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[Recherche] Unbewohnbare Erdoberfläche

Begonnen von THDuana, 24. Juli 2010, 19:20:30

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Wuo Long

Zitat von: Felsenkatze am 25. Juli 2010, 08:19:34
;D Da fällt mir ein, dass sie mir als Kind im Planetarium eine Geschichte erzählt haben, die mich für mindestens ein Jahr in panischer Angst vor Sternen zurückgelassen hat. Da ging es um die Lichtintensität bei einer Supernova, und dass ein entsprechend naher Stern bei einer Explosion genügend gleißende Helligkeit erzeugen würde, die Erdoberfläche vollständig zu verbrennen.

Um diese Idee nochmal aufzugreifen, leider ist das keine Spukgeschichte sondern durchaus etwas, was passieren kann. Die Sprengkraft, die bei einer Supernova freigesetzt wird entspricht dem Gegenwert mehrerer Milliarden oder Billionen oder wasweißich Wasserstoffbomben. Angaben zur Entfernung, die eine solche Supernova haben müsste, um der Erde gefährlich zu werden, variiert von Forscher zu Forscher. Außerdem ist es auch von der Masse des explodierenden Sterns abhängig (je mehr Masse, desto stärker die Explosion), doch bei einer Entfernung von 50-100 Lichtjahre könnte eine solche Supernova bleibende Schäden auf der Erde verursachen. (es gibt sogar Angaben, die von über 3000 Lichtjahren sprechen, aber ich bin mal großzügig)

Es gibt im Grunde zwei Dinge, die gefährlich werden könnten:

1. Das Material des Sterns, das bei der Explosion einer Schockwelle gleich (Schockwelle ist als Bezeichnung eigentlich viel zu schwach) nach allen Seiten geschleudert wird. Nach Schätzungen hätte diese Schockwelle etwa 10% der Lichtgeschwindigkeit und zumindest die Planeten des Sonnensystems, wo die Supernova stattfindet, dürften von dieser Schockwelle in Stücke gerissen werden. Ist übrigens cinematisch im Star Trek Film "die letzte Generation" umgesetzt worden (mir fällt jetzt keine andere Serie ein, bei der das vorkommt).
Für die Erde gefährlich würde diese Schockwelle jedoch nur dann sein, wenn die Supernova im Bereich von 10 Lichtjahren oder näher hochgeht, also sehr, sehr nahe. Außerdem käme das Licht der Supernova zehnmal schneller bei der Erde an als die Schockwelle - die Menschen hätten also reichlich Zeit, sich vorzubereiten.

2. Das andere Gefährliche ist die Strahlung der Supernova. Allerdings keine "gleißende Strahlung" sondern Gamma-Strahlung, die man vom radioaktiven Zerfall kennt. Allerdings in Dosen, die alles radioaktive Material der Welt niemals aufbringen könnte. Diese Gamma-Strahlung kann dann verschiedene photochemische Reaktionen in der Atmosphäre in Gang setzen, darunter der ziemlich effiziente Abbau von Ozon in der Stratosphäre. Da die Gamma-Strahlen ungefähr zeitgleich mit dem sichtbaren Licht der Supernova wandern, hieße es: Die Menschen sehen das große Leuchten, und dann ist es auch schon zu spät. Und wenn es erstmal keine Ozonschicht mehr gibt, dann braucht man gar keine genetischen Schwächen oder Sonnenallergien mehr. Allein über das Zusammenbrechen verschiedener Ökosysteme überall auf der Welt könnte man sich die haarsträubensten Horror-Weltuntergangs-Szenarien ausdenken. 

