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Fehlender Anreiz und fehlende Konsequenzen

Begonnen von Feuertraum, 19. April 2017, 13:17:14

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Yamuri

#15
Liebe Feuertraum,

Mir geht es ähnlich.
Nicht nur, dass ich mich mit meinem Lebensweg und meinen tausend Interessen auch in der Beschreibung Scannerpersönlichkeit wiederfinden kann, sondern auch bei dem Problem mit den Konsequenzen.
Ich weiß es hat keine Konsequenzen, wenn ich meine Deadline nicht einhalte. Mein Freundeskreis glaubt unerschütterlich an meinen Erfolg, ungeachtet wie lange ich brauche. Auch wenn ich keine Ergebnisse liefere, ich bekomme immer von allen zu hören ich sei so fleißig, würde so viel machen, solle mich zu nichts zwingen und mich nicht unter Druck setzen.

Was mir geholfen hat war ein Schreibtagebuch zu führen, das öffentlich sichtbar war auf Facebook.
Das Problem, welches sich irgendwann ergab war allerdings die Impressumsfrage bei Autorenseiten.
Ich will auf gar keinen Fall meine Privatadresse angeben müssen, weshalb ich schweren Herzens meine Autorenseite blank gemacht habe und nicht mehr dort poste, aus Angst, weil mich die Rechtslage so verwirrt, dass ich einfach nicht weiß ob ich eine Impressumslose Autorenseite haben darf solange ich nur Kurzgeschichten in einer Anthologie veröffentlicht habe und ob ich  meine Schreibfortschritte da posten darf. Seit ich jedoch damit aufgehört habe dieses öffentliche Fortschrittstagebuch zu führen, bin ich in alte Muster verfallen und schiebe meine Projekte nur noch vor mich hin.

Dank dem Tintenzirkelforum habe ich aber wieder Hoffnung geschöpft, dass es mit meiner Disziplin vielleicht wieder etwas werden könnte, da ich hier Gleichgesinnte finden kann.

Grundsätzlich würde ich auch empfehlen, sowas wie ein öffentliches Fortschrittstagebuch zu führen und sei es nur öffentlich im Sinne von hier im Tintenzirkelforum für alle sichtbar. Es hilft, wenn man seinen Fortschritt dokumentiert, so meine Erfahrung, und andere das mitverfolgen können.:)

Ansonsten finde ich die andren, von Vorrednern genannten Vorschläge auch sehr gut. Nur bei mir bringen reine To Do Listen nicht. Ich brauche irgendwie das Publikum wie es scheint, Menschen die meinen Fortschritt miterleben, die sich vielleicht auch dazu äußern und deren Fortschritt ich ebenfalls mitverfolgen kann. Denn bei Rollenspielen oder meinen Schreibaufträgen habe ich keine Probleme meine Termine einzuhalten. ^^

Liebe Grüße,
Yamuri
"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

HauntingWitch

ZitatYoutube, Streamen, Speedrunnen - das klingt für viele leider absurd und nicht wirklich wichtig, für mich ist es das aber.

@Tinnue: Meinst du, Musik streamen? Also, eines kann ich sagen: Bewusstes, gezieltes Musikhören ist ein eigenständiges Hobby. Das nimmt genau so viel Zeit in Anspruch wie jedes andere Hobby auch, denn man macht in dieser Zeit nichts anderes. Ich habe früher bei jedem Album, das ich neu gekauft habe, einen Durchlauf gemacht, bei dem ich nur auf dem Sofa sass und die Texte mitlas. ;D Seit einiger Zeit steht das aber für andere Sachen hinten an.

Hm, ich denke, Zeitmanagement und Prioritätensetzung haben auch sehr viel mit Selbstdisziplin zu tun. Man muss sich sozusagen zwingen, Dingen hintenanzustellen oder umgekehrt, sich voll und ganz auf eine Sache zu fokussieren. Das ist nicht einfach. Bei mir ergibt sich das meistens, wenn ich merke, dass ich schlicht an den Anschlag komme, wenn ich alles machen möchte und irgendwann habe ich für nichts davon mehr Energie. Da entscheide ich lieber von Anfang an. All die anderen Sachen laufen ja nicht weg.

