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[Psychologie] Wie fühlt sich Verliebtsein an?

Begonnen von Jen, 27. Januar 2016, 13:58:11

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Trippelschritt

Ich befürchte, eine allgemeingültige Antwort ist schwer zu geben. Und wenn man es versucht und nur die wichtigsten Abweichungen vom Hauptstrang berücksichtigen willl, wird sie si lang, dass man gleich einen essay schreiben kann. Deshalb gebe ich einfach mal ein paar Sachen aus meiner eigenen Erfahrung wider und lasse alles weg, was ich von Freunden und Freundinnen, Bekannten und Bekanntinnen und Verwandten und Verwandtinnen gehört und erfahren habe.

Verliebt sein ist ein Rausch, in dem alles in einem durcheinander geht. die Prioritäten verschieben sich, jegliche Objektivität geht verloren, es gibt Stimmungsschwankungen und Sex oder der Wunsch danach spielt eine große Rolle.
Es gibt mindestens drei für den Autor wichtige Standardsituationen
a. Die Verliebtheit ist gegenseitig
b. Sie ist einseitig
c. Wer verliebt ist, will es sich nicht eingestehen

Bei Liebe wird es noch komplizierter
Es gibt Liebe mit Sex.
Es gibt Liebe ohne Sex.
Es gibt sehr starke Phasen der Sehnsucht, ohne dass der Alltag dadurch durcheinander gerät
Es gibt ein Gefühl der Vollständigkeit, manchmal am stärksten, wenn gerade ein Kind geboren wurde.
Und es gibt das alles auch nicht oder anders.
Liebe zeigt sich erst, wenn die Verliebtheit weg ist.
Und manchmal zeigt sie sich erst, wenn esa darauf ankommt

Wundert es da noch einen, dass Liebe für einen Autor ein tiefer Brunnen ist, aus dem er unendlich lange und oft schöpfen kann?

Liebe Grüße
Trippelschritt
(rückblickend)

Fynja

#16
Erst einmal denke ich auch, dass man über Verliebtsein und Liebe schreiben kann, wenn man noch nie richtig verliebt war. Die anderen haben es ja auch schon gesagt, es fühlt sich ohnehin jedes Mal anders an, sowohl von Person zu Person als auch von Fall zu Fall, viel falsch machen kannst du also ohnehin nicht. :D

Die anderen haben eigentlich schon vieles sehr gut beschrieben, vor allem dem Unterschied zwischen "Verliebtsein" und "Liebe" kann ich eigentlich nur beipflichten. Ich würde aber sogar noch weiter gehen und zwischen "Verknalltsein", "Verliebtsein" und "Liebe" unterscheiden. Vielleicht ist der Unterschied auch subjektiv, aber für mich gibt es ihn eindeutig. Verknallen kann ich mich oft und in viele Personen, teilweise auch gleichzeitig, darunter fallen teilweise auch meine Schwärmereien für zB Sänger (aber nur die, die ich live erlebt habe). Wenn ich verknallt bin, empfinde ich die ähnlichen Symptome wie beim Verliebtsein, die ja schon geschildert wurden (ständig an ihn denken, Herzklopfen, Flattern im Bauch ...), die sogar echt heftig ausfallen können, aber meistens temporär sehr instabil sind, also nur einige Tage anhalten, und wenn ich verknallt bin, stört es mich beispielsweise nicht, wenn die Person einen anderen Partner hat oder ich weiß, dass es aussichtslos ist. Ich finde es nicht mal schlimm, mich zu "verknallen", wenn ich in einer Beziehung bin oder wenn mein Freund sich "verknallen" würde, weil eben nichts Ernstes dahinter ist.

Zitat von: Asterya am 27. Januar 2016, 14:56:18
Ich weiß nicht, ob das daran liegt, aber mir persönlich ist diese Liebe-auf-den-ersten-Blick-Sache noch nie passiert. Ich habe mich bisher fast ausschließlich in Menschen verliebt, die ich schon lange kannte, oft wurden die dann in dem Moment auch erst attraktiv für mich.

