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Erstickt der Buchmarkt an sich selbst?

Begonnen von Kaeptn, 22. Januar 2020, 08:25:06

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Linda

Zitat von: Steffi am 23. Januar 2020, 19:52:00
Vor zwanzig Jahren war das Verhältnis von Lesern zu Autoren noch völlig anders als heute. Damals kam man mit seinem Lieblingsautor höchstens bei Lesungen oder Messen in Kontakt, und das war okay.
Durch das Internet allerdings hat was das betrifft ein riesiger Umbruch stattgefunden. Die Leser heutzutage sind es gewöhnt, am Alltag des Autoren näher dran zu sein, die Entstehung eines Buches mitzuverfolgen, das Gefühl zu bekommen, dass sie und der Autor auf Augenhöhe kommunizieren. Ich folge meinen Lieblingsautoren ja auch gerne auf Twitter und Instagram, besonders wenn ich das Gefühl habe, dass sie auf Social Media aktiv sind und dort interessanten Content liefern. Ich erfahre über diese Accounts von neuen Büchern, von Fortsetzungen, von Vorbestellaktionen und ich finde es toll.

nichts gegen deine Meinung oder Vorliebe, ich sehe ja, das das vielen Lesern/ Autoren ähnlich geht. Ich (ganz persönlich) finde das 'gläserne Arbeiten' gruselig und das hat null mit Augenhöhe zu tun (eher mit Spannungserzeugung, wenn unbedingt). Als schreibender Mensch sehe ich mich immer auf Augenhöhe mit Lesern, aber ich rede genau drei Leuten gegenüber über ungelegte Eier, bzw Projekte in Arbeit: meinem auch schreibenden + lektorierenden Partner, meiner Agentin und meinem Verlagskontakt/Lektor. Mit der Verkäuferin im Supermarkt bin ich auch auf Augenhöhe, trotzdem interessiert mich nicht, ob sie die Äpfel mag, die sie verkauft, wer die Kiste Äpfel reingeschleppt hat und wie der LKW-Fahrer drauf war, der sie geliefert hat.
  Ich hasse es, mir irgendwie beim Schreiben in die Karten gucken zu lassen, weil ich nun mal so ticke, nicht weil ich arrogant bin.
Besser noch: als Konsumentin verabscheue ich es, angefüttert zu werden a la, "o sehr mal, hier habe ich ein 12% Puzzlestück meines Covers, das nächste findet ihr im Osterei und dann sind es nur noch 4 Monate, bis das Buch erscheint." - Verarsch... kann ich mich alleine.*
  Mein Kaufimpuls kommt, wenn ich alle Infos habe, und wenn ich das Buch dann nicht erwerben kann, versiegt er wieder. Dann muss ich schon zufällig wieder auf den Titel stoßen. 
  Ja, es wird gemacht, aber da es mir weder gefällt, noch ich das brauche, unterstütze ich diese Art plärrender Aufmerksamkeitsheischung nun mal nicht.
  Auf Lese-Plattformen aktiv bin ich natürlich schon, das ist die Art von Leserkontakt, die sich nicht um eine Luftblase (aka ungelegtes Ei), sondern ein konkretes Projekt dreht, das bereits erhältlich ist.
Sorry, Steffi, dass du den ganzen Rant abkriegst. Es ist mein Problem mit diesem Li La Laune-MedienZirkus, und nicht deins!

*Mich nerven diese Kampagnen. Ihr wollt euer Cover zeigen, ihr seid stolz drauf oder verliebt darin. Dann zeigt es doch um Himmels willen einfach einmal komplett!

Maja

Ich konkurriere als Buch auf den Buchmarkt mit anderen Büchern. Ich möchte nicht als Mensch mit Menschen konkurrieren müssen. Wenn ich mich in meinem Genre, High Fantasy, umsehe, sind auf den Spitzenrängen Bücher von Autoren, die selbst alles andere als präsent in den Sozialen Medien sind. Hat George RR Martin überhaupt einen Instagram-Account?

Ich bin  nicht fotogen. Ich bin über vierzig, fett und habe Ausschlag an den Händen. Ich will keine Autorin zum Anfassen sein müssen, weil ich dann in Konkurrenz stehe mit Leuten, die man einfach lieber anfasst als mich. Ich habe oft genug gehört, wie abstoßend und eklig ich bin. Leute sagen das auch über Martin, seine Bücher kaufen sie trotzdem.

Aber je mehr ich mich gezwungen fühle, mich selbst zum Mittelpunkt von Kampagnen zu machen, desto unwohler ist mir dabei. Und ich denke nicht, dass die zeingend nötig sind, auch nicht heute. Auch heute gibt es immer noch Autoren, die großen Erfolg mit praktischer Anonymität verbinden. Vielleicht erreiche ich damit nicht die sechzehnjährige Mädchen - aber die hsbe ich nich nicht mal erreicht, als ich selbst sechzehn war.

Bücher verkaufen sich im Ausland, wo niemand die Social-Media-Aktivitäten der Autoren verfolgt, nicht ihre Sprache soricjt, etc - weil die Leute das Buch haben wollen. Während ich mir hierzulande auf Facebook einen abstotterte oder auf Instagram kontraproduktiv das Doppelkinn in die Kamera halte, kaufrn 15.000 Russen in einem Jahr mein Buch. Und das sind Verkäufe, für die habe ich nichts getan - außer, ein gutes Buch zu schreiben.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Grey

Ich habe das, glaube ich, schon mal irgendwo anders geschrieben, aber ich kann mich gerade nicht mehr erinnern, wo das war, deshalb schreibe ich es noch mal, weil es hier auch ganz gut hinpasst und vielleicht noch ein kleiner Denkanstoß in eine etwas andere Richtung sein kann: Ich glaube, es gibt durchaus noch andere Wege. Ich persönlich jedenfalls bin ganz gern hin und wieder in den Sozialen Medien unterwegs und denke auch, dass ich da ganz sympathisch rüberkomme für die, die meine Bücher kennen und mehr von mir wissen wollen. Die bediene ich auch gern. Was ich für mich nach eingehender Beschäftigung mit dem Thema ausschließe ist, die Eigenvermarktung an dieser Stelle auf professioneller Basis zu machen, weil es mich einfach viel zu viel Kraft kostet und ich einfach zu unregelmäßigen und zu unprofessionellen Content poste. Ich bewundere die, die das können und wollen, sehr - ABER: Ich glaube, man muss das wirklich nicht von sich erwarten, diese immense Leistung, weil Schreiben ein Vollzeitjob ist und Marketing auch. Mir jedenfalls ist es sehr schnell über den Kopf gewachsen und der Druck, den ich mir selbst gemacht habe, war viel zu hoch um glücklich zu sein. Was mir persönlich aber sehr viel besser liegt und in den sozialen Medien wirklich super funktioniert, ist das gute alte Netzwerken. Ich schau mir Content von den Profis an, deren Accounts zu meinen Büchern passen könnten. Ich folge ihnen, ich kommentiere, ich komme mit ihnen ins Gespräch, bis sich eine Art Bekanntschaft daraus entwickelt, und dann traue ich mich irgendwann zu fragen, ob sie ein Buch von mir lesen wollen, wenn es sich ergibt. So habe ich nach ziemlich genau einem Jahr Instagram für meine nächsten Bücher einige wirklich tolle junge Frauen kennengelernt, die sie lesen und ihren vielen vielen Followern empfehlen wollen, falls sie ihnen gefallen. Ich habe Autorinnen lektoriert, die selbst gerade sehr erfolgreich sind, und die meine Bücher gern weiterempfehlen werden, weil sie froh sind, mir etwas zurückgeben zu können. Ich habe eine tolle Künstlerin, die mir Bilder zu den Vampiren zeichnet und so vermutlich auch für eine größere Reichweite der Bücher unter ihren Followern sorgen wird. Was das konkret bringen wird, weiß ich noch nicht, aber ich habe ein gutes Gefühl dabei und bin mir ziemlich sicher, dass jeder noch so kleine Beitrag dieser Menschen meinen Büchern mehr bringen wird als alles, was ich selbst innerhalb der nächsten Jahre auf die Beine stellen könnte. Und das, ohne dass ich selbst mich für etwas aufreiben muss, das ich nur mäßig gut bis dilettantisch beherrsche.

