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Fantasyromane in der Ich-Perspektive?

Begonnen von Wollmütze, 09. März 2010, 16:10:29

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Wollmütze

Hey ihr Lieben,
Meine Frage ist einfach nur, ob ihr gute Fantasyromane kennt, die in der ersten Person geschrieben wurden? Da ich im Moment in dieser Person schreibe und noch nicht sehr viel Fantasy in dieser Perspektive gelesen habe, hoffe ich auf einige gute Empfehlungen, damit ich mich etwas orientieren und einfühlen kann  ;)

Noch eine Nebenfrage: Habt ihr euch schonmal in der Ersten Person versucht? Hat es euch gefallen & ist eurer Meinung nach etwas Gutes dabei herausgekommen?


Liebe Grüße,
Wolli

Ary

Hallo,
ich schreibe selbst eher ungern in der Ich-Perspektive udn lese eigentlich auch nicht so wahnsinnig gern Bücher, die in der Ich-Perspektive geschrieben sind. In der letzten Zeit habe ich aber einiges wirklich Gutes in der ersten Person geschriebenes gelesen.

Zwei sachen, die ich sehr mag, trotz ich-Erzähler:
Victoria Schlederer, "Des Teufels Maskerade" (Urban Fantasy)

Steph Swainston, "The Year of Our War" und Fortsetzungen (ziemlich schräge Fantasy, teilweise vollkommen abgedreht, aber der Ich-Erzähler ist in all seiner Abgedrehtheit einfach genial)




Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Joscha

Ganz klar, für mich eines der besten Fantasy-Bücher, die es zur Zeit gibt, ist "Der Name des Windes" von Patrick Rothfuss. Das ist in der Ich-Perspektive geschrieben und hat meine Einstellung zu dieser Erzählperspektive auch deutlich zum Positiven verändert. Was mir sonst noch einfallen würde, wäre der "Merlin"-Zyklus von T.A. Barron.

Versucht habe ich mich an der ersten Person noch nie, aber ich habe momentan einen Plot im Kopf (wenn ich dann einmal fertig bin mit meinem aktuellen Projekt), den ich auf jeden Fall aus der Ich-Perspektive niederschreiben werde. Die erste Seite davon habe ich mittlerweile schon vollständig im Kopf ausgearbeitet. ;D

Antonia Assmann

Also einfach so aus dem Kopf fällt mir gerade keiner ein, da muss ich zunächst ein wenig stöbern-

Ich habe mal einen Fantasyroman in der ersten Person geschrieben. Gut daran war, dass ich mich so in die Figur einfühlen konnte, dass ich sie bis zum "letzten" kannte. Schlecht fand ich, dass ich gar keine Freiheit hatte, auch die anderen mal zu wort kommen zu lassen. Natürlich in Dialogen, aber was sie fühlten, was sie dachten, was sie vorhatten...
Und sie hatten eine Menge vor.

Ergebnis: Ich habe den gesamten Roman noch einmal neu geschrieben....
Was das Positive war, ich kannte meine Protagonistin wirklich gut. Was interessant war- ich lernte die Gegenspieler jetzt erst kennen, was die Sache auch beim zweiten Mal bei mir spannend machte und manch ungeahnte Wendung gab...

Summa sumarum: ich würde es nicht wieder tun, außer als Übung, um meinen Prota kennenzulernen,  oder einen kurzen Teil, aber nie wieder den ganzen Roman.

Kuddel

Die komplette Biss-Reihe ist aus der Ich-Perspektive geschrieben. Gehört ja auch der Fantasy irgendwie an.  ;)
Ich selbst bin nicht der Fan der Ich-Erzählung. In Kurzgeschichten schon, aber in Romanen mag ich es gar nicht. Am liebsten schreibe ich aus der 3.Person eines Protagonisten. Der Vorteil bei einer Ich-Perspektive ist natürlich die Nähe zum Hauptprota, wenn es gut geschrieben ist, aber dabei gehen alle anderen meist unter. Wenn du es dir zutraust, warum nicht? Sonst, machst du wie Antonia die Erfahrung, deine Protas näher kennen zu lernen.  ;D

Liebe Grüße,
Kuddel
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway

Lila

Zitat von: Kuddel am 09. März 2010, 17:13:00Die komplette Biss-Reihe ist aus der Ich-Perspektive geschrieben. Gehört ja auch der Fantasy irgendwie an.  ;)

*nick* Da ist mir Kuddel zuvor gekommen. ;) Die Komplette Twilight-Saga wird von der Protagonistin aus der Ich-Perspektive erzählt (abgesehen von ein paar Kapiteln im vierten Buch, die aus der sich eines Hauptcharakters erzählt werden, allerdings auch hier wieder in der Ich-Form).

