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Akzeptierte Standards für Fantasywelten

Begonnen von Maubel, 19. April 2016, 09:09:42

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Araluen

 Ich selbst lese meist Fantasy mit eindeutig europäischen Vorbildern unterschiedlicher Epochen. Mir kommt es aber tatsächlich weniger darauf an, wie gut kopiert und recherchiert wurde, sondern wie stimmig die Welt als eigenständiges System ist. Das schließt Erklärungen, Atmosphäre und vor allem Konsequenzen ein.
Nehmen wir das Beispiel Emanzipation der Frau: Da habe ich nicht nur selbstständige  Adelsweibchen, die alles selbst machen,  im Herrensitz reiten und bei Bedarf auch ganz toll kämpfen können, sondern auch Frauen in Männerberufen, Probleme deswegen und auch eine angepasste Mode. Denn blickt man auf die reale Welt, gehört zur Emanzipation der Frau auch eine Veränderung der Mode, weg vom hübschen aber einengenden Käfig zur bequemen Kleidung, in der man auch arbeiten kann. Korsett, Reifrock und Emanzipation passen zum Beispiel nur schwer zusammen.

Was mich viel mehr stört als schlechte Recherche im realen Vorbild ist das Herauspicken von Rosinen. Das Mittelalter bestand nicht nur aus edlen Rittern und tugendhaften Prinzessinnen. Es war vor allem dreckig und die meisten Leute arm. Ebenso kritsich sehe ich allzu plakative Klischees (der kriegerische Frauenverachtende Wüstenmann mit hitzigem Gemüt oder den stets betrunkenen Genossen aus dem verschneiten Osten) und Charaktere, die entgegen jeder Vernufnt aus dem System ausbrechen wollen, weil der Autor ja weiß, dass patriarchialische Strukturen und Ständesystem doof sind. Deshalb finden seine Charaktere es im Grunde ihres Herzens auch doof. Auch wenn es zum Weltkonzept nicht passt, dass es so viele aufgeklärte Ausreißer gibt. Denn dann müsste es eigentlich eine Revolution geben.

Die Antworten auf die Fragen nach Erklärungen, Konsequenzen und Atmosphäre dürfen gerne vom realen Vorbild abweichen, müssen aber in sich logisch sein.
Denn wenn ein Autor eine Fantasy Welt erschafft, dann erschafft er eine völlig neue Welt. Und damit sollte er in meinen Augen auch alle Freiheiten genießen. Man sollte wirklich unterscheiden, welche Art Werk man vor sich hat. Habe ich eine Fantasygeschichte vor mir, deren Welt an eine bestimmte Kultur oder Epoche angelehnt ist? Dieser Umstand gilt für die meisten Fantasywelten. Nur selten wird das Rad neu erfunden. Oder haben wir es mit einem historischen oder pseudohistorischen Fantasyroman zu tun? Die letzten beiden Kategorien müssen äußerst sorgfältig recherchiert werden, denn hier schafft man ein genaues Abbild der gewählten Epoche. Zudem sollte auch beachtet werden wie sehr das Worldbuilding im Fokus steht. Will ich in eine fremde Welt entführen oder will ich vor allem eine Geschichte erzählen? Die Antwort auf diese Frage entscheidet nicht über die Güte der Recherche, aber über die Detailliertheit der ausgearbeiteten Welt. Will ich lediglich eine Geschichte erzählen, muss ich nicht zwingend auf jede Frage zur Welt eine Antwort haben. Aber das Gesamtpaket soll stimmig erscheinen.

Zitat von: Mondfräulein am 19. April 2016, 10:26:16
Gerade die Obsession mit dem Mittelalter verstehe ich nicht, sie stört mich richtiggehend, weil das Mittelalter in den meisten Fällen nur auf Mythen und Halbwissen basiert, weil da jemand zu faul war, fünf Minuten zu recherchieren. Das fängt schon an, wenn der Held ein Gericht mit Kartoffeln gibt (gab es im Mittelalter nicht).
Hier würde ich, wie gesagt, differenzieren. Ich sehe keinen Grund, warum es in einer frei erdachten Welt, die dem europäischen Mittelalter ähnelt, keine Kartoffeln geben sollte. Wie man heute sieht, kann die Knolle theoretisch überall wachsen. Allerdings gebe ich dir Recht, dass Kartoffelbrei in der mittelalterlichen Schenke von Fantasienland tatsächlich das Produkt von Lebensgewohnheit und einem guten Schuss Recherchefaulheit ist und nicht wirklich auf Überlegung fußt. Dennoch kann man bei Fantasienland nicht von einem Fehler reden, finde ich. Es ist eine Anlehnung kein Abbild. solange alles in sich shclüssig ist, ist alles in Ordnung. Anders sähe das Ganze natürlich aus, wenn Schuster Franz tatsächlich im "Goldenen Heller" bei Magdeburg (nagelt mich jetzt bitte nicht darauf fest, wann der Heller das erste Mal geprägt wurde ;)) im Jahre 1374 eine Schale Kartoffelbrei isst. Bei einem Abbild der Epoche sind Recherchefehler wenig verzeihlich für mich.