Marta

Danke für den schönen Topflappen-Vergleich, @Lothen !

Ich denke, dass es viele Modelle gibt, die funktionieren. Sich vor allem auf's Schreiben zu konzentrieren kann genau so gut klappen wie die Hälfte der Zeit ins Marketing zu stecken. Im Gegensatz zu @Alana, die das so gut macht wie kaum eine Zweite, betreibe ich nämlich wenig Marketing. Ich komme auf 1, 2 Posts pro Monat. Nicht genug für echte Reichweite, aber ich stelle damit eh nur die Bestandsleser zufrieden.

Was ich mache, ist schreiben. Mein Nischengenre ist so klein, dass es anders gar nicht gehen würde. Dafür ist man innerhalb der Zielgruppe (ca. 5000 Leser) sehr sichtbar. Ich habe es dort letztes Jahr mit einem Pseudonym ausprobiert, komplett ohne Marketing. Und Bücher verkauft, fast so viele wie sonst. Geht alles. Es führen halt viele Wege zum Bucherfolg. Alle sind steinig und saumäßig anstrengend, aber es gibt sie.

Sorry, dass ich so viel über mich geschrieben habe. Eigentlich wollte ich nur Folgendes sagen: Es geht auch ohne Marketing. Dann muss man halt mehr schreiben. Oder einen großen Verlag haben. Und das richtige Genre. Wie gesagt: viele Wege. Und klar, nicht jeder führt zum Vollzeit-Schreibjob. Aber vielleicht zu einem netten Nebenverdienst.

Feuertraum

Zitat von: Lothen am 23. Januar 2020, 10:06:26
Niemand würde sich hinstellen und sagen: "Mann, ich will mit meinen Topflappen reich werden, aber ich will nichts dafür tun, kein Geld investieren und keine Risiken eingehen müssen."

Veto!
Das würde so ziemlich jeder sagen. Unabhängig davon, dass es nicht funktionieren kann, ist der Mensch eigentlich darauf gepolt, sich das Leben einfach(er) zu machen. Wenn wir uns allein die Technik heutzutage anschauen, nimmt sie uns so viel an Arbeit ab und liefert  dennoch passable bis sehr gute Ergebnisse.
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Maja

Ich denke, um auf die ursprüngliche Fragestellung zurückzukommen: der Buchmarkt erstickt nicht, und um wenigsten an sich selbst. Der Buchmarkt, auch wenn wir von ihm im Singular sprechen, ist nicht ein Kolloss, der sich übernimmt und dann verpufft, sonder ein Gemenge aus unzähligen großen und kleinen Verlagen, unabhängigen Selfpublishern, Buchhändlern und Dienstleistern.

Für Leser bedeutete das ein großes Angebot - aber kein Überangebot. Niemand, der gerne ein Buch hätte, kauft dann doch keins, weil die Auswahl zu groß war. Aber natürlich teilen sich die virlen Teilhaber des Buchmarkts eine sanft schrumpfende Zahl von Lesern und ihrem mehr als sanft wachstnden Angebot auf - und da fallen wrlche durchs Raster.

Fallen heute mehr durchs Raster als vor zehn Jahre? Ja, aber. Dank der Ebookimprints und Selfpublishingoptionen gibt es heute viel mehr veröffentlichte Autoren sls vor zehn Jahren. Es habrn also überhaupt viel mehr etwas geschafft, um dann an das Raster zum Durchfallen erst mal ranzukommen - Scheitern als Chance.