Damit man mal ein Gefühl für die Entfernungen bekommt, ein Lichtjahr sind etwa 9,5 Billionen Kilometer. Unsere Sonne ist "nur" etwa 150 Millionen Kilometer von uns entfernt, und der nächste Stern nach der Sonne ist Proxima Centauri mit 4,2 Lichtjahren. Glaube ich zumindest. Will man sich also einen Stern aussuchen, der uns demnächst um die Ohren fliegt - einfach Sternenkarte auspacken und gucken, was in unserer Nähe am Himmel ganz besonders hell leuchtet. Das sind meistens die massereichen Sterne, die auch wirklich als Supernova enden und bei denen ihre Explosion auch was hergibt.  ;D

Grey

Whoa, das Zweite find ich toll. Würde ich sofort kaufen - wenn Duana es nicht will, heißt das natürlich. ;)

Felsenkatze

Wenn du noch mehr brauchst: Axel hat mir das mit der Supernova gestern auch noch mal auseinander gesetzt. Man bräuchte allerdings (was man jetzt noch nicht hat) eine Art ... Vorwarnung, sonst geht das halt alles sehr schnell und dann gibt's nicht mehr viele Überlebende.

Moa-Bella

Zitat von: Romilly am 26. Juli 2010, 00:25:05
Um mal an was ganz Unwissenschaftliches zu erinnern: Wie war das in der Bibel mit dem Dauerregen, Überschwemmung und der Arche Noah? ;)
Mal unabhängig davon, ob man an die Geschichten aus der Bibel glaubt, aber es ist ja auch immer noch Fantasy. Also ich als Romanleserin würd's glauben und da wäre ich sicherlich nicht die Einzige ;)
Man könnte den Dauerregen dann auch prima religiös instrumentalisieren (falls es passt?)

Wenn ich vom wissenschaftlichen Standpunkt ausgehe, kann die Welt eben nicht von einem Dauerregen überschwemmt werden, das ist eher unlogisch. Man kann natürlich auch Fantasy ins Spiel bringen, davon bin ich aber erstmal nicht ausgegangen.

Das mit dem Dauerregen der Arche Noah darf man nicht wörtlich verstehen, wie die gesamte Bibel. Das geht glaube ich auf ein reales Ereignis zurück, als das tote Meer überschwemmt wurde oder so etwas.

Lomax

Zitat von: Thosuko am 24. Juli 2010, 19:45:31Eine beschädigte Atmosphäre wäre eine Möglichkeit. Wie bei dem Ozonloch, ...
Da sind ja eine ganze Menge Dinge gesagt worden, die naturwissenschaftlich mehr oder minder ... diskussionswürdig sind und zu denen ich gerne was sagen würde. Aber das wird mir dann doch zu viel. Also beschränke ich mich mal auf das Kernthema.

Sonneneinflüsse wären sicher das naheliegendste. Aber eine beschädigte Ozonschicht reicht gewiss nicht aus, um die Erde zu verwüsten. Das richtet wohl einige Schäden an, aber es wäre immer noch leichter für die Menschheit, sich damit an der Oberfläche zu arrangieren, als unter die Erde zu gehen.
  Zusammenbruch des Erdmagnetfeldes hätte einen ähnlichen Effekt, und da hämmert dann schon einiges mehr rein. Die Konsequenzen können mittelfristig sogar gravierend sein und die Erde ohne Athmosphäre und Wasser zurücklassen, und es gibt verschiedene Modelle, nach denen so ein Ereignis auch recht plötzlich eintreten kann - ist deswegen auch schon sehr gerne mal benutzt worden, beispielsweise auch für Katastrophenfilme, nur leider waren da meist weder die Modelle zur Begründung besonders glaubwürdig noch die dargestellten Konsequenzen ;)
  Denn lässt man die längerfristigen Folgen außer acht, bleibt heftig umstritten, was direkt fühlbar ist. Mehr als beim Verschwinden der Ozonschicht, aber vermutlich ginge das Leben trotzdem weiter, die Natür würde sich verändern, aber die Umstellung an der Oberfläche wäre immer noch billiger als ein Umzug unter die Oberfläche. Es gibt Szenarien, die dann eine lebensfeindliche Umwelt durch die Strahlung prognostizieren, aber insgesamt sind das wohl eher die Minderheitenmeinungen und es dauert viel zu lange, bis es wirklich schlimm wird, um sich für deinen Roman zu eignen - also nix, was in ein paar Jahrzehnten die Menschen unter die Erde treibt.
  Dazu wäre es vielleicht sinnvoller, die Ausgangsstrahlung von der Sonne hochzudrehen. Da kann man sich ja beliebig was vorstellen, gravierende Sonneneruptionen und Strahlenausbrüche vielleicht, die relative kurzfristig das Leben unmöglich machen. Das ist dann zwar noch mehr aus den Fingern gesogen als Verschwinden der Ozonschicht oder des Erdmagnetfelds, aber es ist auch leichter, sich da was auszudenken, wobei einem niemand so leicht das Gegenteil beweisen kann ;)