Das geht mir auch so, hier äußert sich bei mir auch nochmal diese Unterscheidung zwischen Schwärmerei und Verliebtsein. Schwärmereien auf den ersten Blick (oder eher ersten Kontakt) hatte ich schon, aber sofort verliebt war ich nie, von richtiger Liebe gar nicht erst zu reden, fürs Verliebtsein muss ich die Person kennen. Außerdem kommt hier auch dieser Faktor des sehr, sehr heftigen Vermissens hinzu, bei meinem ersten Freund war es richtig schlimm, nach langem Beisammensein auch nur einen halben Tag alleine zu sein, ich habe mich da einfach nur leer gefühlt und das einzige Ziel war, die Zeit irgendwie durchzustehen, bis man sich wiedersieht. Beim "Verknalltsein" vermisse ich die Person nicht wirklich, freue mich aber, sie zu sehen usw.
Beim Verliebtsein kommt bei mir dann auch die Eifersucht hinzu, aber seltsamerweise nur, wenn ich nicht mit der Person zusammen bin. Sobald ich mit jemandem zusammengekommen bin, ist die Eifersucht eigentlich eher weggefallen, sogar wenn ich noch in einer recht frischen Verliebtheitsphase war, weil ich dann ja die Gewissheit hatte.

Richtig, richtig schlimm ist hingegen die Kombination: Verliebtsein/ Liebe und Eifersucht. Da wir ja erst wenige Berichte zum Unglücklich-Verliebtsein haben, kann ich ja mal schildern, wie sich so etwas für mich angefühlt hat (nein, ich muss nicht getröstet werden, das sind alles alte Erfahrungen, über die ich mittlerweile hinweg bin :P): Das Gefühl, dass das Leben ohne den anderen den Sinn verliert. Das Gefühl von Wertlosigkeit: Was habe ich falsch gemacht? Weshalb bin ich nicht interessant genug? Was wäre, wenn ich da und da anders reagiert hätte?
Wenn dann der Wunschpartner jemand anderen hat, kann es fast schon körperlich wehtun, die beiden zusammen zu sehen. Man erstarrt, man hat das Gefühl, dass irgendein Widerstand einem auf den Brustkorb presst und einem den Atem abschnürt. Ein richtig schlimmes Gefühl der Ohnmacht, und ich zumindest habe alles getan, um diesem Anblick aus dem Weg zu gehen, weil ich gar nicht damit umgehen konnte.

(Man sieht, ich habe irgendwie schon alles hinter mir: Teeniehafte Schwärmereien, unglückliches Verliebtsein, glückliches Verliebtsein, unglückliche Liebe und Herzschmerz, glückliche Beziehungen ...  :versteck:)

Sexuelle Anziehung würde ich übrigens nochmal als etwas ganz anderes ansehen. Bei den meisten Personen, in die ich verliebt war, war zwar auch das Verlangen nach Sex dabei, aber nicht bei allen, und umgekehrt kann ich mich sehr wohl sexuell zu Personen hingezogen fühlen, die ich in romantischer Hinsicht gar nicht interessant finde.

Edit: Die Unterscheidung zwischen Liebe und Verliebtsein gibt es auch bei mir und die finde ich auch sehr wichtig. Da haben meine Vorposter das schon treffend beschrieben. Allerdings war ich auch schon mal etwa zwei Jahre lang "nur" verliebt, zwar mit Pausen dazwischen, aber es hat echt lange angehalten, war aber keine richtige "Liebe", da ich mit der Person auch nie zusammen war.