Nicht der Buchmarkt kollabiert, aber viele einzelne Autoren unter den veränderten Ansprüchen oder ihrer Vorstellung, wie diese Ansprüche überhaupt aussehen. Der Druck ist auch so schon oft unerträglich, die Schlagzahl hoch, Stress und Leistungsdruck kombiniert mit immer mehr und immer schneller abliefern ...

Da empfinde ich es als toxisch, wenn Autoren, die nicht Geld und das zeitliche Äquivalent einer Halbtagsstelle in das Marketing ihrer Bücher investieren wollrn oder können, als rückständig oder naiv-verblendet hingestellt werden. Ich bewundere Autoren, die es schaffen, ein richtig geiles Martketing zu stemmen, aber es darf nicht zum alleinseligmachenden Status Quo aufgebauscht werden, dondern sollte als die besondere Leistung, die es ist, gewürdigt werden, ohne die, die das nicht tun, zu degradieren.

Ich mag meine Interaktionen auf Facebook und Instagram, aber nicht den Erfolgsdruck, damit Umsätze generieren zu müssen. Den Zwang, mich von einer bestimmten Seite zeigen zu müssen, um die Likability meiner Bücher zu erhöhen. Ich habe keine Lust mehr, jeden neuen Scheiß mitmachen zu müssen, ich bin schon so atemlos und erschöpft von drm Sruck, unter dem ich stehe.

Mir hat ein Verlag das Gefühl gegeben, unverkäuflich zu sein in einem Atemzug mit "Alle Rezensenten lieben das Buch". Ich habe getan, was ich konnte,  und das bestmögliche Buch geschrieben. Mir auf FB und Lovelybooks den Arsch aufgerissen. Und bin trotzdem als unverkäuflich abgestempelt worden. Das ist investierte Kraft, die mir bis heute fehlt. Da möchte ich mir nicht auch noch von meinen Autorenkollegen vorwerfen müssen, ich ginge halt nicht mit der Zeit.

Klar geh ich nicht mit der Zeit! Wer betreibt denn heute noch ein Forum, Foren sind seit zehn Jahren tot! Aber ich mache es, weil ich es kann. Ich schreibe, weil ich es kann. Und ich will gerne danit weitermachen, Dinge zu tin, die ich kann, und immer besser darin werden, statt hinter Aktionen und Trends herzuhecheln, die immer schneller sein werden als ich.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Coppelia

#51
Natürlich fällt auf, dass die Position "Der*die Autor*in kann das Marketing nicht allen übernehmen, weil die Zeit zum Schreiben benötigt wird" hier verständlicherweise viel von denjenigen vertreten wird, die sich das "erlauben" können, weil sie Unterstützung durch Verlage und Agenturen haben. Das hat aber nicht jede*r, und es ist momentan sehr schwer, diesen Status zu erreichen, es sei denn, man bedient exakt das, was der Buchmarkt will. Früher kam man auch noch mit anderen Fähigkeiten weiter. (Und wenn ich mir etwas zurückwünsche, dann das.)
(Sorry, wenn ich im Folgenden schon wieder von mir spreche, aber klar, mich betrifft das.)
Für mich stellt sich einfach die Frage, was ich tun kann als eine von denjenigen, die schon "hinten rübergefallen" sind und wenig Möglichkeiten haben, weil ihre zeitlichen Ressourcen durch Arbeit, die man nicht einfach kündigen kann, begrenzt sind. Bei mir kommt ja noch das Problem des eher langsamen Arbeitens dazu. Wenn ich die Beiträge der Berufsautor*innen lese, kann ich wohl sehr stolz auf mich sein, dass ich trotz Vollzeitjob Romane in guter Qualität fertig stelle. Aber es genügt halt nicht.
Ist meine Gruppe dazu verdammt, sich als Autor*innen aufzugeben? Gibt es überhaupt irgendetwas, was wir tun können? Ich will gar nicht jammern, ich sehe meine eigenen Fehler und Schwächen und die Notwendigkeiten, aber für mich ist das eine, dramatisch formuliert, existenzielle Frage. ;) Eine, die mich beschäftigt wie keine andere.

