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Notwendigkeit von Schreibschulen

Begonnen von Nebeldiener, 27. Februar 2012, 22:53:27

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Nebeldiener

Jetzt sprech ich mal ein Thema an, über welches ich schon lange nachdenke.

Also erstmal, wie ich Schreiben gelernt habe, immer noch lerne, damit ihr meine Meinung zum Thema besser versteht:

Schreiben gelernt habe ich richtig in der Primarschule (tut mir leid, wenn es das in Deutschland nicht gibt, lebe in der Schweiz). Das heisst, ich habe da meine ersten mini Geschichten geschrieben.
Ich wollte zwar immer einen Roman schreiben, habe es aber nie über so 10 Seiten gebracht.
Man kann sagen, dass ich am Anfang Schreiben gelernt hatte, in dem ich geschrieben habe und mir Meinungen dazu eingeholt hatte.
In der Primar gab es dann irgendwann mal einen Wettbewerb (von der Bibliothek aus), wo unsere Klasse mitgemacht hatte. Thema war glaub ich "Mein lieblings Ort".
Aus heutiger Sicht hatte ich damals total das Thema verfehlt, wurde aber trotzdem dritter bei diesem Wettbewerb.
Im groben heisst das, dass ich zuerst geschrieben hatte. Später kam die Rückmeldung, dass ich gar nicht so schlecht schrieb. Danach hatte ich halt weitergeschrieben.
Das ging dann so lange bis ich den Tintenzirkel entdeckt hatte und nun bin ich immer noch bei der gleichen Geschichte geblieben und habe nicht wie früher nach einer Woche neu angefangen.



So, nun zum eigentlichen Thema:
Sind Schreibschulen wirklich notwendig und was bringen die?
Was ist eure Meinung dazu?

Ich finde Schreibschulen einen zimlichen Schwachsinn, denn ich brauche niemanden, der mir sagt ich soll meine Geschichte so und so schreiben.
Eine Schreibschule (weiss leider den Namen nicht mehr) hat für mich einen zimlich komischen hintergedanken. Bei diesem Fernkurs lernt man alle Arten von Texten zu schreiben, also auch Zeitungsartikel. Um angeblich zu lernen, wie man gut schreiben kann. Was aber nützt es einem, wenn man einen Zeitungsartikel schreiben kann, wenn man eigentlich einen Krimiroman schreiben möchte?
Ich finde, dass so auch der eigene Faktor, welcher den Autor wiederspiegeln soll, verloren geht.
Wenn einem Jemanden sagt, du sollst dein Kapitel nach diesem und diesem Schema aufbauen, weil das bei Bestsellern auch verwendet wird geht dein ganzwe Eigenfaktor baden.

Ich zum Beispiel merke bei mir, dass wenn ich "geistig wachse", mein Schreibstiel auch wächst.
Geht das nicht verloren, wenn man mit einem Schema schreibt?

Oder findet ihr eine Schreibschule oder ähnliches zu besuchen als Anfang eine gute Idee?

Lg
Nebeldiener

Malinche

#1
Eine interessante Frage.


Erst einmal denke ich, dass es vermutlich wenig Sinn hat, alle Schreibschulen über einen Kamm zu scheren. Ebenso wie z.B. bei Schreibratgeberbüchern wird es auch hier schwarze Schafe geben.

Ich habe noch keine Schreibschule besucht, ich gehe aber davon aus, dass sie sich in ihrem Programm schon unterscheiden, und dass es natürlich auch wichtig ist, mit welcher Erwartungshaltung man dorthin geht.

Zitat von: Nebeldiener am 27. Februar 2012, 22:53:27
Ich finde, dass so auch der eigene Faktor, welcher den Autor wiederspiegeln soll, verloren geht.
Wenn einem Jemanden sagt, du sollst dein Kapitel nach diesem und diesem Schema aufbauen, weil das bei Bestsellern auch verwendet wird geht dein ganzwe Eigenfaktor baden.

Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder, wir haben es mit einer nicht seriösen Schreibschule / einem nicht seriösen Kurs zu tun, der suggeriert, dass es genügt, gewissen Schemata zu folgen, um als Autor Erfolg zu haben. Das würde ich dann auch entsprechend ablehnen.

