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Wenn der Zweifel an die Tür klopft

Begonnen von Alaun, 06. August 2009, 09:47:55

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Alaun

Hallo liebe Tintenzirkler!

Mich würde interessieren, welche Strategien ihr habt, wenn der gute alte Zweifel mal wieder auf eine Stippvisite vorbeikommt. (Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass jeder Schreiberling ab und an mit diesem sperrigen Kollegen zu tun hat...)

Ich bin durchaus auch der Meinung, dass Zweifel gut sein können. Sie sorgen dafür, dass ich auf dem Boden bleibe und meine Texte kritisch sehe. Sie helfen mir, mich selbst nicht so wichtig zu nehmen. 

Und sie sind so ziemlich das Nervtötendste, was mir passieren kann!
Denn leider führen sie auch dazu, dass ich Schlechtes sehe, wo gar nichts schlecht ist. Sie reden mir ein, dass meine Texte zu banal sind, der Plot nicht ausgefeilt genug, die Figuren blass. Sie legen den Kopf schräg und sagen: "Schön, schön, damit verbringst du also deine Zeit...aber ist das nicht alles schon mal dagewesen? Und das viel- besser?" Und wenn ich nicht aufpasse, dann führen sie mich laut beifallklatschend direkt in eine  Blockade... 

Meine Strategie gegen Zweifel: ihnen die Tür vor der Nase zuschlagen und einfach weiterschreiben. Stoisch. Meistens kann ich sie mir nämlich nicht leisten, sie sind einfach zu exzentrisch für meinen Alltag. Und dagegen anschreiben wirkt meistens Wunder. Leider aber eben nicht immer.
Also, welche Strategien habt ihr? Schokolade essen? Ins Kino gehen? Ein richtig schlechtes Buch durchblättern und danach denken: "Hach, eigentlich bin ich ja gar nicht soooo schlecht?"

Bin gespannt, was ihr zu diesem Thema schreibt!

Ganz viele liebe Grüße
*A (die letzte Nacht dem Zweifel mal wieder die Tür vor der Nase zugeschlagen hat)



Coppelia

#1
ZitatEin richtig schlechtes Buch durchblättern und danach denken: "Hach, eigentlich bin ich ja gar nicht soooo schlecht?"
Ja! ;D Das mache ich manchmal!
Ehrlich, ich kenne den Zweifel nur zu gut. Und ich fürchte mich auch jedes Mal wieder vor ihm. Eine richtig gute Strategie hab ich auch nicht, ich bin dem ziemlich ausgeliefert.
Was mir manchmal hilft: Spaß an der Geschichte zu haben. Ich suche mir selbst die Punkte heraus, an denen ich an der Geschichte Spaß habe. Und wenn mir etwas in den Sinn kommt, was Probleme macht, sage ich mir: egal, vergiss es erstmal! Darum kannst du dich kümmern, wenn du fertig bist.
Also, woran hast du Spaß? Bei mir sind es meist die Charaktere, ich erzähle mir selbst, wie toll die Charaktere sind und dass es solche nirgendwo anders gibt, und dass sie MEIN SCHATZ sind und solche Dinge. ;D Oder bist du auf das Setting stolz oder auf Landschaftsbeschreibungen, auf spannende Stellen oder auf Liebesszenen? Ich denke, es kann alles sein, Selbstbeweihräucherung hilft oft ein bisschen.
Leider nicht immer. :( Es ist vielleicht tröstlich, dass Zweifel oft nach einer Weile vorbeigehen, wenn man die Ansprüche (z. B. was zu veröffentlichen, weswegen ich mich z. B. immer frage: "Ist es actionreich genug? Bestimmt nicht") runterschraubt, denn durch die Ansprüche an sich selbst macht es oft keinen Spaß mehr.

Alaun

Hallo Coppelia,

das stimmt absolut, Spaß am Schreiben haben ist eine prima Strategie, um den Zweifel loszuwerden! Sozusagen eine "Akute-Phase-Hilfe". Bei mir sind es auch die Figuren, die mich aufbauen. Ich denke mir dann immer, dass deren Geschichte es allemal wert ist, aufgeschrieben zu werden. Und dass sie verdient haben, dass ich Spaß dabei habe  ;)

Angelus Noctis

Hallo Alaun!