Ich denke im Großen und Ganzen, dass Steffi recht hat. Auch wenn es mich traurig macht. Die Selbstvermarktung geht (für mich) mit so vielen unangenehmen Nebeneffekten einher, dass ich sie kaum aufzählen kann, aber einige sind hier schon genannt worden. Unter anderem, dass man besser unter 30 und gutaussehend sein sollte. Allen, die dadurch Marketing machen können, sei es gegönnt, und vermutlich könnte sogar ich meine wilden Haare zu meiner "Marke" machen. Aber in meinem Fall widerspricht es auch meiner Überzeugung. Mir geht's um meine Texte, nicht um mein Aussehen, und ich hätte gern, dass die Leser*innen das ähnlich sehen (auch wenn es unrealistisch sein mag).

ZitatNiemand, der gerne ein Buch hätte, kauft dann doch keins, weil die Auswahl zu groß war.
Doch, das kommt bestimmt vor. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass man sich bei großer Auswahl schlechter entscheiden kann und weniger wahrscheinlich etwas kauft. Und ich habe es bei mir auch schon öfter erlebt.

Kaeptn

#52
Ja, Marketing wird immer wichtiger und ich denke eben, es wird deswegen immer wichtiger, WEIL das Angebot immer weiter wächst. Bücher haben (anders als Videospiele) eine viel geringere Halbwertszeit, manch Klassiker hat gar keine (aber die gab's schon immer).

Dieser Druck zum Marketing führt dann eben zu kostenlosen ersten Teilen, ständigen Preisaktionen..., die meiner Meinung nach einer der Gründe sind, dass die eBook-Preise sich unter 5 Euro eingependelt haben (außer Verlag, weil die sich ihre Printauflagen nicht kannibalisieren wollen). Wegen des Drucks sind wir bereit, die KU-Kröten zu schlucken (ja, wir verdienen damit viel, verhelfen Amazon wegen Exklusivität aber zu noch mehr Marktmacht und der Zeitpunkt, wo Amazon keine 70% mehr zahlen wird, wird kommen), sind wir bereit unser Buch bei Prime Reading zu verschenken (gegen Bezahlung, ja, aber mal ehrlich: Als Prime Kunde muss ich eigentlich nie wieder ein Buch kaufen, bei der Menge die da angeboten wird, eigentlich ist es Irrsinn das zu unterstützen).

Gatekeeper wären keine Lösung, ich kenne keine Lösung, aber ich sehe es wie @Coppelia . Autoren wie wir, mit geringem Output und wenig Hang/Talent zur Selbstvermarktung und Bereitschaft zur Anpassung an eine bestimmte/größere Zielgruppe, sind vermutlich dazu verdammt, irgendwann aufzugeben "professionell" zu veröffentlichen, sprich in ein schickes Cover und ein Lektorat zu investieren, weil das Risiko draufzuzahlen einfach zu groß ist.

DAS ist eben der Punkt, wo es bei mir aufhört. Wenn ich am Ende mehr für Lektorat/Cover/Werbung/Whatever bezahlt habe, als in absehbarer (2-3 Jahre) Zeit wieder reinkommt, kann ich (überspitzt gesagt) auch gleich zu einem DKZV gehen und denen mein Geld in den Rachen schmeißen. Dann ist es nur noch Selbstausbeutung, nicht mehr nur zeitlich (das ist das Kleinverlags-Autorendasein ja meistens), sondern eben auch finanziell.

Ich hoffe sehr, dass der Markt sich irgendwann selbst reguliert - befürchte aber, dass er sich u.a. dadurch reguliert, dass Autoren wie ich aufhören. Das mag für den Markt kein Verlust sein, für mich wär's aber schon schade :)

