• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Wie komme ich schnellstens durchs Tor?

Begonnen von Luciel, 25. April 2010, 16:24:24

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Luciel

Die Frage ist ähnlich der Mauerfrage ...

Es geht um eine Festung in der Antike, Ort: zwischen Indien und Persien. Die Mauern der Festung sind "nur" 3 Manns-hoch.
Die Männer müssen jedoch unbedingt durch das Tor, mit Gewalt und so schnell wie möglich. Es geht buchstäblich um Leben und Tod, Minuten könnten hier den ganzen Krieg entscheiden. Ich denke mal, die übliche Maschinerie von Katapulten und Rammböcken ist vorhanden und hat sich bis zu diesem Moment auch schon halbherzig im Einsatz befunden.
So ein Tor ist ja aus Holz, denke ich mal. Wo genau liegt da überhaupt die Schwierigkeit, es zu überwinden? Die Eroberer haben ja vorzugsweise die Mauern überklettert.

Es geht um einen historischen Roman, Magie ist also leider nicht möglich. Verlust von Material oder Menschen ist völlig unerheblich, Hauptsache das Tor fällt ...
Wie sieht es mit einem Elefanten aus? Kriegt der das Tor zertrümmert?
Vielen Dank schon mal an die historisch bewanderten hier im Forum - ich hoffe, ihr habt auch diesmal die zündende Idee.

Schreinhüter

Das Problem des Tores ist sein Halt in den Schanieren daran. Man kann zwar ein Loch in ein Tor hauen, aber es wird dadurch nur ein wenig splittern. Die Gewalt liegt also darin, es mitsamt der befestigenden Materie, meist ja Eisen, aus den Angeln zu reißen. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Rammbock dazu dienlich ist, aber dabei können die Männer durchaus von Bogenschützen auf den Wehrmauern erschossen werden. Deine Idee mit dem Elefanten reizt meine Fantasie. Ein einzelner Elefant könnte durchaus mit viel Kraft gegen das Tor rennen, aber kriegt man ein Tier dazu sich mit voller Wucht gegen einen Widerstand zu werfen? Vielleicht mit der Schulterregion? Hat man in dieser Region Rammböcke benutzt? Du könntest es kombinieren. Der Elefant bekommt die Augen verbunden, wir gereizt und halb gelenkt und rennt in ein Tor, das bereits von einem Rammbock bearbeitet worden ist.
Ansonsten bin ich auf die Einsichten der Anderen schon sehr gespannt!

Luciel

Ich denke mal schon, dass man Rammböcke verwendet hat, wenn man sogar schon Katapulte hatte.
Ein weiteres Problem ist wahrscheinlich der eingeschränkte Platz vor so einem Tor, könnte ich mir vorstellen.
Elefanten haben, glaube ich, nie so ganz freiwillig gekämpft. Ich habe da mal etwas drüber gesehen ... und leider vergessen.

Antonia Assmann

 Und wenn du es abbrennst? Also mit Katapulten Brennbares aufs Tor und dann Bogenschützen vor und anzünden? Oder dauert das dir zu lange?
Mehr fällt mir im Moment auch nicht ein... aber ich denke weiter darüber nach!

Grüße
Antonia

Moa-Bella

Wenn davor ein Abhang ist, könnte man Katapulte darauf zurasen lassen, aber ob das hilft, weiß ich nicht, kann auch sein, dass das Katapult kaputt geht.

Berjosa

Meistens liegen die zu erstürmenden Tore am falschen Ende des Abhangs.

Gibt's keine Möglichkeit, jemanden einzuschleusen, zu bestechen, zu erpressen o.ä., der von innen aufmacht?

Mrs.Finster

Zitat von: Luciel am 25. April 2010, 20:03:14
Ich denke mal schon, dass man Rammböcke verwendet hat, wenn man sogar schon Katapulte hatte.
Ein weiteres Problem ist wahrscheinlich der eingeschränkte Platz vor so einem Tor, könnte ich mir vorstellen.
Elefanten haben, glaube ich, nie so ganz freiwillig gekämpft. Ich habe da mal etwas drüber gesehen ... und leider vergessen.