Oder es liegt das klassische Missverständnis vor, handwerkliches Grundwissen als Zwang zu deuten. Das ist nicht so. Auch ein Maler muss erst einmal wissen, wie man mit Ölfarben umgeht, korrekt mischt und was es über Pinsel- und Leinwandarten zu wissen gibt, ehe er ein Meisterwerk malen kann. Und das kann dann durchaus seinen ganz individuellen Stil tragen.

Ich war zwar noch nie auf einer Schreibschule, aber ich habe, als meine Schreiberei noch in den Kinderschuhen steckte, einiges aus Schreibratgebern mitgenommen. Und ich hatte das Glück, dass ich im Rahmen meines Studiums ein paar Semester lang bei einem Creative-Writing-Seminar mitmachen konnte, das wirklich toll war und mir viele Impulse gebracht hat (auch wenn es da eher nicht um Technisches ging).

Von daher würde ich sagen: Ja, Schreibschulen können sinnvoll sein, wenn sie seriös sind, indem sie dem Autoren sinnvolles Handwerkszeug vermitteln - und wenn vonseiten des Autoren auch die entsprechende Erwartungshaltung da ist, also auch genau das zu finden, was er bekommen wird.

Ich wäre aber bei der Auswahl solcher Schulen und Workshops immer vorsichtig und würde auch auf Referenzen schauen. Denn es gibt in der Branche einfach auch zu viele, die auf Abzocke aus sind - und einem dann weismachen wollen, dass sie die ultimative Weltformel für den nächsten Bestseller gefunden haben. Da wäre ich dann - wohl auch zu Recht - skeptisch.

[EDIT] Irgendwie ist die Hälfte meines Beitrags verschwunden. Ich hatte noch mehr geschrieben.


ZitatIch finde Schreibschulen einen zimlichen Schwachsinn, denn ich brauche niemanden, der mir sagt ich soll meine Geschichte so und so schreiben.
Eine Schreibschule (weiss leider den Namen nicht mehr) hat für mich einen zimlich komischen hintergedanken. Bei diesem Fernkurs lernt man alle Arten von Texten zu schreiben, also auch Zeitungsartikel. Um angeblich zu lernen, wie man gut schreiben kann. Was aber nützt es einem, wenn man einen Zeitungsartikel schreiben kann, wenn man eigentlich einen Krimiroman schreiben möchte?

1. Wie ich ja auch schon weiter oben geschrieben habe, ich denke nicht, dass eine seriöse Schreibschule wirklich darauf aus ist, dir zu sagen, so und so sollst du deine Geschichte schreiben.
Aber: Schreiben ist eben auch Handwerk. Man hört das nicht gerne, aber es ist so. Wenn du dich hier im Workshop-Board umsiehst, wirst du sehen, dass viele Themen - Perspektive, Erzählzeit, Rückblende, Charakterisierung, Kniffe zum Plotten, etc. - diskutiert werden, die sicher auch im Programm einer guten Schreibschule stehen. Das zeigt, dass es an diesen Dingen auch jenseits von Lehrgangsprogrammen ein durchaus praktisches Interesse gibt.

2. Na ja, wenn du weißt, dass du Kriminalromane schreiben wirst, dann bist du vielleicht nicht die richtige Zielgruppe für einen Kursus dieser Art. Wenn du erst einmal schnuppern willst oder vielleicht gerade das Ziel hast, dich mit verschiedenen Techniken bekannt zu machen, könnte es hingegen genau das Richtige sein. (Blödes Beispiel: Unter Umständen kann man dann einen handwerklich einwandfreien fiktiven Zeitungsartikel in seinem Krimi einbauen. ;) )

Ich würde jetzt z.B. nicht unbedingt einen Krimi-Workshop besuchen, weil ich keine Krimi-Autorin bin - aber grundsätzlich halte ich es nicht für verkehrt, sich genreübergreifend Wissen anzueignen.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Aphelion

Hallo Nebeldiener,

wenn es für dich der richtige Weg ist, dich an keine Regeln zu halten, keine Strukturen zu lernen etc. und einfach "nur" zu schreiben, dann ist es für DICH eben das beste.

