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NaNoWriMo- Qualitätsmindernd?

Begonnen von Spinnenkind, 11. September 2011, 22:48:25

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Sonnenblumenfee

Ich habe drei Mal erfolgreich am NaNo teilgenommen. Erfolgreich heißt, 50.000 Wörter geschrieben.
Im ersten Jahr habe ich ein Projekt geschrieben, dass sehr grob ausgearbeitet war. Ich wusste, wo ich hinwollte und so ungefähr, was dazwischen passiert. Heruasgekommen ist eine ganz andere Geschichte, die unglaublich viele Logikfehler enthält und sehr inkonsequent ist (mein Hauptproblem aus dem ersten Teil, eine Schwangerschaft, habe ich irgenwann einfach durch eine Fehlgeburt gelöst, damit sie mir nicht mehr im Weg umgeht ;D ). Aber ich habe sie geschrieben und sie war so lang, dass sie vielleicht auch, mit viel Überarbeitung, der erste Roman einer Reihe hätte werden können. Und das war ein tolles Erfolgserlebnis.
Im zweiten Jahr wollte ich erst nicht mitmachen, weil ich in der 13 war und schon mehr oder minder in den Abivorbereitungen steckte. Dann habe ich mich am Abend des 31.10. doch dazu entschieden, anzutreten, und bin mit nur einer einzigen Idee im Kopf gestartet. Ich wusste nicht, wo ich hinwill oder wie oder was und ich habe irgendwann nur noch geschrieben, um den Counter im Grünen zu halten. Die Geschichte habe ich nach den 50k nicht mehr angerührt. Einmal habe ich noch versucht, sie neu zu schreiben, aber es wurde nichts mehr daraus, weil mir immer noch zu viel fehlte.
Letztes Jahr bin ich mit (für mich) sehr viel Vorbereitung gestartet. Ich kannte die meisten Charaktere recht gut, hatte ein Anfang, einen groben Mittelteil und ein Ende und einige Szenen, die ich schon im Kopf hatte. Außerdem gab es einige Hintergrundinfos usw. Auch wenn es einige kleinere Fehler gab und ich auch einiges überarbeiten musste, war die Geschichte schon in der Rohfassung so gut, dass ich sie gerne gelesen habe. Und das habe ich wirklich selten.

Fazit: Man kann den NaNo mit gar keiner, wenig und viel Vorbereitung schaffen, aber wenn einem das Projekt am Herzen liegt bzw. man etwas Lesbares dabei produzieren möchte, sollte man schon einige Vorbereitung hineinstecken - aber dann kann es durchaus eine tolle Geschichte werden.
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Maja

Ich denke nicht, dass man pauschal sagen kann, ob der Nanowrimo gut oder schlecht für die Qualität eines Buches ist, das muss jeder Autor selbst herausfinden - es gibt da kein Pauschalrezept. Ich empfehle aber jedem, der daran interessiert ist, es zumindest mal zu wagen, sonst findet man es nie heraus.

Bei mir leidet die Qualität eher, wenn ich über Wochen hinweg nur ganz wenig schreibe, ich nicht mehr wirklich in der Geschichte drin bin und mich jedesmal neu reinfinden muss - dann wiederholt sich vieles, weil ich nicht mehr weiß, dass ich das schon geschrieben hatte. Da ich meistens meine Geschichten, soweit geplant, gut im Kopf habe, kommt mir das Nanowrimo-Schreibtempo sehr entgegen.

Professionelle Autoren lachen oft über den Nanowrimo, weil sie für ihre Auftragsarbeiten eine noch höhere Schlagzahl hinlegen müssen. Man kann also nicht davon ausgehen, dass es per se gut für die Qualität ist, jeden Tag nur eine Seite zu schreiben, sonst hätten die Berufsautoren ganz andere Abgabefristen. Der Nanowrimo ist eine gute Möglichleit, mal den Alltag eines Profis zu simulieren. Seit ich 2006 Blut geleckt habe, ist der Nano für mich nicht mehr wegzudenken, und inzwischen schreibe ich jeden Monat ungefähr ein Nano-Pensum. Meine Betaleser sind trotzdem sehr zufrieden mit der Qualität der Geschichte.

Was für mich nicht geklappt hat und sicher für andere auch ein Problem darstellt, ist die Kombination von Nanowrimo mit einer Vollzeitstelle. Acht Stunden arbeiten, dann noch zwei, drei Stunden schreiben, nebenbei auch noch leben, das hat nicht geklappt, und in dem Jahr musste ich den Nanowrimo vorzeitig beenden - ansonsten hätte ich ein Buch, das mir sehr am Herzen lag, vor die Wand gefahren. Im Nachhinein muss ich sagen, ich habe genau das doch getan, denn ich habe nie wieder an der Geschichte weitergeschrieben, sie ist jetzt kein fertiges Wrack, sondern eine Bauruine von 25 Seiten, und das ist auch nicht viel besser.

Also, versucht es ruhig! Ich will nicht sagen, dass der Nano noch niemanden gefressen hat, denn das tut er durchaus, aber ob er das tut, merkt man zum Glück meistens recht schnell - und wer dann entscheidet, auszusteigen, hat außer sich selbst niemandem Rechenschaft abzulegen.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt