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Das Wichtigste: die Idee?

Begonnen von Schneerabe, 12. März 2016, 00:48:51

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Aljana

Tja, das Thema hier sehe ich heute erst und muss gestehen, ich habe die Antworten bisher nur überflogen.
Was ich dazu sagen kann, ist ,dass diese Frage tägliches Thema in unserem Haus ist. Mein Mann ist Gamedesigner und vertritt den Standpunkt: Eine Idee ist erstmal wertlos.
Ideen haben kann jeder. Sie umsetzen, das ist die Kunst. Soweit gehe ich konform. Und ich bin auch absolut der Meinung, dass man lieber eine zweitklassige Idee erstklassig umsetzt. Etwas Altem einen neune Anstrich verpassen, aber dann muss der auf den Punkt sein. Eben einfach tiptop. Zweitklassige Ideen mit mangelhafter bis schlechter Umsetzung, das genau ist das, was wir auf dem Buchmarkt zur Genüge haben.
Etwas wirklich Neues, noch nie dagewesenes schaffen, das halte ich für schlicht unmöglich. Die Elemente hat es so garantiert schon einmal irgendwo gegeben. Das Genre Fantasy ist so alt, wie die Menschheit selbst. Sagen, Märchen, Mythen, Legenden. Das alles IST Fantasy - in klassische Formen verpackt. Wer weiß, in welche Kategorie in tausend Jahren die Erzählungen unserer Zeit mal fallen?

Wirklich neu, innovativ, originell oder auch einfach nur fesselnd, finde ich, wir ein Buch für mich über seine Charaktere. Dann darf es gerne so Klischee sein, wie es will. Der weiße Ritter, der die Prinzessin befreit? Wenn er charmant, tiefgründig und nicht nur ein oberflächlicher Blender ist, dann ja.
Im übrigen fällt mir irgendwie grade der Film 'Frühstück bei Tiffanys' ein. Ich bin von der Schauspielerin ja einiges gewohnt und finde sie super. Doch da musste ich nach den ersten fünf Minuten des Films ausschalten, weil mir noch nie ein Charakter begegnet ist, der dermaßen übertrieben in eine Klischeeschublade gesteckt wurde. Und das in der ersten Szene des Films. schlechtes Writing können die besten Schauspieler nicht ausgleichen. Genau wie beim Schreiben. Ein guter Autor lässt mich auch bei einer relativ unspektakulären Märchenadaption noch schmunzeln.


Scrivatore

Ich bin offen für neue Ideen, doch auch diese müssen spannend ausgearbeitet und sprachlich gut umgesetzt sein. Die Idee ist mir als Leser eigentlich egal, wenn mein Lesefluss durch seltsame Sätze und ständige Formulierungsfehler ist stocken gerät.

Mondfräulein

Wenn ich an die Bücher denke, die mich wirklich, wirklich umgehauen haben, dann ist es ein Zusammenspiel aus allem. Harry Potter ist da ein ganz gutes Beispiel - wegen der Geschichte um einen Jungen, der Zauberer wird und einen anderen bösen Zauberer besiegen muss, habe ich die Geschichte nicht so geliebt. Da ging es viel mehr um die Atmosphäre - ein neues Harry Potter Buch hat sich jedes Jahr ein wenig angefühlt, als würde ich nach Hause kommen. Es war so eine Mischung aus Vertrautheit, Geborgenheit und Abenteuer, und ich glaube, das hat viel damit zu tun, wann ich angefangen habe, die Bücher zu lesen, und wie wichtig Freundschaft und Familie in den Büchern sind. Weltenbau ist hier also fast genauso wichtig.

Ich bin total begeistert von "Wen der Rabe ruft" von Maggie Stiefvater und finde die Idee dahinter mittlerweile total genial, aber der Grund, weshalb ich den vierten Band kaum erwarten kann, ist nicht die Idee alleine, sondern die starke Bindung, die ich mittlerweile zu den Figuren aufgebaut habe. Die ganzen Bedrohungen und Gefahren wirken in diesem Buch doch nur so bedrohlich und furchteinflößend (ich übertreibe nicht, das Fandom auf Tumblr explodiert gerade, weil schon seit Band I angekündigt ist, dass eine Figur stirbt), weil man die Figuren so wahnsinnig lieb gewonnen hat, weil sie so echt und dreidimensional wirken. Noch dazu ist die schon geniale Idee grandios umgesetzt, und ich glaube, ohne diese Umsetzung wären all die Rätsel nicht halb so spannend.

Maureen Johnsons Shades of London haben eine originelle Grundidee, aber die Umsetzung hat mich zuletzt so geärgert, dass ich die Reihe fast schon nicht mehr mag. Tolle Idee, spannender erster Band, dann aber Band II quasi als Doppelgänger von Band I begonnen, mitten im Buch umgeschwenkt und etwas ganz anderes daraus gemacht, mitten in der Handlung abgebrochen und noch schnell jemanden umgebracht, damit überhaupt jemand Band III kauft (hätte ich nicht, wenn ich mir nicht hätte verraten lassen, was in Band III passiert). Ich war am Ende so frustriert, dass die gute Idee da auch nichts mehr rausreißt. Wie auch, wenn man sie nicht nutzt?

Insofern kommt es wahrscheinlich wirklich mehr auf die Umsetzung an, denn ehrlich gesagt lese ich lieber einen wirklich gut geschriebenes Buch mit tollen Figuren und einer nicht so originellen Geschichte als ein Buch, das zwar eine tolle Idee hat, diese aber schlampig und langweilig umsetzt. Dabei geht es mir nicht einmal wirklich um die Formulierungen, wichtiger ist mir der Aufbau, ob ich mich mit den Figuren identifizieren kann, ob die Spannungskurven stimmen, mit welchem Gefühl mich das Buch zurück lässt.