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Schreiben macht Spaß? Verdammt noch mal, nein!

Begonnen von FeeamPC, 20. Juli 2017, 14:48:27

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Fianna

Zitat von: FeeamPC am 20. Juli 2017, 14:48:27
Nein, ich schreibe nicht zum Spaß. Und von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, ist es weder als Spaß gedacht, noch macht es Spaß.
Ich schreibe, weil ich eine Geschichte erzählen will. Unbedingt. Und weil es ein äußerst zufriedenstellendes Gefühl ist, endlich ein Buch fertig zu haben. Und noch zufriedenstellender, wenn es gelesen und von den Lesern auch noch für gut befunden wird.
Aber Spaß ist etwas anderes.
Spaß ist es nicht, wenn ich nach getaner Arbeit in Beruf und Verlag noch eine halbe Stunde von meiner Schlafenszeit abzwacke, weil ich unbedingt noch eine Szene schreiben will.
Spaß ist es nicht, wenn ich in jeder freien Minute sehnsüchtig auf eine Inspiration warte, wie ich den verdammten gordischen Knoten in meiner Geschichte endlich zerschlagen kann.
Spaß ist es auch nicht, wenn ich das Fernsehen cancel und am Wochenende, statt draußen in der Sonne zu liegen und ein Buch zu lesen, in die Tastatur hämmere, weil mein Buch sonst nicht fertig wird.
Und ganz sicher ist es kein Spaß, wenn ich meiner Familie insgeheim grolle, weil sie mich schon wieder besuchen und mir damit kostbare, weil kaum vorhandene Schreibzeit stehlen.

Und trotzdem - nichts geht über das zufriedene Gefühl, wenn ich wieder ein Stück geschafft habe.
Den Vergleich mit Sportlern oder Instrument üben finde ich sehr passend. Wenn man ein bestimmtes Trainigsziel hat, macht es einem nicht immer Spass,  sich dafür Zeit frei zu schaufeln. Und wenn man untrainiert ist, macht es auch nicht Spass, zu üben,  wenn einem nach 300 Metern die Puste ausgeht oder nach zehn Minuten üben die Finger lahm werden.
Oder, in unserem Fall, man in einer halben Stunde nur einen Bruchteil des früheren Pensums schafft und das auch noch krumm formuliert.
Trotzdem machen wir es, weil die Tätigkeit an sich uns Freude bereitet, und was uns stresst, ist nur die eigene Erwartunghaltung: früher warst Du schneller. Andere können es besser. X schreibt jeden Tag 20 Seiten und Y macht jeder Satz Spass, den sie schreibt.

Da muss man sich vor allem von der eigenen Erwartungshaltung lösen. Ich bin wieder vollkommen aus dem Schreibtrott, und wenn mir zu den unpassendsten Zeiten ganze Sätze oder Seiten in den Sinn kommen, demotiviert das noch mehr. Wenn ich Zeit zum Schreiben habe, bekomme ich es im Leben nicht so hin, und je mehr ich es versuche, desto weiter entfernt sich die Stimme in meinem Kopf, die mir vor ein paar Stunden noch eine ganze Menge super Formulierungen diktieren wollte.
Mein Freund sagt dazu nur: Schreib doch einfach. Guck nicht auf die Uhr und mach solang Du magst. Und wenn Dir nur 20 Wörter einfallen, sind das 20 mehr als gestern.
Eigentlich hat er recht. Ich sollte auf ihn hören und mich nicht damit stressen, was früher war. Das war ja im Prinzip ein ganz anderes Trainingslevel.
Aber das erstmal machen ist schwer, und Spass macht es auch nicht. Eigentlich liegt das aber an mir selbst und den unrealistischen Erwartungen, die ich an mich habe.

Silvasurfer

#46
@Shin: Dann mach es doch als Hobby. Das ist doch genau das, was ich sage, hab deinen Spaß am schreiben.