Ich muss gestehen im Fall von Bis(s) hatte ich nichts gegen die Ich-Form. An und für sich bin ich auch kein ausgesprochener Fan davon, aber es kann helfen dem erzählenden Charakter mehr Tiefe zu verleihen.
Livid Oppressed King: Ignite!
Tyranny Has Overcome Rules."
(oder: was man nicht alles aus LOKI & THOR machen kann!) - TasTä (aka Lila)

Churke

Die Dray-Prescott-Reihe von "Alan Burt Akers", heute wohl nur noch antiquarisch zu  bekommen. Literarisch vielleicht nicht unbedingt besonders wertvoll, aber Akers war jemand, der das Schreibhandwerk virtuos beherrschte. Von dem kann man eine Menge lernen, zumal er keine 500+ Seiten wälzerte, sondern wirklich stoffdichte Büchlein ablieferte.

Ob das im Einzelfall in Frage kommt, ist weniger eine des Genres als des konkreten Projekts. Ich habe so mal einen extremst geilen Fantasy-Roman geschrieben. Die Frage ist halt immer, wie wichtig einem die Gedanken/Erlebnisse der anderen Figuren sind.

Thaliope

Mir fällt spontan Bad Monkeys von Matt Ruff ein, das ist in weiten Teilen aus der Ich-Perspektive erzählt und wirklich toll.
Außerdem ist die Felidae-Reihe, die ich auch zum Bereich der Phantastik zählen würde, komplett aus der Ich-Perspektive geschrieben - und da wird das auch toll umgesetzt.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Sichtweise dieser einen Person etwas Besonderes haben muss, einen ganz speziellen Blickwinkel z.B. der die "Einseitigkeit" ausgleicht.

Diese Perspektive eignet sich wunderbar, um sich an einem bestimmten Schreibstil auszutoben, der der Persönlichkeit des Erzählers entspricht, den man sich als auktorialer oder personaler Erzähler aber nie (oder meist nicht) erlauben  könnte.

LG
Thali

Chuck

Ein ganzes Werk habe ich mal in der Ich-Perspektive geschrieben und muss sagen, dass sie mir wirklich sehr gut gefällt. Es hat richtig Spaß gemacht, in ihr zu schreiben, weil ich den Charakter dadurch viel besser "steuern" konnte. Ich kenne kein spezifisches Werk in der Fantasy, welches mir spontan einfallen würde. Aber Fantasy ist ja ohnehin oft auch nur ein Setting.

Manche der Ich-Perspektiven Bücher, die ich gelesen habe, haben perfekt gepasst, weil es eben um die Geschichte des Erzählers ging und seine Erlebnisse. "Herz der Finsternis" von Joseph Conrad hat mich zum Beispiel völlig umgehauen, weil die Erzählung perfekt zur Perspektive gepasst hat und eine ungeahnte Tiefe entwickelte.

Daher denke ich auch, dass die Perspektive ihre Vorteile mit sich bringen kann, wenn man sie denn ausnutzt. Wenn es also in einer Geschichte um die Person und die Erlebnisse geht, dann kann die Perspektive super sein. Ist der rote Faden eher größer aufgehängt und mehrere Personen stecken mit drin, dann tendiere ich lieber zur dritten Person.

Schreiberling

Beispiele wären auch noch Der Kuss des Dämons und das Herz des Dämons von Lynn Raven. ;) Und dann noch der geheime Zirkel (eine Trilogie) von Libba Bray.

Ich lese die Ich-Perspektive eigentlich ganz gerne, weil man dadurch in bestimmten Situationen noch intensiver mit dem Charakter mitfühlen kann und vor allem seine Gedanken noch besser nachvollziehen kann.

