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Pferdexperten bitte an die Tasten!

Begonnen von Geli, 24. September 2009, 11:58:08

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Geli

Liebe Pferdebesitzer, Pferdefreunde, Wissende,

wann, d.h.  ab welchem Zeitpunkt nach der Geburt, bzw. nach welchen Gesichtspunkten wird ein Pferd mit einem Brandzeichen versehen?
Kriegen alle Pferde welche? Oder welche grundsätzlich nicht?

Hintergrund meiner Frage ist, dass ich mir einen Protagonisten ausgedacht habe, der absolut kein Pferd mit Brandzeichen besitzen will, aber trotzdem ein hochwertiges "Sportgerät" haben möchte.
Ach ja - der Mann reitet eher im Gelände, also nicht etwa Dressur.

Angelus Noctis

Hallo Geli!

Ich habe gerade mal meinen Mann (den Pferdeexperten) befragt. Hier ist, was er sagte:

Wenn überhaupt, wird ein Pferd erst etwa ab dem dritten Lebensjahr gebrandzeichnet. Es muss dafür schon so gut wie ausgewachsen sein, damit sich das Zeichen nicht durchs Wachstum verzieht.
Ob man ein Pferd per Brandzeichen markieren lässt, ist die Entscheidung des Besitzers. Der Züchter wird also seine Pferde nicht kennzeichnen.
In Deutschland ist das Brandzeichen mittlerweile eigentlich völlig aus der Mode gekommen (evtl. sogar verboten - das weiß ich nicht genau); die Pferde werden in aller Regel tätowiert (im Normalfall befindet sich die Tätowierung im Ohr). In Amiland ist die Methode des Tierquälens - Brandzeichnen - allerdings noch gang und gäbe.

Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig weiterhelfen.

Viele Grüße!

Sprotte

Nur ein Rassepferd mit Ahnennachweis und rassetypischem Exterieur wird gebrannt (wenn überhaupt).
Normalerweise wird das mit 1/2 bis 1 Jahr gemacht, nachdem das Fohlen bei Fohlenschau neben der Mutter und später alleine vorgeführt wurde und von Richtern als Rassevertreter akzeptiert wurde.
Meine Freundin erwarb ein 13monatiges Fjordpferd. Noch nicht gebrannt. Das Pony war auf Fohlenschau mit der Mutter, die Stutenbesitzerin hatte sie aber noch nicht brennen lassen, sondern Fohlenbegleitpapiere mitgegeben.

Jeder Mix oder wild gezogenes Fohlen bekommt normalerweise keinen Rassebrand. Einige Tiere mit halben Papieren (Vater gekörter Hengst, Mutter ohne Abstammung) können einen Kontrollbrand bekommen (also reinen Nummernbrand). Auch Rassetiere mit optischen Mängeln erhalten mitunter nur einen halben oder Kontrollbrand (zu klein, nicht als Zuchtstute eingetragen wegen Mängeln, bei Trakhenern wird dann z.B. nur die halbe Geweihschaufel gebrannt).

Meine beiden vorhandenen Pferde sind wilde Mischmaschs, beide ohne jeglichen Brand, nur mit Chip unsichtbar markiert. Mein 37jähriger Holsteiner hatte sowohl Rasse- als auch Nummernbrand auf dem Oberschenkel

Mrs.Finster

#3
Sprotte hat das schon gut erklärt. Hast du ein Pferd vom Züchter wird es in aller Regel mit einem halben Jahr gebrannt, nämlich dann wenn es von der Mutterstute getrennt wird. Also ich kann nicht bestätigen, das das Brennen aus der Mode ist. Der Chip ist leider eher noch eine Rarität. Mein Youngster der jetzt 2 1/2 ist, hat einen ganz normalen Brand. In Frankreich ist es z.B. Gang und Gebe Pferde zu chippen. Eine Tätowierung im Ohr ist mir hingegen neu  ???

Die Regel ist Papiere= Brandzeichen oder Chip. Ein Pferd ohne Papiere ist in der "oberen Liga" salopp gesagt nichts wert. Mit einem Pferd, dass keine Papiere besitzt, kann man auch nicht züchten. Natürlich gibt es auch super Pferde ohne Papiere, aber die sind deutlich weniger wert, gehst du vom Geld aus...