Supernova ... woher kommen? Erst mal muss man eine Menge rechnen, um zu wissen, wo was hochgehen muss, damit auf der Erde genug ankommt. Und dann gibt es nach allen gängigen Berechnungen keinen geeigneten Stern für eine Supernova in kritischer Distanz zur Erde.
  Tatsächlich hatte ich mal einen SF-Roman zur Begutachtung, der genau dieses Szenario zum Inhalt hatte (Supernova droht Erde zu verwüsten, Gegenmaßnahmen müssen getroffen werden). Aber schon da musste sich der Autor irgendwelche rätselhaften Einflüsse ausdenken, die einen an sich völlig ungeeigneten Stern explodieren ließen, damit er eine Supernova so nahe an der Erde hinbekam, wie er sie für die Geschichte brauchte.

Womit du auch Probleme bekommen wirst, ist das hier:
Zitat von: Duana am 24. Juli 2010, 19:30:13
Bei der Stromerzeugung dachte ich an Dynamos (speziell von Verbrechern zu betreiben, ...
... zumindest dann, wenn man es mit den "Lampen" zusammennimmt, die das Pflanzenwachstum ermöglichen sollen, und wenn diese "Lampen" dann elektrisch sind. Denn natürlich bildet das, was wächst, die Energiegrundlage für die Bevölkerung, also auch für die Gefangenen, die die Dynamos betreiben. Und natürlich können die niemals mehr Energie produzieren, als sie selbst verbrauchen. Also können die Menschen, nicht durch ihre eigene Kraft so viel Energie erzeugen, wie die Pflanzen, von denen sie leben, zum wachsen brauchen. Da brauchst du eine externe Energiequelle. Zumindest solltest du die Dynamos in die unterirdischen Flüsse setzen ... Aber ich denke mal, da brauchst du mehr. Denn du musst ja nicht nur die Kraftwerke ersetzen, die wir jetzt an der Oberfläche haben, sondern auch noch die komplette Sonnenenergie, die unsere Landwirtschaft heute kostenlos kriegt. Das geht nicht mit irgendwelchen "kleinen" Lösungen.

Ansonsten - noch was Exotisches: http://de.wikipedia.org/wiki/Nemesis_%28Stern%29
Wie wär's mit irgendeinem galaktischen Irrläufer in dieser Art, der durchs Sonnensystem zieht und was durcheinanderwirbelt? Irgendwann habe ich nämlich auch mal eine Theorie gehört, die so was als "Strahlungsquelle" ins Gespräch brachte, die an der Erde vorbeizieht. Aber da weiß ich nicht, was dafür geeignet wäre und ob überhaupt etwas geeignetes sich so unbemerkt nähern könnte, dass man nur ein paar Jahrzehnte Vorwarnung bekommt.

Moa-Bella

Zitat von: Lomax am 26. Juli 2010, 19:00:22
Es gibt Szenarien, die dann eine lebensfeindliche Umwelt durch die Strahlung prognostizieren, aber insgesamt sind das wohl eher die Minderheitenmeinungen und es dauert viel zu lange, bis es wirklich schlimm wird, um sich für deinen Roman zu eignen - also nix, was in ein paar Jahrzehnten die Menschen unter die Erde treibt.

Aber wie sieht es mit von Menschen verursachter Strahlung aus? Die Auswirkungen von Tschernobyl (wenn man das so schreibt) waren ja schon verheerend, vor allem aber kann man das dann so dosieren und steuern, wie es nötig ist, anders als bei natürlichen Ursachen.

Grey

Wobei, rings um Tschernobyl hat sich die Natur eigentlich recht gut auf die hohe Strahlung eingerichtet. Eine wüste, leere Erdoberfläche wird man damit nicht hinbekommen. Aber für Menschen wirds kritisch, klar.

