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[Medizin] Stichverletzung - Folgen und Behandlung

Begonnen von Churke, 02. September 2011, 15:27:00

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Churke

Hi,

wenn man nicht mehr weiter weiß, dann wird im Tintenzirkel der Rettungsanker ausgeworfen. Auf der Suche nach Medizinern...

Eine Figur hat sich ein Schwert eingefangen, soll das aber überleben. Ich habe mich für einen Stich in die Brust entschieden.

1. Ist es möglich, das Herz zu verfehlen, ggf. noch eine Rippe zu beschädigen, ohne sonstige größere Schäden anzurichten?

2. Wenn man die Lunge trifft - was passiert dann? Kann/muss man da was dagegen tun oder verheilt das von selbst?

3. Wie würde ein Arzt die Blutung stoppen? Würde er den Stichkanal mit einer Sonde untersuchen?  Kann man die Wunde vernähen?

4. Wäre die Blutung stark genug, um einen hämorrhagischen Schock auszulösen?

Kennt sich da zufällig jemand aus?

Sprotte

Keine Medizinerin!

1. Stich in die Brust ist immer richtig böse, auch wenn das Herz verfehlt wurde.
2. Der Lungenflügel kann kollabieren, in sich zusammenfallen. Das Opfer erstickt.
3. Das hängt von Arzt und Setting ab. Vernähen würde ich persönlich nicht. Der Stichkanal ist meistens tief und eng. Obenrum kann es ganz wunderbar heilen, in der Tiefe gammelt es. Eher eine Drainage legen und mit Tamponaden die Wunde offen halten, bis sie von Innen her verheilt.
4. Kommt drauf an!

Luna

#2
Da gab es doch mal die Doku "Kampf ums Überleben" auf Vox. Da hat sich einer ein Messer in die Brust eingefangen. Die Lunge ist kollabiert und im Krankenhaus haben sie ihm dann einen Pneumothorax verpasst. Bei Dr. House sind auch schon einigen die Lungenflügel kollabiert. In einer Folge gab Dr. House einer per Video die Anweisung, sich den selbst zu setzen. Die Betreffende war in der Arktis, da konnte der Doc nicht so schnell hin. Sie hat es getan und überlebt. Wenn Dein Chara medizinisch versiert ist, könnte er sich den ja auch selbst setzen.
Ich stehe gerade vor einem ähnlichen Problem. Meine Prota soll auch einen Lungenstich überleben und da wollte ich sie das auch machen lassen. Sie kennt sich mit Verletzungen gut aus.

Edit: Da fällt mir ein, einem Kumpel von mir ist ein Lungenflügel mal einfach so zusammengefallen. Der Typ bekam schlecht Luft, machte sich morgens noch in aller Ruhe im Bad fertig mit Duschen und so. Als es nicht besser wurde, ist er dann doch mal ins Krankenhaus gefahren und da ham sie ihm auch einen Pneumo verpasst und früher war das sogar eine gängige Tuberkulosebehandlung, den betreffenden Flügel zusammenfallen zu lasssen. Man meinte, ihn so damit entlasten zu können (siehe der Zauberberg von Th. Mann). Und, der Vater einer Bekannten ist mit einem verkümmerten Lungenflügel geboren worden. Ich denke, von daher kann man auch mit einem kollabierten Flügel eine ganze Weile überleben. 

Kuddel

Zunächst einmal: Pneumothorax ist die medizinische Bezeichnung für eine Lungenverletzung. Der Arzt legt eine Drainage, um den Pneumothorax aufzulösen.

Prinzipiell kann man einen Stich in die Brust überleben, aber die Chancen sind sehr gering. Nicht umsonst liegen die Rippen vor all den wichtigen Organen. Man kann natürlich Glück haben und jeder Organ wird verfehlt. Das ist aber mehr als unwahrscheinlich.

Wenn du sonst in den Brustraum stichst passiert natürlich einiges. Du kannst die Aorta treffen, die für den Körperkreislauf zuständig ist. Da fließt ne Menge Blut durch. Und ab 1 Liter Blutverlust wird es eh lebensgefährlich. Von daher ist auch der Schock möglich.

