• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

[Psychologie] Bipolare Störung und das Leben im Spektrum

Begonnen von Valkyrie Tina, 20. Oktober 2017, 10:31:22

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Valkyrie Tina

Oh, ich hoffe, ich bin hier richtig. In diesem Board mache ich nach 3 Jahren immer noch Fehler.  :bittebittebitte:


Der Hauptcharakter für meinen diesjährigen Nano ist bipolar. Keine Begründung, sie ist es einfach, sie hat sich mir so vorgestellt. Und jetzt suche ich Quellen und Hilfe, wie ich das glaubwürdig und anständig darstelle, mit einem Minimum an Klischees.
Was ich bisher gemacht habe: Die üblichen Definitionen von Wikipedia und Co angesehen. Den Thread "was ihr eine Verrückte Person fragen woilltet durchgelesen (da geht es eher u Schizophrenie, ich weiß nicht inwiefern sich das übertragen lässt.) Ich habe mir Videos und Ausschnitte von Carrie Fisher angesehen, auf der der Charakter sehr stark basiert.
Das hat mir geholfen, den Charakter besser greifen zu können, hat mich aber im Prinzip mehr verwirrt, weil in ihrem Fall ja auch noch Alkoholismus, Drogen und der ganz normale Wahnsinn von Hollywood dazukam, und ich nicht unterscheiden kann, was von der Krankheit selbst herkommt und was von den anderen Faktoren (ich kann mir aber gut vorstellen, dass das ineinander greift).
Dann habe ich einen Bekannten, der wohl eine biploare Störung hat. Nur, der ist extrem. Je nach seiner Position im Zyklus ist er der offenste und großzügigste Mensch der Welt, der alle einlädt, und im nächsten Moment ein echter Arsch, der Leute provoziert und vor den Kopf stößt.

Was mich interessiert, ist vor allem das Innenleben von jemandem, der unter bipolarer Störung leidet. Wie erlebt er den Tag? Wie schafft er es, sich zu motivieren und seine Sachen zu schaffen? Gibt es Zwangsgedanken? Depressive Stürme? Weiteres, an das ich nicht denke?

Mir ist bewusst, dass das ein sensibles Thema ist, und wenn mir jemand helfen will (gerne auch per pm), wäre ich extrem dankbar.

Carolina

#1
Ich habe eine Weile den Blog von Nina verfolgt, die allerdings nicht bipolar ist, sondern Borderliner.

https://cuckoosnestdiariesberlin.wordpress.com/ueber-diesen-blog-places-change-people-change/

https://thebigcuckoosnestdiary.wordpress.com/notes_after_nuthouse/

https://cockoosnestdiaries.wordpress.com

Nicht von den drei Links irritieren lassen, in jedem Lebensabschnitt führt sie einen neuen Blog. Oben der Aktuelle, unten der aus der Psychiatrie.

Ist nicht ganz das, was du suchst, aber sie berichtet sehr authentisch von ihrem Innenleben und was in ihr vorgeht. Fand es sehr interessant, weil ich nach dem Lesen gut nachvollziehen konnte, was in ihrem Kopf so vorgeht. Weiß aber nicht, ob man das auf die bipolare Störung übertragen kann, da bin ich kein Profi.


Mondfräulein

Ich kenne mich mit dem Thema zwar nicht besonders gut aus, aber bei der Recherche für eine Prüfung habe ich festgestellt, dass mir die Bücher am besten geholfen haben, die für Betroffene geschrieben worden sind. Bücher von Betroffenen stellen meistens nur einen einzigen Fall dar, was es schwierig macht, die Störung wirklich zu begreifen. Am meisten hat mir damals ein Selbsthilfebuch geholfen, weil es versucht hat, eine Vielzahl einzelner Erfahrungen zusammen zu führen, und die Störung so begreifbarer zu machen. Vielleicht findest du ja so etwas?

Ginger

Hey,

ich habe Dir zwei Nachrichten dazu geschickt, die aber nicht in meinem Postausgang erscheinen wollen.
Du kannst mich gerne über jsv@mail.de kontaktieren.

Sunflower

Das Buch "Die Welt im Rücken" von Thomas Melle ist so eine Art Autobiographie aus der Sicht eines Bipolaren. Das ist zwar nur ein Einzelfall und ich glaube, dass Melle vielleicht auch eher ein extremes Beispiel ist, aber er schreibt das so unheimlich toll, dass man sich da richtig reinfühlen kann. Fand ich zumindest. Das Buch lohnt sich jedenfalls so oder so und vermittelt dir vielleicht noch ein paar Einblicke in die Krankheit.
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Valkyrie Tina

Das ist ja direkt schon richtig viel Input. Ich schau es mir heut abend in Ruhe durch.



