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Plothäschen fangen - und was fressen die so?

Begonnen von chaosqueen, 24. Februar 2018, 23:47:43

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chaosqueen

Wir kennen sie alle. Manche lieben sie, manche fürchten sie, aber wir alle kommen nicht um ihre Besuche herum: Die Plothäschen.

Mich hoppeln sie immer mal wieder an, ich nehme sie hoch, streichel ihr weiches Fell und frage sie, was sie mir so mitgebracht haben. Und dann gucken sie mich treuherzig aus ihren plüschumrahmten Augen an und piepsen "mich, um den Rest musst du dich schon kümmern." Tja, und ann füttere ich sie mit ein paar Wörtern und stelle fest, dass sie nicht so richtig wachsen und gedeihen.

Oder anders: Ideenschnipsel springen mich zuhauf an, aber sie reichen nie für eine Geschichte. Entweder habe ich plötzlich einen Satz im Kopf, der Großes verspricht, aber nicht verrät, was er da nach sch ziehen möchte, oder ich habe eine Welt, aber keine Geschichte dazu. Stimmungen, bestimmte Sachverhalte, einzelne Personen.
Manchmal fange ich fieberhaft an, zu schreiben, nur um nach zwei Seiten festzustellen, dass ich keine Ahnung habe, welche Geschichte das werden will.

Oder ich habe klar Anfang und Ende der Geschichte vor Augen, weiß aber partout nicht, wie ich den Weg dazwischen gestalten kann.

Und dann frage ich mich immer: Wie machen andere das? Wie kommt ihr auf eure Geschichten, woher wisst ihr, was zwischen Anfang und Ende passieren muss, wie findet ihr die richtige Balance zwischen Handlung und Atmosphäre?

Je länger ich mich mit dem Schreiben befasse, desto mehr habe ich das Gefühl, absolut keine Ahnung davon zu haben. Und anders als beim Nähen oder Backen komme ich mit Learning by Doing nicht weiter.

Also: Wie wird aus einem einzigen Satz, der euch anspringt, eine Geschichte? Wie kommt die Figur, die mitten in der Nacht bei euch anklopft, zu ihrer Story? Wie füllt ihr eine Idee mit Leben?

Ich habe s viele angefangene Geschichten auf dem Rechner und ähnlich viele vage Ideen im Kopf, aber ich komme einfach nicht darüber hinaus.

Liliane

Also, wie aus einer dieser Ideen eine Geschichte wird, habe ich leider noch nicht herausgefunden, mein ganzer PC ist voll damit  ;D
Aber was finde ich sehr gut funktioniert, ist Geschichten aus ganz vielen dieser Ideen zu machen. Man muss sich dann zwar teils davon verabschieden, dass eine dieser Ideen eine sehr große Rolle spielen wird, und das ist teils schmerzlich, aber dafür bieten manche Ideen super Hintergrundgeschichten für Nebencharaktere, oder bilden überhaupt erst irgendwelche sehr interessanten Nebencharaktere, und machen Geschichten finde ich erst richtig lebendig. Schließlich könnte man eine Geschichte auch immer aus der Perspektive dieses Nebencharakters betrachten und dann bräuchte er ja auch eine große Story. Ich finde es immer cool, wenn man dazu etwas im Hinterkopf hat. Und außerdem ist die Idee dann verwertet und man kann wieder ruhig schlafen.

Sprotte

#2
Ich bin überzeugt, dass es mindestens so viele Wege gibt wie Autoren.

Ausgangsfrage: Bislang dachte ich, die Häschen fressen bevorzugt Zimtsterne, Schokolade und Marzipan. Sie mögen aber offenkundig auch Knäcke mit Kräuterquark.

Ich versuche mal, meinen "Prozess" als so-halb-irgendwie-Bauchschreiberin-mal-gucken-was-passieren-kann aufzudröseln. Meine Methode hat den Nachteil, dass ich mich wunderbar in Sackgassen verrennen kann und dort mitunter nur sehr mühselig wieder herauskomme. Ich plotte nicht wirklich, wenn dann nur grob im Kopf, was ein wenig wie Tagträumen bei mir funktioniert.

Beispiel Cajan: Ich sah einen Film, der Bösewicht imponierte mir, ein Gesichtsausdruck, eine Bewegung - und mein Halbelf stiefelte heran. Nur mit den Informationen "das wird irgendwie was wie Arrion", "Liebesgeschichte", "Elfen eine Handbreit über einem Haushund". Mehr hatte ich zu Beginn nicht, Seine Heilergabe? Wusste ich nicht. Seine Höhenangst? Mir bis dahin unbekannt. Die Sache mit dem Bösewicht und dem Stilett? Niemand war überraschter als ich! Kuggels? Was zum Kuckuck sind Kuggels?

Genretypisch wusste ich, dass es ein Happy Ending geben sollte, dass ich auch eines wollte. Cajan selbst war mir sehr präsent mit seiner Schweigsamkeit, groß, dunkel. Nach und nach baute ich seinen familiären Hintergrund aus, und dann brauchte ich eine Heldin, die möglichst gegensätzlich zu ihm ist.

Ob ich wirklich Heldenreise nach strenger Definition schriebe, weiß ich nicht einmal. Aber ich schicke Helden gerne auf Reisen, und bei Cajan hatte ich auch tatsächlich Distanz zu überwinden und mit Torons Hald ein Ziel. Und dann schlägt meine sadistische Ader zu, und ich gucke, wie viele Steine ich den Helden wohl in den Weg werfen kann, wie sie daran wachsen, die Beziehung sich verändert. Ich entdecke sehr viel unterwegs, und manchmal sitze ich dann auch da und frage mich, was ich noch anstellen kann.