Oh ja, Zweifel ... Ich zweifle sehr oft an meinen Texten. Wo andere sagen: "Hey, das ist gut", sehe ich dann nur noch Schund. ::) Anfangs habe ich mir damit den einen oder anderen - eigentlich ganz guten - Text völlig zerbastelt. :wums:

Ist es mal wieder soweit, dass ich feststelle, wie doof die Sachen doch sind, die ich schreibe, klappt bei mir das "Weiterschreibprinzip" leider überhaupt nicht. Alles, was ich in solch einer Phase schreibe, entpuppt sich beim späteren Lesen als völliger Unsinn (so meine ich jedenfalls - vielleicht schlägt aber auch da schon wieder der Zweifel zu ;)).
Deshalb lasse ich das Schreiben dann für eine Weile sein. Manchmal gelingt es mir auch, etwas völlig anderes zu schreiben; nur das Projekt, dem mein vorrangiges Interesse gilt, wird dann eben hintan gestellt.
In den Momenten des Zweifels oder der Blockade bin ich dazu übergegangen, eine Zeitlang nur zu "konsumieren": Ich untersuche meine Bücherregale nach den Büchern, die ich noch nicht gelesen habe. Was mich "anspringt", wird gelesen. Oft hilft es mir, wenn ich solche Texte ein wenig näher unter die Lupe nehme, um wieder einen klareren Blick für mein eigenes Zeugs zu bekommen.
Außerdem ist es für mich hilfreich, Texte anderer Autoren testzulesen, Anmerkungen zu machen und dabei für meine eigenen Texte zu lernen. Eigentlich ist das ja paradox, aber erstaunlicherweise funktioniert das prima.

Meist habe ich dann nach einigen Tagen die Selbstzweifel überwunden und stürze mich mit Feuereifer an mein Projekt, bis der nächste Zweifel kommt. ;)

Liebe Grüße!

Issun

Hallo Alaun,

Solche Zweifel können jede Motivation abtöten, das kenne ich leider nur zu gut. Vielleicht hilft es dir, Stellen aus deinen früheren Projekten herauszusuchen, die du immer gemocht hast, dich daran zu erbauen und dir zu sagen "Hey, das schaffe ich wieder." Wenn der Zweifel besonders bösartig ist und du sogar an alten Lieblingsstellen kennen Gefallen mehr findest, ist es sicher gut, ein wenig Abstand zu nehmen. Lesen ist oft die beste Option, dabei sammelt man neue Ideen - und sollte man etwas Schlechtes lesen, kann man dann immerhin darüber lästern. ;)
Aber wenn dir Passagen, die dir und womöglich auch anderen Leuten schon gefallen haben, jetzt schlecht vorkommen, ist der Zweifel wahrscheinlich ohnehin unberechtigt.

Artemis

Diese Grübeleien kenne ich auch zu gut  ;D
Da liest man sich immer die eher schlechten, unausgegorenen Stellen durch und denkt sich mufflig: "Wat´n Scheiß." Man würd am liebsten alles einfach löschen und aus dem Hirn verbannen und die Zeit mit gaaanz viel anderen Dingen verbringen, weil mans ja doch zu nix bringt, weil man eh nur seine zeit verplempert und eh nie veröffentlicht wird und alle anderen Autoren das besser können und so weiter und so fort *schnauf*

Tja, und dann ...
Dann stöpsel ich mir nichts ahnend im Zug die Köpfhörer rein, höre einen neuen Soundtrack, und zack, sind sie wieder da, die bösen Ideen. Dann toben die Charaktere in meinem Kopf wieder munter rum, und ich bekomme Einfälle für neue Szenen und bin total motiviert und begeistert. Die Bande lässt mich einfach nie in Ruhe. Es ist zum Verrücktwerden  ;D

Wenn ich wirklich mal total am Boden bin, denke ich mir einfach, dass ich ja in erster Linie für mich schreibe, und da muss es noch nicht so perfekt sein wie bei anderen Autoren. Und solange ich mich an der Geschichte und den Figuren erfreuen kann, ist ja alles in Ordnung  ;)

