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Bologna 2012: Deutsche Autoren gefragt, Fantasy übersättigt

Begonnen von Kaeptn, 23. März 2012, 11:57:16

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Sorella

#15
Ich sehe das auch so wie Alana und Lavendel. Probleme haben nur die, die stur einen Abklatsch eines Trend-Bestsellers geschrieben haben. Jeder, der auf originelle Plots setzt und niemals von anderen kopiert, kann guten Stoff liefern. Das Genre spielt nicht unbedingt eine Rolle, wenn es unverwechselbar und neu ist.

Möge uns sowas gelingen  :)

Snöblumma

Sorella, du baust gar keinen Druck auf. Nur neu und unverwechselbar (und spannend und interessant und lesbar und so weiter) ist doch unsere leichteste Übung ;).

Nein, im Ernst: ich versuche, mich mit demselben Argument über Wasser zu halten, das auch bei der Studienwahl gezogen hat. Diese Trends halten nie lange. Einmal heißt es, wir brauchen Lehrer, also studiert der halbe Jahrgang Lehramt, mit dem Erfolg, dass sie fünf Jahre später alle doch nicht gebraucht werden und sich arbeitslos melden dürfen. Bei mir hieß es dagegen, dass ich mit dem Studium sowieso arbeitslos werde, und jetzt werden einem die Angebote hinterhergeworfen... so ist es doch mit allem im Leben. Da werden Trends ausgerufen, alle laufen hinterher, und bis alle da sind, ist der Trend längst woanders - Schweinezyklus nennt sich das auch.

Wenn man schon im Geschäft ist und vom Schreiben leben muss/will, ist das natürlich eine andere Sache. Aber für Neueinsteiger ist es immer eine Mischung aus einem guten Buch und der richtigen Marktsituation - wobei man letztere einfach nicht steuern kann. Man kann sich höchstens überlegen, ob jetzt der beste Zeitpunkt ist, anzubieten, mehr nicht. Der Markt ändert sich.

Okay, mein Herz hängt auch vollkommen unwiderbringlich an der epischen High Fantasy, und die war nie Trend und wird nie Trend werden, sondern zieht sich eher als gemütliche Konstante durch den Buchmarkt, meiner Meinung nach. Deutsche Autoren auf diesem Gebiet haben es schon immer schwer, also ist diese Situation eigentlich nichts neues. Ich gebe zwar zu, dass eine Meldung wie diese mir etwas Panik und Bauchschmerzen verursacht, aber wirklich etwas geändert hat sich für mich als unveröffentlichten, in keiner Agentur vertretenen Autoren nicht.

Und dass diese Twilight-Rosa-Glitzerbücher-Fantasy-Schiene irgendwann ein Ende haben musste, darauf habe ich seit dem Erscheinen dieser Bücher sehnsüchtig gewartet. In die Standard-Fantasy-Ecken in den Buchläden hier bin ich gar nicht mehr rein, solange dort nur Vampire und andere seltsame Geliebte junger Mädchen auf mich gewartet haben ;). Für mein Lesevergnügen hat die Trendwende also sogar etwas gutes ;).

Grey

Zitat von: Dea am 25. März 2012, 21:04:22
Hm, sollte man dann als deutscher Autor dann vielleicht versuchen sein Werk zu übersetzen und mal ins Ausland zu schicken?

Soweit ich weiß, ist es genau das, was Cornelia Funke mit "Tintenherz" gemacht hat. Professionell übersetzen lassen, dann in Amerika eine Agentur gesucht und die Lizenz nach Deutschland verkauft. Zumindest habe ich das so gehört, genau weiß ich nicht, ob es stimmt.

Kaeptn

Zitat von: Grey am 26. März 2012, 14:35:29
Soweit ich weiß, ist es genau das, was Cornelia Funke mit "Tintenherz" gemacht hat. Professionell übersetzen lassen, dann in Amerika eine Agentur gesucht und die Lizenz nach Deutschland verkauft. Zumindest habe ich das so gehört, genau weiß ich nicht, ob es stimmt.

Nee, das stimmt so nicht. Die Funke war doch schon vorher ewig und drei Tage beim Dressler Verlag, wo auch Tintenherz erschienen ist. Aber es gibt wohl eine lustige Geschichte, wie sie es geschafft hat in USA Fuß zu fassen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Cornelia_Funke

Debbie

ZitatZitat von: Dea am Gestern um 21:04:22
    Hm, sollte man dann als deutscher Autor dann vielleicht versuchen sein Werk zu übersetzen und mal ins Ausland zu schicken?