Aber.

Wenn du zu individualistisch schreibst, musst du damit rechnen, einen sehr kleinen Leserkreis zu haben: Das Individualismus-Extrem würde bedeuten, dass du selbst dein einziger potentieller Leser wärest.

Wenn man Geschichten schreibt und sie veröffentlichen will, sollte man auch von vornherein so schreiben, dass die eigene Geschichte, die eigenen Gedanken bei anderen funktionieren.

Schreibschulen usw. lehren letztlich nichts anderes: Wie bringe ich MEINE Gedanken an den Mann?

Schau dir einmal Bücher, die du sehr gut findest, genauer an. Auch sie folgen bestimmten Schemata. Auch deine eigenen Geschichten werden wahrscheinlich bestimmten Schemata folgen - und nicht nur deine. Jedes Buch, das wenigstens "lesbar" ist, tut dies. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten, einen Roman sinnvoll aufzubauen.

Dazu kommt: Man muss Regeln kennen, um sie brechen zu können. Wenn ich WEIß, dass der Leser UNBEWUSST jetzt X erwartet, kann ich bewusst Y einsetzen. Dann habe ich einen Effekt.

Als Autor manipuliert man den Leser: Man fesselt ihn, man lässt ihn mitfiebern, man spannt ihn auf die Folter, lässt ihn mitleiden und tut noch allerhand andere fiese Sachen mit ihm. Aber man lässt ihn auch jubeln, lachen, schmunzeln oder an die Decke gehen, sich empören, usw.
Schreib"regeln" sind Manipulationsregeln im positiven Sinne. (Wenn ich "Reich mir mal bitte den Salzstreuer" sage, ist das bereits eine Manipulation - also den Begriff "Manipulation" bitte nicht in den falschen Hals bekommen. ;) Als Autor lasse ich mir aber das Salz reichen, ohne es direkt zu sagen = Ich bekomme eine Reaktion, die ich nicht wortwörtlich herausgefordert habe. Oder wie oft steht in Horror-Geschichten: "Bitte gruseln Sie sich jetzt. Vielen Dank für ihr Verständnis." ;))

Und solche grundlegenden Dinge kann man lernen. Wie man es lernt, ist wiederum auch eine Typenfrage. Schreibschulen sind wie gesagt nur ein Weg, um es zu lernen.

Runaway

Meine Erfahrungen zum Thema...

Ich hab auch, genau wie du, Nebeldiener, einfach angefangen. Das Schreiben hat sozusagen mich gesucht und nicht umgekehrt. Das wird ja vielen hier so gehen.
Und ich bin auch der Meinung: Wenn man kein entsprechendes Talent zum Schreiben hat, wird es wohl sehr schwierig bis unmöglich, ein guter Schreiber zu werden. Davon gehe ich einfach mal aus. Ich hab noch nie ein Gegenbeispiel gesehen.

Als Jugendliche war ich der Meinung, man könnte bestimmt irgendwie das Schreiben lernen. Ich bin auch mal in etwas gewesen, das als Schreibkurs deklariert war. Nur daß da nicht geschrieben und keine Handwerksmittel vermittelt wurden, sondern das war eher eine Vorleserunde, bei der man fertige mitgebrachte Sachen genüßlich zerrupfte - und zwar mit literarischen Ansprüchen. War nicht meins, ich hab's auch nicht bis zum Ende besucht.
Was schöner war, war mein Kurs "Text- und Schreibkompetenz" an der Uni. Den hab ich für den Ergänzungsbereich besucht und da wurde alles von der Reportage über Essay bis zur Kurzgeschichte angeschaut, ein Thema pro Sitzung. War super, um mal über den Tellerrand zu gucken.