Ziemlich hartes Geschäft. Es wird viel Wert auf die Abstammung gelegt und Pferde sind im Sport meist nicht mehr als "Sportgeräte" wie du es so schön sagst...Dennoch:  Auf Papieren kann man nicht reiten. Was nützt dir eine super Abstammung, wenn das Pferd nicht zu dir passt?
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

felis

#4
Zitat von: Angelus Noctis am 24. September 2009, 12:39:34
Hallo Geli!

Ich habe gerade mal meinen Mann (den Pferdeexperten) befragt. Hier ist, was er sagte:

Wenn überhaupt, wird ein Pferd erst etwa ab dem dritten Lebensjahr gebrandzeichnet. Es muss dafür schon so gut wie ausgewachsen sein, damit sich das Zeichen nicht durchs Wachstum verzieht.
Ob man ein Pferd per Brandzeichen markieren lässt, ist die Entscheidung des Besitzers. Der Züchter wird also seine Pferde nicht kennzeichnen.
In Deutschland ist das Brandzeichen mittlerweile eigentlich völlig aus der Mode gekommen (evtl. sogar verboten - das weiß ich nicht genau); die Pferde werden in aller Regel tätowiert (im Normalfall befindet sich die Tätowierung im Ohr). In Amiland ist die Methode des Tierquälens - Brandzeichnen - allerdings noch gang und gäbe.

Das ist mit Verlaub gesagt völliger Quatsch.
Jedes Rassepferd wurde bis zu diesem Jahr in Deutschland bereits als Fohlen im Alter von bis zu maximal einem halben Jahr gebrannt. Durch Wachstum verziehen tut sich da gar nix. Die Nummernbrände meiner ausgewachsenen Zuchtpferde sind jedenfalls alle noch lesbar. Seit Mitte diesen Jahres ist aufgurnd einer EU-Verordnung das Chippen zur Kennzeichnung obligatorisch. das Brennen soll abgeschafft werden. die Zuchtverbände kämpfen aber noch darum, dass das Brennen als "Markenzeichen" erhalten bleiben kann.
Das Brennen (so heißt der Fachbegriff korrekt - nicht brandzeichnen) als Tierquälerei zu verunglimpfen, ist hochgradig überzogen. Meine Fohlen habens bisher alle ohne bleibende Schäden für Psyche und Physis überstanden.
Tätowieren im Ohr gibts bei Pferden gar nicht. In Holland war ne Zeitlang das tätowieren der Zunge Usus. Die steigen jetzt EU-induziert allerdings auch auf chippen um.

Bis vor ca. 15 Jahren gabs auch noch zusätzlich zum Fohlenbrand auf dem Hinterschenkel den Halsbrand für eingetragene Zuchtstuten. Der ist aber schon länger aus der Mode.

Dein Prota braucht nur ein paar Jahre zu warten. Dann wird die Mehrheit der Rassepferde nicht mehr gebrannt sein. Oder er hat ein z. B. holländisches Importpferd, dann s. o.
Grüße von felis, die deutsche Reitponys züchtet  ;)

P. S. Ein reiner Geländetreiter, der "ein hochwertiges Sportgerät" haben will, ist beinahe ein Widerspruch in sich. Die Leute mit dem Selbstverständnis "Nur-Geländereiter" die ich kenne, haben in der Regel keine teueren Pferde.
Es gibt nebenbei bemerkt auch noch andere Möglichhkeiten als Dressur oder Gelände.
Männer sind gerade in diesen beiden Sparten eher selten anzutreffen.
Wahrscheinlicher wäre ein Springreiter, dann höchstwahrscheinlich auf Rasse-Warmblutpfferd, oder ein Westernreiter. Letzterer könnte durchaus viel Geld für ein Original-amaerikanisches Quarterhorse o. ä. ausgegeben haben, das mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit nicht gebrannt ist. Die meisten amerikanischen Züchter machen da gar nixn. Brennen ist in den USA schon lange nicht mehr flächendeckend verbreitet. Mein vor 20 Jahren gekauftes original kanadisches Morgan Horse war danmals schon über Blood-typing registriert und nicht mit einem Brandzeichen versehen.