Auch für Fantasienland gilt bei aller Freiheit für mich aber, Recherche ist wichtig. Ich kann mich schließlich nur an eine Wand anlehnen, die ich auch gut sehe und von der ich weiß, dass sie mich aushält. Aus dem erworbenen Wissen kann man dann in Fantasienland machen, was einem beliebt. Kennt man durch die Recherche bestimmte Strukturen und Mechanismen unterlaufen einem auch weniger generelle Fehler. Man steckt ja selbst in der Materie drin. Zudem befreit man sich von einigen Klischees und Vorurteilen. Dabei ist es für mich jedoch unerheblich, ob Fantasienland in einem Pseudoeuropa, Ägypten oder Japan spielt. Für wenig vertaute Settings wird die Recherche nur etwas lägner dauern, da ich die Gegebenheiten selbst einfach nicht kenne. Das fängt bei mir aber schon in Italien oder Spanien an, vor allem, wenn man weiter inder Geschichte zurück geht.

Ich wage fast zu behaupten, dass sich in stummer Absprache ein universelles Fantasyzeitalter herausgebildet hat, das irgendwo zwischen Mittelalter und früher Neuzeit zu finden ist mit seinen eigenen stillschweigend akzeptierten Regeln. Denn wirklich diskret in eine Epoche eingliedern lassen sich nur wenige Welten. Das meiste ist im Quasi-Mittelalter eines Pseudoeuropas angesiedelt. Kultur und Gesellschaft lesen sich meist ähnlich von einzelnen Schneeflocken abgesehen. Der Leser weiß damit auch, was ihn erwartet und ebenso, dass er nicht wirklich nach echten historischen Vorbildern Ausschau halten muss. So kann man bei der klassischen Fantasy tatsächlich recht wild seiner Fantasie freien Lauf lassen, sofern man die Logik nicht völlig außer Acht lässt. Da freut sich der Leser sogar eher über jede Neuerung, die von der Norm abweicht.
Da sticht ein Setting, dass sich nicht in die Fantasyepoche eingliedert, natürlich heraus. Und gerade Japan wird mit Sicherheit kritisch beäugt. Durch die Animeszene, Trendessen Sushi, den neuesten Techniktrends, die eigentlich immer aus Japan kommen, usw. gibt es viele passionierte Japanexperten, die sogar freiwillig die Sprache lernen, um Animes in OV zu schauen, und sich mit den japanischen Gepflogenheiten fast besser auskennen als mit denen ihrer Heimat (das ist natürlich überspitzt formuliert). Ein ähnliches Phänomen ist mir bisher nur bei den Ägyptologen untergekommen, die die Dynastien auswendig aufzählen können, das Totenbuch mehrfach abgemalt haben und den Götterkanon vermutlich besser kennen, als die alten Ägypter selbst.
Und dann macht der Autor Fehler. Vermutlich einfach, weil es nun einmal seine eigene Welt ist und nicht das echte Japan. Das fällt den Experten natürlich sofort auf. In meinen Augen liegt der Fehler da aber zu einem guten Stück auch beim Leser. Wenn der Autor sich nur an eine Epoche oder Kultur anlehnen will, dann darf der Leser kein Abbild verlangen oder muss, böse gesagt, eben etwas anderes lesen. Dieser Punkt gilt aber nur, wenn der Autor sich vorher die nötigen Gedanken zu seiner Welt gemacht hat und sie in sich stimmig ist, was aber nicht gleichbedeutend ist mit historischer Korrektheit.. Bei schlechtem Worldbuilding kann man nicht sagen, dass der Leser eben was anderes Lesen muss (also schon, aber die Schuld liegt da beim Autor).



Trippelschritt

#16
Zitat von: Maubel am 19. April 2016, 09:09:42
1. Welche Erfahrungen habt ihr mit der Akzeptanz von nicht-europäischem Weltenbau gemacht?
2. Muss man da mehr recherchieren um die Leser zufrieden zu stellen, als für den akzeptierten Standard?
3. Oder wie nah darf ich meine Welt an etwas anlehnen, damit diese trotzdem noch als eigenständige Kreation des Autors angesehen wird?
Schlussendlich, eine Frage als Leser: 4. Wie sehr achtet ihr beim Lesen darauf, dass die Welt nicht nur in sich logisch ist, sondern auch den realen Gegebenheiten entspricht?


1. Gute! Aber ich bin mir nicht sicher, ob die Leser gemerkt haben, dass es eine nicht-europäische Welt war, die sich ganz allgemein zwar an der Erde orientiert, aber sonst reine Fiktion ist.
2. Die Welt muss überzeugen. wieivel man dafür recherchieren muss ist egal.
3. Schwierig, schwierig. Würde ich einen japanischen Hintergrund wählen, würde ich alles auf einer großen Landmasse spielen lassen, damit von vorn herein klar ist: Es ist nicht Japan. Ich vermeide auch kulturtypische Begriffe wie Shogun, Mandarin oder Graf, weil die mit festen Vorstellungen verbunden sind, die ein Autor nur schlecht brechen kann. Es gibt aber keine Pobleme, wenn ich Worte, Ausdrücke oder Silben aus allen Teilen der Welt verwende und sie munter mische. Man sollte sie aber dann auch noch zusätzlich brechen. "Khan" ist festgelegt. Khanwolf kann aber leicht als besonders großer Wolf gedeutet werden, ohne mit Reitervölkern in Verbindung gebracht werden.
4. Real muss nichts sein, aber alles plausibel. Wenn der Held einem alten Pfad folgt, der seit Jahrhunderten nicht mehr begangen wurde, fliege ich aus der Geschichte und muss lachen, weil die Natur diesen Pfad schon lange rückerobert hätte.
Und bei dem Begriff Mittelalter oder mittelalterlich angehaucht habe ich auch so meine Schwierigkeiten. Ist Mittelerde mittelalterlich? Für mich ganz klar nein. Aber für andere ist Sword & Sorcery bereits per Definitionem mittelalterlich. Und wenn mittelalterlich, dann vor oder nach dem Einzug des Christentums. Ich schreibe in agrarischen Gesellschaften, die Ansätze von Technologie haben können, keine Feuerwaffen, aber immer Magie. Tja, ist das jetzt mittelalterlich angehaucht?

Wenn ich Begriffe wie Sensei benutze, wird es gefährlich. Aber warum nicht Zensai.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Big Kahuna

#17
Ich glaube, dass es in diesem Fall einfach eine - naja, mir fällt kein besserer Begriff ein - unglückliche Wahl des Settings war. Einfach deshalb, weil das japanische Setting ja generell eher was für Nischenleser ist (meiner Erfahrung nach zumindest). Eventuell auch für eingefleischte Manga- und Animefans. Und solche Leute befassen sich erstaunlicherweise sehr, sehr oft sehr intensiv mit Japan und dessen Geschichte (und ja, ich gehörte da auch mal dazu - zumindest in der Geschichte der Samurai bin ich sehr bewandert).
Deswegen fällt sowas natürlich eher auf als beispielsweise bei "klassischer" Fantasy, die ans europäische Mittelalter oder die Antike angelehnt ist. Denn die meisten, die so etwas lesen, nehmen es einfach so hin, dass der Prota beispielsweise Kartoffeln isst (fand ich ein sehr geiles Beispiel  ;D). Warum? Vermutlich, weil sich eben genau das als Standard etabliert hat. Man kann ja fragen, wen man will - am besten Leser, die sich nicht so intensiv mit Fantasy befassen wie ein Tintenzirkler - die werden dir alle sagen, dass Fantasy entweder im Mittelalter spielt, oder "sowas wie Harry Potter" ist.

Natürlich bedeutet das für die Autoren nicht, dass man sich jetzt dogmatisch an die historischen Vorlagen halten muss. Ich bin zwar der Meinung, dass man, wenn man beispielsweise historische Titel wie Kaiser und Markgraf benutzt, hier den Markgrafen nicht unbedingt über den Kaiser setzen sollte, da das den Leser verwirrt, aber man muss auch nicht akribisch korrekt noch die etlichen Titel aufzählen, die in der Hierarchie zwischen Markgraf und Kaiser kommen.

Mich persönlich würde es ehrlich gesagt auch gar nicht wundern, dass sich Japaner, die sich sehr intensiv mit Fantasy befassen, die an das europäische Mittelalter angelehnt ist, ähnlich über solche Werke aufregen, wenn sich nicht zu 100% an die Vorlagen gehalten wurde. Aber auch hier ist es eben vermutlich eine Nische, und in diesen sind die Leser einfach engagierter, sich mit den Hintergründen auseinanderzusetzen.

Aber unterm Strich finde ich: Der Autor darf sich insipirieren lassen, wie er es möchte. Und solange die ganzen Titel, Hintergründe usw. in der Welt selbst stimmig sind, kann man diese auch ein wenig anpassen oder andersartig verwenden. Es gibt zwar Grenzen, aber diese sind sehr weit gespannt (siehe Kaiser-Markgraf-Beispiel). Bei solchen Werken ... Naja, das is einfach Pech des Autors, aber viele Leser gehen da höchstwahrscheinlich auch einfach mit einer bestimmten Erwartungshaltung in den Roman.

Voitei

Die Frage, die ich mir immer stelle: Was ist eigentlich "das Mittelalter"? Meint man die Epoche der vollgepanzerten Ritter, Schlösser und Hexenverfolgungen? Oder etwa das im englischen Raum genannte "Dark Age", also die wilden Zeiten nach der Völkerwanderung? Beides für sich gesehen komplett unterschiedliche Epochen, allein schon von Sprache und Kultur her. (Vergleicht einen Text aus dem 9. Jhd. mit einem Text des 15. Jhd. und ihr wisst, was ich meine)

Zudem sollte die Welt, so phantastisch sie auch sein mag, in sich selbst Sinn ergeben. Niemand wird eine vollendete Eisenrüstung schmieden können, wenn Eisen erst seit ein paar Jahrhunderten bekannt ist. Zudem hätte sich vieles anders entwickeln können. Ein nahe liegendes Beispiel: Wer kam auf die Idee, einen Haufen Pergament zwischen zwei Lederflicken zu nähen und das ganze "Buch" zu nennen? Schriftrollen oder etwas anderes hätten sich genau so gut in einer "europäischen" Welt entwickeln können.

Und dann kommt man wieder auf die Frage zurück: Wie weit soll man gehen? Will man "nur" eine Geschichte erzählen oder dazu noch eine neue Welt kreieren? (Ich halte mich an Zweiteres  ;))

Churke

Japan halte ich für ein ganz schwieriges Thema.
Mit Büchern kenne ich mich nicht weiter aus, aber wenn ich mich an Animes und Mangas orientiere, denn machen die Japaner selbst ziemlich viel mit Mittelalter-Japan-Fantasy. Es wurde also entsprechend vorgelegt und es ist zumindest schwierig, sich in diesem Umfeld zu behaupten. Da hat man einen erheblichen Wettbewerbsnachteil und wird von Fans des Genres zerpflückt.

Was nun die BattleTech-Bücher betrifft - ich hoffe, dass Ulisses "Schattenkatze" noch bringt  :psssst: - da habe ich mich ein wenig mit dem Draconis-Kombinat (so heißt der Laden  ;) ) befassen müssen. Ich sehe das Draconis-Kombinat als totalitäre Militärdiktatur, die das mittelalterliche Japan nachahmt. Da die japanische Kultur nur (und das absichtlich) nachgeahmt wird, kommt es auf die Korrektheit nicht mehr an. Ich habe das dann auf die Spitze getrieben und besonders die japanische Schwertkampfkunst ein wenig aufgezogen.  ;D

Im Übrigen: Das Wichtigste ist, dass eine Welt / ein Setting / eine Kultur in sich logisch und stimmig ist. Ist leider nicht so einfach wie es klingt...

Big Kahuna

ZitatDie Frage, die ich mir immer stelle: Was ist eigentlich "das Mittelalter"? Meint man die Epoche der vollgepanzerten Ritter, Schlösser und Hexenverfolgungen?
Hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leser sich tatsächlich nur "Ritterrüstungen, Schwerter, Bögen, Burgen, Pferde" drunter vorstellen. Ich traue mich wetten, dass die meisten Leser sagen würden: "Das ist doch gar nicht mittelalterlich", würde man beispielsweise seinen Prota ein Handrohr (Urtyp des Gewehrs, entwickelt um 1300 rum) benutzen lassen. Ebenso, wenn eine feindliche Armee plötzlich mit Kanonen auftaucht, die auch im Mittelalter erfunden wurden.

Insofern ist dieses Phänomen vermutlich auch darauf zurückzuführen, dass die meisten Menschen schlichtweg ein völlig - vermutlich durch Hollywood und anderen Schund - verfälschtes Bild des "Mittelalters" haben.

ZitatZudem sollte die Welt, so phantastisch sie auch sein mag, in sich selbst Sinn ergeben.
Dem ist nichts weiter hinzuzufügen :)

Mondfräulein

Ich finde, @Malinche hat da ein sehr wichtiges Stichwort genannt: Exotisierung. Ich finde, es macht einen Unterschied, ob ich mein Buch an das alte Japan anlehne, weil das so einen exotischen Touch hat, oder ob ich den Anspruch habe, mein Buch ernsthaft an das alte Japan anzulehnen, vernünftig recherchiere und dann natürlich Dinge ändere, weil es ja nicht das alte Japan ist. Bediene ich mich einer "exotischen" Kultur, weil es cool ist, behandle ich die Kultur eben als fremd, exotisch und eigenartig, oder schreibe ich ernsthaft aus der Kultur heraus, versuche ich, sie aus sich heraus zu verstehen und verlasse ich dabei meine eigene, (in diesem Fall) westlich-europäische Perspektive oder betrachte ich die Kultur ausschließlich aus dieser Perspektive heraus? Ich persönlich würde nur Bücher lesen, die die Kultur in sich ernst nehmen und entsprechend behandeln.

Beim Orient bin ich dann aber wieder nicht sicher. Vielleicht hängt das eben mit 1001 Nacht zusammen. Ich würde auch sehr gerne mehr Bücher lesen, die auf der vollkommen verklärten, absolut unrealistischen märchenhaften Vorstellung einer mittelalterähnlichen Welt basieren. Das ist ehrlich gesagt das einzige Mittelalter, das ich lesen würde, auch wenn es mit dem echten Mittelalter wirklich kaum noch etwas zu tun hat. Ist es mit dem Orient nicht das gleiche? Dass ein Buch vielleicht auf der märchenhaften Vorstellung aus 1001 Nacht basiert, wirklich nichts mit dem echten Orient zu tun hat, aber dadurch wieder lesenswert ist?

Zitat von: Araluen am 19. April 2016, 13:17:32
Ebenso kritsich sehe ich allzu plakative Klischees (der kriegerische Frauenverachtende Wüstenmann mit hitzigem Gemüt oder den stets betrunkenen Genossen aus dem verschneiten Osten) und Charaktere, die entgegen jeder Vernufnt aus dem System ausbrechen wollen, weil der Autor ja weiß, dass patriarchialische Strukturen und Ständesystem doof sind. Deshalb finden seine Charaktere es im Grunde ihres Herzens auch doof. Auch wenn es zum Weltkonzept nicht passt, dass es so viele aufgeklärte Ausreißer gibt. Denn dann müsste es eigentlich eine Revolution geben.

Was du beschreibst ist meiner Meinung nach einfach richtig schlechtes Charakterbuilding. Das passiert in historischen Romanen auch richtig oft. Der Autor ist einfach nicht in der Lage, sich aus seiner eigenen Perspektive (meistens westlich-europäisch, 21. Jahrhundert, modern) zu lösen und projeziert seine eigenen Meinungen und Werte auf die Figuren und auf einmal rennen Bewohner des 21. Jahrhunderts durchs Mittelalter. :wart:

Ary

Da sagst du was, Mondi.

Ich finde innere Logik der beschriebenen Welt extrem wichtig - und auch gute Recherche, wenn ich mich irgendwo "anlehne", um dann bewusst Dinge anders zu machen.
Ich schreibe gerade so eine märchenhaft verklärte Orientgeschichte mit 1001-Nacht-Flair, ich habe 1001 Nacht gelesen und spiele jetzt ganz bewusst mit den gängigen Klischees. Aber ich nenne bewusst den in der Geschichte vorkommenden Herrscher nicht Schah oder Sultan, ich habe mir einen eigenen Fürstentitel ausgedacht, blumig und ein bisschen geschwollen, wie es sich für eine ordentliche Orientgeschichte gehört. Genauso blumig fluchen meine Figuren auch, weil es eben in so einer Geschichte dazugehört.