Ich frage mich, woher dieses Gefühl vom "müssen/wollen" kommt. :hmmm: Mich überfordert es zum Beispiel total, wenn ich auf einmal zu viele To Do's habe, weil ich dann nicht mehr weiss, wo ich anfangen soll und denke, ich müsse alles sofort machen. Im Zweifel mache ich dann Ene-Mene-Muh. Tja, ich weiss nicht, ob ich eine Hilfe bin, sind nur ein paar Gedanken, ich gehe auch gleich wieder.

Alia

Zitat von: jokergirl am 21. April 2017, 09:49:19
3. Belohnen/Strafen! Ich mache das mit Habitica, aber was auch immer für dich funktioniert.

Ich habe allerdings gestern mit einem Kinderpsychologen gesprochen, der gemeint hat dass vor allem beim Scannen/ADHD-artigen Sachen das Bestrafen erfahrungsweise besser funktioniert, weil der Stress (vor allem der Zeitstress) beim Konzentrieren hilft. Das habe ich selbst noch nicht ausprobiert, weil das bei mir in dem Fall von aussen kommen müsste, aber ich werde demnächst mal mit meinem Freund darüber sprechen. Vielleicht hilft es, wenn ich Zeit blocke und ihm verspreche, nach diesem Zeitfenster mit ihm zu zocken? Dann muss ich ja was tun, denn es gibt eine Deadline.

Das ist z.B etwas, was bei mir gar nicht funktioniert. Klar bekomme ich bei einer Deadline die Arbeit vorher fertig. Klar ist sie dann auch beendet. Allerdings verknüpfe ich dann auch ganz schnell genau diese Arbeit mit etwas Negativem und mache immer größere Bögen darum. Wenn ich es dann trotzdem machen muss, bekomme ich von Mal zu Mal immer schlimmere Stresssymptome. Steuererklärung ist zB so ein Thema. Wenn ich die mache, leide ich die ganze Zeit unter Augenzucken, Durchfall und Kopfschmerzen. Und es ist jedes Jahr schlimmer.

Belohnungen von Außen reizen mich ebenfalls wenig. Mach x und du bekommst y ist ganz nett. Da wäge ich allerdings immer ab, ob es sich auch lohnt. Meist lohnt es sich nicht. Bei Belohnungen, die ich eigentlich gern mache (z.B. von jemand zum Essen eingeladen werden) ist es sogar so, dass ich das dann kaum genießen kann, weil es für mich einfach weniger wert ist, wenn jemand eine Einladung für eine bestimmte Leistung auslobt. Wenn ich dagegen nach Abschluss spontan "zur Feier des Tages" eingeladen werde, freue ich mir ein Loch in den Bauch.

Was mich hinter jedem Ofen hervor lockt, ist eine Herausforderung. Wenn es schwer ist, wenn jemand sagt "das kann doch gar nicht klappen", wenn man viel Geduld und viel Hirnschmalz braucht, bin ich dabei. Da investiere ich Stunde um Stunde, ohne auf die Uhr zu schauen und bin ganz in die Sache vertieft und ziehe es bis zum Ende durch.

Das andere, was mich motiviert ist, wenn ich jemand anderen damit glücklich mache. Ich mag es einfach, wenn sich Leute wirklich freuen. Oder wenn ich Leuten wirklich helfen kann. Das ist so ähnlich.

Und dann gibt es so etwas wie Malen oder Musizieren, etc. was mir als Tätigkeit einfach so viel Spaß macht, dass ich es immer wieder gern tue. Das Ergebnis ist mir da oft total egal. Schreiben fällt teilweise auch in diese Kategorie. Deshalb ist es mir auch nicht so wichtig etwas fertig zu bekommen. Von mir aus schreibe ich einfach mal hier und mal daran und genieße einfach den Prozess als solches.

Was mich zuletzt noch motiviert ist eine Gruppe. Etwas im Team erledigen klappt eigentlich immer.

Habitica nutze ich komplett anders. Nicht als Belohnungs- oder Bestrafungssystem, sondern als eine Art virtuelle Todo-Liste, um noch offene Sachen im Auge zu behalten und Termine nicht zu verschwitzen. Als Motivationswerkzeug ist das für mich ungeeignet. Um einen Überblick zu behalten dagegen hervorragend geeignet.