Rika

Mir sind hier und da schon welche begegnet, sowohl KGs als auch Romane, so aus dem Stehgreif fallen mir aber keine Titel/Autoren ein. Leider ist momentan auch nichts mit nachgucken, da ich inzwischen die meisten Bücher eingepackt habe...
Vorschläge eines Freundes: Zelazny's Amber series, the Corwin cycle, Robin Hobb's Farseeer Trilogy, the Dresden Files...
(googling: fantasy "first person" oder fantasy novel "first person" bringt auch teilweise interessantes - ich hoffe ich erinnere mich noch an dieses thread, wenn ich mehr Zeit habe. :))

Kati

Was die High Fantasy angeht, fallen mir persönlich jetzt keine Romane aus der Ich-Perspektive ein, allerdings gibt es da eine Menge in der Urban Fantasy, vieles wurde hier ja auch schon genannt.

Bin ich eigentlich die einzige hier im Forum, die die Ich-Perspektive ganz klar bevorzugt?  ;) Ich schreibe all meine Fantasy - und historischen Romane in der Ich-Perspektive, der dritten Person habe ich noch nie so wirklich eine Chance gegeben. Manchmal gibt es kurze Passagen zwischen den Kapiteln, die ich der Spannung wegen aus der dritten Person erzähle, manchmal sind es nur Prologe. Ich habe ein paar mal versucht, die dritte Person richtig auf den gesamten Roman anzuwenden, aber das liegt mir irgendwie nicht. Nach ein paar Seiten war damit Schluss und ich habe neu begonnen - mit der Ich-Perspektive.

Ich finde es einfach schöner, allerdings stimmt es schon, dass einige Plotideen aus der Ich-Perspektive einfach nicht funktionieren, ganz besonders, wenn die Hauptperson irgendwelche Geheimnisse hat. Die lassen sich nur schwer vor dem Leser verheimlichen, ohne, dass er sich hintergangen und angelogen fühlt. So ging es mir mit dem Vampirroman "Evernight" von Claudia Grey. Die Protagonistin hat ein Geheimnis, von dem man die ganze Zeit nichts ahnt und eigentlich belügt sie den Leser sogar, indem sie (indirekt) behauptet, keine Ahnung zu haben, was vor sich geht, was nicht stimmt.

LG,

Kati

Wollmütze

Hui, das sind ja schon eine Menge Bücher, die ich mir gleich mal aufgeschrieben hab um darin stöbern zu gehen und mir das ein oder andere auch zu kaufen oder auszuleihen(mit meinem Ersparten sieht es im Moment nicht soo gut aus)  :) Danke für die Empfehlungen!

Kati: Ich bin erst seit kurzem auf die Ich-Perspektive umgestiegen, aber langsam finde ich wirklich Gefallen an ihr, und lesen tu ich sie auch gerne. Es macht einfach unheimlich Spaß, und ich hab das Gefühl, nicht zu oberflächlich zu schreiben  :)

Grüße,
Wolli

zDatze

#13
Meiner Meinung nach ist die Ich-Perspektive ein Balanceakt. Es ist verdammt schwierig sich nicht zu sehr auf den (Ich-)Erzähler zu fokusieren. Man kommt leichter ins "Tratschen", da kann der Handlungsfaden verloren gehen oder der Leser verliert das Interesse. Oder der andere Fall tritt ein und man bindet dem Leser dauernd den Hauptkonflikt auf die Nase, bis er das Buch zur Seite legt. Zumindest sind das meine Erfahrungen.

Beim Schreiben fällt mir die Ich-Perspektive viel leichter als die 3.Person. Ich schreibe trotzdem in der 3. da ich das Gefühl habe, da mehr lernen zu können. Vielleicht nur Einbildung.  ::)

gbwolf

Ich-Perspektive und sogar im Präsens geschrieben ist der Jugendroman "Die Tribute von Panem", den ich als Recherchequelle absolut empfehlen kann.
Neben der Perspektive kann man auch schön sehen, wo die Autorin ihre Spannungspunkte setzte, wie sie Dinge miteinander verflicht und an welchen Stellen sie Jugendlichen quasi aus dem Herzen spricht.

Hat mir persönlich, die ich die Ich-Perspektive meistens verabscheue und Präsens nicht mag, sehr gut gefallen.


Allgemein denke ich, dass diese Perspektive zu den schwierigsten gehört und man das Handwerk wirklich beherrschen muss, um es so hinzubekommen, dass es authentisch ist und dennoch spannend und fehlerfrei.
Im Jugendbuch scheint sich für mich in den letzten Jahren sowohl die Ich-Pespektive, als auch das Präsen, zu einem Trend zu entwickeln. Vielleicht, um das "Jetzt"-Lebensgefühl besser einzufangen, ich weiß nicht. Leicht zu schreiben ist es jedenfalls nicht.