Edit: Und ich plappere über meine Geschichten und Inspirationsfünkchen und Häschen. Dabei muss ich einen Schritt zurücktreten und das grobe Wirrwarr in Worte fassen, was mir schon ungemein beim Sortieren hilft. Ich kann erste Reaktionen auf Geschichtenelemente erhalten, abschätzen, was gut ankommt - was weniger.

Liliane

Das Geschichten entwickeln durch eine Art Tagträumen funktioniert bei mir auch gut. Nur irgendwie hab ich das Gefühl, wenn ich damit an mehreren Geschichten gleichzeitig oder immer wieder an anderen arbeite, ohne sie wirklich zufriedenstellend abzuschließen, dann wiederholen sich Elemente in verschiedenen Geschichten, weil ich unbedingt über sie schreiben möchte. Oder bestimmte Häschen tauchen in verschiedenen auf, weil ich noch nicht sicher bin, wo ich sie einbauen möchte.

Sprotte

Ich arbeite aus Grundsatz nur an einer Geschichte zur Zeit. Ich kann pausieren, um z. B. im NaNo eine andere Geschichte vorzuziehen, aber dann hat auch nur die Platz in meinem Kopf.

Ich schreibe und tagträume in schreibfreien Augenblicken weiter. Im Prinzip spiele ich den Roman einmal vor dem Schreiben etappenweise im Kopf durch, wobei beim Schreiben trotzdem noch immer reichlich Überraschungen auf mich warten. Mitunter so sehr, dass ich vor dem Rechner sitze, Huch mache und mich frage, wie ich denn so noch das angepeilte Ende erreichen soll.

Liliane

 ;D Na ja, dann ist das wohl tatsächlich die beste Methode. Ich habe dazu während dem Schreiben immer zu viele Selbstzweifel und schreibe dann doch an etwas anderem weiter.

Und zur Ausgangsfrage noch einmal: Ich habe in den letzten Wochen, wider jeder eigener Erwartung, Brainstorming für mich entdeckt. Einfach irgendein Wort das für die Geschichte steht in die Mitte und dann alle Ideen und plot bunnies die einem passend erscheinen und einfallen, drum herum. Irgendwie hat mir das sehr geholfen, verschiedene Dinge unterzubringen und Zusammenhänge zwischen Ideen zu erkennen, die ich vorher nicht gesehen habe.

Trippelschritt

Es gibt mehrere Möglichkeiten, sogar bei ein und demselben Autor  ;D .

Möglichkeit 1
Als ich anfing Romane zu schreiben, habe ich mich bei meinem ersten Roman hingesetzt und angefangen zu schreiben, ohne die leiseste Idee zu haben, was ich eigentlich schreiben wollte. Und als ich fertig war, hatte ich einen richtig guten Roman. "Das ist ja einfach", staunte ich und fing mit dem zweiten Band der Trilogie an. Mein Ehrgeiz war geweckt, er wurde technisch etwas schwieriger und ich kam einigermaßen durch, musste aber plotmäßig Einiges überarbeiten. Das Geheimnis des Schreibens? Hinsetzen und es tun. Dann schrieb ich Band drei und nach einem Drittel des Buches war es mir gelungen, die Geschichte komplett vor die Wand zu schreiben. Das war alles von vorn bis hinten für die Tonne. Die göttliche Erleuchtung hatte mich verschmäht. So leicht war es wohl doch nicht. Mein Trost heute ist, dass ich irgendwann den Band drei doch noch geschrieben habe und den größten Teil des alten Textes einbauen konnte, doch ändert das nichts an der Wahrheit. Es kann so klappen, muss aber nicht. Ich beschloss, die Sache systematischer anzugehen. So würde ich es heute nicht mehr machen. Das Risiko eines Fehlschlages ist mir zu hoch.

Möglichkeit 2
Es gab da einen Krimi, dessen Grundidee mir gefiel. Jemand wird getötet. Sein Bruder springt ein und übernimmt die Firma, die wegen verschwundener Diamanten in Schwierigkeiten ist. Spannend fand ich in der Geschichte, wie der Bruder mit Null Ahnung die Firma übernahm. Das mache ich auch, dachte ich mir und erschuf einen Magiergehilfen, dessen Chef umkommt. Blöd nur, dass der Magiegehilfe von Magie keine Ahnung hat. Aber warum wurde er dann vom Meister zum Gehilfen gemacht? Da hatte ich also Idee, Figur und bereits ein erstes Rätsel. Das reicht um einen Roman zu schreiben

Vier Freunde haben gemeinsam studiert und waren ein Herz und eine Seele. Irgendwann trennen sie sich und streunen in der Welt umher. Nach zwanzig Jahren treffen sie sich wieder und wollen da weitermachen, wo sie früher aufgehört haben. Klappt natürlich nicht. Ist ein Stanardthema in der Literatur. Ich mochte es. Meine Freunde waren die Teile eines gigantischen Schwertes, das zerbrach. Aus den Teilen schmiedeten die Menschen neue Waffen. Die wollten sich erneut vereinigen. In der Fantasy klappt das meistens. am Ende wird das Schwert wieder heile. Bei mir nicht. Jedes Teil hat seinen Herrn und die gehen verschiedene Wege und begegnen sich irgendwann und überredeten mich, eine zweite Trilogie zu schreiben.

Möglichkeit 3
Ich wollte einmal etwas anderes schreiben in der Fantasy. Eine Serie. Aber eine gute. Und ich wollte mal eine Protagonistin haben. Es sollte eine Serie werden, die langsam vom Fleck kommt, also nicht wie Lindenstraße, eher so wie House of Cards oder die Vorstadtweiber. Für diese Form einer Serie brauche ich viele Figuren und ein Setting. Bisher habe ich High Fantasy mit Menschen geschrieben. Dieses Mal habe ich in die Vollen gelangt: Drachen, Elfen, Gestaltwandler, Geister und Gespenster, meinetwegen auch noch Untote. Der nächste Schritt war ein Setting dazu zu finden. Übrigens, unter mein Roman habe ich das vorgestellt. Es scheint aber niemanden interessiert zu haben. Hoffentlich bedeutet das nicht, dass mein Setting keinen vom Hocker reißt.

Über Plots habe ich bisher nichts gesagt. Ich bin Bauchschreiber. Der kommt von allein, wenn ich ... Ich brauche eine Grundidee, ein Setting und mindestens eine Figur. Bei meinen Romanen beginne ich immer mit den Figuren und dem was sie wollen. Wenn ein Mensch etwas will und versucht, das zu bekommen, ergibt sich der Plot automatisch. Der Typ muss nur wirklich wollen. Deshalb werden meine Figuren auch immer dreidimensional. Ich mag keine plotgesteuerten Romane. Als Leser nicht und als Schreiber erst recht nicht. Also immer dieselbe Kommissarfigur und verschiedene Fälle packt mich nie so richtig. Aber andere Leser mögen das. Dan Brown ist für mich so la la, andere finden seine Bücher irre spannend. Ich stehe bei Krimis auf Tana French. Allerdings auch Alexander Bradley mit seiner Teenagerdetektivin und Peter o' Donnel mit seiner Modesty Blaise. Aber das sind schillernde Figuren, die durch viele Bände tragen. Wie auch Sherlock Holmes. Also: Keine Regel ohne Ausnahme.

Viel Erfolg wünscht Trippelschritt


chaosqueen

Dake für eure Antworten! Deine Methode kenne ich ja, @Sprotte, und ich finde die Ergebnisse toll! Aber wenn ich das versuche, verzettel ich mich in ewigen "und dann gingen sie von A nach B und trafen zwischendrin jemanden, der sie grüßte, aber völlig irrelevant für den Plot ist, außerdem schien die Sonne und das Gras war grün".

Trippelschritt, Du schreibst bei Methode 2, dass es völlig ausreicht, eine Idee, eine Figur und ein Rätsel zu haben, um einen Roman zu schreiben. Und ich glaube, da liegt tatsächlich mein Problem: Ich habe teilweise recht ausgearbeitete Plotideen, schaffe es aber dennoch nicht, etwas halbwegs lesbares draus zu machen. Anscheinend fehlt es mir am kompletten Handwerkszeug - das ist das, was ich mit dem "Futter" für die Plothäschen meine. Wie finde ich heraus, was für die Geschichte wichtig ist? Und wie um alles in der Welt schreibe ich das?

Und ja, ich habe einige Schreibratgeber gelesen. Und denke immer "wie soll ich mir das alles denn merken?" Geht nicht. Was dann dazu führt, dass ich am ende denke "das war total eingängig", aber die Methoden nicht umsetze, weil ich sie mir eben nicht alle merken konnte.
Ich habe ja mal die Schneeflockenmethode ausprobiert und fand die ersten 2-3 Schritte auch gut, danach geht es aber in einen Bereich, der für mich nur noch begrenzt funktioniert - zumal ich jemand bin, der an einmal gefassten Ideen festhält. Etwas rauswerfen, weil sich meine Figur anders entwickelt? Nix da, die Figur hat sich nicht anders zu entwickeln!

Kurzgeschichten gingen eine Zeitlang sehr gut. Weil ich oft Stimmungsbilder geschrieben habe oder kurze Situationsbeschreibungen. Sehr dichte Texte, auf das wesentliche konzentriert. Das klappt für Romane aus diversen Gründen aber nicht. Zum einen braucht der Leser "Erholungsphasen", in denen nicht gefühlt jedes Wort wichtig ist, zum anderen braucht auch der Plot Ruhephasen, in denen er sich langsamer entwickeln kann. Die Dichte einer Kurzgeschichte ist absolut nicht übertragbar - nur habe ich keine Ahnung, wie man diesen Wechsel hinbekommt. Ich bewundere ihn in anderen Büchern, ich bewundere auch Bücher, die durchgehend dicht geschrieben sind, ohne dass ich beim Lesen außer Atem komme (Juli Zeh kann das sehr gut und auch "Stein und Flöte" von Hans Bemmann ist ein Buch, bei dem gefühlt unglaublich viel auf einer Seite passiert), aber ich habe anscheinend kein Gesprür dafür, wie man das schreibt. Leider habe ich hinterher ein sehr gutes Gespür dafür, ob der Text funktioniert, und das tun meine eben nicht.
Sie sind ganz okay, wenn man sie als ersten Entwurf betrachtet, aber dann kommt das nächste Problem, überarbeiten kann ich nämlich noch weniger.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass man als Autor ein Fußgänger sein muss, der seine Umgebung in sich aufnimmt, hier und da mal schaut, was links und rechts am Wegesrand liegt und am Ende des Tages alle Eindrücke in sein Tagebuch schreibt, die nachhaltig hängengeblieben sind.

Ich sitze eher im Zug und versuche hektisch, alles aufzuschreiben, was an meinem Fenster vorbeirauscht. Am Ende komme ich nicht mehr mit, bin völlig außer Atem und meine Leser hab ich längst abgehängt. Schimmer ist aber, dass ich dadurch die wichtigen Details übersehe, die die Geschichte interessant machen und quasi nur aus der Vogelperspektive eine grobe Übersicht verschaffe.

Da ich vor einigen Tagen das, was in meinem Kopf passiert, mit einer Autobahn verglichen habe (ich stehe am Rand und die vorbeirauschenden Fahrzeuge sind meine Gedanken) vermute ich, dass darin ein Teil meines Problems begründet liegt. Ich denke sehr schnell und zum Teil sehr unstrukturiert und schaffe es selten, diese Geschwindigkeit zu drosseln. Ich kann schnell tippen, aber nicht ansatzweise so schnell wie die Gedanken in meinen Kopf ploppen. Heißt, dass ich sie unweigerlich nicht alle festhalten geschweige denn aufschreiben kann - und dadurch ist "vorher im Kopf plotten" für mich eher frustrierend, weil ich dabei immer tolle Sätze und Formulierungen produziere, die ich nie wieder so hinbekomme, wie sie in meinem Kopf waren.

Manchmal glaube ich, dass ich für meine Ideen einen guten Ghostwriter bräuchte. Jemanden, der sich anhört, was ich denke und daraus etwas macht. Idealerweise ist das quasi ein gemeinsamer Prozess, bei dem zwei Leute denken und einer schreibt. Keine Ahnung, ob das funktionieren könnte, derjenige müsste mich schon sehr gut kennen, vermute ich.

Trippelschritt

Zitat von: chaosqueen am 25. Februar 2018, 09:21:27
Anscheinend fehlt es mir am kompletten Handwerkszeug - das ist das, was ich mit dem "Futter" für die Plothäschen meine. Wie finde ich heraus, was für die Geschichte wichtig ist? Und wie um alles in der Welt schreibe ich das?

Ich habe nie etwas von Dir gelesen, aber trotzdem glaube ich nicht, dass Dir das gesamte Handwerkszeug fehlt. Es gibt Stimmen, die behaupten, dass Plotten reines Handwerk ist. Dem kann ich nicht so ganz zustimmen, denn die Ideen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Wenn die nichts taugen, hilft auch das Handwerk nicht. Andererseits nutzen die besten Ideen nichts, wenn Du nicht weiß, welche wichtig sind und welche nicht.

Für mich bilden Figuren und Plot eine Einheit. (das gilt nicht für jeden Roman und auch nicht für jedes Genre) Ein guter Plot besteht aus drei Ebenen:
1. Handlungsebene (äußere Plotebene)
Hier werden die Ideen über Logikabfolgen miteinander verbunden. Weil die Figur das will, tut sie das. Weil sie das getan hat (und weil der/die/das Husten aben) passiert das. Außerdem ist nur wichtig was zum Ende führt, auf welchem Umweg auch immer. Das Ende ist das Plotziel des Protagonisten. Er will den heiligen Gral finden. Bei mir ist das Ende fast immer "showdown". Spezifischer weiß ich es meist gar nicht. Für Spannung und Aufregung sorgen Konflikte. Ohne Konflikte passiert nichts. Weil Figur das tut, fühlt sie der und der gestört. Ideen, Ideenverknüpfung, Konflikte, Plotziel sind die Punkte, die präsent sein müssen.

2. Beziehungsebene
Außer dem was geschieht und die Welt verändert gibt es noch die Beziehungen zwischen den wichtigen Personen. Die bleiben nicht unverändert. Die Veränderungen ergeben sich oft aus der Handlungsebene und der Autor muss nichts dazu sagen. Muss aber nicht so sein. Das Beziehungsgeflecht verändert sich.

3. Der Protagonist verändert sich (gilt nicht für alle Genres)

Aus diesen drei Strängen bastelt man sich den Plot. Das ist das Grundgerüst und noch lange nicht alles, was es da zu berücksichtigen ist. Aber es ist ein Anfang. Ich denke da nicht mehr groß darüber nach. Wie beim autofahren kann man es nach einiger Zeit.

Viel Erfolg
Trippelschritt

Araluen

Oh ja Plothäschen, davon habe ich auch eine ganze Menge. Seit kurzem tummeln die sich alle in einem Scrivener-Projekt und haren ihrer Fütterung. Aus vielen von ihnen wird vermutich nie eine ganze Geschichte werden. Ihc fange auch oft mit einem Thema an, dasss mich interessiert oder einer Figur, die zum Tee vorbei gekommen ist. TJa und dann muss ich schauen, ob das, was in menem Kopf heurm spukt auch was taugt. Manchmal fange ich auch einfach so an. Da kommt dann sowas, wie bei meinen Vampiren heraus: 20k Wörter in losen Szenen und von einem Plot keine Spur... irgendwann finde ich ihn sicher. Bis 20k oder 30k kann ich in der Regel locker schreiben, ohne zu wissen, wohin die Reise jetzt so genau hingehen soll. Spätestens dann sollte ich doch einmal konkreter plotten. Ich arbeite gerade daran, diese Arbeitsweise zu ändern. Angefangene Projekte nerven ;)
So gehe ich mitlerweile vor, sobald ein Plothäschen genug Fett angesetzt hat:

1) Ich fasse meine Idee in einem einzigen Satz zusammen nach folgenden Schema: [Jemand] unternimmt [etwas tolles] um [ein Ziel zu erreichen/die antagonistische Kraft am Sieg zu hindern]. Schaffe ich es hier, einen knackigen Satz zu formulieren, dann scheint der Ideenapfel schon eine schöne Röte zu haben. Regt der Satz mein Kopfkino mit Fragen an? Noch besser, dann gehts weiter.
2) Gemäß Schneeflocke bastle ich mir dann 5 Handlungspunkte (Anfang, Wendepunkt 1, Mittelpunkt, Wendepunkt 2, Ende) und gebe jedem Punkt einen Ab satz Zeit um ausformuliert zu werden. Nebenher bastle ich noch an den Figuren, die mir zulaufen und weise notwendige Rollen zu, die ich mit Leben fülle.
Wenn ich soweit bin, kann ich mir halbwegs sicher sein, dass das Prjekt fertiges Manuskript nur noch an meiner Schreiberei scheitert und weniger an der Geschichte (wobei cih auch schon ein Projekt mit Höchstgeschwindigkeit an die Wand gefahren hab).
3) Ab jetzt kommt Finetuning. In der Regel schreibe ich in dieser Phase schon los, weil die Geschichte unter meinen Nägeln brennt. Um den Plot weiter zu verfeinern, wende ich noch die sieben Punkte an bzw. auch eine erweiterte Form davon und versuche mich seit neuesten an Plotbeats (was einem Szenenplan nicht unähnlich ist, aber nicht ganz so streng gefasst ist).