Darüber hinaus... tja, Stephen King hat mal was Schlaues gesagt: Durch Lesen wird man ein guter Autor. Ich glaub, der Mann hat recht. Das impliziert, daß man sich bei anderen Autoren gute Tricks und Kniffe abschaut. Das mache ich mittlerweile immer, wenn ich einen Roman lese. (Und wenn es inzwischen noch ein Autor schafft, daß ich sein Werk ohne großes Gemecker durchkriege, hat er einen verdammt guten Job gemacht!)
Ansonsten hab ich mich davon gelöst, zu glauben, daß irgendeine Schule oder ein Kurs mir vermitteln kann, wie ich zu schreiben habe.
Was nicht heißt, daß es da nichts zu vermitteln gibt - im Nachhinein muß ich sagen, war's verdammt sinnvoll, daß ich im Gymnasium Stilmittel und Interpretationen durchkauen mußte, weil mir das auf der Produktionsseite eines Textes sehr geholfen hat.
Und ich lese auch gerade im Moment wieder einen Schreibratgeber, den ich nur wärmstens empfehlen kann - und zwar wird da Kapitel für Kapitel anhand aller relevanten Aspekte erklärt, wie man einen spannenden, handwerklich gut gemachten, tollen Unterhaltungsroman schreibt. Da gibt's durchaus Vorschläge, die ich übernommen habe und die meine Schreibe verbessert haben.

Und so sieht inzwischen mein Königsweg aus: Ich versuche, immer über den Tellerrand zu schauen und anhand anderer Romane bzw. solcher Ratgeber oder auch hier im Forum zu schauen, wie man es noch oder besser machen könnte. Aber ich übernehme nur das, was mir persönlich auch zusagt.
Und ich lasse meine Sachen lesen. Ich hole mir Rückmeldungen. Dadurch bin ich inzwischen so weit, daß ich selbst die Schwächen meiner Texte in gut 95% der Fälle entdecke. Mein eigenes Empfinden deckt sich mittlerweile fast immer mit dem meiner Betas.
Außerdem schreibe ich immer so, wie ich selbst gern lesen würde. Das ist schon mal ein guter Leitfaden!
Nicht zuletzt bin ich auch der Meinung, daß man auch einfach dadurch besser wird, daß man es tut - schreiben. Immer wieder. Daß man sich einfach insgesamt mit der Materie auseinandersetzt.
Durch eine Schreibschule muß das meines Erachtens nicht geschehen, denn dort wird ganz oft auf literarisches Schreiben geschaut und das ist mir persönlich schnurz.

Zit

#4
Wie Malinche schrieb, sind guten Schreibschulen eben Schulen, die einem sowas nicht Punkt für Punkt vorschreiben bzw. eben einfach ein vermeintliches Rezept an die Hand geben und sich dafür auch noch bezahlen lassen.

Solche Schulen sind dafür da, eben vorallem den Austausch mit anderen Autoren zu fördern. Ich mein, du konntest dich in der Primarschule schon austoben: Aber wie du selbst erkannt hast, gibt es sowas nicht generell, vorallem nicht in Deutschland. Ich lehne mich sogar aus dem Fenster und schätze, dass das auch in der Schweiz nicht generell so ist, Prosa in der Schule zu schreiben. In Deutschland hängt es zumindest stark vom Lehrer ab, ob er es gebacken bekommt, neben dem vorgeschriebenen Lehrplan sowas unter zu bringen. So, Gesetz dem Fall es geht nicht: Dann müssen alle Autoren sich im Privaten austoben. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es gar nicht so viele Leute in der eigenen Altersklasse während der Schulzeit gibt, die ebenso schreiben. Und wenn man wie ich auch noch weitab einer Großstadt wohnt, dann ist es auch nicht so leicht, andere Leute zu treffen. Jetzt haben wir Internet, da habe ich mir meine Kontakte geholt.

Was Malinche auch ansprach und Aphelion ebenso, ist das Handwerk. Was machen Adjektive/Adverbien aus einem Satz? Was passiert, wenn ich einen Nebensatz einschiebe und wie kann ich seine Wirkungen mit verschiedenen Satzzeichen verändern? Was ist episches Präteritum? Sowas kann man alles ausprobieren: aber man kann auch lernen, solche Dinge beim Namen zu nennen. Gute Schreibschulen fördern also auch die Auseinandersetzung mit der Machart von Texten, bei den eigenen und den anderer, die Textanalyse.