Soweit ich weiß, ist es genau das, was Cornelia Funke mit "Tintenherz" gemacht hat. Professionell übersetzen lassen, dann in Amerika eine Agentur gesucht und die Lizenz nach Deutschland verkauft. Zumindest habe ich das so gehört, genau weiß ich nicht, ob es stimmt.

Soweit ich weiß, war es etwas anders. Ein deutschsprachiges Mädchen aus England (USA?) hat ihre Bücher gelesen, und ihr oder ihrem späteren Agenten geschrieben, dass sie die Geschichten auch gerne ihren Freunden zeigen würde, woraufhin Frau Funkes Bruder das Buch übersetzt, und dem Agenten geschickt hat. Das kam mal in einer Doku über sie.

Ansonsten kann ich zu der Idee mit den Übersetzungen nur sagen: Generell nehmen amerikanische/englische Agenturen nur Manuskripte von einheimischen Adressen an. Eine Übersetzung alleine - die im Übrigen am besten von einem Native Speaker gemacht werden sollte - reicht da nicht aus. Die sind noch viel überlaufener als deutsche Agenturen, und an die Verlage direkt braucht man sich im Englischen Büchermarkt garnicht erst zu wenden.

Im Übrigen denke ich auch wie die meisten hier: Solche Meldungen sind immer relativ. Seit ich denken kann, hat Fantasy (seit Tolkien) immer irgendwo ihren Platz gefunden. Im Moment gibt es halt außer den Hunger Games nichts, was einen großen Boom auslöst - aber das hat man auch nach HP gesagt, und nach Twilight  ::)
Ich denke allerdings nicht, dass ein weiteres Fantasy-Kinderbuch über eine Zauberschule, ein Vampir-Roman oder eine Dystopie den nächsten Hype auslösen wird. Viele Leute mögen keinen Abklatsch, auch wenn die Auslage in der Buchhandlung oft einen anderen Eindruck vermittelt. Da wird schon was Neues kommen müssen - und die Chancen stehen 99,9:0,01 das auch der neue Hype wieder dem englischsprachigen Buchmarkt entspringt.

gbwolf

Hm. Ich überlege die ganze Zeit, ob wir das Thema teilen sollen. Aus der Sicht, ob man sich generell an Trends orientieren soll, stimme ich dem bislang Gesagten absolut zu - nur führt uns die Diskussion an dieser Stelle lediglich zu dem Ergebnis, dass wir jenseits aller Trends schreiben, worauf wir Lust haben und das so gut wie möglich machen.
Natürlich kann es immer mit dem großen Herzblutroman klappen. Natürlich ändern sich Trends, natürlich kann man derjenige sein, der einen neuen setzt. Für diese Erkenntnis brauchen wir aber keine Trendanalyse.
Aber aus der Sicht eines nebenberuflichen Autors oder eines ambitionierten Hobbyautors, der jetzt den nächsten Schritt gehen möchte, finde ich solche Zusammenfassungen wie die von Kaeptn zum Bologna-Artikel sehr nützlich und auch brauchbar für die weitere Planung. Deshalb fände ich es besser, in solchen Threads, in denen es ganz konkret um zukünftige Trends geht, eher zu diskutieren, was von diesen Trends bereits spürbar ist oder wer über Buchhändler/Agenten/Verlage/Messegespräche/etc. etwas Interessantes mitbekommen hat.

Für mich ist der Artikel nämlich eine Bestätigung, dass ich in diesem Jahr statt meines All Age-Romans lieber ein anderes Projekt anpacken und anbieten sollte. Man hört die Spatzen ja an allen Ecken pfeifen, dass die Verlage sich mehr als gut eingedeckt haben und jetzt zusehen müssen, dass sie die Titel noch gewinnbringend abverkauft bekommen. Meine (Jugend-)dystopie werde ich wahrscheinlich spaßeshalber dennoch beenden und abwarten, wie sich alles nach Panem entwickelt. Und gerade weil ich selbst aus dem beruflichen Umfeld so viel über deutschsprachige Autoren mitbekomme, die Lesungen halten, ist es durchaus eine Überlegung wert, mich damit zu beschäftigen, wie ich ein Kinderbuch für die Zielgruppe unter 12 schreiben und anbieten kann oder ob es dort möglich ist, in eine feste Reihe zu kommen, bzw. ein so gutes Konzept anzubieten, dass die Verlage eine neue Reihe mitmachen.
Und ja, so blöd und trittbrettfahrend es klingt: Wenn man sein Handwerk beherrscht und sich intensiv mit Trends beschäftigt, ist es durchaus wahrscheinlich, einen Roman zu verkaufen. Man muss ja nicht sein Autorenleben darauf ausrichten, aber wenn ich seit 10 Jahren sehe, dass Verlage für die Zielgruppe 10+ so gut wie nie dicke Fantasywälzer von deutschsprachigen Autoren kaufen, ja eigentlich überhaupt keine einheimischen dicken Bücher für diese Altersgruppe nehmen, dann werde ich höchstwahrscheinlich eher eine Absage bekommen als wenn ich ein Angebot für einen 200-Seiten Jugendthriller mit etwas Romantik und zeitgemäßen Thema mache.