Tigermöhre

Zitat von: Fynja am 27. Januar 2016, 22:42:10
Die anderen haben eigentlich schon vieles sehr gut beschrieben, vor allem dem Unterschied zwischen "Verliebtsein" und "Liebe" kann ich eigentlich nur beipflichten. Ich würde aber sogar noch weiter gehen und zwischen "Verknalltsein", "Verliebtsein" und "Liebe" unterscheiden. Vielleicht ist der Unterschied auch subjektiv, aber für mich gibt es ihn eindeutig. Verknallen kann ich mich oft und in viele Personen, teilweise auch gleichzeitig, darunter fallen teilweise auch meine Schwärmereien für zB Sänger (aber nur die, die ich live erlebt habe). Wenn ich verknallt bin, empfinde ich die ähnlichen Symptome wie beim Verliebtsein, die ja schon geschildert wurden (ständig an ihn denken, Herzklopfen, Flattern im Bauch ...), die sogar echt heftig ausfallen können, aber meistens temporär sehr instabil sind, also nur einige Tage anhalten, und wenn ich verknallt bin, stört es mich beispielsweise nicht, wenn die Person einen anderen Partner hat oder ich weiß, dass es aussichtslos ist. Ich finde es nicht mal schlimm, mich zu "verknallen", wenn ich in einer Beziehung bin oder wenn mein Freund sich "verknallen" würde, weil eben nichts Ernstes dahinter ist.

Genau das wollte ich auch schreiben. ;D
Ich verknalle mich auch ganz gerne. Und dann genieße ich das Gefühl. Wenn ich die Person treffe, flirte ich mit ihr und habe danach eine super Laune. Auch wenn ich mich insgeheim über die Reaktion meines Körpers amüsiere.
Ich finde aber auch, dass es deutliche Unterschiede beim Verliebtsein gibt. Wenn ich himmelhochjauchzend verliebt war, kam danach meistens das zu Tode betrübt. Aber wenn ich die Person eher interessant fand, und die ganze Verliebtheitsphase deutlich ruhiger war, hat das mit einer Beziehung besser geklappt.

LinaFranken

Das ist eine sehr spannende Frage, weil jeder es anders empfindet, daher denke ich auch, dass man als Autor auch ruhig über Arten von Liebe schreiben kann, die man selbst nicht kennt. Ich habe eine "klassische Verliebtheit/Liebe" trotz meiner 30 Jahre auch nie erlebt, aber einige andere Formen davon und wollte gerne ein paar vergleichende Blickwinkel bieten. Entschuldigt, dass es fast ein Essay geworden ist, aber das Thema fasziniert mich sehr.

Biologischer Blickwinkel:
Nach Ansicht der meisten wisschenschaftlichen Untersuchungen ist Verliebtheit nichts weiter, als eine körperliche Reaktion auf den Geruch des Gegenübers, der wiederrum darüber aussagt, ob unser Genetischer Code sich sehr voneinander unterscheidet und demnach gesunden Nachwuchs hervorbringen würde. Diese körperliche Reaktion bei uns ist wiederrum einfach nur eine gigantische Flut von Hormonen die plötzlich gesteigert produziert werden um unsere Paarungsbereitschaft zu erhöhen.
Tja... das klingt jetzt alles unglaublich trocken und unromantisch... und viele Menschen möchten ihre Gefühle nicht auf Chemie reduziert sehen, aber ich für meinen Teil finde den Gedanken sehr beruhigend, weil er einem Entschuldigungen für pubertäres Verhalten liefert.

Der zynische Blickwinkel:
Frag einen Zyniker, wie er liebe empfindet und du bekommst als erstes die obere Erklärung um die Ohren gehauen und dann wird er noch so etwas murmeln wie: Wer braucht den Mist?
Die Wahrheit sieht aber schon etwas anders aus: Zyniker (wie meine Wenigkeit) haben das selbe evolutionäre Bedürfniss nach Nähe zu ihren Artgenossen wie alle Wesen. Da mag die "lone wolf"-Fassade noch so gut sitzen, tief dahinter wünscht sich jeder Wolf einen zweiten Wolf an seiner Seite. Das völlige Fehlen von Empathie und Rudelverhalten fällt nach der Meinung der Psychologie in die Abteilung "Erste Anzeichen für Psychopathische Störungen" oder aber auch andere Störungen (will ja niemanden diskriminieren).

Die gesteigerte platonische Liebe:
Ich habe es selbst schon öfter erlebt, dass ich Menschen kennengelernt habe, die mich so fasziniert haben, das ich sie auf ein Podest gestellt habe und sehnsüchtig auf jede Minute von gemeinsamer Zeit gewartet habe. Auch fehlerhaftes Verhalten hat diese Menschen nicht von ihrem Podest stürzen können. Der einzige Grund, warum es dennoch "nur" eine platonische Liebe war, war dass ich absolut kein Bedürfniss verspürt habe dem Menschen körperlich nahe zu sein und das nicht aufgrund mangelnder Attraktivität oder des falschen Geschlechts (denn beides ist mir ohnehin völlig egal). Vielleicht hat in dem Fall einfach die Biologie nicht gepasst?