@Churke: Ich finde es interessant, dass du gerade das Thema Musik gewählt hast. Wo doch gerade die Musik etwas spontanes und verspieltes ist. Wir sagen: Ich spiele Musik oder im schlimmsten Fall, ich mache Musik aber ganz bestimmt nicht, ich erarbeite mir Musik. Man könnte sagen, der Weg ist ihr Ziel. Sie ist mit anderen Worten das Dao.
Denn genau so, wie es beim Tanzen nicht darum geht einen Schritt von A nach B zu machen, denn das wäre ja gehen und nicht tanzen, so geht es der Musik nur darum zu erklingen, im Ohr und im Herzen, mehr nicht.
Ein Instrument üben, das tun nur jene, die eine Frau beeindrucken wollen. Sie wollen die Mädels, deshalb wollen sie Rockstars sein. Ich sag immer, wenn du die Mädels willst, dann sprich sie doch an, wozu Musik, höchstens um mit ihnen zu tanzen.
Doch es gibt auch jene die nehmen ein Instrument in die Hand. Sie können es noch nicht spielen, sie klimpern einfach und es macht ihnen Spaß. Sie berühren die Seiten und hören ein angenehmes Geräuch. Huch, was ist denn das?! Oh das hat ja toll geklungen!!! Vieles erkennen sie sofort und intuitiv, ja sogar einige Noten und Akkorde. Sie hören sie einfach. Das ist A-Moll, das merkt man doch, so traurig und gleichseitig so mächtig, wie ein Tiger im Käfig, so kann nur A-Moll klingen. Und E-Moll kann man ja wohl von D vollkommen unterscheiden. Selbst DMoll ist das helle lachen eines Kindes E-Moll hingegen ist das Lachen eines alten Mannes, der shcon viele Winter erlebt hat aber immer noch die Freude am Leben empfindet. Und sie spielen immer weiter irgendwann sogar unter Anleitung. Sie können gar nicht anders, denn sie vergessen dabei völlig die Zeit. Das sind wahre Musiker.
Denn die Musik bezweckt nichts, deshalb ist es am schönsten Radiomusik oder Zufallswiedergabelisten zu hören, oder einfach das Tanzbein zu schwingen und alles zu vergessen. Nur sind die meisten Radiosender absoluter Mist. Doch wenn ein Song richtig gespielt und gehört wird, dann einfach indem man den Klang sein Trommelfell streicheln lässt. Und sofort spürt man etwas, egal welche Musik richtung es ist. Siehst du nicht wie die wirklich großen Musiker sich einfach gehen lassen, wie sie posen. Das ist nicht alles nur Show. Hast du schonmal eine Pose gemacht beim SPielen und das Körpergefühl empfunden? Dann können sie es spüren, wie die Musik sie einfach packt. Und dann können sie sie spielen auf eine Weise, wie sie es nur in solchen Momenten vermögen. Und deshalb hängt die Qualität eines Konzertes auch stark vom Publikum ab. Denn wenn das Publikum nicht richtig hinhört, dann ist alles fur die Katz und das feeling verschwindet. Das ist das einzige was an der Musik nicht Spaß macht, wenn man siespielt/übt. Wenn das feeling weg ist und man zwar zuhört, aber nichts geschieht in einem. Es hittet nicht.

Ich habe Konzerte gesehen, die Band ist schon besoffen. Sie haben in der Bar gespielt, privat aber das Publikum war so geil, dass sie nicht anders konnten als immer weiter zu spielen. Es ist inzwischen schon 5 Uhr Morgens. Die improvisierten Stellen, vor allem die Enden verkackt die Band bereits, weil sie viel zu viel getrunken haben und auch noch müde sind. Vor allem der Gitarrist übertreibt es einfach und hört seinen Kollegen gar nicht zu. Doch einer, ein verrückter Tänzer steht einen halben Meter vom Gitarristen entfernt und geht völlig ab. Er war es auch der mir gesagt hat: "Du musst einfach Party machen und Spaß haben, laut sein, dann hat die Band auch ihren Spass und das Konzert geht weiter!" Er überlässt sich also der Musik, Jack Black hätte sich daran inspirieren können. Und dann auf einmal zeigt er auf den Gitarristen. In seinen Augen funkelt es. "Du hast es voll drauf, Mann!" Er spricht es nicht aus, sein Körper sagt es.
Der Gitarrist legt einen Stagedive hin und kniet sich vor dem Bassisten nieder. Die Gitarre im nacken beginnt er das Solo, und die beiden harmonieren perfekt. Das Lied endet in Extase. Dannach gehen wir alle nach hause. Jeder, den ich gefragt habe, selbst jene, die den Stagedive nicht sehen konnten bestätigten mir, dass dieses letzte Solo von allen das beste war. True Story!