Ob ich Erfolg habe damit? Zugegeben, bisher habe ich nur Kurzgeschichten beendet ;) Die Idee mit dem Ghostwriter hatte ich auch shcon, weil ich manchmal das Gefühl habe, dass ich lieber plotte als schreibe  :rofl:

Liliane

#10
Bei 20 bis 30k habe ich auch das Gefühl, dass man locker einfach so mal drauf los schreiben kann. Aber das Problem bei mir zum Beispiel ist auch, dass mir meistens einer der Punkte aus dem Plot fehlt. Also, dass ich mich für kein Ende entscheiden kann, oder, mir ein wichtiger Grund der Protagonistin zum Handeln fehlt, oder, mir nichts schlüssiges einfällt, wie es zu all den Problemen eigentlich kommt.
So komme ich nie zu diesem einen Satz wovon die Geschichte eigentlich handelt, habe aber so viele Ideen zum Rest, dass mich die Geschichte trotzdem nicht los lässt. Aber ich schätze das hat vielleicht auch etwas mit Ansprüchen zu tun. Dass man dauernd unzufrieden damit ist, was man sich zu den ursprünglichen Ideen ausdenkt und so nie zu einem Schluss kommt, worum es eigentlich gehen soll. Weil man eine noch bessere Story für einen bestimmten Charakter oder ein bestimmtes Setting möchte.

Mir geht es auch so mit den tausend Gedanken und Ideen, die alle nicht weg gelassen werden wollen und sich viel zu sehr häufen, aber @chaosqueen , du sagst es ja schon selbst, du klammerst dich ziemlich fest an vieles, vielleicht ist es ja schonmal eine Lösung, sich ein bisschen davon zu befreien. Einfach mal los zu lassen, sich denken '"Ich habe ununterbrochen so viele Ideen, wenn ich mal welche brauche, werden wieder neue kommen" und die Gedankenspiele genießen, aber nicht bei allem gleich denken, dass das unbedingt zwischen zwei Buchdeckel muss und ja nicht fehlen darf. Wahrscheinlich kann ich das selbst nicht wirklich umsetzen, aber ich schätze, das ist vielleicht wichtig.


(Kurze Off-Topic-Frage: Kann ich die Kategorie "Mein Roman" unter dem Status inaktiv nicht sehen?)

Aljana

Bin grade mal am Runterkommen von zwei Jahren, die mich seit meiner Veröffentlichung irgenndwie in ein Hamsterrad geschubst haben und ja, ich bin auf der Suche nach kreativem Austausch, weil es bei mir ruhiger wird und HACH :D da kommst du mit diesem Thread.
Also, liebe chaosqueen, mit Plothäschen kenne ich mich aus. Bin ich doch Tierarzt und besitze 23 eigene Plothäschen im heimischen Stall, die auch einfach so da sitzen. Und weißt du was? Das lass ich sie auch. Füttern tut sie die Zeit.

Wenn so ein Gedanke, ein Satz ein Anfang, ein Pitch kommt, bei de ich das Gefühl habe 'Boah, der ist es wert', dann bekommt er sein Ställchen, sprich ich schreibe ihn auf. Also wirklich so ala Exposé. Welches Genre glaube ich, dass es mal werden will. Welche Bruchstücke habe ich schon, oder aber wenn's ne Szene ist, schreibe ich die auch einfach runter, gebe dem Ding den erstbesten Arbeitstitel, der mir einfällt und dann gehe ich dem kleinen Ding erstmal nicht auf den Keks. Ich lasse es mit all den anderen Ideen hoppeln und widme mich wieder meinen Projekten. Denn da gibt es ja immer, PR-Arbeit, oder in der Spinnerei ein Hilferuf für ein Notfalllektorat oder eine Messe zu planen, oder aber einfach meine Arbeit. Und siehe da, die Plothäschen, die wirklich wollen, sie werden zutraulich und kommen wieder. Erzählen mir neue kleine Details und dann kommt das ganze so langsam ins Rollen.

Sprich: Einfach nicht verkrampfen. Klar, wenn ein Grundgerüst da ist, gehört auch Plotarbeit dazu. Aber so als Bauchschreiber mach ich das echt nur selten. Austauschen ist auch immer gut. Einfach mal mit ein paar anderen Schreibern zusammensetzen und die Plotthäschen wie in einer Krabbelgruppe wild miteinander spielen lassen. Da kommen auch tolle Sache bei raus.

Halt sie fest und lass sie sich dann bei ir eingewöhnen, dann wirds schon.

:vibes:

Aylis

Mir geht es ganz ähnlich wie dir, chaosqueen, und trotzdem habe ich momentan eine Idee, die recht lange überlebt.
Bei mir ist es eine Mischung aus all den Dingen, die genannt wurden. Was mir aber auch geholfen hat, "durchzuhalten" und eine Idee weiter reifen zu lassen, sind gewisse Mantras, wenn man sie so nennen möchte, die ich mir vorbete. Ich habe bisher auch noch nichts abgeschlossen, mache aber immer wieder Fortschritte, wie lange die Werke werden.

Meine Mantras:
1. Beim ersten Schreiben, schalte deinen inneren Kritiker ab! Schreib erst einmal, was dir durch den Kopf geht und über alles andere kannst du dir später einen Kopf machen.
Wenn du den lieben Motzer in deinem Kopf nämlich zurückstellst, dann ergibt sich die Geschichte meist ganz von allein und du bist nicht so schnell blockiert.