Die Beziehung als Entscheidung:
Ich unterstelle einfach mal, dass die besten Beziehungen gar nicht auf "Liebe" basieren. Da möchte ich gerne meine Mutter und beste Freundin in die Wagschale werfen, die beide nach endlosen, gescheiterten Beziehungen, sich letztendlich für jemanden entschieden haben, der ihnen nicht den Atem raubt und euphorisches Begehren auslöst. Beide sind inzwischen sehr glücklich über diese Entscheidung. Sich für gemeinsame Ziele, Interessen und Ansichten entschieden zu haben hat sich auf dauer als nachhaltiger herausgestellt und im Verlauf doch noch so etwas wie Liebe wachsen lassen.

Der Sturm:
Die Art von Liebe, von der ich nach eigenen Erfahrungen nur abraten kann, die sich in Romanen aber super macht. Du hast keine rationale Erklärung für deine Gefühle und beim näheren Betrachten hast du absolut nichts mit dem Gegenüber gemeinsam und ihr streitet euch bei jedem Atemzug. Dennoch fühlt es sich an, als würde dich jeder Atemzug der Trennung um den Verstand bringen, den du auch zunehmend verlierst. Es folgen die selbsen Symptome wie bei Drogenkonsum: Ein überwältigender Rausch, Realitätsverlust, körperliche Symptome (als würde dein Körper durchgehend verbrennen), ständiges sexuelles Verllangen, Agressionen und letztendlich jeglicher Kontrollverlust, bei dem einem sogar völlig schnuppe ist ob man Gewalt anwenden muss um sein Gegenüber zu bekommen oder sich selbst in Lebensgefahr bringt. Ein Ende dieses Dramas ist auch genauso hart wie kalter Entzug von Drogen. Erschwert wird dies oft durch mangelndes Verständniss des Umfelds, weil Liebesentzug als "nicht so ernst" angesehen wird.

Pointe:
Nach meiner persönlichen Einschätzug entspricht nichts von dem oben genannten einer "klassischen Liebe oder Verliebtheit", all das sind aber Faktoren, die eine solche im gewissen Sinne auch unmöglich machen können. Ein Mensch, der in eine der oben genannten Schemen verfallen mag (oder wie ich in alle), wird ernste Probleme haben, sich "einfach mal glücklich zu verlieben". Sollte ein Prota also einen der erwähnten Backgrounds haben, wird er ein extrem stichhaltiges Motiv brauchen, wenn am Ende doch noch eine Liebesgeschichte mit Happy End folgen soll, denn er könnte dazu neigen eine potenzielle Liebe zu sabotieren oder gar nicht erst als solche wahrzunehmen oder sie zu sehr in rationalle Bestandteile zu zerlegen.

Abschliessend gesagt, denke ich: Je weniger ein Mensch über Liebe nachdenkt oder versucht sie zu verstehen, desto leichter fällt es ihm sie einfach zu empfinden.

HauntingWitch

Zitat von: Trippelschritt am 27. Januar 2016, 19:18:48
und Sex oder der Wunsch danach spielt eine große Rolle.

Ausser, man ist asexuell, dann ist es lediglich ein Wunsch nach Nähe oder der Wunsch, nicht alleine zu sein. Ist aber auch da von Person zu Person verschieden. ;)

Churke

Zitat von: Shedzyala am 27. Januar 2016, 14:15:49
Natürlich hat der Partner auch Fehler, wenn man verliebt ist, man findet sie nur total knuffig.
Das ist aber sehr milde geurteilt.
Wenn man von Zwangsgedanken spricht, kommt man automatisch zu einer Enthemmung und eingeschränkten Steuerungsfähigkeit.
Da tun die Leute Dinge, die sie im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte niemals tun würden.  Letztens haben sie doch in Mexiko diesen Drogenboss verhaftet. Wie haben sie ihn erwischt? Er schickte heiße Nachrichten an seine Geliebte.  :wums:

Vic

Ich weiß nicht, ob es darauf eine pauschale "richtige" Antwort gibt...
Immerhin sind Menschen sehr verschieden.