Klischees sind für mich nicht nur etwas, was man vermeiden sollte, sondern etwas, mit dem man auch hervorragend herumspielen kann. Mit einer guten Portion Selbstironie und Augenzwinkern können sie dann auch mal ganz witzig sein.


Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Voitei

Was mir persönlich ständig (vor allem in Filmen) unterkommt sind (ich nenne sie einmal) "Powerfrauen". Ich weis, ich begebe mich gerade auf nadeldünnes Eis, aber lasst mich einmal ausreden: Die Idee, das Frauen zu kämpfen haben um sich in der "Männerwelt" des Mittelalters zu beweisen war am Anfang wirklich interessant, jedoch sehe ich nun Massen an Filmen, in denen Frauen (manchmal mit realistischer, manchmal mit lächerlich freizügiger "Rüstung") plötzlich zur Waffe greifen und kämpfen. Versteht mich nicht falsch, die Idee einer Kopfgeldjägerin oder Kriegerin ist nach wie vor gut, jedoch nicht die "Magd und Bauerstochter", die aus unerfindlichen Gründen einen Krieger nach dem anderen niederstreckt, ohne jemals eine Kampfausbildung genossen zu haben.

Auch ermüdet mich das Klischee des Schönseins. Egal ob weiblich oder männlich, der Prota und mindestens 75% aller im Buch wichtigen Charaktere sind entweder schön oder "schön, aber durch eine Narbe entstellt". Dies setzt natürlich voraus, dass die Figuren überhaupt dahingehend beschrieben werden. Sehen wir uns einmal auf einem modernen Stadtplatz um. Sehen hier drei viertel aller Passanten "schön" aus, oder wenigstens "schön, aber entstellt"? Ich denke nicht, also warum sollte es im Mittelalter anders gewesen sein?

Natürlich sollte ein Prota nicht potthässlich sein, wenn dies nicht Handlungsrelevant ist, aber währe es so schlimm, wenn alle Personen des Buches nur "normal" sind und nur extrem wenige, gut drapierte Ausnahmen wirklich "schön"?

Fianna

@Lothen
Ich finde es ziemlich irritierend, dass Du mein Zitat rauspickst, und meinst, Dich dagegen verteidigen zu müssen. Du und der als Beispiel genommene Autor macht doch komplett unterschiedliche Dinge!
Du nimmst Dir ein paar Dinge für das Flair, aber erfindest viel Mythologie, Kultur und sogar Bamen selbst.
Er nimmt eine vergangene Kultur, die tatsächlich existiert hat, mit allen möglichen dazugehörigen Elementen, hält sich aber nicht an die dortigen "Vorgaben" und steckt dafür Kritik ein. Wenn das Marke Eigenbau sein soll, ist doch verständlich, dass es Irritationen gint, wenn er keine eigenen Worte erfindet (nicht mal das) und wenn er sich wirklich einfach stark an die Geschichte anlehnt, hat er mies recherchiert - das sind die beiden Rezensions-"Lager", die ich aus der Diskussion entnommen habe (ich kenne seine Bücher nicht).

Wieso Du da Parallelen zu Deinen Werken siehst und meine Ansicht daher auf Dich münzt und als Kritik auffasst, das kann ich absolut nicht nachvollziehen.

Pygmalion

Also, das genannte Beispiel kenne ich nicht, aber hier wurde auch schon von Hardebusch Sturmwelten genannt. Davon habe ich den ersten Teil gelesen und zuerst fand ich das recht gut gemacht, man wird mit Verlauf des Buches jedoch immer stärker darauf aufmerksam, welche realen Kulturen hier Pate gestanden haben und irgendwie hat mich das auch irritiert.
Ich glaube es wäre auch ein Fehler, sein gut rechechiertes Wissen in dem Fantasybereich 1:1 abbilden zu wollen. Man muss einen gewissen Abstraktionsgrad erreichen, nicht einfach, indem einzelne Begriffe ausgetauscht werden und der eine Gott irgendeinen anderen Namen kriegt, sondern indem Strukturen verändert werden, wodurch sich die eigene Welt ganz klar von der echten unterscheidet. Ok, häufig tut sie das schon dadurch, dass die Vorstellung im Kopf so weit von der Wirklichkeit entfernt ist, dass das als Abstraktion genügt :D
Gleichzeitig mag ich es aber auch, mit den eher unbekannten Tatsachen des Mittelalters zu arbeiten, wie die schon angesprochene Erfindung der Feuerwaffen oder auch die aufkommende und immer weiter verbreitete Nutzung der Armbrust. Oder dass Leibeigenschaft auch in Mitteleuropa kein zwingendes Element ist und z.T. erst in der Neuzeit wirklich aufkam.