2. Schiebe Gedanken fort wie: "Das gab es alles schon" "Du bist nicht gut genug" oder "Das will doch keiner lesen".
Finde für jeden deiner Lieblings- Negativsätzen einen entkräftenden Gegenpart wie: "Jedes Werk hat was Neues!" "Ich bin gut genug!" oder "Es gibt für jede Geschichte seinen Leser!"
So überleben deine Ideen länger und Blockaden werden auch hier zumindest hinausgezögert.
Dazu zählt auch, dich nicht zu sehr mit anderen zu vergleichen.

Und durch diese Mantras schaffe ich es, meine großen Negativsätze beiseite zu schieben und kann so auch besser unterscheiden, welches Plothäschen nun wirklich heruntergeschrieben werden will.
Denn ist dein Kopf frei von Selbstkritik und Leistungsdruck steht eins im Vordergrund: Spaß!
Dieser ist für mich das beste Plothäschen - Futter.
Ich habe mir seit Neustem aber auch angewöhnt, neue Plothäschen beiseite zu schieben, während mein großes Projekt noch keine fertige Rohfassung hat.
Das funktioniert bei mir, indem ich mein altes Plothäschen entweder mit Teilen des Neuen spicke oder mich mal in einem ganz ähnlichen, aber doch anderen Bereich umsehe.
Ein Beispiel: Für eine High Fantasy Idee einfach mal in einem RPG vorbeischauen, wie z.B. Witcher. So kann man wunderbar kleine Nebengeschichten aus Questreihen erfinden. 
Würde ich nämlich anfangen, ein neues Plothäschen zu füttern, hätte ich keine Motivation mehr für mein altes und über den Frust, das erste nicht weitergeschrieben zu haben, würde ich das zweite auch aufgeben.
Aber da siehst du ja auch schon, wie unterschiedlich wir alle sein können. Andere würden sicher verrückt werden, wenn all ihre kleinen, neuen Häschen geduldig warten müssten.
Wo genau sollen wir einbrechen? - In die namenlose Festung.

Aphelion

#13
Meine Arbeitsweise ist auch in diesem Punkt sehr chaotisch, aber es gibt ein paar typische Varianten. In meinem Fall passt die Häschen-Metapher allerdings überhaupt nicht bzw. wäre sehr zynisch. ;D Deshalb vergleiche ich das Vorgehen lieber mit Kieselsteinen, die irgendwann ein Mosaik ergeben.

Variante 1: Ich finde viele Kieselsteine nacheinander und wandere von einem zum anderen. Manchmal liegen sie bereits in der richtigen Reihenfolge, sodass ich sie nur aufheben und richtig platzieren muss. Andere finde ich zwar sofort, aber sie fügen sich erst später in das Gesamtbild ein.
→ Ergebnis: Im Prinzip schreibe ich eine komplette Outline runter

Variante 2: Ich finde einen einzelnen Kiesel, vielleicht auch zwei oder drei, die mir besonders gut gefallen. Aber ich finde keine anderen Steine, die dazu passen. Also lege ich die Kiesel in eine Kiste, bis ich irgendwann doch noch passende Steine finde. Die Steine können in der Zwischenzeit erodieren ("Hä, was meinte ich mit diesem Zettel nochmal?") oder ihre Form verändern. Manche Kiesel werden auf mysteriöse Weise zermalen und es bleiben nur mineralische Spuren zurück. Die Partikel haften anderen Kieseln an und plötzlich passt ein alter Kiesel mit diesem Mineralstaub in ein Mosaik.
→ Ergebnis: Langsam entwickeln sich viele Geschichten.

Variante 3: Ich arbeite an einem Mosaik, aber ich komme nicht weiter. Also schaue ich in meine Kiste, ob sich nicht ein Steinchen findet, das halbwegs passt. Manchmal finde ich keines, kann aber einen vorhandenen Kiesel zurechtschleifen.
→ Ergebnis: Ich suche aktiv nach möglichen Verbindungen.

Variante 4: Ich finde einen großen Stein(-haufen) auf einmal. Kein Suchen, kein Zusammensetzen. Rumms, er fällt einfach vor meine Nase. Woher er kommt, weiß ich nicht. Vielleicht entsteht er durch unbewusstes Kieselsuchen und Zusammenpanschen, aber ich merke davon nichts.
→ Ergebnis: wie bei #1 schreibe ich eine Outline, aber es geht schneller und ich muss fast nicht nachdenken.

Am produktivsten ist Variante 1 (einer Kieselspur folgen), am häufigsten ist bei mir aber Variante 2 (sammeln und warten). Variante 3 (Kiste öffnen und alte Steine brauchbar machen) wende ich eigentlich nur an, wenn ich mit einem Plot in eine Sackgasse geraten bin, ich einen Plotpunkt austauschen will oder mir ein Subplot fehlt. Variante 4 (Kieselhaufen) passiert einfach, tut manchmal aber ganz schön weh.  :ithurtsandstings!: Das entspricht vielleicht deiner rasanten und erschöpfenden Zugfahrt.

Manche Mosaike fügen sich von selbst zusammen, andere muss ich mühsam zusammenpuzzlen. Aber bei mir gibt es nur ganz selten ein Plothäschen, das wächst - höchstens ein Kannibalenhäschen, das sich von den halbverwesten Überresten der nicht gefütterten anderen Häschen ernährt.

Welche Folgen hat das?

Durch meine chaotische Arbeitsweise habe ich ziemlich lange gebraucht, um Projekte voranzutreiben und fertig zu schreiben. Zwischendurch hat mich das ziemlich runtergezogen, weil ich das Gefühl hatte, dass alle um mich herum produktiver sind und nur ich nichts auf die Reihe bekomme. Irgendwann habe ich aber festgestellt, dass ich sehr wohl etwas auf die Reihe bekomme - ich arbeite nur anders. Was für andere eine Fehlentwicklung wäre, gehört bei mir zum Prozess.

Unterm Strich bin ich nicht einmal langsamer als andere Autorinnen, die zwar (halbwegs) linear schreiben, aber ansonsten mit mir vergleichbar sind (z.B. weil sie sich ähnlich lange ernsthaft mit dem Schreiben beschäftigen).