Also was häufig vorkommt ist, dass man sehr viel an die Person denkt und auch viel über sie redet. Als ich frisch mit meiner Freundin zusammen war, hab ich sie ständig in Gesprächen fallen lassen, einfach weil ich so gerne an sie denke und über sie rede.
Man vermisst sich meistens ganz furchtbar, auch schon nach wenigen Stunden ohne Kontakt.
Anfangs findet man meistens auch die ganzen Macken des Anderen entzückend - DAS ändert sich allerdings im Lauf der Zeit. ;)

Was ich z.B. gar nicht bin und auch nie war ist eifersüchtig. Das ist so ein Gefühl, das ich wiederum nicht nachvollziehen kann und was mMn auch rein gar nichts mit Verliebtsein zu tun hat.

Mir bedeutet das Aussehen von Menschen relativ wenig, deswegen denke ich auch selten "oh Gott, du bist sooo schön", aber mir bedeuten andere Dinge sehr viel und ich denke sehr viel "oh Gott, du bist sooooo klug! *_* Du bist soo witzig! Du bist soooo nett! Bitte rede einfach für immer weiter!"

foxgirl

Zu dem Thema wurden ja schon sehr viele gute Dinge gesagt und auch beschrieben, dass das bei jedem anders ist und ich merke gerade, dass ich da vielleicht doch noch einmal ein wenig anders getickt habe. Ich bin schon sehr lange mit meinem Partner zusammen, wir waren auch erst einmal Freunde bevor wir zusammen kamen und das Phänomen Liebe oder Verliebtheit auf den ersten Blick hatte ich weder bei ihm noch bei einem anderen Menschen mit dem ich dann wirklich eine Beziehung hatte, das kenne ich auch nur vom "Schwärmen" von Fremden, wie zum Beispiel fiktionalen oder unerreichbaren Menschen. Bei mir hat sich das Verliebtsein ziemlich anders geäußert.
Ich bin allgemein nicht der absolut selbstbewussteste und entspannteste Mensch, aber wann immer ich in seiner Nähe war habe ich mich plötzlich entspannt und selbsbewusst gefühlt, einfach mehr wie ich sein will und sein kann. Ich war immer glücklich in seiner Nähe (und bin es natürlich immernoch) aber diese Schmetterlinge oder etwas in der Art hatte ich nie. Ich habe auch sehr schnell seine Fehler gesehen, aber fand seine Stärken einfach überzeugend. Ich habe ihn natürlich vermisst, das schon und war immer vorfreudig, wenn wir uns gesehen haben, aber nie aufgeregt, es hat sich nur einfach immer richtig angefühlt. Ich weiß jetzt natürlich nicht, ob das einfach meine Art des Verliebtseins ist, oder ob ich einfach zu einem dieser Paare gehöre, die das Verliebtsein quasi übersprungen haben.
Da das Thema Verliebtsein ist, weiß ich nicht sicher wie sehr dich auch die Liebe interessiert, aber die finde ich eine unheimlich, fast schon erschreckend starke Sache. Ich habe das so erlebt, dass man, bei jedem Streit, jedem Stolperstein und jeder schlechten Phase tief im Innern weiß, dass die Beziehung stärker als das ist. Dass man das Gefühl hat zueinander zu gehören, auch wenn man gar nicht in der Nähe des Anderen ist, zu wissen, dass einem da jemand den Rücken stärkt. Es hat schon was von einer tiefen Freundschaft, ist aber in meinen Augen noch stärker, so zumindest habe ich das erlebt.

Vic

#23
Zitat von: Foxgirl am 29. Januar 2016, 19:40:05
Ich bin schon sehr lange mit meinem Partner zusammen, wir waren auch erst einmal Freunde bevor wir zusammen kamen und das Phänomen Liebe oder Verliebtheit auf den ersten Blick hatte ich weder bei ihm noch bei einem anderen Menschen mit dem ich dann wirklich eine Beziehung hatte, das kenne ich auch nur vom "Schwärmen" von Fremden, wie zum Beispiel fiktionalen oder unerreichbaren Menschen.