@Voitei: Das sind natürlich wichtige Fragen und für viele gibt es einfach "Mittelalter" und fertig. Ich finde das relativ in Ordnung, weil es, gerade im Fantasyroman, nicht um historische Korrektheit geht, sondern um um innere Funktion der Welt. Die Leute sollen sich selbst ja auch nicht als im Mittelalter befindlich wahrnehmen, sondern organisch in der Welt leben. Wenn die Welt stimmig ist und augenscheinlich so funktionieren kann, wie sie präsentiert wird, können da meinetwegen auch Sachen vorkommen, die es so nicht gab.
Ggenerell liefen die Entwicklung in (Süd)england und dem Festland kulturell recht ähnlich ab. So viel wilder als auf dem Festland war die Zeit nach der Völkerwanderung auch in England eigentlich nicht. Aber das ist eben hoch spannend, sich auch mal diese frühmittelalterlichen Sachen anzusehen und daraus Dinge für sich mitzunehmen. Und Hexenverbrennung ist echt sowas von Neuzeit! Da haben sich mir aber wirklich auch die Fußnägel hochgerollt, als Hexenverfolgung in dem historischen Roman "Die Päpstin" thematisiert wurde. Das Buch ist sowieso der Inbegriff des schlecht recherchierten Frühmittelalterromans. Das ist genau das, was hier schon vielfach erwähnt wurde: Ein Mittelalter, wie es sich eine Amerikanerin vorstellt. Gruselig.

Lothen

@Fianna : Sorry, den Eindruck wollte ich nicht erwecken. :knuddel:

Ob und inwieweit sich die Herangehensweise von Jay Kristoff und mir unterscheidet, kann ich nicht sagen, da ich die Bücher ja nicht kenne. Tatsache ist: In beiden Fällen wurde ein Setting verwendet, das im weitesten Sinne als historisch bezeichnet werden kann (Orient vs. Japan) und es wurden Begrifflichkeiten aus diesem Setting genutzt. Inwieweit Kristoff diese falsch angewendet hat, kann ich schlecht sagen, weil ich mich mit dem japanischen Kram nicht auskenne. ;)

Aber wenn man wollte, könnte man mir schon auch vorwerfen, ich würde z.B. den Titel Wesir inkorrekt verwenden, weil der eher ins osmanische als ins persische Reich passt und daher eher zu einem Kalifen/Sultan gehört als zu einem Schah. Würde mich aber wenig tangieren, weil ich ja nie vorhatte, diese Gegebenheiten irdisch korrekt wiederzugeben.

Zitat von: MondfräuleinIch würde auch sehr gerne mehr Bücher lesen, die auf der vollkommen verklärten, absolut unrealistischen märchenhaften Vorstellung einer mittelalterähnlichen Welt basieren.
Das sind doch dann eigentlich die klassischen Märchen, oder? Prinz rettet Prinzessin, Held erschlägt Drache, gute Hexe, böse Hexe usw. Märchen hatten ja nie wirklich den Anspruch, historisch korrekt zu sein, egal in welchem Kulturkreis man sich bewegt. Die dürfen, sollen sogar verklärt und stereotyp sein, damit die Botschaft, die sie transportieren, auch entsprechend ankommt.

Zitat von: Big KahunaInsofern ist dieses Phänomen vermutlich auch darauf zurückzuführen, dass die meisten Menschen schlichtweg ein völlig - vermutlich durch Hollywood und anderen Schund - verfälschtes Bild des "Mittelalters" haben.
Ich denke auch, dass das "europäische Mittelalter", das sich in den meisten Fantasy-Romanen findet, eher eine künstlich durch Konventionen entstandene Welt mit geringem Technisierungs-Grad ist. Mit unserem historischen Mittelalter hat das schon so wenig gemeinsam, dass man sich über historische Abweichungen dabei keine großen Gedanken mehr macht. Das erscheint mittlerweile literarisch anerkannt, dank Tolkien, Zimmer-Bradley und diverser Rollenspiel-Systeme, die sich ja auch wild an allen Epochen bedienen. Bei anderen Settings hat sich das noch nicht so etabliert.

Mithras

#27
Urks. Da habe brav alle Beiträge gelesen, und nun, da ich selbst antworten will, sind 13 neue dazu gekommen. Man verzeihe mir, wenn ich die nur überflogen habe! ;)

Ich lege generell hohe Ansprüche an den Weltenbau an, egal, wie "eigenständig" die Kulturen sind. Der Großteil meiner Kulturen ist, inklusive der Sprache, realen Vorbildern nachempfunden, jedoch nicht aus Faulheit, sondern weil mich ihre realen Vorbilder faszinieren und ich mit den Motiven spielen will. Es ist dabei immer eine Gratwanderung zwischen guter Recherche und bewusster Anlehnung einerseits, um de Welt authentisch zu machen, und Verfremdung andererseits, um nicht uninspiriert zu wirken. Als Beispiele für zwei Extreme, die mir nicht gefallen haben, fallen mir da die Sarantium-Reihe von Guy Gavriel Kay und Die Brücke der Gezeiten von David Hair ein.

Kays Welt ist so bewusst an unsere Erde angelehnt, dass dass man ihm im Grunde keinerlei Faulheit vorwerfen kann, denn er hat gut recherchiert und will eine alternative spätantike Welt entwerfen. Das geht mir aber einfach zu weit, denn für jede Stadt und jede historiscche Person lässt sich ein reales Vorbild finden (und zum Teil sind die Namen nicht einmal kreativ oder überhaupt verfälscht, z. B. Ravenna - Varena oder Anahita), so dass ich die handlung bis zu einem gewissen Punkt vorhersagen lässt, wenn man sich etwas mit der Epoche auskennt. Ganz schlimm ist für mich jedoch die Darstellung der Religion. Das Pendant zu den Christen betet die Sonne an, die Pseudo-Juden die beiden Monde, und er in Entstehung begriffene Fantasy-Islam die Sterne. Die noch existierenden fiktiven Zoroastrier verehren wiederum die Sonne als pberste gottheit und die beiden Monde als deren Schwestern, wobei eine einfach mal nach der altiranischen Göttin Anahita benannt ist. Sonstige Glaubensinhalte? Nope. Und das stört mich ganz extrem, denn gab es in der Realität je eine Religion, die so simpel war? Und abgesehen davon ergeben solche Glaubenssysteme nicht einmal Sinn, weil sie nicht am Fundament der Religion kratzen, keinerlei Antworten auf die großen Fragen des Lebens bieten und natürlich auch viel zu perfekt und untereinander abgesprochen wirken, um so wirklich nebeneinander zu existieren.