Ein Elefant? Soll der sích dagegen lehnen oder wie stellst du dir das vor?  :hmmm:

Ich würde einen Rammbock verwenden. Die gibt es glaube ich- in den meisten Kulturen.

Bei einem Elefant kommt erschwerend hinzu, dass er- wenn er von Pfeilen getroffen wird- schnell zu Grunde geht
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

Lomax

Zitat von: Luciel am 25. April 2010, 16:24:24Die Männer müssen jedoch unbedingt durch das Tor, mit Gewalt und so schnell wie möglich.
Dann geh davon aus, dass sie einen Verbündeten hinter der Mauer haben, der ihnen das Tor öffnet. ;)
  Nein, im Ernst: in geschätzten 90% aller Fälle, wo Eroberer durchs Tor kamen, haben sie das so geschafft. Wenn sie es mit Gewalt schaffen müssen, dann geh davon aus: Es geht nicht. Schon gar nicht schnell. Genau das ist nämlich der Grund, dass solche Erstürmungen dann meist doch über die Mauer erfolgten; und nur über die Mauer geht es schnell.
  Festungsbau und Belagerungstechniken ist, historisch gesehen, ein steter Rüstungswettlauf. Wer gerade vorne liegt, wechselt je nach Epochen - und es gab durchaus Jahrhundertelange Epochen, da lag der Festungsbau entwicklungstechnisch so weit vorne, dass ein Krieg an der Mauer zuende war. Die Belagerer konnten vor der Mauer campen, sich an der Mauer die Köpfe einschlagen - aber gewinnen konnten sie nur durch Verrat oder sekundäre Maßnahmen wie aushungern. Es wäre also die Frage, in welcher Epoche genau dein Roman angesiedelt ist, denn, wie gesagt: in manchen Zeiten gibt es keine realistische Möglichkeit, wie eine Up-to-Date-Armee eine Up-to-Date-Festung mit Gewalt einnehmen kann.
  Selbst dann, wenn die Belagerungstechnik mal wieder die Nase vorn hatte, waren die Belagerer selten ganz doof. Zu jeder technischen Methode, eine Festung zu knacken, gibt es geeignete Abwehrtechniken. Das gilt vor allem fürs Tor. Was auch immer die Angreifer da unternehmen: Die Belagerten haben immer genug Zeit, dagegenzuhalten und das Tor zu halten. Manchmal können sie damit das unausweichliche nur hinauszögern, und bei entsprechendem Vorteil der Belagerungstechnik kriegen die Angreifer das Tor geknackt - aber eben nicht schnell. Schnell kippen kann so ein Angriff eigentlich nur beim Sturm über die Mauern, und da kann man auch Vorteile an Menschen und Material am ehesten ausspielen; oder das Tor erst mal "außenrum" stürmen, damit man Leute drin hat, die es aufmachen ...
  So ein Tor ist durchaus ein Schwachpunkt und man kann dort immer leichter hindurchbrechen als durch die Mauer und es bietet viel mehr Angriffsmöglichkeiten. Aber das sollte man nicht überbewerten. Es bedeutet nicht, dass man durch ein Tor besonders gut und schnell durchbrechen könnte; es bedeutet nur, dass man durch die Mauer noch schlechter durchkommt und die noch weniger Angriffsfläche bietet. Die "Schwachstelle Tor" ist also nur eine sehr relative.