Übrigens glaube ich inzwischen, dass dieses Gefühl, eine verlorene Idee sei besonders gut gewesen, vor allem daher stammt, dass die Idee verloren ist. Wahrscheinlich war sie gar nicht so besonders. Ich setze mich nicht mehr unter Druck, alles festhalten zu müssen. Ideen, in die ich absolut vernarrt bin, vergesse ich nicht.

Ich hatte vor etwa 15 Jahren einen Traum, an den ich mich nur bruchstückhaft erinnern konnte. Die Fragmente existieren in meinem Kopf, es gibt keine Aufzeichnungen. Am Anfang habe ich versucht, die Ideen festzuhalten, aber es ging einfach nicht. Aber diese Idee war es anscheinend wert, von meinem Hirnchen eingesperrt zu werden. Mir fehlen noch sehr viele Kiesel, um das Mosaik zusammensetzen zu können - oder um auch nur daran zu denken. Aber irgendwann ... :D

Das heißt nicht, dass ich mir nichts aufschreibe. Meine "Kieselkiste" besteht aus dicken Umschlägen mit Notizzetteln, Ordnern, Notizbüchern usw. Aber wenn etwas wirklich, wirklich, WIRKLICH bedeutsam ist, bleibt es hängen. Übrigens ist es bei mir praktisch fast immer so, dass ich mich an einen Notizzettel erinnere und diesen gezielt heraussuche. Selbst die kleinen Ideen verschwinden also nicht einfach so. Das funktioniert bei mir aber erst, seitdem ich mir diesen Druck nicht mehr mache, alles aufschreiben zu müssen.

Für mich war es außerdem wichtig zu erkennen, dass es eine zweite Illusion gibt: "Ich habe das Gefühl, das Buch steckt bereits in mir und ich müsste es nur noch aufschreiben." Das mag bei manchen Autorinnen so sein, aber ich behaupte, dass es häufiger nicht so ist. Für mich ist das jedenfalls ein klares Zeichen dafür, dass dieses Projekt wichtig ist. Es fühlt sich richtig an, und es fühlt sich richtig gut an. Aber das Gefühl entsteht nicht durch die scheinbare Vollständigkeit der Geschichte, sondern durch die persönliche Bindung zu den Ideen und Fragmenten.

Zitatwie findet ihr die richtige Balance zwischen Handlung und Atmosphäre?
Diese Frage passt nicht wirklich zum Rest, finde ich. Das ist ein Punkt, den ich tatsächlich eher unter "Stil" einordnen würde. Das ist allerdings ein Knackpunkt bei einer Arbeitsweise wie meiner. Denn der Stil verändert sich.

Jemand, der halbwegs linear schreibt, entwickelt seinen Stil von Roman zu Roman. Bei mir war (und ist) das anders. Vor allem in meiner Anfangszeit konnte ich sehr deutliche "Sedimentschichten" in meinen Geschichten unterscheiden, sogar in den notierten Ideenfetzen. Eine Zeit lang habe ich beim Schreiben versucht, jede vorherige Schicht anzugleichen, bevor ich eine neue Schicht hinzugefügt habe. Irgendwann habe ich das gelassen, weil es nicht effizient ist. Die Unterschiede zwischen den Sedimentschichten sind übrigens deutlich geringer geworden, weil die Lernkurve nicht linear ist.

Ein Mosaik zusammenstellen

Mal etwas ganz Praktisches: Weiter oben habe ich geschrieben, dass ich manche Mosaike mühsam zusammenpuzzlen muss. Dafür nutze ich entweder eine diffuse oder eine zielgerichtete Herangehensweise.

Die Grundfrage ist bei beiden: Brauche ich mehr Kiesel oder muss ich die vorhandenen Kiesel sortieren, wenden, drehen und einfügen?

Mehr Kiesel?
→ siehe Variante 2 und/oder
→ Schneeflockenmethode, Heldenreise o.ä. und/oder
→ explorative Recherche

Explorative Recherche: Suchmaschine, Sachbücher zum Thema - im Trüben fischen und schauen, was sich dabei finden lässt. Vielleicht brauche ich noch einen Antagonisten für eine Fantasywelt, die an Thailand angelehnt ist, und plötzlich finde ich in einem Buch eine mythologische Figur, die diese Funktion sehr gut erfüllen würde. Manchmal muss ich aber auch einen Fachbegriff nachschlagen und stoße in der Definition auf ein einziges blödes Wort, das direkt oder indirekt eine Assoziation weckt.

Kiesel sortieren?
→ 3-Akt-Struktur, Schneeflockenmethode, Heldenreise o.ä. und/oder
→ hinsetzen und einfach basteln

Für Letzteres benutze ich gerne Kärtchen, die ich an die Wand klebe oder auf dem Boden ausbreite. Eine Rolle Tapete ist auch sehr praktisch.

Diese Methoden sind aber nur Beispiele. Ich bin nichtmal selbst auf eine Methode festgelegt, ich wechsle sie ständig. Irgendwann hat sich bei mir ein deutlicher Trainingseffekt eingestellt. Die erste Projekte waren ziemlich harte Arbeit, aber dann ging es immer einfacher.

Manchmal fügt sich das Mosaik ganz einfach zusammen. Manchmal muss ich mir in den Hintern treten, mich hinsetzen und zur Arbeit zwingen. An diesem Punkt kommen also noch ganz andere Faktoren ins Spiel: Zeit, Disziplin und Ausdauer. Diese Faktoren wiederum werden von anderen Dingen beeinflusst, z.B. Gesundheit, Prioritätensetzung, Ablenkungen, Familie, Beruf und sonstigen Pflichten.