David Hair, mit dessen Auftaktbuch ich nach ein paar Dutzend Seiten aufhören musste, weil ich aggressiv wurde, orientiert sich auch stark an der Realität und versucht sich an Verfremdungen, was ich prinzipiell begrüße. Nur: Diese Verfremdungen zeigen, wie wenig er im Grunde von der Materie versteht. ich habe das nicht mehr so ganz im Kopf, aber ich erinnere mich daran, dass die Wochentage verfremdete persische namen tragen. Das persische System ist verdammt einfach, weil die Tage einfach nummeriert werden. Die Zählung beginnt mit dem Samstag (Shanbeh), Sonntag wäre damit entsprechend "Ein-Samstag" (Yek-Shanbeh), Montag "Do-Shanbeh" (jap, das ist es, was der name der Tadschikischen Hauptstadt bedeutet) usw. Hair hat dieses System übernommen, doch da seine Woche nur sechs Tage hat, musste er einen streichen, und wenn ich das noch richtig im Kopf habe, war das nicht der letzte, so dass die Zählung wenig Sinn ergibt. Aber dafür lege ich meine Hand nicht ins Feuer, da ich auf das Buch gerade nicht zugreifen kann.
Die Namen waren übrigens leicht verfremdet, also nicht "Shanbeh" sondern "Shambeh" oder so, und das ärgert mich fast mehr. Einerseits (schlecht) kopieren, andererseits unbedingt verfremden, um sich nicht vorwerfen zu lassen, "nur" kopiert zu haben., und es dann so uninspiriert tun, dass es trotzdem mehr als auffällig ist. Die Wochentage sind da keine Ausnahme, es betrifft auch Titel, Ländernamen usw. Schade, die Welt hätte Potential gehabt.

Ein ähnliches Beispiel: Monarchies of God von Paul Kearney. Deutlich an die osmanische Eroberung Konstantinopels angelehnt, nur dass Kearneys Osmanen eine Art persische Sprache sprechen. Ihr Herrscher trägt den Titel "Shahr", nur dass das im Persischen "Stadt" bedeutet. Einfach mal recherchieren anstatt nur zu vefremden, ohne wirklich Ahnung zu haben. Ich erwarte ja nicht, dass man gleich anfängt, die persische Sprache zu lernen (Kann ja nicht jeder wie ich sein! ;D), aber ein bisschen sollte man in die Kulturen schon eintauchen... Für mich gehört zu einer guten Geschichte auch eine zumindest halbwegs gut ausgearbeitet Welt, denn Konflikte ergeben sich nicht nur aus den Interaktionen zwischen den Charakteren untereinader, sondern auch mit ihrer Umwelt: Politische Situation, Religion, Geschichte, ...

An mittelalterliche Fantasy lege ich im Grunde keine anderen Maßstäbe an als an Fantasy vor anderen Hintergründen. Der Punkt ist nur der, dass ich eigentlich nur mittelaterliche Fantasy von George R. R. Martin lese, weil mir das Mittelalter generell zu  hals heraus hängt... ::) Schhorsch hat wenigstens recherchiert und stellt die Epoche aus meiner Sicht überzeugend dar. So überzeugend, dass ich vor jahren auf Amazon mal eine Diskussion geführt habe, in der er als Sexist bezeichnet wurde, weil sich die Frau in seiner Welt in ihr Schicksal gefügt habe un keine Emanzipation herrsche. Ähm, ja, natürlich nicht. Warum sollte man an eine Fantasywelt andere Maßstäbe in SWachen innere Logik anlegen als an eine reale, nur weil es Fantasy ist?

Denamio

#28
Zitat von: Churke am 19. April 2016, 13:52:31
Japan halte ich für ein ganz schwieriges Thema.
Mit Büchern kenne ich mich nicht weiter aus, aber wenn ich mich an Animes und Mangas orientiere, denn machen die Japaner selbst ziemlich viel mit Mittelalter-Japan-Fantasy. Es wurde also entsprechend vorgelegt und es ist zumindest schwierig, sich in diesem Umfeld zu behaupten. Da hat man einen erheblichen Wettbewerbsnachteil und wird von Fans des Genres zerpflückt.

Was nun die BattleTech-Bücher betrifft - ich hoffe, dass Ulisses "Schattenkatze" noch bringt  :psssst: - da habe ich mich ein wenig mit dem Draconis-Kombinat (so heißt der Laden  ;) ) befassen müssen. Ich sehe das Draconis-Kombinat als totalitäre Militärdiktatur, die das mittelalterliche Japan nachahmt. Da die japanische Kultur nur (und das absichtlich) nachgeahmt wird, kommt es auf die Korrektheit nicht mehr an. Ich habe das dann auf die Spitze getrieben und besonders die japanische Schwertkampfkunst ein wenig aufgezogen.  ;D

Im Übrigen: Das Wichtigste ist, dass eine Welt / ein Setting / eine Kultur in sich logisch und stimmig ist. Ist leider nicht so einfach wie es klingt...

