meiner Meinung nach eh sinnvoller.
Guilty feet have got no rhythm.

Annie

Zitat von: Churke am 18. April 2019, 13:07:42
Zitat von: Zauberfrau am 18. April 2019, 01:56:20
Im ersten Fall glaubt der Erzähler, dass es stimmt, was Martin sagt.
Im zweiten Fall ist er nicht davon überzeugt.

Sehe ich anders. Konjunktiv 1 steht regelmäßig bei indirekter Rede. Genau genommen ist "Martin meinte, Silvia sei krank" nur die grammatisch korrekt Wiedergabe von Martins "Silvia ist krank". Der Erzähler steht dazu grundsätzlich (!) neutral.

Allerdings kann der Erzähler auch (vermeintliche) Fakten im  Konjunktiv 1 wiedergeben, um sich von der Aussage eines Dritten zu distanzieren, sie sozusagen zwischen den Zeilen anzuzweifeln.

"Die Welt sei eine Kugel, versichert Kolumbus." (Klassische Spiegel-Schreibe  ;D )

Beim Konjunktiv 2 stellt der Erzähler die Aussage dagegen gezielt als irreal und damit falsch dar:

"Die Welt wäre eine Kugel, versichert Kolumbus."

Es gibt noch mehr Möglichkeiten, die Aussagen ganzer Absätze in die Grammatik zu packen. Versteht heute leider kaum noch jemand.  :gähn:



Man benutzt das Konjunktiv zwei auch, wenn sich der Indikativ nicht von Konjunktiv eins unterscheidet. In der Regel ist es aber tatsächlich so, dass man sich im Konjunktiv zwei von einer Aussage distanziert  :)

Annie

@Belgerog

Wenn ich mir nicht sicher bin schau ich meistens einfach mal im Internet nach und mach mir dann ein eigenes "Skript". Heißt ich mach mir dann immer eine Übersicht, die ich mir dann auch für später abhefte. Allgemein stimme ich den anderen zu: Übung macht den Meister und man sollte sich dadurch nicht verunsichern lassen bzw. vom schreiben abhalten lassen. Erstmal ist das für dich und soll Spaß machen und der Rest kommt dann noch mit der Routine :)