Coppelia

#53
Ich muss sagen, dass ich es sogar so sehe, dass ich bereit bin, draufzuzahlen, um Leser*innen zu erreichen. Denn mein Ziel ist ja primär das, nicht, mit dem Schreiben Geld zu verdienen. Das wäre zwar schön, aber ich verstehe, dass ich das nicht erwarten kann. Vielleicht wäre es langfristig möglich, wenn ich einige Jahre lang draufzahle. Das ist natürlich nur dann möglich, wenn ich weiterhin einer brauchbar bezahlten Vollzeit-Tätigkeit nachgehe. Wenn ich nur wüsste, wo ich das Geld am besten investieren sollte ...
Ich bin auf gar keinen Fall bereit aufzugeben. Und es mag eingebildet sein, aber ich glaube, aufzugeben wäre tatsächlich nicht nur für mich, sondern auch für die potentiellen Leser*innen ein Verlust. :P Wahrscheinlich braucht man*frau wenigstens dieses Gefühl, dass das, was man schafft, wirklich etwas wert ist, auch wenn man es vielleicht als einzige Person so sieht.

Kaeptn

@Coppelia - Ja nicht unterkriegen lassen, das finde ich gut! Ich werde auch schon aus dem Abrechnungsloch wieder rauskrabbeln.

@Araluen - Ja, das mit dem "selber Schuld" trifft es sicher auch gut - gepaart mit einer gewissen Hilflosigkeit. Ich kenne genug erfolgreiche Selfpublisher, die keine Ahnung haben, warum ein paar ihrer Bücher super laufen und andere (für ihre Verhältnisse) überhaupt nicht. Wenn es ein "Ich bin schuld, dass es nicht läuft, WEIL ..." wäre, könnte ich eher damit umgehen als mit dem "Ich bin wohl schuld, dass es nicht läuft, weiß aber auch nicht wirklich, was Erfolg bringt."

FeeamPC

Das korrekte Mantra in dem Fall wäre wohl eher:
Es läuft nicht richtig, aber ich kann nicht schuld sein, da ich weder weiß, warum es nicht läuft, noch, was ich dagegen hätte tun können. Solange kein Guru kommt, der mir das beweiskräftig erklärt, mache ich weiter wie gewohnt und hoffe auf das offensichtlich notwendige Glück.

Sascha

@Linda: Exakt! Genau so geht's mir auch. Mich interessieren diese ganze FB-, Twitter- und sonstigen Marktschreier-Auftritte nicht, würde sowas nur als aufdringliche Belästigung empfinden. Da nimmt sich der Typ mit seinem Privatleben wichtiger als seine Arbeit. Ich habe keine Ahnung, wer von den Autoren, die ich lese, dort überhaupt vertreten ist. Wenn ich mit einem von ihnen Kontakt aufnehmen wollte, würde ich nach einer richtigen Homepage suchen (Andreas Eschbach hat ja z.B. eine). Wenn ich die nicht finde, ist eben kein Kontakt möglich und Punkt.
Man könnte auch sagen, der Buchmarkt ist inzwischen von derselben Seuche befallen wie der Rest der Wirtschaft: Großes Geschrei und raffinierte Strategien zählen weit mehr als Qualität oder Preis-/Leistungs-Verhältnis. Sonst hätte es Microsoft auch nie so weit gebracht ...
@Coppi: Hör bloß nicht auf! Das wäre wirklich ein Verlust für die Leser.

Grey

#57
@Sascha
Na ja, das wird der harten Arbeit, die in Social Media Marketing steckt, tatsächlich auch nicht gerecht. Auch dabei geht es nicht darum, potentiellen Käufern das eigene Privatleben aufzudrücken. Nach allem, was ich inzwischen darüber weiß, bin ich einfach nur beeindruckt, was da an Zeit, Geld und Energie reinfließt, und wie viel Aufwand es erfordert, Beiträge persönlich wirken zu lassen, ohne dass sie wirklich persönlich sind. Das ist ein professionelles Business für viele, und kein marktschreierisches Wichtigtun. Wenn ich eines in den letzten Monaten gelernt habe, dann das.
Ob man das als Autor*in für sich kann und will, sind aber wie gesagt ein anderes Paar Schuhe, und es macht sicher auch nicht in jedem Genre Sinn, aber das muss man für sich selbst entscheiden und herausfinden. Wenn man sich nicht professionell mit Online Marketing auseinandersetzen will, ist es für die Nerven definitiv besser, Social Media für die Leser zu machen, die man schon hat bzw auf anderen Wegen gewinnt - als Angebot eben, und es schadet sicher nicht, sich da ein bisschen interessant und sympathisch zu präsentieren. Das kann man auch mit wenigen, unregelmäßigen Beiträgen tun, und wir alle wissen, dass man nicht schlank und schön sein muss, um ein interessanter Mensch und Autor zu sein. Das sieht die Buchcommunity zum Glück auch so. :)