Die Meinung einer Sanitäterin.  ;D
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway

Nycra

1. Dito: Keine Ärztin, aber Ersthelferin.
2. Sprotte hat Recht, Lungenflügel kann kollabieren. Wird soweit ich weiß, von Ärzten wieder aufgeblasen. Gleitet die Waffe an den Rippen nach unten ab, können aber auch andere Organe verletzt werden (je nach Seite). Bauchwunden sind auch sehr übel, weil meist mit starker BLutung einhergehend.
3. Dazu kann ich leider nichts sagen.
4. Du kannst schon einen Schock erleiden, wenn du dich in den Finger schneidest. Kommt auf die Konstitution einer Person an. Ob dein Prota einen hämorrhagischen Schock deswegen erleidet, kann ich allerdings nicht beurteilen.

Antigone

Ich hab mal vor ewigen Zeiten ein Buch gelesen, "Das Mädchen aus Storyville" von Frank Yerby. Wenn mich nicht alles täuscht, hat da ein Mädchen versucht, sich umzubringen und sich ein Messer in die Brust gerammt. Irgendwie hat sie das dann auch überlebt. Ich glaube, das wurde dort recht anschaulich geschildert. Vielleicht kannst du das Buch ja irgendwie auftreiben und nachlesen.

lg, A.

Hoellenpfau

Ich bin medizinisch zwar nciht ganz auf der Spur, aber zum Beispiel von Antigone fällt mir auch noch der Fall "Deutscher Herbst" ein. Baader, Ensslin und Raspe haben Selbstmord begangen. Irmgard Möller, die gemeinsam mit ihnen inhaftiert war, wollte es auch (mit einem Messer), aber wurde noch lebend gefunden, woraufhin sie eingeleifert wurde und ärztlich behandelt. Sie lebt heute noch.

Das Problem was jetzt aufkommt: Schwert ungleich Messer.
Wenn du deiner Prota wirklich eine Schlimme Verletzung zufügen willst, dann kann der Angreifer doch auch einen Dolch ziehen. Ich weiß nicht inwiefern sich das abändern lassen würde. Das Problem ein gutes, normales Schwert könnte von einem fitten Angreifer leicht durch den gesamten Körper gestoßen werden. Soetwas lässt sich kaum überleben. Ein Messer hingegen, würde einen einmaligen Stich in den Brustkorb fügen und das könnte man sogar selbst behandeln, wenn es nciht gerade enorm blutet.
In einem Rüdiger-Nehberg-Buch hab ich da mal irgendwas gelesen. Ich müsste allerdings jetzt das Buch suchen, um dir genau zu sagen, wie man in diesem Fall handeln sollte...

Churke

Erst mal vielen Dank für die Antworten.

So etwas ähnliches (Messer am  Herzen vorbei) habe ich mal bei Karl May gelesen. Der hält sich mit anatomischen Details aber sehr zurück.

In der "Schatzinsel" bekommt der Kapitän eine Musketenkugel ab, die seine Lunge "streift". Ist aber nichts ernstes.
Ich frage mich halt: Unter welchen Umständen kollabiert die Lunge? So dramatisch soll's eigentlich nicht werden. Und wir wollen auch nicht vergessen, dass mir keine moderne Intensivmedizin zur Verfügung steht.  :gähn:

@ Sprotte: Danke für die Hinweise zur Wundversorgung.

@ Höllenpfau:
Wegen der kürzeren Kampfdistanz kannst du das Messer meistens bis zum Heft rein rammen. Man hat kaum Möglichkeiten auszuweichen. Deshalb sind Messer auch so gefährlich.
Beim Schwert hast du eine weite Mensur, die du überwinden musst. Natürlich kann dir der Gegner auch in die Klinge laufen. Aber normalerweise bist du froh, wenn deine Spitze den Gegner überhaupt erreicht.