Das Problem am Zweck ist, er heiligt nicht die Mittel. Die Mittel heiligen sich selbst, denn sie sind es die den Moment und somit die Realität erschaffen in der wir leben.

zDatze

Du sprichst da einige sehr gute Punkte an, @Fianna. Danke dafür.  :jau:

Zitat von: Fianna am 21. Juli 2017, 16:22:45
Da muss man sich vor allem von der eigenen Erwartungshaltung lösen.
Das möchte ich noch einmal herausheben, da das mitunter einer der Gründe ist, der mir lange Zeit das Schreiben (und den Wiedereinstieg) erschwert und vermiest hat. Diese Gedanken von wegen "du warst aber schon einmal besser/schneller/witziger/..." können wirklich hinunterziehen und gerade wenn es schon mühsam ist in den Schreibprozess wieder hineinzufinden, noch eine zusätzliche (mentale) Hürde aufbauen.
Und dieses Hinunterziehen verstärkt sich dann noch zusätzlich, wenn man die eigenen Leistungen zusätzlich mit den Leistungen von anderen vergleicht. Ein wahrer Teufelskreis, der schwierig zu durchbrechen ist.  :-\

@Silvasurfer Ich möchte dir hier keinen Dämpfer aufsetzen, aber deine Postings gehen teilweise an der Diskussion und am Thema vorbei. Um bei deinem letzten Satz einzuhängen: Du erschaffst dir deine eigene Realität und dieser ist für die klar verständlich, was du meist. Aber in meiner Realität gehen deine Beiträge am Thema vorbei, da ich die Erfahrungen nicht teile(n kann).

Fianna

@zDatze
Das ist bei mir jetzt vielleicht falsch rüber gekommen. Wenn ich in einer Schreibphase bin, motiviert es mich ungemein, wenn ich sehe, was andere Tolles machen.
(Und Gespräche zum  Plotten sowieso immer).

Nur wenn ich in einem Schreibloch bin, tut mir das gar nicht gut.
Ich kann mich auch schlecht mit negativen Anreizen motivieren. "Du bist jetzt x Wörter im Rückstand" - so etwas blockiert mich eher.
Auch Wörter zählen an sich.

Motivierend finde ich Dinge aus anderen Bereichen. Wenn z. B. eine einzige Person alle Stimmen eines Medleys singt, sich unterschiedlich schminkt und das in einem Video zusamnen schneidet... bekomme ich immer so einen "Jaaaa, jetzt sei auch kreativ!"-Kick.

Churke

Zitat von: Silvasurfer am 21. Juli 2017, 18:00:46
@Churke: Ich finde es interessant, dass du gerade das Thema Musik gewählt hast. Wo doch gerade die Musik etwas spontanes und verspieltes ist. Wir sagen: Ich spiele Musik oder im schlimmsten Fall, ich mache Musik aber ganz bestimmt nicht, ich erarbeite mir Musik. Man könnte sagen, der Weg ist ihr Ziel. Sie ist mit anderen Worten das Dao.

Mir ist bekannt, dass die Fähigkeit, Noten zu lesen, zunehmend als überbewertet gilt.  ::)
Ich kann mir auch nur sehr schwer vorstellen, dass der Supergitarrist als Naturtalent vom Himmel gefallen ist.
Ich lerne gerade Boogie Woogie (nach Noten), und obwohl ich schon Klavier spielen kann, werde ich alleine in die linke Hand hunderte Stunden Übung investieren müssen. Und dann werde ich Boogie Woogie spielen, dass die Hütte wackelt.  8)
Was daran Spaß macht, ist zu sehen, wo man steht und was man erreicht hat. Und nach nochmaligem Nachdenken sage ich: Es ist die selbe Motivation, aus der ich schreibe. 

Shin

Zitat von: Silvasurfer am 21. Juli 2017, 18:00:46
@Shin: Dann mach es doch als Hobby. Das ist doch genau das, was ich sage, hab deinen Spaß am schreiben.

Nein, du hast gesagt, es wäre falsch, sich zum Schreiben zu zwingen, weil man dem Leser Qualität schuldet. Und diese Aussage fand ich wiederum falsch.
"The universe works in mysterious ways
But I'm starting to think it ain't working for me."