Tenryu

Früher waren Brandzeichen vor allem zur Eigentümerkennzeichnung notwendig, weil Pferde in der Regel nicht in Ställen, sondern in Herden auf Weideland gehalten wurden. Vor allem in den großen nordamerikanischen Prärien haben sich die Herden verschiedener Besitzer vermischt, und mußten dann meist im Frühjar, wenn die Fohlen geboren wurden, wieder auseinandersortiert werden. Bei der Gelegenheit bekamen die Fohlen auch ihr Zeichen und die guten Exemplare wurden für den Verkauf rausgesucht.

Brandzeichen waren einfach und billig und relativ fälschungssicher. Militärpferde bekamen alle ein Bradzeichen.

Geli

Vielen herzlichen Dank für die vielen Optionen, die ich von Euch eröffnet bekomme.

Damit ihr wisst, wohin der Hase läuft in meinem Roman:
"mein" Reiter braucht ein Pferd, mit dem er ein mittelalterliches Turnier reiten kann (Tjost).
Ich nehme an - ihr habt gemerkt, ich bin totaler Laie, dass er mit einen Westernpferd
klar käme. Wenn US-Pferde gechipt werden, klingt das für mich ideal.
Leisten kann sich mein Prota den Import locker.


Artemis

Zitat von: Geli am 25. September 2009, 08:39:16
"mein" Reiter braucht ein Pferd, mit dem er ein mittelalterliches Turnier reiten kann (Tjost).
Ich nehme an - ihr habt gemerkt, ich bin totaler Laie, dass er mit einen Westernpferd
klar käme. Wenn US-Pferde gechipt werden, klingt das für mich ideal.
Leisten kann sich mein Prota den Import locker.

Du willst den Prota mit einem Westernpferd tjosten lassen? In voller Rüstung? Aua ...
Normalerweise waren die Pferde der tjostenden Ritter so stark gebaut, dass sie den Mann samt Rüstung gut tragen konnten. Und wenn ich mir da ein kleines Quarterhorse mit seinen 1,50 m Stockmaß angucke ... na, ich weiß ja nicht O.o Die Westernpferde wurden ja nicht als Gewichtsträger gezüchtet, sondern als clevere, flinke und muskulös-untersetzte Arbeitstiere, die mitdenken und auch mal rasante Manöver machen können.

Luciel

....wollt ich auch gerade schreiben, Artemis war schneller ...

Die typischen Westernpferde habe ich eher klein und wendig im Gedächtnis. Beim Tjosten würde ich mir eher ein großes Pferd vorstellen, wie die Ritterpferde von früher. Ein Shire-Horse z.B. Ich gehe mal davon aus, dass die auch in den USA gezüchtet werden. Die meisten Zuchtrassen sind ja nicht an einen bestimmten Ort gebunden.

Geli

Entschuldigung!

Westernpferd ist absolut nicht Bedingung. Ich dachte ursprünglich einfach an ein Warmblut.
Zumindest sehe ich bei meinen gelegentlichen Besuchen von Ritterturnieren Darsteller solche Tiere reiten.
Dabei gerne der "Gute Ritter" einen Schimmel.
<räusper> zum Gewicht der Rüstung: kann natürlich sein, dass mir da jemand einen Bären aufbinden wollte, aber gerüchteweise habe ich gehört, dass heutige Ritterdarsteller keine Eisenrüstungen mehr tragen, sondern Hightech, vergleichball zu Baseball-Protektoren. Da noch ein grellbuntes Überkleider drüber - Mann wie Pferd - und merkt das Publikum das Fake nicht.

Luciel

#10
Das stimmt natürlich ... bei den heutigen Ritterspielen reiten die "Ritter" das, was sie so grad zur Hand haben. Vom Pony bis zum teuren Warmblut kann man da so ziemlich alles sehen.
Bei einem Roman würde ich mir allerdings die Freiheit nehmen und meinem Prota die Wertschätzung und die Mittel für einen stilechten Auftritt zu geben. Auch wenn die Rüstung heutzutage leichter ist, muss man das ja nicht gleich am Pferd ablesen können.