Churke

Der Zweifel ist ein gern gesehener Gast, weil er mir sagt, dass etwas nicht so ist, wie es sein sollte. Dann stecke ich nicht den Kopf in den Sand, sondern finde den Fehler - oder, wenn mir sonst nichts anderes einfällt, probiere herum und feile so lange ab, bis ich eine neue Form gefunden habe. Und wenn das ganze Kapitel raus fliegt.  :no:


Artemis

Zitat von: Churke am 06. August 2009, 11:36:14
Und wenn das ganze Kapitel raus fliegt.  :no:

Autsch, so was tut immer weh  :-\
Aber ich mache das im Moment richtig krass durch: Bei mir fliegt nicht nur ein Kapitel, sondern gleich das halbe Buch. DAS tut weh, kann ich euch sagen   :gähn: Aber mein Gott, wenns halt schrottig und unrealistisch ist - was soll man sonst machen? Auf jeden Fall gefällts mir so wesentlich besser, und ich bin mit dem Ergebnis zufriedener als mit etwas Hingewurscheltem.
No Sacrifice, no Victory  :d'oh:

Luciel

Das "Rausschmeißen" kommt bei mir erst nach den Zweifeln und nach der sich daran anschließenden Erkenntnis: das Ganze führt so zu nichts. Das heftigste dieser Art hatte ich, als ich mich nach über 20 fertigen Kapiteln entschlossen habe meinen Roman noch mal ganz von vorn anzufangen - aus einer ganz neuen Perspektive. Meine Freundin fragte mich, ob ich etwa krank sei .... nein, ich habe es nie bereut.

Die lieben Zweifel klopfen auch bei mir natürlich, aber eigentlich immer dann, wenn ich anfange, mein Projekt "mit den Augen anderer zu lesen". Wenn ich mir vorstelle, wie "andere" meine Geschichte wohl finden, ob sie originell genug ist, im Vergleich zu dem, was es alles schon gibt, oder ob sie zu abgedreht ist .....
Mir hilft dann, mich selbst zu ermahnen, dass ich hauptsächlich für mich schreibe und dass ich es tue, weil es mir Spaß macht. Das sollte es jedenfalls. Ich erinnere mich ganz bewußt daran, wie begeistert ich mal mit dem Projekt angefangen habe - und versuche, diese Begeisterung wieder zu finden.
Und wenn alles nichts hilft, gebe ich den Text jemanden zum lesen - und lasse mich immer aufs neue überraschen, dass außer mir eigentlich niemand was zu meckern hat (im Großen und Ganzen). Das motiviert mich auf jeden Fall!

Falckensteyn

Zweifel sind bei mir ein sehr grosses Thema. Nicht nur beim Schreiben, generell im Leben. Ich zweifle oft. Aber das ist ein anderes Thema.

Beim Schreiben habe ich mir jetzt schon 2x ein Manuskript versaut, weil ich zweifelte. Und zur Zeit habe ich Angst, zum 3. Mal zu beginnen, weil ich mir sicher bin, dass ich sehr rasch wieder zweifle. Klar denke ich auch ab und zu, dass ich doch ganz gut bin und das Zeugs zum erfolgreichen Schreiberling habe, aber wenn die Zweifel sich einschleichen, dann ist plötzlich alles Mist. Jeder Satz, jede Wortstellung, jede Handlung. Einfach nur Bulls..t. Schade eigentlich. Und ich habe noch nicht gelernt, damit umzugehen.  >:(

Tenryu

#10
Da ich von Natur aus ein Pessimist bin, habe ich kein Problem mit Zweifeln. Ich weiß, daß, egal was ich anfange und wie viel Mühe ich mir dabei gebe, es irgendwo auf der Welt mindestens eine Million Menschen gibt, die das besser können als ich.
Meine Motivation beinträchtigt das hingegen nicht, da ich ausschließlich zu meinem eigenen Vergnügen schreibe und mir die anderen herzlich egal sind. Ich habe es nicht nötig, einem Publikum hinterher zu laufen und meine Werke wie sauer Bier anzupreisen. Ich werde keine Klinken putzen bei Verlegern und sicher kein eigenes Geld ausgeben, um meine Geschichten drucken zu lassen.
Ich setze mich an meinen Tisch und schreibe meine Geschichten und habe großen Spaß dabei. Das ist alles, was zählt.
Wenn man in einer Sache gut ist, muß man mit vielen Konkurrenten wettstreiten. Aber als Mittelmäßiger ist man frei und aller Selbstzweifel ledig.