- AJR
"It's OK, I wouldn't remember me either."        
- Crywank          

Silvasurfer

#51
@Chukre. Natürlich ist er nicht vom Himmel gefallen. Aber ein Talent empfindet es selten als Zwang oder Mühe sich hinzustellen und zu spielen. Ein Naturtalent fühlt sich wohl in seiner Haut, denn das ist schließlich seine Natur, es ist ein Heimspiel. Man kann vieles erlernen wenn man sich Mühe macht, aber das ist es was die wirklich großen vom Rest unterscheidet, sie lieben es einfach über alles und das, was die anderen üben nennen ist für sie der ganze Spaß. Sie haben schlechte Tage mehr nicht aber sie würden es tun, selbst wenn man ihnen nichts dafür gibt, weil sie sich nichts davon versprechen als die Freude an dem, was du üben nennst.

@Shin: Ich sagte schreiben darf niemals langweilig sein, weder für den Schreiber noch für den Leser. Das eine hat doch mit den anderen nur insofern etwas zu tun, dass wenn du freude an deinem Schreiben empfindest und wahre Inspiration, wenn der Zauber über dich gelegt wurde, sodass du gar nicht anders kannst als die nächste Seite zu schreiben oder eben zu warten, geduldig, bis deine Idee wie ein Samenkorn ganz von alleine oder eben einsehen, dass man es doch nicht drauf hat, dass in einem etwas anderes wahres steckt... dann ist das, wenn es zustande kommt ein gutes Buch, eines dass es sich lohnt zu schreiben, eines das sozusagen geschrieben werden wollte und zwar von dir (...) und folglich auch ein gutes Buch zu lesen. Denn das ist was ich wiederum als Leser will, ich will keinen gähnend langweiligen Text der von einer Person geschrieben wurde, die keinen Spaß an der Sache hatte, ich will gar nicht anders können als die nächste Seite aufschlagen, verstehst du?
Bla bla bla Herr Müller trug ein paar weiße Handschuhe, blabla. Das will ich nicht. Jeder Satz muss ein Schlag der Offenbarung ins Gesicht sein, (idealistisch gesprochen) eine authentische Erkenntnis des Lebens, die dich auch dazu angetrieben hat, zu schreiben, ein Gefühl, was denn sonst. Oder warum ist Schreiben dein Hobby, weil du sozusagen ein Hobbystubenhocker bist... mit Sitzfleisch wie man so schön sagt oder führst du etwas gerne Traumtagebücher? Wobei selbst die gut geschrieben sein können. Oder kannst du nicht anders, fühlst du dich einfach gut, wenn du wieder einen vernünftigen Text zustande gebracht hast und zwar egal wo und wie und wofür und warum. Und wenn der Text nichts taugt oder du gerade nicht schreibst, machst du dich dann fertig, bist du dann traurig und würdest am liebsten in dein Kissen weinen. Das nenne ich wahre liebe, echtes Talent, sowas muss doch gefördert werden, die tränen müssen fließen und immer weiter fließen (...) Und der Text auch! Deshab sage ich echte Talente betrachten es nicht als Übung. Denn würden sie nicht "Üben" wäre das ihr sicherer innerer tod das Üben, ist das was ihnen Freude bereitet.  Und das schöne dabei ist, das Kunst Geschmackssache ist, also darfst du ruhig den ganzen Druck und die Last der Erwartungen von dir wegnehmen und ihr einfach deinen Stempel aufdrücken, mal gucken, was passiert, ich sage habe Mut die Maske abzunehmen und selbst zu sein, was auch immer diesem wahren Selbst Freude macht.

Shedzyala

#52
@Silvasurfer
Das was du sagst, ist das, was ich gemeint habe, als ich zu Alana sagte: Dieser Tipp ist toxisch für Leute wie mich. Denn mir macht das Schreiben keinen Spaß, was aber nichts daran ändert, dass ich dennoch schreiben will. Denn etwas wollen und an etwas Spaß haben ist etwas völlig unterschiedliches für mich. Mir geht es beim Schreiben um das Ergebnis: meine Geschichte, niedergeschrieben mit meinen Worten. Aber der Weg dahin ist mitunter sehr qualvoll und nur manchmal tatsächlich spaßig. Der Spaß beginnt für mich erst, wenn der First Draft steht. Wenn ich aber von allen Seiten zu hören kriege, dass ich beim Schreiben etwas falsch mache, dann ist Chance groß, dass ich entmutigt aufhöre und mich einem neuen Projekt widme, vielleicht mache ich dann ja etwas richtig und habe Spaß. Ich weiß inzwischen natürlich, dass ich keinen Spaß beim Schreiben brauche bzw dass der Spaß erst später beginnt, aber ein Neuling weiß das nicht und bricht vielleicht ab, ohne es wirklich versucht zu haben.
Übrigens hat Spaß haben nichts mit Qualität zu tun: Auch wenn es eine schöne Vorstellung ist, dass man aus dem Text die Stimmung des Autors herauslesen kann – man kann es nicht. Zumindest nicht bei mir ;) Ich schreibe am liebsten Melancholisches, wenn ich rundum glücklich bin. Und wenn ich eine so richtig gehasst, mich wahrhaft von Wort zu Wort gequält habe – lieben sie meine Testleser für gewöhnlich. Aber vielleicht können sie meine Qual ja doch herauslesen und sind einfach nur elende Sadisten ;D