Ein paar Infos zu den Shire Horses (ich finde die ja sowas von klasse)

"Die Rasse geht auf die sogenannten "Great Horses" zurück, welche im Mittelalter in Britannien als Ritterpferde gezüchtet wurden. Diese Pferde mussten den Ritter in voller Rüstung tragen und trotzdem noch relativ schnell und wendig sein."

Fotos:

http://www.nurturalhorse.com/images/Shire-Horse.jpg

http://lizditz.typepad.com/photos/uncategorized/crackertallesthorse.jpg

http://tuesdayshorse.files.wordpress.com/2008/03/noddy.jpg

http://www.cyberhorse.net.au/tve/photos/20080930equitanabreeders/noddy4.jpg

http://anhso.net/data/6/olympus/501683/ShireHorsesirenulli675157.jpg

Die muss man doch einfach haben, oder??

Artemis

#11
Zitat von: Luciel am 25. September 2009, 13:11:49
http://lizditz.typepad.com/photos/uncategorized/crackertallesthorse.jpg

Wuaaa ...
*Hüh schnapp und wegreit*

Na ja, ich mag die Tierchen lieber eine Konfektionsgröße kleiner, und dann schimpfen die sich Tinker  ;)
Trotz allem wunderschöne Tiere, gerade wenn sie als Streitross ausstaffiert sind. Wenn man vor einem Shire-Hengst mit fast 2 Metern Stockmaß steht, fühlt man sich plötzlich wie ein Wurm. Reiten könnte ich die nie  :no: Raufkommen ist ja schon schwer genug, aber was ist, wenn man da die Flatter macht? Vom Rücken eines Haflingers machts schon Aua  :gähn:

Tenryu

Mir gefallen die Friesenpferde am besten. Sie sind eher mittelgroß, wirken aber größer. Man kann recht bequem auf ihnen sitzen. Ich denke, bei einem Rittertunier würden sie auch eine gute Figur abgeben. (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Friese2.jpg&filetimestamp=20070316160501)

Geli

#13
Es ist gebongt, Ritter Moyland kriegt ein Shirehorse. Der Apfelschimmel passt prima für den Romanzweck.

Pferde mit Püschelfüssen mochte ich schon immer (vom Angucken her)
"In echt" kenne ich das leider nur als Brauereipferd; ich stand mal in München an einer Fußgängerampel, als HackerPschorr gerade sein Gespann für die Wiesn "geübt' hat. Weia, sind die riesig!

äh ... wie bremst man so etwas, wenn es sich Galopp in den dicken Schädel setzt? Abwarten, bis Pferd aus der Puste ist???

Vielen Dank, liebe Leute und bis Montag. Das Wochenende ist wieder mal so vollgestopft, dass ich kaum ins Forum kommen werde.

Artemis

#14
Zitat von: Geli am 25. September 2009, 15:49:50
äh ... wie bremst man so etwas, wenn es sich Galopp in den dicken Schädel setzt? Abwarten, bis Pferd aus der Puste ist???

Bei so was Großem sollte man sich schon vor dem Aufsteigen sicher sein, dass der seinen dicken Schädel nicht durchsetzt  ;) Andernfalls kanns schnell ungemütlich werden. Und bis der Dicke außer Puste ist, kann unter Umständen etwas dauern ^^

Zumindest sollte dein Reiter energisch sein und genug Durchsetzungsvermögen haben, um so einen Berg von einem Pferd kontrollieren zu können. Jedes Pferd könnte dich mühelos zu Brei machen, wenn es denn wollte, nur seine gute Erziehung hindert es daran. Darin liegt eigentlich die ganze Handhabung mit dem Tier. Hast du einen Draht zu dem Tier und vertraut es dir bzw. weiß, dass du der Chef bist, hört es auch auf dich.
Was passiert, wenn Pferde keinen Respekt vor dem Reiter haben und sich einen Teufel drum scheren, was der Hampelmann da oben will, kann man in zahlreichen Reitstunden sehr gut beobachten.