Zitat von: Ginger am 20. Oktober 2017, 15:46:09
Hey,

ich habe Dir zwei Nachrichten dazu geschickt, die aber nicht in meinem Postausgang erscheinen wollen.
Du kannst mich gerne über jsv@mail.de kontaktieren.

Die beiden Mails sind durchgekommen :-) vielen Dank dir!

Jen

Zitat von: Anja am 20. Oktober 2017, 10:40:01
Ich habe eine Weile den Blog von Nina verfolgt, die allerdings nicht bipolar ist, sondern Borderliner.

https://cuckoosnestdiariesberlin.wordpress.com/ueber-diesen-blog-places-change-people-change/

https://thebigcuckoosnestdiary.wordpress.com/notes_after_nuthouse/

https://cockoosnestdiaries.wordpress.com

Nicht von den drei Links irritieren lassen, in jedem Lebensabschnitt führt sie einen neuen Blog. Oben der Aktuelle, unten der aus der Psychiatrie.

Danke für diese interessanten Links, habe mich ein bisschen festgelesen. Echt toller Blick, noch dazu auf eine absurde Weise unterhaltsam.
Guilty feet have got no rhythm.

Carolina

Zitat von: Jen am 20. Oktober 2017, 18:41:24
Zitat von: Anja am 20. Oktober 2017, 10:40:01
Ich habe eine Weile den Blog von Nina verfolgt, die allerdings nicht bipolar ist, sondern Borderliner.

https://cuckoosnestdiariesberlin.wordpress.com/ueber-diesen-blog-places-change-people-change/

https://thebigcuckoosnestdiary.wordpress.com/notes_after_nuthouse/

https://cockoosnestdiaries.wordpress.com

Nicht von den drei Links irritieren lassen, in jedem Lebensabschnitt führt sie einen neuen Blog. Oben der Aktuelle, unten der aus der Psychiatrie.

Danke für diese interessanten Links, habe mich ein bisschen festgelesen. Echt toller Blick, noch dazu auf eine absurde Weise unterhaltsam.

Gerne! Ich musste eben daran denken und habe danach gesucht. War vor einer Weile mal in den Medien und dann habe ich Nina Nuthouse, wie sie sich selbst im Blog nennt, eine ganze Weile lang verfolgt. Sie kann wirklich gut beschreiben, was in ihr vorgeht, finde ich. Und warum sollten Gedanken zu einer Krankheit nicht unterhaltsam sein dürfen? :-)

chaosqueen

Zitat von: Mondfräulein am 20. Oktober 2017, 12:35:47
Ich kenne mich mit dem Thema zwar nicht besonders gut aus, aber bei der Recherche für eine Prüfung habe ich festgestellt, dass mir die Bücher am besten geholfen haben, die für Betroffene geschrieben worden sind. Bücher von Betroffenen stellen meistens nur einen einzigen Fall dar, was es schwierig macht, die Störung wirklich zu begreifen. Am meisten hat mir damals ein Selbsthilfebuch geholfen, weil es versucht hat, eine Vielzahl einzelner Erfahrungen zusammen zu führen, und die Störung so begreifbarer zu machen. Vielleicht findest du ja so etwas?

Das unterschreibe ich mal so - ich hab für einige Themen recherchiert und oft die Selbsthilfebücher oder die psychologischen Ratgeber zu Hilfe genommen, um einen Einblick ins Thema zu bekommen.

Letztlich ist keine bipolare Störung wie die andere. Manche kommen recht unerkannt durchs Leben, bei anderen ist das krasse Gegenteil der Fall. Meine Schwester war vor ca. 25 Jahren mit einem bipolaren Mann zusammen, der - wie Du selber ja ähnlich schreibst - in seinen guten Phasen nett, großzügig, charmant und offenherzig war, in den schlechten Phasen nicht nur zum Arschloch mutierte, sondern einmal auch das Auto seines Vaters nahm und mit 180km/h auf der Autobahn raste. Als Geisterfahrer. Dass dabei niemand zu Schaden kam, ist vermutlich einer Horde Schutzengeln zu verdanken (und meine Schwester hat sich nach der Aktion von ihm getrennt).

Mir wurde auch schon eine bipolare Störung unterstellt (letztlich hat es sich als ADS herausgestellt, da sind wohl einige Eigenschaften ähnlich), weil ich sehr krass von einer auf die andere Sekunde meine Stimmung wechseln kann.

Ich meine, dass ich zuhause ein Sachbuch zum Thema stehen habe, ich komme leider gerade nicht auf den Titel (kleiner Witz für die Buchhändler unter uns: Es ist schwarz weiß, senkrecht geteilt mit einer zackigen Trennung ... ;D), wenn ich dran denke, gucke ich heute Abend nach!