Wenn du eine Ausnahme schaffen willst, musst du Sonderfälle konstruieren. Dann müsste halt der Angreifer dem Verteidiger kulturell überlegen sein und einen höheren Stand der Kriegstechnik haben (und der Verteidiger einen niedrigen Stand der Bautechnik). Oder es gibt ganz spezielle, situationsabhängige Schwachstellen am Tor, die dann im Text erklärt und aufgebaut werden müssten. Wenn beispielsweise die Verteidiger arme Schlucker sind und sich keine zeitgemäßen Festungstore leisten können. Oder die Belagerung dauert schon eine Weile an, und alles, was an Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten am Tor gemacht werden kann, ist vor dem entscheidenden Angriff getan worden, so dass du nur noch die letzten Minuten eines schon längeren Kampfes zeigst. Aber, wie auch immer, damit man schnell und mit Gewalt durch das Tor kommst, brauchst du irgendeine außergewöhnliche Gegebenheit, die du speziell dafür einführen musst und die der Belagerer ausnutzen kann.
  Bei einer normalen, typischen Belagerung zwischen in etwa gleich entwickelten Gegnern ist das eigentlich ausgeschlossen, und es gibt auch wenig, was der Angreifer aktiv tun kann, um so einen schnellen Durchbruch unabhängig von allen Widerständen zu erzwingen. Ich denke da an ein Zitat meines Lieblingsprofessors in einem anderen Kontext: "Heute führt da eine Straße lang. Heute gibt es ja auch Sprengstoff." Man sollte nicht unterschätzen, wie zäh manche Hindernisse sein können, wenn man keinen Sprengstoff hat  ;D
 

Churke

Lomax hat die Lage ziemlich erschöpfend analysiert. Mal zwei Bilder:

http://i44.tinypic.com/28ml505.jpg
die Porta Appia

http://farm4.static.flickr.com/3239/2784087913_0fb0727da3_b.jpg
die Porta Ostiensis

Diese Tore sind genauso uneinnehmbar wie sie aussehen. Und selbst wenn man durchgebrochen wäre - der Raum ist so eng, dass die Verteidiger das Tor abriegeln können.

Ansonsten fällt mir noch ein: Die Mauer und die Türme mit Skorpionen von Ballisten von Verteidigern säubern und dann Sturmangriff. Allerdings setzten die Verteidiger ihre eigenen Ballisten ein, um sich die feindlichen vom Leib zu halten.
Methoden gibt es einige, aber Verrat ist das einzige, das schnell geht und verhältnismäßig zuverlässig funktioniert.



Luciel

Hm ... die Mauern sind ja mächtig ... In dem Text steht, die Mauern waren nur 3-Mann-hoch, da wird da Tor dann wahrscheinlich auch nicht so riesig gewesen sein.

Also, der historische Text besagt, die Eroberer kamen durchs Tor. Grund für diese überstürzte Aktion ist die merkwürdige Entscheidung des Königs (Alexander des Großen), sich ganz allein von der Mauerkrone in die Festung des Feindes zu stürzen:

"... vier Leibwächter srpingen ihm hinterher .. einer wird tödlich getroffen, die anderen schwer verwundet, vermögen aber ihren König so lange mit ihren Schilden zu schützen (Alexander liegt schwer verletzt am Boden, bis endlich die Garde das Tor zertrümmert, in den Hof eindringt und in wahnwitzigem Zorn alles totschlägt, was sich ihr in den Weg stellt .."

Da steht also deutlich, dass der Weg durchs Tor führte und das sicherlich in allerkürzester Zeit. Mich wundert das genauso wie euch, sonst hätte ich diese Frage nicht gestellt. Ich möchte nicht über etwas schreiben, was ich mir nicht vorstellen kann oder vielleicht nicht mal glauben kann.

Churke

Die Quelle verrät doch schon mal einiges über die Umstände und den Rest kann man vermuten:

1. Die Festung ist eher drittklassig.

2. Alexander tritt wahrscheinlich mit zehntausenden Soldaten zum Sturm an.

3. Alexander will den Hauptangriff über die Mauer führen. Über Belagerungstürme oder Leitern. Verluste sind ihm egal und außerdem hat er es eilig.

4. Wahrscheinlich wird das Tor parallel mit einem Rammbock bearbeitet. ("zertrümmert")

5. Als Alexander von seinen Männern getrennt wird, übernehmen die Hetairoi den Rammbock. Die Verteidiger haben alle Hände voll zu tun, weil rundum gekämpft wird, und können den Angriff auf das - schwach gesicherte - Tor nicht abwehren.


