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Nebenfiguren und Klischees

Begonnen von Manouche, 29. März 2021, 13:54:56

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Annie

Da bin ich froh :) solche Idee kommen beim mir auch häufig auf die Merkliste. Stimmt, der Austausch über verschiedene Herangehensweisen ist auch wirklich interessant und gibt einem oft neue Perspektiven. Die Unsicherheiten habe ich stellenweise auch noch. Insbesondere dann, wenn ich will dass etwas perfekt wird, was dann aber natürlich eher dazu führt, dass man sich selbst blockiert. Eine gute Methode zu Plotten hilft da sehr :)

Manouche

Oh und schon wieder hab ich mich falsch ausgedrückt :wums:

meine Unsicherheit bezog sich auf das Forum. Sorry!!!

Ich bin ja unverbesserlich :rofl:

Aber was du schreibst trifft für mich trotzdem zu, Annie. Manchmal stehe ich mir im Weg, da ich es perfekt machen will und gleichzeitig genau weiss, das ich diese Ansprüche nicht so schnell erfüllen kann.
Ja, Plotten hilft mir extrem und zwar auch immer wieder dazwischen, kleinere Sequenzen. Bei so einem "Zwischen-Plot" bin ich kürzlich eben auf diese Figur gestossen, die plötzlich viel mehr Bedeutung erhält. (Plötzlich ;D)

Annie

Ach alles gut, scheinbar kommen wir ja trotzdem auf den gleichen Nenner ;)
Das mit dem Forum geht mir nämlich auch noch so. Oft ist schon alles gesagt und dann frage ich mich, was ich da noch großartig zu beitragen kann oder dass meine Ideen eh nicht gut genug sind. Aber da müssen wir lernen uns mehr zuzutrauen :)
Absolut. Ich hab letztens die Schneeflockenmethode ausprobiert. Das hat ziemlich gut geklappt. Da gibt es auch einen eigenen Thread zu. Vielleicht ist das was für dich :)

Manouche

Ja genau :D

Die Schneeflockenmethode nutze ich auch, finde ich super, allerdings habe ich sie für mich etwas angepasst.
Ich glaub jetzt kommen wir sehr vom Thema ab :hmmm:

Hab dir übrigens eine PN geschickt :)

Annie

Das stimmt. Gute Idee, das zu verlagern :)

zDatze

Wenn es um Nebenfiguren und Klischees geht, dann geht es auch immer um Sterotype, die wir beim Schreiben reproduzieren. Ich sehe Nebenfiguren nicht nur als Statisten oder als eine Nebenrolle, die gefüllt werden muss, sondern auch als einen direkten Weg, um Weltenbau zu betreiben und die Welt für LeserInnen greifbar zu machen. Zum Beispiel lassen sich Hierarchien, die in deiner Welt bestehen, durch die Interaktion zwischen deinen Figuren zeigen - eben, wie z.B. mit Dienstpersonal umgegangen wird, oder ob es bestimmte Arbeiten gibt, die einem bestimmten Geschlecht zugeschrieben wird.

Hier sehe ich dann eben auch das Problem, dass man einfach in Klischees abrutscht. Natürlich kann das gewollt sein oder auch nicht gewollt. Auf etwas zurückzugreifen, das man bereits kennt, ist jetzt nicht per se verwerflich, aber ich stell mir da oft die Frage, ob ich das wirklich so darstellen möchte. Es ist ein vollkommen valider Ansatz da z.B. typische Rollenverteilungen mal zu wenden, um ein Klischee zu brechen. Allerdings landet man dann auch schnell beim nächsten Klischee. Ist alles nicht so einfach.

Also, grundsätzlich wenn ich Klischees bei meinen Figuren entdecke, frage ich mich, wo die eigentlich herkommen. War ich einfach nur faul, bei der Figurenzeichnung? Ist mir auf die Schnelle nichts Cooleres eingefallen? Und meist lande ich dann bei der Erkenntnis, dass es nicht die Figuren alleine sind, die Klischees reproduzieren, sondern die ganze Welt drum herum ebenso. Macht es jetzt nicht einfacher, aber einfach nur die Figuren zu betrachten, ist etwas zu kurzsichtig betrachtet meiner Meinung nach.

Felix Fabulus

Um, allzu stereotype Nebenfiguren zu verhindern, kannst du ihnen nebst der Haupteigenschaft eine zweite Eigenschaft zur Seite stellen, die mit dem Klischee bricht und verhinderst, dass sie eindimensional daherkommen.
Z.B.: Der Bandenchef ist brutal, aber ...
... verhält sich zärtlich zu Tieren.
... ist außergewöhnlich jung.
... hat ein spezielles Handicap.
etc.
Wortwebereien aus der Geschichtenmühle, gespeist vom Ideensee, der Fantasie und dem Bächlein Irrsinn.