Vielleicht hat ja noch jemand in Leipzig etwas aufgeschnappt oder einen Artikel zum Thema gefunden? Demnächst müsste ja auch endlich das Themen-Special zu Kinder- und Jugendbüchern auf Börsenblatt Online kommen. Das kommt immer kurz nach der Printausgabe - ich bin ziemlich gespannt drauf.

Steffi

@Wölfin: ich fände so einen separaten "Fachthread" zu derzeit gefragten Themen und Trends klasse. Man muss ja nicht sein ganzes Schreiben danach ausrichten, aber wenn ich z.B. schon immer mal einen Thriller schreiben wollte, und jetzt grade Thriller gesucht werden, dann wäre so etwas doch gut zu wissen.
Sic parvis magna

gbwolf

#22
Den Fachthread haben wir hier ja schon. Zumindest ausgerichtet auf die Bologna-Trends für Kinder- und Jugendbücher. Vor allem ist dieser Thread mit einem Fachartikel hinterlegt und nicht nur Spekulation. Ohne etwas, das ich zitieren kann oder einen anderen Aufhänger, möchte ich persönlich keinen Thread zu anderen Themen eröffnen. Abgesehen davon, dass ich keine Zeit hätte, mich ein wenig um den Thread zu kümmern.
Von Franziska gab es mal einen allgemeinen Versuch zu einem konkreten Trend-Thread: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,8118.0.html
Aber das Problem ist ja, dass man in Foren immer eher allgemeine Sachen sammeln kann (Wobei es immer schön ist, wenn jamnd sich die Mühe macht, bei Buchhändlern nach Trends zu fragen). Die ganz speziellen Anfragen, die man von Agentur, Verlag oder auch mal unter der Hand auf der Messe bekommt, postet man lieber nicht. Auch, weil man vieles unter dem Deckmäntelchen der Verschwiegenheit erzählt bekommt. Am besten ist es noch immer, sich mit Netzwerken auseinander zu setzen und Leute persönlich zu treffen (Leipzig, Booklover Conference, BuCon, ect.).

Edit: Und fürs ganz Allgemeine haben wir ja noch: Deutsche Verlage und deutsche Nachwuchsautoren (Da sind die ersten Postings ja leider überholt, aber die Diskussion meiner Meinung nach noch immer interessant.)

Steffi

Zitat von: Die Wölfin am 26. März 2012, 16:18:11
Den Fachthread haben wir hier ja schon. Zumindest ausgerichtet auf die Bologna-Trends für Kinder- und Jugendbücher.

Oh, Pardon. Ich hatte das so verstanden, als würdest du das "fachliche" auslagern wollen. Jetzt versteh ich. Alles gut :)
Sic parvis magna

Alana

#24
Ich habe mich auch schon gefragt, ob es dazu aus Leipzig eine Einschätzung gibt. Ich finde das nämlich prinzipiell sehr interessant, auch wenn ich mich momentan aus Zeitgründen nicht danach richten kann und möchte.
Alhambrana

Alana

#25
Ich habe mal ein bisschen gegraben. Im Zusammenhang mit den Einschätzungen aus Bologna ist der Leipziger Lesekompass für die, die sich eventuell an ein Kinder- oder Jugendbuch wagen wollen, vielleicht ein interessanter Anhaltspunkt:

http://www.leipziger-buchmesse.de/lesekompass/

Und hier gibt es immerhin eine kleine Analyse des Kinder- und Jugendbuchsegments aus Leipzig, wenn auch leider nicht von einer Fachzeitung:

http://www.schlingel-leipzig.de/2012/03/15/news-junge-leser-im-visier-das-programm-der-leipziger-buchmesse-fur-kinder-und-jugendliche/

Alhambrana

Kaeptn

#26
Wobei das aber ja eher eine kurzfristige Betrachtung ist, in dem Artikel geht es ja darum, was aktuell erscheint, in Bologna ja eher darum, was für die Programme 2013 und später gesucht wird.