Um aber auch mal wieder aufs Thema zu kommen: Dass der Buchmarkt an sich erstickt, glaube ich tatsächlich nicht, aber hin und wieder wage ich auf ein leichtes Gesundschrumpfen zu hoffen, zumindest auf Verlagsseite. Plus, es gibt zwar inzwischen sehr viele Titel, aber dass man ein bisschen investieren muss, um überhaupt eine Chance zu haben, sich im SP durchzusetzen, hat sich inzwischen schon auch rumgesprochen, von daher wird sich das auch an der Stelle über kurz oder lang etwas regulieren - zumindest fände ich das wünschenswert.

Davon abgesehen: Egal wie viele Titel es gibt, es ist ja schon so, dass man sowieso nie alle zu Gesicht bekommt, sondern innerhalb seiner Empfehlungsblase sehr begrenzt etwas angeboten bekommt. Und viele Leser werden vermutlich verstärkt nach diesen Empfehlungen kaufen. Daher bin ich mir gar nicht sicher, ob die absolute Zahl der veröffentlichten Titel nicht längst über eine Grenze hinausgeht, wo es noch einen Unterschied macht.

Linda

Zitat
Davon abgesehen: Egal wie viele Titel es gibt, es ist ja schon so, dass man sowieso nie alle zu Gesicht bekommt, sondern innerhalb seiner Empfehlungsblase sehr begrenzt etwas angeboten bekommt. Und viele Leser werden vermutlich verstärkt nach diesen Empfehlungen kaufen. Daher bin ich mir gar nicht sicher, ob die absolute Zahl der veröffentlichten Titel nicht längst über eine Grenze hinausgeht, wo es noch einen Unterschied macht.

Meine Hoffnung ist, dass sich der Markt gesundschrumpft, ohne dass hiesiege Autoren es ausbaden müssen. Und für die Sättigung sind definitiv nicht bloß die Selfpublisher verantwortlich. Denn, seien wir mal ehrlich: über ein Jahrzehnt lang wurden auch von Verlagen wild Titel (oft Übersetzungen) auf den Markt gebracht nach der Methode more of the same, das könnte erfolgreich sein, also probieren wir es und hoffen auf einen imaginären Bücher-Darwineffekt.
  Das führte zu angefangenen Reihen, wo keine Fortsetzungen oder Übersetzungen kamen.
  Mal eine ganz dolle Volte: vielleicht war das der Anfang der (mir) seit ungefähr diesem Zeitraum bekannten Praxis des SUBs... Stapel ungelesener Bücher (sowie irgendwie zeitgleich, o Zufall, die der Remmitendenkaufhäuser) . Es wurde wild gekauft, die Reihe aber erst mal möglichst vollständig, um nicht im Leeren zu sitzen. Es wurde gekauft, ohne auch die Zeit zu lesen zu haben. Und irgendwann ist die Bude voll, auch ein E-Book-Reader.
Zeit ist ein begrenztes Gut. Der Büchermarkt ist quasi unbegrenzt (jedenfalls für Leser, die auch im englischen Original lesen).

Linda

Zitat von: Sascha am 24. Januar 2020, 10:12:56
@Linda: Exakt! Genau so geht's mir auch.

Danke Sasche. Oft habe ich das Gefühl, ich bin der einzige Autor auf der Welt, der nicht unentwegt auf allen Kanälen über seinen Schreibprozess redet. Ich rede wohlgemerkt gerne über meine Bücher, wenn sie denn fertig sind.