Und zum Thema Talent: Andreas Eschbach sagt mal (sinngemäß), wenn Talent, dass nur Wenigen vergönnt ist, dann hat ein Autor dann Talent, wenn einen Roman fertigschreiben kann. Talent ist ähnlich wie Kunst etwas nicht Greifbares, ich würde garantiert andere Autoren als talentiert bezeichnen als du. Und unter Naturtalent verstehe ich jemanden, dem eine spezielle Tätigkeit leicht fällt – unabhängig davon, ob sie ihm auch gefällt.

Im Übrigen ist das einzige, was ich meinen Lesern schulde, keine falschen Erwartungen zu wecken. Also kein Klapptext, der marketingtauglich etwas verspricht, was nicht im Roman steht. Keine Leseprobe, die den Text in ein komplett falsches Licht rückt. Keine aufgeworfenen Fragen, die ich linksliegen lasse. Spaß am Schreiben schulde ich niemand (oder ein Happy End :versteck:).
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

FeeamPC

So, Silvasurfer, diesen Satz findest du also blabla
ZitatHerr Müller trug ein paar weiße Handschuhe
?
Kommt auf den Kontext an.

ZitatHerr Müller trug ein Paar weiße Handschuhe. Sie starrte ihn ungläubig an. Weiße Handschuhe ... hier? Er streckte eine Hand aus. Das weiße Leder berührte ihre Wange. Sie zuckte zusammen und keuchte auf.

In der Form wird der Leser sie vermutlich nicht mehr langweilig finden.

Und solche kleinen Experimente, da macht mir das Schreiben tatsächlich Spaß. Aber dahinter steht dann keine Geschichte. Nichts, was ich unbedingt Schreiben will. Sobald die Geschichte da ist, beginnt sie eine gnadenlose Herrschaft über meine Gedanken. Will geschrieben werden. Selbst dann noch, wenn ich sie ein halbes Jahr lang am ausgestreckten Arm baumeln lassen. Kein Spaß. Aber etwas, was ich aus innerster Überzeugung tue. Wie ich bereits sagte, die Geschichte will einfach geschrieben wrden. Und hinterher bin ich sehr froh, dass ich es getan habe.

Silvasurfer

#54
@FeeamPC: Natürlich kommt es auf den Kontext an. Deshalb sagte ich ja: JEDE Zeile muss ein Schlag der Offenbarung ins Gesicht sein! In meinem Beispiel steht der Satz im Kontext von blabla und zwischen blabla kommt nichts mehr, da kann man sich noch so viel Mühe geben. Die innere Stimme muss es eben auch genau so meinen und fühlen, wie sie es schreibt, das muss authentisch sein und leben in sich haben, so sehe ich das. Dann macht es Spaß. Man schreibt vom tiefsten inneren der Seele. Betrunken geht das richtig gut aber auch nüchtern.

Wie dem auch sei. Marta hat das für mich auf den Punkt gebracht. Die Gemüter scheiden sich natürlich, je nachdem, wie man selbst ist.
Shedzyala und Churke lassen erkennen, dass sie ein klares Ziel verfolgen und auch erreichen wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, gehen sie einen Weg. Bei dir geht das jetzt nicht so ganz hervor, was du eigentlich sagen willst, daher schätze ich dich ähnlich ein, wie mich. Du nimmst dir einfach das, was gerade kommt und schreibst darüber irgendwas, egal was, und wenn es meine Blabla-Behauptung ist, Hauptsache du hast etwas worüber du schreiben kannst und wenn du es geschrieben hast, denn dann geht es dir besser, heute shcon nicht erst MOrgen, wenn irgendein längeres Werk fertig ist, aber auch dieser Tag macht dir Freude. In meiner Einschätzung deiner Art, dass du wie ich deinen Weg zum Ziel machst, sehe ich mich nun, da ich deinen Post ein zweites mal lese, ehe ich mit meinen Post schlussendlich geantwortet habe, auch bestätigt:

ZitatUnd solche kleinen Experimente, da macht mir das Schreiben tatsächlich Spaß. Aber dahinter steht dann keine Geschichte. Nichts, was ich unbedingt Schreiben will. Sobald die Geschichte da ist, beginnt sie eine gnadenlose Herrschaft über meine Gedanken. Will geschrieben werden. Selbst dann noch, wenn ich sie ein halbes Jahr lang am ausgestreckten Arm baumeln lassen. Kein Spaß. Aber etwas, was ich aus innerster Überzeugung tue. Wie ich bereits sagte, die Geschichte will einfach geschrieben wrden. Und hinterher bin ich sehr froh, dass ich es getan habe.

Ach dann fühle ich wenigstens nicht so allein. Ich hatte schon Angst, dass ich jetzt richtig dumm mit meiner Meinung auf der einsamen Insel der Ahnungslosen gestrandet bin und jetzt zusehen darf, wie Captain Barbosse mit meinen Schiff davon segelt. 

Fianna

Zitat von: Silvasurfer am 21. Juli 2017, 21:33:33Ein Naturtalent fühlt sich wohl in seiner Haut, denn das ist schließlich seine Natur, es ist ein Heimspiel. Man kann vieles erlernen wenn man sich Mühe macht, aber das ist es was die wirklich großen vom Rest unterscheidet, sie lieben es einfach über alles und das, was die anderen üben nennen ist für sie der ganze Spaß. Sie haben schlechte Tage mehr nicht aber sie würden es tun, selbst wenn man ihnen nichts dafür gibt, weil sie sich nichts davon versprechen als die Freude an dem, was du üben nennst.
Der letzte Satz trifft auf viele im Forum zu. Ich persönlich habe zum Beispiel noch keinen Cent bekommen für mein Geschreibsel. Ich habe noch nie ein Expose an einen Verlag geschenkt. Dennoch beschäftige ich mich seit zwei Jahrzehnten mit Schreibtechniken, Plotmethoden, Weltenbau, den richtigen Formulierungen.
Dennoch bereitet mir das Schreiben nur Freude, wenn es leicht von der Hand geht. Meistens ist es Arbeit, im Moment eine unüberwindbare Hürde und beständige Quelle der Frustration 
Trotzdem gebe ich es nicht auf und ärgere mich über jeden freien Tag, an dem ich wieder nicht geschrieben habe.
Wo mag das in Deiner These hinein passen? Vielleicht ist sie ja doch nicht so allgemeingültig ;)

Silvasurfer

#56
@Fianna: Vielleicht ist das der Sommer. Ich glaube es gibt eine Zeit für alles.
Ich selber stecke in so einer Hürde und es macht mich fertig.  :wums: Und dennoch, wenn ich auch nur einen Text zustande gebracht habe, und wenn es nur ein Brief für eine Freundin oder ein Tagebucheintrag ist, von dem ich mir denke. Jo, das hat Freude gemacht, das ist ein toller Text (Meine Meinung natürlich nur) dann habe ich ihn, den Seelenfrieden.

Du fragst mich, wo also deine Selbstbeschreibung in meine These passt, bezüglich deiner Hürde nehme ich an. Genau an den Punkt, an dem ich sage, dass man, wenn man etwas wirklich liebt gar nicht anders kann als "üben". Das bedeutet im Umkehrschluss und das versuchte ich auch anzudeuten, dass wenn man es nicht tut, weil keine Ahnung (...) Leben halt, die Tatenlosigkeit einen an den Rand des Wahnsinns treiben kann, weil man seinen Sinn eben nicht erfüllt sozusagen. Berufung eben, so wie Leherersein, Azrtsein, Kochsein so wie Berufe eigentlich sein müssten finde ich oft, denn es darf nicht ums Geld gehen. Seiner Berufung zu folgen macht Freude. Wenn es ums Geld geht, macht man etwas, dass man nicht mag... um leben zu können, denn zum leben braucht man ja Geld, das sagen diese Menschen oft, das heißt also um auch weiterhin etwas zu machen, was man nicht mag. Ich würde Geld dafür z a h l e n, wenn du meine Inspiration einschalten könntest und ich mein Buch in Ruhe zu Ende schreiben dürfte, so sieht es aus.