Oh ja - alles was du sagst kann ich bestätigen.
Ich war immer erst mit Menschen befreundet bevor ich mich verliebt habe und ich kenne das auch nur so. Ich finde am reinen Äußeren von Menschen halt nichts so ansprechend deswegen kenne ich "Liebe auf  den ersten Blick" nicht und finde das Konzept sehr seltsam und schwer vorstellbar. Ich verliebe mich in Ansichten, in Intelligenz und Humor und Interesse und emotionales Geborgen fühlen.

Aber das ist die demisexuelle Seite an mir. ;) Die kann halt nicht anders.

foxgirl

Ganz genau so geht es mir auch. Ich denke das beweißt auch noch einmal ganz schön, dass man, wenn man über Liebe und Verliebtsein schreibt, gar nicht so viel falsch machen kann. Es ist eben doch etwas enorm subjektives. Ich kann auch, wenn ich ein Buch lese, völlig nachvollziehen, wenn sich die Leute darin Hals über Kopf verlieben oder von Liebe auf den ersten Blick reden, nur bei mir ist das eben anders. Vielleicht ist das sogar eine der schönsten Sachen in Bezug auf Liebe, dass sie etwas so persönliches und individuelles ist.

Issun

Ich glaube, dass Liebe zahllose Gesichter hat und es auf die Frage danach keine pauschale Antwort gibt. Ich spreche also nur aus persönlicher Erfahrung, ohne Anspruch auf allgemeine Gültigkeit. :)

ZitatStimmt das mit der "rosaroten Brille"? Wie verändert sich ein Mensch (nicht nur ein Charakter!), wenn er verliebt ist?

Die Fehler des anderen sind durchaus erkennbar, werden aber milde beurteilt, oft mit dem Argument, er/sie hat schlechte Erfahrungen gemacht, kann also nichts dafür. Auch bei innigen Freundschaften ist eine sehr wohlwollende Haltung ja keine Seltenheit, da gibt es durchaus Ähnlichkeiten. Dass man Fehler ganz ausblendet, kenne ich von mir nicht. 
Zur Frage, wie der Mensch sich verändert, folgende Beobachtungen: Verliebtheit kann selbstkritisch machen. Man beobachtet sich selbst, wägt seine Worte, hinterfragt sein ganzes Auftreten, verwendet mehr Zeit auf sein Äußeres, indem man z.B. überlegt, was man anzieht. Ansonsten kann das Verliebtsein Zerstreutheit bewirken, (scheinbar) grundlose Fröhlichkeit, es kann Schwung verleihen, motivieren. Das Leben bekommt einen neuen Sinn. Etwas, das ich an Freundinnen beobachtet habe, ist, dass sie zu Beginn einer Beziehung strahlender gewirkt haben, rosiger, als wäre eine innere Sonne aufgegangen. Man hat ihnen das Glück angesehen. 

ZitatGibt es ein vergleichbares Gefühl (beispielsweise Glück oder das Hingezogen-sein, das wir z.B. zu Serienfiguren spüren)?

Das Gefühl ist, wie Witch schon geschrieben hat, sehr ähnlich, aber es gibt Unterschiede. Mir scheint, dass sich das Verliebtsein vor allem durch seine Schattenseiten von den Schwärmereien für Promis unterscheidet, die da wären: Minderwertigkeitsgefühle, Scheue und Nervosität, sobald die begehrte Person zugegen ist, und eben körperliche Reaktionen, z.B. Herzklopfen, das Gefühl, weniger Luft zu bekommen o.Ä.

ZitatReicht es, einen Liebesroman zu lesen und sich die Methodiken des fremden Autors anzueignen; oder anders gefragt: Muss man schon einmal verliebt gewesen sein, um realistisch darüber zu schreiben?

Ich bin sicher, dass es möglich ist, ohne eigene Erfahrungen darüber zu schreiben. 