Maran

Zitat von: Moa-Bella am 26. Juli 2010, 19:09:35
Aber wie sieht es mit von Menschen verursachter Strahlung aus? Die Auswirkungen von Tschernobyl (wenn man das so schreibt) waren ja schon verheerend

Sie waren nicht verheerender als die ganzen oberirdischen Atomwaffenversuche nach dem WKII ... ausgenommen natürlich für Tschernobyl. Was "hier" ankam, war eine Mischung aus Panikmache und Schönreden. Die Natur passt sich jedenfalls an, wie Grey es schon sagte. Soviel ich weiß, sind Kakerlaken gegen radioaktive Strahlung immun, und Ratten besitzen ein Gen, daß die Strahlungsschäden repariert ... also auch so eine Art Immunität. Es würde nach einem GAU/Atomkrieg/etc. wohl vermehrt zu Mutationen kommen, Arten würden aussterben, aber eine Sterilität der Erdoberfläche wäre unwahrscheinlich.

Ich denke, daß eine absolut sterile/tote Umgebung nur dann vorhanden wäre, wenn auf irgendeine Art und Weise das Wasser abhanden kommen würde.

THDuana

Von den ganzen Ideen und Informationen überwältigt, erst einmal: Vielen, vielen Dank für eure Hilfe!

Die Idee mit der Supernova fände ich toll, aber wenn das eher unrealistisch ist, wie Lomax sagte, würde ich mich nochmals mit einem Physiker kurzschließen und dann entscheiden, ob mir eine logische Erklärung oder die hübsche Idee mit dem Licht lieber ist. ;)

Den Atomkrieg finde ich nach wie vor verlockend. Selbst wenn sich die Natur regeneriert oder anpasst, bleibt die Strahlung für die Menschen gefährlich und ich denke, mit etwas Politik kann man die Mehrheit auch davon überzeugen, unter der Oberfläche zu bleiben.
Dann würde ich auch von der Vorstellung der "kahlen Erdoberfläche" Abstand nehmen.

Die "Arche-Idee" finde ich auch sehr spannend, aber da passt meine eigentliche Geschichte leider nicht so hinein. Wäre aber sicher auch eine reizvolle Sache; vor allem im Zusammenhang mit dem Glauben ... :hmmm:


Oh, und Grey, die Nummer zwei der Supernova kannst du haben - ich bin davon überzeugt, dass deine Geschichte ein Knüller würde. :D

Faol

Ich bin wahrscheinlich zu spät, aber ich wollte die Idee mit dem Zusammenbruch des  noch einmal aufnehmen. Das Magnetfeld schützt uns vor Sonnenwinden und Strahlung aus dem All. Man vermutet, das der Mars auch mal ein Magnetfeld hatte und zu dieser Zeit der Erde sehr ähnlich war, also mit Ozeanen und flüssigem Wasser, sodass Leben möglich war. Aus einem nicht bekannte Grund hat er aber sein Magnetfeld und ich glaube deshalb auch seine Atmosphäre verloren, wodurch er so unbewohnbar wurde wie er heute ist.
Forscher haben jetzt auch festgestellt, dass das Magnetfeld der Erde langsam aber sicher abnimmt. Aus Jahrtausende alten Steinproben bei Vulkanen hat man jetzt festgestellt, dass das Magnetfeld der  Erde sich etwa alle 500.000 Jahre komplett umdreht. Also aus Nordpol wird Südpol. Vor dieser Umpolung nimmt es erst langsam ab. Die Umpolung dauert glaub ich einige hundert Jahre. Und in dieser Zeit gibt es kein richtiges Magnetfeld und die Erde ist der Strahlung aus dem All schutzlos ausgesetzt. Man weiß zwar nicht genau, welche Effekte das für den Menschen wirklich hat, aber es wäre durchaus denkbar, dass wir dann hier nicht weiter leben könnten.
Der letzte Polsprung ist jetzt etwa 780000 Jahre her, also längst überfällig.
Allerdings nimmt es die Erde bei der Regelmäßigkeit nicht so genau. Es kann also auch noch einige Jahrtausende dauern ;)
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
(Robert Frost - The Road Not Taken)