Ich glaube das Thema, was nichtztun zu bedeuten hat, das hatten wir mal, als es um Schreibblockaden ging und ich mich geärgert habe, weil meine Texte nichts taugten. Und erlaube mir dir das zu sagen, was man mir gesagt hat und ich glaube du warst sogar du, aber ich erinnere mich nicht zu 100%, da natürlich viele an der Diskussion beteiligt waren. Nichts zu schreiben kann viele Gründe haben und muss nicht unbedingt bedeuten, dass es nicht in dir steckt. WIchtig ist nur, wie man mit der Blockade umgeht. Sinngemäß hat das irgendwer so zu mir gesagt.

Ich persönliche denke über das, was du sagst, wenn du meine Einschätzung überhaupt hören willst:
Dein Frust darüber, dass du nicht schriebst, so könnte man es ausdrücken, kommt wenn es echter Frust ist, wenn es dich richtig fertig macht, wie die reine Freude an deinen Schreibflüssen von ganzen Herzen, das genügt meistens um zu wissen, wer du wirklich bist. Nun und da Schreibblockaden nicht das Thema sind möchte ich es dieses Mal nicht überschreiten, es geht ja um die Freuden und Nichtfreuden des Schreibens, Schreibblockade wäre schon wieder ein Thema für sich.

Rhiannon

Vorneweg, ich habe jetzt nicht alle vier Seiten gelesen. Es kann also sein, dass vor mir etwas ähnliches geschrieben wurde.
Ich glaube, der Frust, den du, @FeeamPC beschreibst, ist ironischerweise der Frust, der uns die Schreiberei so genießen lässt.
Wir raufen uns die Haare, wenn die Geschichte nicht so will, wie wir wollten. Aber nicht eigentlich der Geschichte wegen, sondern weil wir frustriert sind, der Geschichte, die sich in uns festgebissen hat, nicht gerecht geworden zu sein. Wir wollen fertig werden, weil darin letzten Endes das gerecht geworden sein liegt. Und darin liegt auch der Frust des nicht-Vorankommens. Irgendwo ist das das Gefühl, die Geschichte im Stich zu lassen.
Und genau deshalb schreiben wir auch dann, wenn wir müde sind oder eigentlich lieber auf der Couch liegen wollen.

Das ist in meinen Augen übrigens bei allen Leidenschaften der Fall. Ich grummle zum Beispiel auch, wenn ich mir beim Fechten wieder einmal Blessuren hole, aber das ist eher das Grummeln darüber, mal wieder einen Fehler gemacht zu haben, d.h. nicht rechtzeitig abgewehrt zu haben oder ausgewichen zu sein. D.h. ich ärgere mich letzten Endes, weil ich Perfektion anstrebe und sie wieder einmal nicht erreicht habe. Tadaaa, der selbe Ärger wie der, wenn ich beim Schreiben nicht so schreibe, wie ich es gerne hätte.

FeeamPC

Rhiannon, ich glaube, das trifft es auf den Punkt.
ZitatAber nicht eigentlich der Geschichte wegen, sondern weil wir frustriert sind, der Geschichte, die sich in uns festgebissen hat, nicht gerecht geworden zu sein. Wir wollen fertig werden, weil darin letzten Endes das gerecht geworden sein liegt. Und darin liegt auch der Frust des nicht-Vorankommens. Irgendwo ist das das Gefühl, die Geschichte im Stich zu lassen.

Mrs.Finster

Schreiben ist für mich wie eine Beziehung oder eine Ehe  ;D

Man liebt sich, man hasst sich, man durchlebt die größten Krisen miteinander, man erlebt das größte Glück. Es gibt "Beziehungspausen", es gibt Tage, da trennt man sich nicht. Manche kriegen Buchbabys, manche bleiben buchlos und sind trotzdem glücklich. Manche trennen sich nach Jahren und manche bleiben ihr Lebtag zusammen.

Schreiben macht nicht immer Spaß, aber die Glücksmomente wiegen dabei alles auf. Die Frage ist immer, wenn der Frust überwiegt, wodran es liegt. Ist es ein grundsätzliches Problem oder habe ich mich einfach zu sehr verändert, dass wir nicht mehr zusammen passen...
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)