Melanokardios

Mal sehen, was ich ohne zu recherchieren noch aus der Psychiatrievorlesung zusammenbringe. Wie schon im Vorpost erwähnt, sind die Ausprägungen sehr unterschiedlich. Zur depressiven Phase gibt es bestimmt viele Quellen. Was zur Manie hängen geblieben ist: man fühlt sich energiegeladen, mitunter unbesiegbar, schläft wenig, schätzt die Realität nicht mehr richtitg ein.
In der Manie kann ein Betroffener auf andere positiv wirken. Manche Partner finden es schade, wenn ihr manischer Partner behandelt wird.
Wenn jemand in der Manie sein Haus verkauft, um irgendeinen Plan zu verfolgen, dann ist es schwierig das rückgängig zu machen, wenn er wieder normal ist. Vor Gericht ist eine manische Phase schwierig zu beweisen.

Chizuru

#10
Da hat deine Protagonistin ja ein schweres Laster zu tragen (zumindest, wenn ich daran denke, was mein bipolarer Großvater schon angestellt und erlebt hat), aber hoffen wir mal, dass das Ganze gut geht.

Was bipolare Störungen und Manien angeht, kann ich nur sagen, dass es meines Wissens eher weniger mit Schizophrenie zu tun hat.
Charakteristisch sind, wenn ich mich auf die Artikel und Texte, die ich gelesen habe und das, was ich von Ärzten bezüglich meines Opas hörte, berufe:

Sehr aktiv sein; kaum schlafen und Nächte durchmachen, meistens nur mit 4 Stunden Schlaf oder der Körper holt sich den Schlaf und die Person schläft während Gesprächen eventuell auch mal ein (nicht jeder)
Sehr stark verringertes Hemmungsgefühl, das auch dazu führt, dass der liebste Mensch ausrasten oder sich für jemand besseren halten kann - außerdem eventuelle Vernachlässigung jeglicher Hygiene
Ein Gefühl, als wäre es im Leben nie besser gewesen, so dass man alles erreichen und jedem das Wasser reichen kann; gepaart mit dem genannten verringertem Hemmungsgefühl
Zudem kann auch eine Kaufsucht auftreten; das Zulegen von Dingen, die man eigentlich nicht benötigt oder große Unternehmungen, die man macht, um die zusätzliche Energie, die man nun verspürt, loszuwerden

Zusätzlich kann sich eine bipolare Störung, solange sie auch mal nur die Sonnenseite zeigen mag, in eine schwere Depression umkrempeln, bei der der Erkrankte von großen Schuldgefühlen geplagt wird und sich fühlt, als säße er vor einem nicht/nie wieder zusammensetzbaren Scherbenhaufen. Die Erkrankten sind dann wieder auf dem Boden, viel emotionaler und können suizidale Gedanken entwickeln, während sie nicht mehr begreifen, weshalb sie sich vorher so verhalten haben. Hier kann aber stark variieren, wann solch eine "Downphase" eintritt. Manche Menschen, die an einer Manie bzw. bipolaren Störung erkannt sind, können meiner Erfahrung nach auch ein halbes bis ganzes Jahr aktiv unterwegs sein und werden nur noch weiter in ihrem Verhalten bestärkt und fühlen sich bestätigt, wenn es anderen nicht auffällt und man ihre Handlungen befürwortet. Und sie neigen dazu, eher Dinge zu riskieren, die ganz stark schiefgehen können, bis sie später mit nichts mehr als sich selbst dastehen.

Einiges, das ich genannt habe, kommt auch von eigener Erfahrung durch die bipolare Erkrankung meines Opas/Großvaters.

Aber mehr als das, was ich genannt habe, kann ich derzeit nicht beitragen. Zumindest nicht, dass mir momentan mehr einfallen würde.

Auch wenn ich jetzt leider nicht schildern konnte, wie es mit dem Innenleben aussieht, weil mein Opa da nicht mit sich reden lässt und sich als vollkommen gesund erachtet und mir eher seine ganze Lebensgeschichte noch einmal erzählen oder mich zu einem Fest oder Konzert mitnehmen würde, viel Glück und Erfolg jedenfalls dennoch mit der Darstellung der Figur und dem Schreiben an sich :jau:

Emacyl

Noch ein kleiner Input: statistisch gesehen ist die Selbstmordrate bei Menschen mit einer bipolaren Störung zu dem Zeitpunkt am höchsten, wenn ihre Stimmung noch gut ist, sie aber bereits einen Abwärtstrend feststellen. Da sie einerseits wissen, wie schlimm die depressiven Phasen sein können (und sie sich entsprechend vor dieser Zeit fürchten) und andererseits noch nicht in der Antriebslosigkeit der Depression stecken, ist diese Phase besonders gefährlich.