ZitatIch habe s viele angefangene Geschichten auf dem Rechner und ähnlich viele vage Ideen im Kopf, aber ich komme einfach nicht darüber hinaus.
Du kommst jetzt nicht darüber hinaus. Das ist das einzige, was sich mit Sicherheit sagen lässt. Bleibst du für immer dort stecken? Musst du Den Einen Ausweg™ finden? Oder ist das vielleicht sogar Dein Weg™ - genau diese Arbeitsweise?

Keine Ahnung. Alles ist möglich. Aber ich habe das Gefühl, dass das, was du beschreibst, zu häufig als Fehler und Makel betrachtet wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das nicht so sein muss, sondern dass diese scheinbare "Fehlentwicklung" teil meiner Arbeitsweise ist. Diese Erfahrung lässt sich nicht pauschalisieren, aber ebenso lässt sich diese Situation nicht pauschal als problematisch bewerten.

Die wenigsten Autorinnen schreiben 100% linear, aber bei mir ist die Geschichtenentwicklung wirklich extrem nicht linear. Im Nachhinein betrachtet war diese Zwischensituation, in der du im Moment auch stecken könntest, für mich eigentlich nicht an sich ein Problem - sie war ein Problem, weil sie immer als Problem behandelt wurde und ich deshalb dachte, ich mache etwas falsch.

Viele meiner alten Fragmente habe ich übrigens immer noch. ;D Heute weiß ich allerdings, dass es keine Häschen sind, die wachsen sollen, sondern Kieselsteine, die andere Kieselsteine benötigen, um ein Mosaik zu ergeben. Die Häschen-Metapher passt besser zu einer linearen Arbeitsweise - und die habe ich schlicht und einfach nicht. Ich bin Jägerin und Sammlerin. Ich lagere unregelmäßig Mineralschichten ab, die irgendwann zu einem Felsmassiv werden, anstatt einen Berg (= ein Buch) nach dem anderen zu errichten. Bis mein Gebirge wächst, dauert es zwar länger, aber es wächst letztlich auch. Auch wenn ich lange Zeit das Gefühl hatte, dass es das nicht tut - aber es wuchs und es wächst doch. Ein Berg benötigt 10 Jahre, einer zwei Monate. Andere sind vielleicht erst in 50 Jahren so weit. Nicht einmal das Wachstum ist linear.

Ich kann nicht sagen, ob das auf dich zutrifft. Aber mir ist es aufgrund meiner eigenen Erfahrungen wichtig, diesen Zustand nicht sofort zum Problem zu erklären, das gelöst werden muss, indem du dich zu einer Arbeitsweise zwingst, die dir vielleicht gar nicht liegt. Probier ruhig andere Möglichkeiten aus! Mir hat es jedenfalls nicht geschadet. ;) Aber behalte vielleicht im Hinterkopf, dass du möglicherweise schon längst alles richtig machst.

Elona

Zitat von: SprotteIch bin überzeugt, dass es mindestens so viele Wege gibt wie Autoren.
Ich denke, das trifft es ganz gut, wobei ich mich hier und da auch wiedergefunden habe.

Bei mir ist es immer wie folgt:
Mir kommt eine Szene in den Sinn (mit einzelnen Sätzen kann ich nichts anfangen). Wenn sie mir richtig gut gefällt, grübel (=Tagträumen  ;D ) ich über sie ein wenig nach. Kommen mir immer mehr Ideen dazu, schreibe ich sie mir meistens erst mal in ein Büchlein auf. Nur mit Stichpunkten.
Lässt die Geschichte mich gar nicht mehr los, schreibe ich auch mal ein ganzes Exposé runter, was nicht heißt, dass sie nachher auch so wird. Das könnte man dann als plotten ansehen, wobei ich das wirklich nur mache, wenn ich gerade eigentlich an einem anderen Projekt arbeite und von dem nervigen Neuankömmling meine Ruhe haben möchte. Der Effekt ist dann (leider), dass mich danach gänzlich die Lust für das neue Projekt verlässt, weil ist ja alles grob aufgeschrieben und ich weiß wie es ausgeht. Laaangweilig.  :rofl:

Aber Spaß beiseite. Habe ich schon erwähnt, dass ich Bauchschreiber bin? Sobald es ein Exposé gibt, kann es tatsächlich sein, dass mich das blockiert. Brenne ich für eine Idee, ist es für mich eigentlich am sinnvollsten, diese runterzuschreiben, so roh sie dann auch sein mag. Während des Schreibens kommt dann das Setting und ich werde mir der Figuren auch bewusster. Es kann auch sein, dass ich erst in Band xyz über irgendetwas stolpere. Gerade was das Setting betrifft.

Ich habe also recht schnell ein Rohmanuskript, aber das ist es halt auch wirklich und danach noch ganz viel Arbeit. Inklusive um- und neuschreiben. Dafür habe ich aber Eckpunkte, die immer gleichbleiben. Beispiel meine Hüter Band 1: Da habe ich dann tatsächlich die Hälfte bis Zweidrittel gestrichen und neugeschrieben. Die Anfangssituation und auch das Ende sind aber gleich geblieben, nur der Weg dahin hat sich zum Teil (auch gravierend) geändert. Z.B. Ist auch eine neue Perspektive dazugekommen, die es vorher nicht gegeben hatte. 

So extrem ist es bei mir aber meistens nur, wenn das Setting komplett neu ist. Ich es also auch erst selbst kennenlernen muss. Steht das Setting muss ich mich darum natürlich nicht mehr so intensiv kümmern, wie um die Geschichte und die Figuren. Dann wird es einfacher und bedarf nicht mehr so vieler Änderungen.

Ach so, und ganz wichtig für mich:
1. Das Rohmanuskript muss liegen! Ich bin sonst viel zu blind. 
2. Betaleser müssen halt unter den Rohmanuskripten leiden, weil ich Input brauche. Sorry dafür, an der Stelle.  ;)