Der Vorteil von Schreibschulen ist, imho, dass es da jemandem gibt, der einen an die Hand nimmt und strukturiert durch diesen Dschungel an Baustellen führt, wo man lernen und sich verbessern kann -- und einem auch zeigt, was es da alles überhaupt gibt. Alleine kriegt man das sicher auch hin, aber ob es eben auch so ein klarer Weg ist? (Man kann ja auch selbst Archäologie meinetwegen studieren. Aber an der Uni ist das alles viel organisierter und unterliegt auch einer gewissen Kontrolle und Standarts.)

ZitatWas aber nützt es einem, wenn man einen Zeitungsartikel schreiben kann, wenn man eigentlich einen Krimiroman schreiben möchte?

Lass dich nicht blenden. Gewisse Schreibratschläge ziehen sowohl bei Prosa wie bei Sachtexten. Lies mal Sol Steins Über das Schreiben.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Feuertraum

#5
Moinsen!

Ich habe das Handwerk damals (sprich vor etwa 21 Jahren) bei einem Fernkursus gelernt. Seinerzeit hat es mir viel gebracht, da ich einen ziemlich scharfen Hund als Korrektor hatte, der mir jeden, wirklich jeden handwerklichen Fehler um die Ohren geschlagen hat, dass ich fast beinahe schon den Tränen nah war und tatsächlich etwas in mir auslöste, was man gut und  gerne als Trotz auslegen kann.
Nachdem mein Grundkurs vorbei war, kam der zweite Teil an die Reihe (in dem Fall Belletristisches Schreiben). Ich bekam einen neuen Korrektor, der - nachdem ich meine Hausaufgabe eingereicht hatte - diese wiederbekam mit den Worten: "Sie hatten bestimmt Herrn Sowieso als ersten Begleiter. Man merkt es, weil gerade die Schüler, die er betreut, sich wohltuend von den anderen Autoren abheben und wirklich ihre Sachen gut schreiben."

Gut, das jetzt aber nur am Rande.
Wie gesagt: Ich hatte seinerzeit einen Schreibenlernenfernkursus besucht, und mir hat er viel gebracht; ich habe viel gelernt, habe allerdings auch durch das Lesen verschiedener (!) Autoren und Genres Tricks, Tipps und Kniffe gelernt, die einem nicht beigebracht wurden.

Dennoch wage ich einfach mal zu behaupten, dass Schreibschulen heutzutage überflüssig sind.
Als ich die Schule begann (Angang der 1990er Jahre) gab es zwar schon das Internet, aber es war noch recht klein. Es bot dem Konsumenten noch längst nicht das, was es heute bietet.
Heutzutage finden sich Im Internet extrem viele Seiten zum Thema Schreiben, dass man daraus das Handwerk von A-Z filtern kann. Es gibt nicht wenige Foren, in denen man sich austauschen kann oder in denen man mit Hilfe der anderen User an seinen Texten arbeiten kann.
Von daher mag ich behaupten, dass Schreibschulen einen schweren Stand haben; die "Konkurrenz" ist sehr groß.

LG
Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Carsten Thomas

Aphelion hat genannt, was mir in dem Zusammenhang auch immer als Leitlinie dient. Lerne die Regeln, kenne die Regeln, beherrsche die Regeln, breche die Regeln.

Auch für mich war es anfangs schwer, mich beim Schreiben in gewisse Rahmen sperren zu müssen, doch wie schon von anderen hier erwähnt, geht es eben nicht ohne eine Basis an Schreibregeln. Was ich sagen kann, dass ich Schreiben nur durch Schreiben und Lesen gelernt habe. Sicher bieten diverse Schreibratgeber gute Dienste, auch ein Fernkurs im Schreiben gibt einem viele Hintergrundinfos, doch erst das Schreiben und vor allem das Feedback durch Leser/Lektor bringt einem den nötigen Lerneffekt, um sich zu verbessern.




chaosqueen

Das Problem der Autoren im Vergleich zu allen anderen Künstlern ist ja die Erwartungshaltung, dass Schreiben etwas sei, das man von Natur aus könne. Während fast jeder Bildhauer und Maler eine Ausbildung genießt und dies von der Gesellschaft anerkannt wird, ist es bei Autoren so, dass geradezu erwartet wird, dass sie als perfekte Schreiber auf die Welt gekommen sind.