Dass es Verliebtsein mit und ohne sexuelles Verlangen gibt, kann ich bestätigen. Gemeinsamkeiten: das warme, fast erstickende Gefühl, das einem das Herz zusammenzieht, plötzliche Gedanken an den anderen, die in den unsinnigsten Momenten auftreten und einen leise auflachen lassen. Ein anhaltendes, durchdringendes Glücksgefühl stellt sich ein und mildert das Negative, das einem im Alltag widerfährt. Es ist, als würde das Leben von einer neuen, fröhlicheren Melodie begleitet. Man assoziiert vieles mit der anderen Person, träumt häufig von ihr. Es stellt sich ein gewisser Wunsch ein, auf den anderen aufzupassen, ihn zu beschützen.

So viel zu meinen persönlichen Eindrücken.  :)
LG Issun


Zit

#26
Zitat von: Lina Franken am 28. Januar 2016, 00:57:16
Biologischer Blickwinkel:
Nach Ansicht der meisten wisschenschaftlichen Untersuchungen ist Verliebtheit nichts weiter, als eine körperliche Reaktion auf den Geruch des Gegenübers, der wiederrum darüber aussagt, ob unser Genetischer Code sich sehr voneinander unterscheidet und demnach gesunden Nachwuchs hervorbringen würde. Diese körperliche Reaktion bei uns ist wiederrum einfach nur eine gigantische Flut von Hormonen die plötzlich gesteigert produziert werden um unsere Paarungsbereitschaft zu erhöhen.
Tja... das klingt jetzt alles unglaublich trocken und unromantisch... und viele Menschen möchten ihre Gefühle nicht auf Chemie reduziert sehen, aber ich für meinen Teil finde den Gedanken sehr beruhigend, weil er einem Entschuldigungen für pubertäres Verhalten liefert.

Hm, das ist eine Erklärung dafür, finde ich persönlich aber recht kurz gefasst. Weil: Wie kommt es dann zu Schwärmereien für Promis? Das ist ja auch keine rationale Entscheidung.

Ich würde auch nicht sagen, dass Verliebtsein immer so ausartet wie bei Churkes Beispiel mit dem Drogenboss. Natürlich hängt das auch mit der Erfahrung zusammen, ob man schon mal verliebt war und wie alt man gerade ist. Bei Pubertierenden wird das Schwärmen/ Verliebtsein vermutlich ungleich heftiger, verwirrender und anstrengender ausfallen als bei Menschen in mittleren Jahren. Der Drogenboss hingegen hat sich vermutlich einfach ultra sicher gefühlt und wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie ihn kriegen, bzw. haben solche Leute ja auch manchmal so eine gewisse "Ich bin unantastbar"-Mentalität ...

Wenn ich mich recht entsinne, war meine einzige unerwiderte "Liebe" (wohl eher Schwärmerei) so geartet, wie man sie sonst so kennt: Bauchkribbeln, Tagträumen, innerliches, wohliges Seufzen beim reinen Anblick, immer wieder heimliche Blicke/ beobachten und allgemein ein Hochgefühl -- alles gepaart mit der bitteren Erkenntnis, dass es nie etwas wird, einer gewissen Scham und auch dem Versuch, sich selbst ständig einzureden, dass ich mit diesem Verliebtsein aufhören sollte. Dauert erfahrungsgemäß von lang zu länger, aber irgendwann funktioniert es. (Schwärmen passiert mir immer wieder, manchmal gebe ich dem nach und koste es aus, aber idR. rede ich mir selbst ein, dass es Blödsinn ist und besinne mich besonders auf meinen Freund.)
Hinzu kommt bei unerwiderter Liebe ja auch die Frage, wie der Schwarm darauf reagiert. Lacht er einen aus, nutzt er einen aus? In meinem Fall kam hinzu, dass wir trotzdem befreundet waren und er sich recht anständig verhalten hat und es nicht besonders ausgenutzt hat. Außer vll. Spickhilfe in Tests, weil wir auch in einem Fach unfreiwillig zusammen saßen. ;D
Was ich aber nicht getan habe, war, ständig von ihm zu reden, auch wenn alle Freunde es wussten. (Ich war damals eine noch lausigere Schauspielerin als heute.) Ich habe auch nicht nachgefragt, wenn das Thema auf ihn kam sondern einfach nur zugehört und mir meinen Teil gedacht. Natürlich waren auch immer wieder kleine Stiche ins Herz dabei, wenn ich davon hörte, dass er eigentlich auf meine Freundin steht. :d'oh: Aber irgendwann lernt man, damit umzugehen.