Manouche

ZitatHier sehe ich dann eben auch das Problem, dass man einfach in Klischees abrutscht. Natürlich kann das gewollt sein oder auch nicht gewollt. Auf etwas zurückzugreifen, das man bereits kennt, ist jetzt nicht per se verwerflich, aber ich stell mir da oft die Frage, ob ich das wirklich so darstellen möchte. Es ist ein vollkommen valider Ansatz da z.B. typische Rollenverteilungen mal zu wenden, um ein Klischee zu brechen. Allerdings landet man dann auch schnell beim nächsten Klischee. Ist alles nicht so einfach.

Das sehe ich auch so.

Ich glaube, wichtig ist es, sich zu fragen, welchen Teil des Klischee braucht die Figur für die Geschichte und wo kann ich mit dem Klischee brechen um der Geschichte und der Figuren mehr Tiefe zu geben.
Am meisten hilft es mir schon, auch den Neben-Charakteren einen Grund und eine Vorgeschichte zu geben.

Und wie ich jetzt in meinem Fall festgestellt habe, ist es manchmal auch zulässig ein Klischee als solches stehen zu lassen, um sich nicht zu sehr darauf zu fokussieren und dann dadurch den Schreibfluss zu bremsen. Bei der Überarbeitung wird sich sowieso noch einiges ändern.

Marlemee

Eine spannende Diskussion habt ihr hier angestoßen. :) Mir fällt dazu noch ein, dass es ja Rollenbilder gibt, die Menschen (geschriebene wie echte) absichtlich versuchen zu erfüllen. Will sagen, von einem Banker wird erwartet, dass er seriös auftritt, also wird er sich bemühen auch so rüber zu kommen (solange er in dieser Rolle ist). Von einer Marktfrau wird erwartet, dass sie laut und geschäftstüchtig ist und so weiter. Ich finde, schon im echten Leben ist es manchmal schwer, hinter die Rolle zu blicken, weil viele sich große Mühe geben, dass man nicht dahinter blicken kann.

Ich finde es eine schöne Lösung, wenn man im Roman kleine Andeutungen findet, die auf die Vielschichtigkeit einer Person schließen lassen. Und den Rest dann der Phantasie des Lesers überlässt.
Der besagte Banker, dem vielleicht der Ärmel des teuren Anzugs über sein Tribal Tattoo am Handgelenk rutscht. Oder bei dem ein selbstgestrickter Schal über dem Kleiderhaken hängt. Manchen Dinge stoßen ja direkt Gedankenketten an. Festivalarmbänder, Bandentattoos, besondere Narben, Familienfotos, gerahmte Urkunden, Pokale, Instrumente, bestimmte Schmuckstücke, Glücksbringer, Glaubenssymbole etc... Dadurch bekommt man einen ganz kleinen Ausblick darauf, was die Person vielleicht in ihrer Freizeit macht und was sie für ein Mensch sein könnte, was sie hinter ihrer Rolle ausmacht.
Bei ganz kleine Nebenrollen braucht es aber nicht mal das. Wie weiter oben schon erwähnt, es braucht ja Zeit, bei jemandem hinter die Fassade zu blicken.

Sparks

Zitat von: Araluen am 29. März 2021, 15:43:00
Ich denke ein Stück weit helfen Klischees bei Nebenfiguren auch. Wird ein Klischee bedient, kann die Figur schnell verortet werden, ohne dass es vieler Worte und Erklärungen bedarf.

Richtig.
Eigentlich ist jeder Begriff ein "Klischee". Wenn ich z.B. den Begriff "Auto" in den Raum werfe, so wird sich jeder irgendwie etwas darunter Vorstellen. Was genau, das wird bei jedem etwas anderes aussehen, aber immer noch (hoffentlich) ähnlich genug, um gemeinsam über ein Thema reden zu können. Wenn das nicht mehr funktioniert, haben wir ein Problem. Das Problem kenne ich, weil es mir öfters passiert. Darum sollte ich auch ein wenig davon ausgehen, das ich missverstanden werde, und meine Aussagen durch nähere Beschreibungen spezialisieren, z.B. "heruntergekommene graue Mittelklasse Limousine".

Klischees können auch einen Text kompaktieren, weil sie im Prinzip wie beim objektorientiertem Programmieren eine "Classe" darstellen, die anderswo definiert ist, und die ich nur mit einigen Ergänzungen aufrufen muss, um das wesentliche beisammen zu haben.