Diese Erwartungshaltung haben somit viele, die selber schreiben, an sich und ihre Gattung. Natürlich wird es für jemanden, der kein Gefühl für Sprache hat, schwer bis unmöglich, jemals einen wirklich ansprechenden Text zu verfassen, das ist bei Malern aber nicht anders. Wer kein Gefühl für Farbe hat und keine Ahnung, wie er den Pinsel halten soll, wird höchstens Mal einen Glückstreffer landen.

Picasso hat das Malen von der Pike auf gelernt und es gibt frühe Werke von ihm, die stark an den Stil Rembrandts erinnern. Erst, als er die realistische Malerei perfekt beherrscht hat, hat Picasso angefangen, seinen für ihn typischen ganz eigenen Stil zu entwickeln.

So ähnlich sehe ich das mit dem Schreibenlernen: Wer das Handwerkszeug von Grund auf erlernt, hat bessere Chancen, ein wirklich gutes Buch zu schreiben, als jemand, der "drauf los schreibt". Man muss nicht zwingend eine Schreibschule besuchen, um das Schreiben zu erlernen, aber es kann helfen. Und wenn ich weiß, wie ich etwas mache, kenne ich automatisch auch das Gegenstück. Wenn ich weiß, wie ich Erwartungen schüre und erfülle, weiß ich auch, wie ich sie im entscheidenden Augenblick brechen kann.

Ich habe keine Schreibschule besucht und mich bisher immer wieder dagegen entschieden, obwohl ich durchaus darüber nachgedacht habe. Dafür habe ich Sol Stein, James N. Frey und ein paar weitere Schreibratgeber gelesen und lerne immer wieder im Austausch mit anderen. Zwei Romane von Sprotte lesen zu dürfen hat mir sehr geholfen, näher am Geschehen zu schreiben, genauso färbt der Stil der Romane, die mich beim Lesen gefangen nehmen, auf mein eigenes Schreiben ab.

Schreibschulen können durch Austausch mit anderen (Autoren und Lesern) sowie durch Inspiration durch fremde Texte sicher vollständig ersetzt werden, aber ein Autor, der keinerlei Input bekommt, wird es sehr schwer haben, sich weiter zu entwickeln. Die Autoren früherer Zeiten hatten oft regen Briefkontakt, Goethe und Schiller sind da nur ein sehr populäres Beispiel. Und sicher haben sie sich nicht nur Honig um den Bart geschmiert, sondern auch ehrliche Kritik an den Texten des anderen geübt.

Runaway

Ich sehe da aber keinen großen Unterschied zwischen Autoren und Malern. Entweder man hat das Talent im Blut, oder eben auch nicht. Handwerkszeug kann man lernen, Talent aber nicht. Und um gut zu sein, braucht man beides.

Nycra

Zitat von: Dani am 28. Februar 2012, 13:39:26
Ich sehe da aber keinen großen Unterschied zwischen Autoren und Malern. Entweder man hat das Talent im Blut, oder eben auch nicht. Handwerkszeug kann man lernen, Talent aber nicht. Und um gut zu sein, braucht man beides.

Ich bin ebenfalls Chaosqueens Meinung. Denn - wenn ich dir hier widersprechen darf, Dani - ein Maler, der sein Handwerk gelernt hat, aber kein Talent hat, läuft unter "ferner liefen...". Ich denke, das trifft auf jede Kunstform zu, sowohl aufs Malen als auch aufs Schreiben. Nur weil ich einen Picasso malen kann, bin ich nämlich keiner. Ohne Talent wird das schönste Bild nichts aussagen ...

Abgesehen davon kenne ich genug Leute, die wahnsinnig tolle Geschichten erzählen können, aber sobald sie sie aufschreiben sollen, versagt ihnen die "Stimme". Hier würde das Lernen des Handwerkes durchaus helfen. Von daher glaube ich, dass jeder selbst herausfinden muss, ob das Lernen des Schreibhandwerks notwendig ist, oder - so wie Chaos es getan hat (und ich es ebenfalls tue) - man sich Schritt für Schritt selbständig weiterentwickelt.