Ups, du hast Recht. Das ist das Draconis Kombinat, damals unter Kurita Führung. Meine Battletech Zeit ist lange her und ich hatte sogar witzigerweise nachgeschlagen und genau eine Seite erwischt wo Wolf schnippisch vom Kurita Kombinat spricht. Mein Fehler. :) Aber ich finde das Draconis Kombinat ist ein interessantes Beispiel wie man damit umgehen kann. Gerade in Sci-Fi sehe ich das häufiger, dass Kultur-Karikaturen um 500-600 Jahre in die Zukunft versetzt werden.
Es hat in fast jeder Space Opera Imperien, Föderationen und Commonwealths, die sich über hunderte Planeten erstreckt haben aber trotzdem die idealisierte Kultur-Karikatur als Regierungsform haben. Aber selbst da wird die Authentizität dann über Bräuche und vor allem Wortgebrauch hergestellt. Das würde wieder zu den Konventionen passen, die zu einem Szenario dazugehören.

Ein spannendes Beispiel was Japan und Westen angeht ist für mich das Videospiel Dark Souls. Einer der zentralen Entwickler hat oft zwei Einflüsse für seine Reihe genannt. Den Manga Berserk und west-europäische Sagen und Fantasy, die er nur schlecht verstanden hat und sich den Rest zusammengereimt hat.
Das Ergebnis ist ein äußerst exotischer Blick auf westliche Fantasy, der bekannte Elemente aufgreift (Sonnengötter, Blitzgötter, der verstoßene Königssohn, Schuld und Sühne) und doch auf eine Art absolut fremdartig macht. So fremdartig, dass ich es nicht als westliche Fantasy bezeichnen würde, obwohl es das ausgesprochen ist.

Mondfräulein

Bezüglich der Päpstin muss ich aber mal ganz schnell eine Lanze brechen - für den Film. Der war nämlich zumindest von der Requisite und Ausstattung her sehr, sehr gründlich und liebevoll gemacht, aber mehr will ich dazu hier so öffentlich nicht sagen. :psssst:

Zitat von: Lothen am 19. April 2016, 16:07:25
Zitat von: MondfräuleinIch würde auch sehr gerne mehr Bücher lesen, die auf der vollkommen verklärten, absolut unrealistischen märchenhaften Vorstellung einer mittelalterähnlichen Welt basieren.
Das sind doch dann eigentlich die klassischen Märchen, oder? Prinz rettet Prinzessin, Held erschlägt Drache, gute Hexe, böse Hexe usw. Märchen hatten ja nie wirklich den Anspruch, historisch korrekt zu sein, egal in welchem Kulturkreis man sich bewegt. Die dürfen, sollen sogar verklärt und stereotyp sein, damit die Botschaft, die sie transportieren, auch entsprechend ankommt.

Ich meinte wirklich nur das Setting. Die typische Märchenhandlung ist dann optional. Natürlich hatten auch Märchen keinen Anspruch, irgendetwas korrekt darzustellen, aber typische Märchenfilme oder Märchenbücher sind ja doch vom technologischen Stand oder der Gesellschaft immer ans Mittelalter angelehnt. Ich finde es wahnsinnig interessant, mit diesem Setting zu spielen und auf das Setting eine märchenuntypische Fantasy-Geschichte zu legen, darin teilweise sogar echte Märchen vorkommen zu lassen. Ich habe hier noch die DVD von "Das 10. Königreich" liegen - ewig nicht mehr gesehen, aber das ist vielleicht ungefähr, was ich meine. Die Geschichte basiert ja auf Märchen, aber an sich ist sie keins.

Zitat von: Mithras am 19. April 2016, 16:28:01
An mittelalterliche Fantasy lege ich im Grunde keine anderen Maßstäbe an als an Fantasy vor anderen Hintergründen. Der Punkt ist nur der, dass ich eigentlich nur mittelaterliche Fantasy von George R. R. Martin lese, weil mir das Mittelalter generell zu  hals heraus hängt... ::) Schhorsch hat wenigstens recherchiert und stellt die Epoche aus meiner Sicht überzeugend dar. So überzeugend, dass ich vor jahren auf Amazon mal eine Diskussion geführt habe, in der er als Sexist bezeichnet wurde, weil sich die Frau in seiner Welt in ihr Schicksal gefügt habe un keine Emanzipation herrsche. Ähm, ja, natürlich nicht. Warum sollte man an eine Fantasywelt andere Maßstäbe in SWachen innere Logik anlegen als an eine reale, nur weil es Fantasy ist?

Gerade George R.R. Martin ist doch ein gutes Beispiel für jemanden, der gerade nicht im klassischen Mittelalter schreibt, weil er das alles eindeutig mit Kolonialismus mischt. Das ist prinzipiell ja auch nicht schlecht und an sich nichts, was ich kritisieren würde, ich will ihm auch nicht absprechen, dass er gründlich recherchiert hat, aber es ist eben nicht strikt Mittelalter. Ich habe die Bücher aber nicht gelesen, sonst könnte ich sagen, ob er nicht sogar ein Beispiel für eine gelungene Veränderung der tatsächlichen Geschehnisse ist.