Linda

Zitat von: Falckensteyn am 06. August 2009, 12:55:29

Beim Schreiben habe ich mir jetzt schon 2x ein Manuskript versaut,

wer sagt das? Gefällt es dir selbst nicht mehr?  Oder hast du vielleicht nur diesen Eindruck, weil der Zweifel stärker ist?
Ehe man so ein endgültiges Urteil über ein (angefangenes) Werk fällt, sollte man vielleicht auch noch andere Stimmen dazu hören.
Auf jeden Fall aber würde ich an deiner Stelle nach einer längeren Pause noch mal an den Text gehen und prüfen, ob das was da steht, (ungetrübt von alten Gefühlen) wirklich misslungen oder verdorben ist. Abstand klärt den Verstand und das Urteilsvermögen.
Ich rate ja jedem, ein Werk erst mal fertig zu schreiben, anstatt immer wieder am Anfang zu doktern und das Werk und die Lust daran so totzuüberarbeiten.

Das muss aber jeder natürlich selbst wissen...

Gruß,
Linda

Luna

Ich denke mal, dass es normal ist zu zweifeln und wenn diese aufkommen, gerade nachdem ich einige Sätze geschrieben habe, habe ich auch schon mal die letzten Seiten gelöscht und es hat mir geholfen, was besseres zu erschaffen.

Dennoch bin ich bisher nie soweit gegangen, ein Buch fast vollständig zu löschen. Wenns mir nachher nicht gefällt, ists auch nicht schlimm... an anderen habe ich auch schon gezweifelt, gerade wenn ich viel bessere Bücher gelesen habe (das ist schlecht fürs Ego), aber dann hilft es Abstand zu gewinnen oder irgendetwas schlechtes zu sehen.

Im Notfall ne Pause machen und sich teiben lassen, irgendwann kommen neue Ideen von alleine und schon macht es wieder Spaß an einem Kapitel zu arbeiten. Wenn man nur schreibt, weil man das Gefühl hat, schreiben zu müssen, werden die Sätze, die man fabriziert, einfach schlechter.

Also, ich nehme etwas Abstand und neue Eindrücke auf und dann geht das schon wieder...

Coppelia

Meinen Text lösche ich sowieso nie ganz, sondern verlagere ihn in eine Datei, die "Ausschuss", "Müllhalde" oder so heißt. ;D Vielleicht braucht man ihn ja doch noch mal.

Katharina

Wenn mir Zweifel kommen, ob mein derzeitiges Projekt überhaupt was taugt versuche ich mir immer vor Augen zu halten, dass Schreiben ein Lernprozess ist. Niemand ist perfekt und man lernt nie aus. Ich schreibe gerade mein erstes Buch, natürlich wird das kein literarisches Meisterwerk werden. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mir keine Mühe gebe. Ich schreibe das beste Buch zu dem ich momentan in der Lage bin und wenn ich fertig bin, werde ich eine Liste machen mit den Dingen die ich gelernt habe. Das zweite Buch wird dann zwangsläufig besser werden. Das dritte dann noch besser usw.

Und wenn ich doch mal zu sehr an mir Zweifel und alles hinschmeißen will, dann hab ich entweder meine beste Freundin, die mir sagt, dass das Buch schon gut werden wird oder ich seh mir einfach die Skizze meiner Charaktere an. Die lasse ich mir nämlich gerade malen und allein die Probeskizzen lassen mich jedesmal dumm grinsen, weil ich irgendwie richtig stolz auf mich bin. Das sind zwei Charaktere die ich erfunden habe. Ich habe ihnen eine Persönlichkeit gegeben.  ;D Das erinnert mich immer daran wieviel Spaß ich doch eigentlich beim Schreiben habe und dass die Zweifel doch bitte schön ihre Klappe zu halten haben.