Die Zeit in der ich meine Aufgaben am zuverlässigsten und mit den wenigsten Problemen erledigt bekomme, ist die in der ich einfach viel zu tun habe und mir keiner rein quatscht. Wenn da ein riesiger Berg Arbeit liegt. fange ich einfach ohne zu Murren an. Am besten klappt das mit "neutralen" Aufgaben. Etwas, wo ich weder für belohnt werde, noch bestraft. Die Sachen mache ich dann einfach fertig und gut ist. Wenn jemand aber anfängt mir "es müsste wohl auch mal wieder gesaugt werden" zu erzählen, ist das so ziemlich die sicherste Methode, mich daran zu hindern, das in absehbarer Zukunft zu erledigen. Ein "saugst du schon mal, dann kann ich gleich durch wischen" fällt dagegen in die Kategorie "Teamwork" und wird zuverlässig von mir erledigt.  :engel:


Bei meiner Tochter ist es zum Teil ähnlich. Druck ausüben ist da so ziemlich die sicherste Methode, um etwas scheitern zu lassen. Sie bekomme ich am ehesten dazu, dass sie ihre Aufgaben erledigt, wenn ich über Routinen und Gewohnheiten gehe (immer zur selben Zeit die Hausaufgaben und ähnliches) oder wenn äußere Gegebenheiten dazu führen, dass sie etwas schnell fertig haben will. Z.B. die Verabredung mit der Freundin, vor der aber die Hausaufgaben fertig sein müssen. Und sie ist auch ganz klar ein Teamplayer. Wenn wir etwas zusammen angehen, wird es zuverlässig erledigt.

Archivarin

Ich hatte lange, lange Zeit das gleiche Problem. Ein bisschen habe ich es immer noch, aber es ist viel besser geworden. Zwei Dinge haben mir geholfen:

1. Die bittere Pille. Ich habe es mir vom Disappointment Panda von Mark Manson sagen lassen (ich weiss nicht, ob man den kennt): man kann nicht alles tun, was man will. Punkt. Entscheidest du dich in einem Moment dafür, zu schreiben, entscheidest du dich gleichzeitig dagegen, diese Zeit fürs Zeichnen, Musizieren, Klettern, für deine Familie, oder was auch immer zu verwenden.

Das soll nicht heissen, dass man nicht mehrere Leidenschaften verfolgen kann, aber je weiter man sich ausdehnt, und je weniger Zeit man auf jede Sache verwendet, desto weniger weit wird man es schaffen. Natürlich gibt es keinen linearen Zusammenhang, man kann mal in wenig Zeit viel schaffen, wenn man sehr inspiriert ist, und andererseits auch mal Tage überhaupt nichts hinbekommen. Und natürlich kann es auch Synergien geben, wenn man sich mit mehreren Dingen beschäftigt. Aber die harte Tatsache bleibt trotzdem bestehen: unsere Träume sind unendlich, unsere Zeit ist es nicht.

Sobald ich das akzeptiert hatte, konnte ich meine verschiedenen Interessen auf eine andere Art beleuchten.
Nicht: "wäre das nicht auch toll?" Sondern: "ist das toll genug, dass ich dafür x, y, und z weniger Zeit widme?" Es hilft mir dabei, zu bestimmen, wie wichtig mir etwas wirklich ist.

2. Was mir auch geholfen hat, mir aber eher passiert ist, ohne dass ich was dazu getan habe: Ich bin aufs Schreiben gestossen. Mein ganzes Studium (Architektur) lang hatte ich immer das Gefühl, mich mit etwas zu beschäftigen, das mir grossen Spass macht, aber auch ein bisschen beliebig ist. Ich dachte mir, Architektur ist toll, aber genau so gern hätte ich Film, Kunst, oder Musik studiert. Als ich mit dem Schreiben anfing, hatte ich das tolle Gefühl, etwas gefunden zu haben, das mir das Zeitopfer wirklich wert ist.

Trotzdem: klar besteht das Leben aus tausend kleinen Dingen und ich persönlich könnte mich niemals auf nur eine Sache konzentrieren (tja, kein Nobelpreis für mich!). Es hat mir einfach sehr geholfen, mir über meine Prioritäten klar zu werden. Vorher habe ich mich auch ständig darüber beschwert, dass ich so viele Interessen habe, aber einfach nicht genügend Zeit dafür. Jetzt ist mir klar, dass es jedem so geht, und jammern nichts hilft - man muss einfach das tun, was einem am meisten am Herzen liegt.

Mein Freund rennt zum Beispiel jede Woche etwa 10-12 Stunden. In meinem Kopf schreit eine Stimme: wie kann er so viel Zeit haben??? Dabei ist ihm das Rennen einfach wichtiger als andere Sachen, die darunter leiden müssen (unter anderem seine Doktorarbeit...  ;) )