Sprotte

Zum Thema Schwert solltest Du zusätzlich bedenken, daß europäische Schwerter (und alle Fantasy-Schwerter, die auf ihnen und nicht auf asiatischen Klingen basieren) NICHT scharf sind. Der Trick mit dem Seidentuch, das in der Luft sauber zerschnibbelt wird, funktioniert nicht.
Europ. Schwerter sind mehr auf Trümmern denn Schneiden aus. Da sie ja auch durch Rüstung dringen mußten. Es wird da also keinen sauberen Stichkanal sondern sehr viel Gematsche (Gewebezerreißungen, Quetschungen in der Tiefe als Nährboden für Wundbrand etc.) geben. Gebrochene Knochen sind gratis dabei.

Vali

#9
Huh, also Stich in die Brust ist schon hart, wenn derjenige möglichst überleben soll, ganz besonders, wenn es ein Setting ist mit nicht so guter medizinischer Versorgung. Mein Prota überlebt zwar auch gleich zwei Stiche in die Brust, aber er ist danach auch im Krankenhaus gelandet ;)

1) Stich ins Herz überlebt man bis heute kaum. Damit das Herz nicht getroffen wird, sollte der Stich nicht mittig und (vom Opfer aus gesehen) links unten gesetzt werden. Ganz oben am Brustkorb, also fast Schulter, können große Armgefäße und Nerven getroffen werden. Ich glaube, das blutet wie Sau und kann man nicht so gut abdrücken. Also besser nicht da reinstechen. Unten rechts kann man die Leber treffen und die blutet auch wie Sau. Es sei denn der Stich ist nicht sehr tief und die Leber drückt die Blutung mit einem dicken Hämatom selbst ab. Ansonsten trifft man die Lunge

2) und dann gibt es den sogenannten Pneumothorax (Lungenriss). Um einen tödlichen Spannungspneumothorax zu vermeiden, solltest du so nett sein und ihm eine Wunde verpassen, die offen bleibt, damit die Luft die reingeht wieder raus kann. Wenn nach Sprotte ein europäisches Schwert so fleischt und wahrscheinlich ein richtiges Loch hinterlässt, dürfte das vielleicht gut gehn. Dann bekommt die Figur einen "einfachen" Pneumothorax, wird neben Brustschmerz, die in Arme und Rücken ausstrahlen können, Luftnot verspüren, schnell atmen und bei großer Atemnot blau anlaufen. An der Wunde kann sich ein Hautemphysem bilden (Lufteinlagerung im Gewebe), das bei Druck knistert.

3) Eigentlich soll man die Waffe bis der Arzt kommt belassen und nicht rausziehen. Aber ich schätze, dass die Figur das Schwert nicht mehr in der Brust stecken hat. Ein Betroffener würde natürlich instinktiv die Wunde zudrücken. Wenn du so nett bist und die Zwischenrippengefäße, die unterhalb einer jeden Rippe sitzen, nicht zerreißt, dann blutet es nicht so stark.
Ein Notarzt würde Sauerstoff über eine Maske geben und eine Drainage zur Entlastung legen und zwar auf Höhe der 5./6. Rippe (Brustwarzenhöhe) seitlich (unterhalb der Achsel) und so die Luft und Blut im Brustkorb absaugen. Ist die Drainage drin, Wunden säubern und desinfizieren und Drainage und Wunde mit Tabaksbeutelnaht zu machen.

4) Werden Blutgefäße getroffen kann es durchaus zum hämorragischen Schock kommen.

Wenn es ein mittelalterliches/antikes Setting ist, kommt leider das Problem Wundinfektion dazu. An Wundinfektion sind damals sehr sehr viele Menschen gestorben und ohne Antibiotika und sterile Instrumente konnte man quasi nur hilflos zugucken.

Bin erst nächstes Jahr Ärztin :)

Felsenkatze

Auf Wunsch von Nina, die ein ähnliches Thema bearbeitet, wieder geöffnet.