Gar so merkwürdig ist Alexanders Entscheidung übrigens nicht. Pyrrhus hat auf diese Weise mal eine Festung eingenommen. Als die Karthager ihn erblickten, liefen sie davon. Pyrrhus war nämlich ein abartig guter Schwertkämpfer...

Lomax

Ein konkreter Ort, eine konkrete Zeit - das macht es natürlich schwierig, da was Passendes zu erfinden. ;)

Aber ich würde auch sagen, der "situationsbedingte Sonderfall" war in dem Fall einfach der von Churke angesprochene Punkt 1. Das Tor war so schwach, dass man es durch bloßes "Gegenlaufen" durchbrechen konnte.
Alexanders Truppen waren zu dem Zeitpunkt weitab vom "Zentrum der Kultur", die Befestigung dürfte auch nicht gerade auf die Art der Kriegführung ausgelegt gewesen sein, die in Vorderasien üblich war. Im vorliegenden Fall, soweit ich das noch im Kopf habe, wurde allerdings nicht viel an technischer Überlegenheit ausgespielt. Für mich klang das immer nach einem Scharmützel am Rande, gegen eine Festung, die mehr darauf ausgelegt war, den Verteidigern einen Vorteil zu verschaffen und den Feind ein wenig zu behindern, die aber ohne bauliche Rafinesse angelegt war. Katapulte etc. würde ich da nicht erwarten - allenfalls Rammböcke und Sturmangriff drumherum, der die Verteidiger daran hindert, das Tor von innen besser zu sichern.

Churke

Zitat von: Lomax am 26. April 2010, 20:11:12
Katapulte etc. würde ich da nicht erwarten - allenfalls Rammböcke und Sturmangriff drumherum, der die Verteidiger daran hindert, das Tor von innen besser zu sichern.

Die Mauern durch Skorpionbeschuss von Verteidigern zu säubern, war griechische Standardtaktik. Möglicherweise gaben die Dinger "Feuerschutz", während Alexander auf die Mauer kletterte. Griechische Verteidiger hätten mit Skorpionen zurück geschossen ("Artillerieduell") und den Angriffsplan so vereitelt, aber die Inder verfügten wahrscheinlich nicht über diese Waffen.

Lomax

Zitat von: Churke am 26. April 2010, 20:46:11Die Mauern durch Skorpionbeschuss von Verteidigern zu säubern, war griechische Standardtaktik. Möglicherweise gaben die Dinger "Feuerschutz", während Alexander auf die Mauer kletterte. Griechische Verteidiger hätten mit Skorpionen zurück geschossen ("Artillerieduell") und den Angriffsplan so vereitelt, aber die Inder verfügten wahrscheinlich nicht über diese Waffen.
Nun ja, ein großer Teil von Belagerungsgeräten wurde ja nicht mitgetragen, sondern erst vor Ort zusammengebaut. Aufgrund der Vorgeschichte des Anmarsches und der Umstände des Kampfes, die ich immer als eher "en passant" interpretiert habe, würde ich die Sachlage so einschätzen, dass sie weder viel schweres Gerät  mittransportiert noch vor Ort etwas Komplizierteres als Sturmleitern gebaut haben.
  Obwohl es natürlich im Industal einige Belagerungen gab und schwer einzuschätzen ist, wie viel Zeit genau an welcher Stelle verbracht wurde und wie die Transportmöglichkeiten von einem Vorfall zum nächsten waren. Aber in der Gesamteinschätzung der Situation habe ich nicht den Eindruck, dass da viel Raum für aufwendige Belagerungstechnik war.

Maran

Wie wäre es, das Tor mit Brandgeschossen (nee, keine Pfeile) zu entflammen? So mit einer Art Molotovcoctail mit ölgefüllter Schweinsblase und brennender Lunte. Keine Ahnung, ob das in den Zeitrahmen passen könnte oder überhaupt funktioniert.

Zuerst dachte ich an Schwarzpulver, aber das kam ja auch in China erst viel später zum Einsatz.