Zitat von: Araluen am 29. März 2021, 15:43:00
Ich glaube das Problem vieler Nebenfiguren ist weniger, dass sie einem Klischee oder einer Rolle entsprechen, sondern schablonenhaft und austauschbar wirken, weil ihre Charakterisierung allein auf ihre Auftritte fixiert ist. Da Nebenfiguren eigentlich immer einem konkreten Zweck dienen, sind zusätzlich diese Auftritte auf diesen Zweck fixiert. Da schwindet der Platz um einer Figur Leben einzuhauchen auf ein Minimum.

Das ist auch Richtig, aber schauen viele Leser soooo genau hin? Klar, wenn man selber Autor ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, aber gilt das so auch für einen 0815 Leser?
Auf der anderen Seite

Zitat von: Araluen am 29. März 2021, 15:43:00
Was ich dagegen mache?
Ich überlege mir, was diese Figur tut, während sie nicht mit dem Prota interagiert. Nicht jede Figur braucht eine ausgefeilte Vorgeschichte, auch wenn das sicher nie schaden kann. Aber wenn sie schon keine Vorgeschichte hat, sollte etwas Zeit und sei es erst einmal rein gedanklich für Alltag da sein.
Zudem versuche ich mir die Szene losgelöst von ihrem Zweck vorzustellen, vielleicht sogar ein wenig aus der Sicht der Nebenfigur. Es ist nicht so, dass ich eine Szene zweimal schreibe - Zeit ist ja auch nur ein endliches Gut - aber wenn die Nebenfigur ihren Interaktionspart bekommt, versuche ich mir vorzustellen, wie die ganze Szene auf sie wirkt und lasse sie entsprechend reagieren. Das kann ganz andere Dynamiken schaffen.

hast Du damit eine gute Methode genannt, um damit klar zu kommen. Das schafft "Lokalkolorit" oder bringt den "Saft in den Braten".

Zitat von: Araluen am 29. März 2021, 15:43:00
Was Nebenfiguren ebenfalls Leben einhaucht, ist wenn der Prota ihnen ohne einen bestimmten Zweck früher oder später noch einmal begegnet. Das meine ich damit, dass man den Figuren noch ein wenig Alltag zugesteht. Das müssen keine groß angelegten Szenen sein. Oft reichen da kurze Erwähnungen.

Das schaft Querverbindungen und verankert die Personen in ihrer Welt. Ich glaube, in Geheimdienstkreisen würde das im weitesten Sinne als "Legende aufbauen" bezeichnet.


Zitat von: Araluen am 29. März 2021, 15:43:00
Beim Beispiel des Bandenchefs würde ich statt unbedingt Klischees brechen zu wollen, mich fragen, warum er Bandenchef geworden ist. Bandenchef wird ja nicht jeder.

Aus der Sicht eines Bandenchefes ist jeder andere auch ein Bandenchef. Entweder ein echter, ein zukünftiger oder ein (eventuell sehr früh) gescheiterter Bandenchef.

Zitat von: Araluen am 29. März 2021, 15:43:00
Äußerlichkeiten finde ich da sehr nebensächlich und dienen für mich persönlich bei Nebenfiguren der bewusst klischeebehafteten Rollenzuweisung, um die Handlung nicht durch unnötige Erläuterungen unterbrechen zu müssen.

Siehe oben das mit der "Kompaktierung".

Trotzdem muss ich bei der Verwendung von Klischees stark aufpassen, dass ich welche verwende, die weit genug verbreitet sind, um überhaupt verstanden zu werden. Denn das ist der Sinn von Klischees: Die Umstände schnell und kompakt darzustellen.
Auf der anderen Seite kenne ich aber auch als selber zu oft Betroffener das Problem, das ich durch Klischees, die mir dann irgendwie wie ein Label anhängen, in falsche und nichtpassende Schubladen gesteckt werde. Ok, ich könnte sagen, wer mich in eine nicht passende Schublade steckt, ist selber Schuld, wenn die Kommode splittert. Aber das ist auch immer mit Stress und Zeitverlust verbunden.

Poser, Hochstabler und Trickbetrücker nutzen Klischees geschickt aus, aber man kann mit ihnen auch gezielt oder ungezielt provozieren oder man kann Klischees aufbauen und demonstrativ zerstören ec.

Egal, Klischees und der Umgang damit ist wichtig, egal ob man sie konstruktiv, destruktiv oder nur als Staffage verwendet.
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