Rumpelstilzchen

Danke, Felsenkatze :knuddel:

Ich befasse mich derzeit auch mit Stichverletzungen und bräuchte da eure Hilfe. Jemand sticht meiner Prota einen Dolch in den Bauch, der sie aber nicht töten will. Nun ist meine Frage, an welcher Stelle verursacht es den wenigsten Schaden? Die Klinge bleibt einige Minuten im Körper stecken (dass sie oder jemand anderes sie nicht rausziehen kann, hat allerdings magische Ursachen). Es darf ruhig schmerzhaft sein, aber sie muss in wenigen Tagen wieder fit sein.
Was mich zur nächsten Frage führt, wie die Verletzung behandelt wird? Und muss sie danach liegen bleiben, bzw. was würde passieren, wenn sie es nicht täte? Einen ausgebildeten Arzt gibt es in der Nähe nicht, nur eine ,,Wald-und-Wiesen"-Heilerin, es spielt aber in der heutigen Zeit, also Erste-Hilfe-Kasten, sauberes Wasser, etc. wäre verfügbar.

Vali

#12
Puhhh, also ein perforierendes Bauchtrauma ist nicht gerade ein Zuckerschlecken, vor allem wenn die Verletzung tief ist. Nur bei oberflächlichen Verletzungen hat man ne Chance um eine OP nochmal rumzukommen. Ist die Verletzung tiefer werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Gefäße und wichtige Organe verletzt und muss operiert werden. Gefährlich ist auch die Infektion, die zu einer Bauchfellentzündung, einem schweren Krankheitsbild führt.
Hier mal ein Link zu einem Buch: http://books.google.de/books?id=USQpLdULwYwC&pg=PA84&dq=perforierendes+bauchtrauma&hl=de&sa=X&ei=r281T6qCA4nGswaNw9DdDA&ved=0CEsQ6AEwBQ#v=onepage&q=perforierendes%20bauchtrauma&f=false
und
http://books.google.de/books?id=8-0GvPwCNI8C&pg=PA332&dq=perforierendes+bauchtrauma&hl=de&sa=X&ei=MnQ1T_CZH8LptQbDt_zHDA&ved=0CDQQ6AEwAQ#v=onepage&q=perforierendes%20bauchtrauma&f=false
Wenn dieser Jemand deine Prota nur oberflächlich gepiekst hat und so nur etwas die Bauchdecke oder ganz oberflächlich die Leber verletzt hat, kann sie das so überleben, dass sie nach wenigen Tagen wieder fit ist. Ist der Stich tief trifft man immer ein Organ oder ein großes Gefäß und die Infektionsgefahr ist auch nicht außer Acht zu lassen. Mal davon abgesehen, sollte der Dolch so oder so nicht gezogen werden, weil gerade das zu massiven Blutungen führen kann, die der Dolch vorher noch abgedichtet hatte.
Vielleicht hat deine Prota es noch geschafft auszuweichen und hat nur einen oberflächlich schrägen Schnitt/Stich in die Flanke oder am Becken entlang abbekommen, die die Heilerin dann wie eine Schnittwunde versorgen kann (Wundreinigung und Naht)?

Rumpelstilzchen

Wow, danke für die ausführlich Info und die Links

Zitat von: Vali am 10. Februar 2012, 20:46:24
Vielleicht hat deine Prota es noch geschafft auszuweichen und hat nur einen oberflächlich schrägen Schnitt/Stich in die Flanke oder am Becken entlang abbekommen, die die Heilerin dann wie eine Schnittwunde versorgen kann (Wundreinigung und Naht)?
Das wäre auch noch eine Idee. Die Heilerin würde das hinbekommen. Meine Prota ist jedoch recht zäh und eigensinnig. Könnte sie auch ein oberflächlicher Schnitt daran hindern die Verfolgung aufzunehmen, bzw. es überhaupt zu versuchen?

Vali

Nicht zu danken!
Ob deine Prota nach dem Stich jemanden verfolgen kann, kommt drauf an wie empfindlich sie ist. Insbesondere wenn der Dolch noch entlang vom Beckenknochen schabt, tut das sehr weh. Manche können vor lauter Adrenalin trotzdem noch rennen. Aber sonst tut das beim Laufen natürlich noch viel mehr weh, weil die Wunde so gespannt wird und die Wunde kann auch ganz schön bluten. Ich denke, die meisten wären bei sowas viel mehr mit sich selbst beschäftigt als jemanden hinterher zu rennen, der auch noch bewaffnet ist. Ich denke, das kannst du dann so machen wie es dir passt.