Runaway

Zitat von: Nycra am 28. Februar 2012, 14:46:35
Ohne Talent wird das schönste Bild nichts aussagen ...

Huh? Das hab ich doch auch gesagt:
Zitat von: Dani am 28. Februar 2012, 13:39:26Handwerkszeug kann man lernen, Talent aber nicht. Und um gut zu sein, braucht man beides.

Deshalb seh ich da gar keinen Widerspruch, wir sind doch einer Meinung?!

Zit

Ich finde die Duskussion um Talent mühselig. Meiner Meinung nach hängt das alles von frühkindlicher Förderung ab; und im Endeffekt ist das nur lernen im frühsten Entwicklungsstadium. Ein Gefühl für Farben lässt sich ebenso lernen wie man seine Schreibstimme finden kann. Das Problem ist nur, dass sowas auch viel mit Ausprobieren zu tun hat und nicht mit auswendiges herunterbeten von Farbkombis.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Rigalad

#12
Zitat von: Zitkalasa am 28. Februar 2012, 15:35:02
Meiner Meinung nach hängt das alles von frühkindlicher Förderung ab; und im Endeffekt ist das nur lernen im frühsten Entwicklungsstadium.

Ich weiß nicht. Wenn ich mich selbst ansehe, wurde ich früher nie gefördert, was das Schreiben angeht. Weder von meinen Eltern, die selbst weder musikalisch noch in irgendeiner Weise kreativ begabt sind, noch in Grundschule oder den ersten Jahren auf dem Gymnasium. Ich war sogar bis zur 9. Klasse ganz schlecht in Deutsch, konnte keine Strukturen erkennen, keinen logischen Aufbau erstellen und das Handwerk beherrschte ich schon gar nicht. Bis ich ab dann einen wirklich genialen, wenn auch sehr fordernden Lehrer hatte, der mich bis zum Fachabi begleitet hat. Ihm habe ich viel zu verdanken.

Aber ich habe vor allem an mir gesehen, dass man doch viel lernen kann, indem man einfach aufmerksam ist. Indem man den Leuten zuhört, die Ahnung haben und das Handwerk eines Schriftstellers beherrschen, indem man sich erfolgreiche Bücher vornimmt und sie untersucht und ihre Tricks kennenlernt. Indem man schlichtweg bereit ist, wirklich bereit, zu lernen. Dann kann man sich viel aneignen und selbst erarbeiten, auch ohne langjährige Erfahrung und Basis, ohne schulische Förderung oder sogar ein Studium. Natürlich muss man fantasievoll sein, aber ich weiß nicht, ob Fantasie wirklich ein Talent ist, oder ob nicht jeder Mensch Fantasie hat, wenn er sie nur zulässt und lernt, ihm Instrumente zur Verfügung zu stellen.

Feuertraum

Es wird zwar etwas OT, aber:

Zitat von: Zitkalasa am 28. Februar 2012, 15:35:02
Meiner Meinung nach hängt das alles von frühkindlicher Förderung ab; und im Endeffekt ist das nur lernen im frühsten Entwicklungsstadium. Ein Gefühl für Farben lässt sich ebenso lernen wie man seine Schreibstimme finden kann. Das Problem ist nur, dass sowas auch viel mit Ausprobieren zu tun hat und nicht mit auswendiges herunterbeten von Farbkombis.

Da wage ich zu widersprechen. Mein "Schreibtalent" wurde mir von Kindesbeinen an ausgeredet, als Schwachsinn deklariert, darüber gelacht und in einer Tour ins Lächerliche gezogen (wie viele andere meiner "Talente" auch). Da war also nichts mit frühkindlicher Förderung.
Aber auch ohne diese habe ich das Handwerk gelernt.
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Aphelion

Was Talent eigentlich ist und woher es kommt, ist bislang ungeklärt: Es gibt einige Ansätze, aber in alle nur denkbaren Richtungen. Eine davon ist die Annahme, frühe, kindliche Entwicklung würde "Talente machen". Aber eben nur eine Richtung, es gibt auch Befunde, die dagegen sprechen (wissenschaftliche, nicht so etwas wie "aber meiiin Kind..." ;)).