So oder so, ich wollte ja auch niemanden entmutigen. Man muss sich halt wohl nur darauf einstellen, vermehrt Absagen zu bekommen a la "passt derzeit nicht in unser Programm". Ob man schreibt, weil es einem Spaß macht oder um davon (irgendwann mal) leben zu können, ist bei der Frage, ob man solchen Trends folgt sicher das Hauptargument.

Ich gehöre da eher in die Mitte, schreibe schon vor allem aus Spaß, aber nicht gern für die Schublade. Doch dann bleiben noch genug Kleinverlage, die ja weniger auf Trends als auf ihre Nische setzen.

Alana

ZitatWobei das aber ja eher eine kurzfristige Betrachtung ist, in dem Artikel geht es ja darum, was aktuell erscheint, in Bologna ja eher darum, was für die Programme 2013 und später gesucht wird.

Ja, leider. Aber ich dachte, dass es für den ein oder anderen vielleicht trotzdem interessant ist.
Ich hoffe, dass demnächst noch andere Artikel erscheinen, eigentlich müsste es so eine Einschätzung doch auch aus Leipzig geben. Ich bleib auf jeden Fall dran, vielleicht finde ich noch was.

Alhambrana

Grey

Na ja, in Leipzig läuft aber gar nicht sooo das große Lizenzgeschäft. Da liegt der Fokus nicht so sehr auf Marktanalyse, ich könnte mir also gut vorstellen, dass es solche Berichte aus Leipzig nicht gibt. Ich bin viel eher gespannt auf Messeberichte aus London.

Zanoni

Kennt Ihr den Begriff "Schweinezyklus"?

Nein, das soll weder eine Beleidigung sein, noch ist es Off-Topic. Es ist vielmehr die Bezeichnung eines Zyklenprinzips, das man so gut wie überall entdecken kann. Es wurde nur zuerst auf dem (bäuerlichen) Schweinemarkt entdeckt - daher dieser Name.

Und zwar hatte jemand das Prinzip von Angebot und Nachfrage auf dem Schweinemarkt genauer beobachtet und dabei festgestellt, dass wenn die Schweinepreise anziehen, alle Bauern das große Geschäft wittern und vermehrt beginnen Schweine zu züchten. Wenn diese dann alle auf den Markt kommen, gibt es ein Überangebot, woraufhin die Preise ins Bodenlose fallen. Also stellen die meisten Bauern ihre Schweinezucht wieder ein. Damit gibt es dann später wieder zu wenig Schweine im Angebot, und die Preise steigen folglich wieder. Und so weiter, und so weiter ...

Ein typisches Beispiel unserer Zeit sind die Lehrer. Mal heißt es, es gibt zuwenig, also studieren sehr viel mehr für Lehramt. Damit gibt es plötzlich zu viele, woraufhin nur noch wenig dieses Studium beginnen ... und so weiter, und so weiter ...

Das Prinzip kann man überall dort beobachten, wo ein gewisser zeitlicher Vorlauf zwischen Beginn der Aktivitäten und Vorliegen eines Ergebnisses besteht.

Meines Erachtens auch auf dem Buchmarkt. Und insbesondere bei den hier besprochenen Fantasy-Trends. Wenn alle meinen, es "lohne" sich, Fantasy zu schreiben, dann wird es irgendwann ein Überangebot geben. Wenn alle meinen, es lohne sich nicht, wird es irgendwann ein zu geringes Angebot geben.

Ist es also gut oder schlecht, wenn sich jetzt die Meinung durchsetzt, dass es ein Überangebot an Fantasy-Büchern gibt?

Mein persönliches Fazit ist: Mache einfach das, wovon Du selbst überzeugt bist ... das, was Dir am besten liegt und am meisten Freude macht. Denn dann wird auch das Ergebnis Deiner Arbeit das qualitativ Beste sein. Egal wie die allgemeinen Trends gerade aussehen (oder nicht) - es wird immer die Ausnahmen von der Regel geben. Und die tatsächlichen Trendsetter der Vergangenheit hatten sich sowieso nie um aktuelle Trends gekümmert.