Bei späteren Schwärmereien neigte ich ebenso dazu, die Sachen für mich zu behalten und lieber still zu genießen, auch wenn ich leider nicht den "glänzenden Blick" verheimlichen kann, der mich überfällt, wenn ich meinen Schwarm sehe. :d'oh:

Was ich damit sagen will: Nicht jeder (Teenager) dreht gleich völlig ab, weil er Schmetterlinge im Bauch hat.

Was die Liebe angeht, trifft es Denamios Bild ganz schön: Erstmal den Tee fertig schlürfen. ;D Für mich ist es tiefes Vertrauen und Intimität, die die Liebe ausmachen. Ich muss mich vor meinem Partner nicht verstecken oder schauspielern sondern kann ganz ich selbst sein, mit all meinen Fehlern. Trotzdem vermisse ich ihn besonders abends, wenn wir getrennt sind. Auch wenn er die halbe Nacht ganze Urwälder rodet, ohne ihn schlafen zu müssen, ist doof. Ein bisschen eifersüchtig werde ich auch immer noch, wenn bspw. Rollenspiel bei uns ist und wir uns erst sehen, wenn die Runde schon läuft/ die Leute schon da sind und ich nichtmal einen Begrüßungsknutscher kriege. (Ich spiele nicht mit.) Wie ein Hund, der auch gleich angelaufen kommt, wenn jemand nach Hause kommt. :rofl: (Ich weiß noch, dass ich dieses Verhalten bei meinen Eltern sehr komisch fand, und jetzt bin ich selbst nicht anders.)
Wobei ich sagen muss, dass Liebe nicht heißt, dass man alles voneinander weiß, das wäre ja langweilig. Sondern dass man sich vll. Dinge erzählt, die man sonst nie jemanden erzählen würde, dass man auch mal zutiefst schwach und zerbrechlich sein darf und der andere einen hält, dass man die Träume des anderen respektiert und unterstützt, dass man ihm aber auch mal den Kopf gerade rückt. Das Wichtigste ist allerdings für mich: Mein Freund ist der Anker, der Fixstern in meinem Leben. Der Tag kann noch so beschissen und zum Heulen gewesen sein, wenn ich abends nach Hause komme, knuddle ich mich einfach an meinen Freund, lass mich betüddeln und gemeinsam jagen wir diesen A*schlochtag zum Teufel.

Die Beziehung zu meinen Eltern ist hingegen etwas völlig anderes. Es ist mehr dieses "Familiengefühl" bzw. die sehr, sehr lange Vertrautheit. Als Kind giert man immer noch nach Anerkennung der Eltern, und in Notsituationen sind sie auch für einen da, manchmal mit Rat, manchmal mit Tat. Aber ich würde ihnen nie das erzählen, was ich meinem Freund manchmal so erzähle. Zumal die Vertrautheit mittlerweile abgenommen hat, weil wir einfach zu weit voneinander entfernt wohnen.
Meinem Freund bin ich auch jederzeit ebenbürtig, meinen Eltern nicht unbedingt.

Ob man soetwas allerdings ohne Erfahrung beschreiben kann? Ich würde nicht unbedingt pauschal mit Ja antworten und sagen, dass drei Liebesromane reichen würden. Der Leser merkt es einfach, wenn der Autor null Gefühl hat und einfach nur Phrasen aneinander reiht, weil diese in ähnlichen Situationen in anderen Romanen halt auftreten. Wie manche schon sagten, ist Empathie einfach sehr wichtig. Mann muss nicht verliebt sein, aber man muss in der Lage sein, sich selbst triggern zu können, sich selbst zu fragen "Was wäre, wenn ich jemandem begegnen würde, der mir den Kopf verdreht?". Da kann man natürlich beim Schwärmen für einen Star oder so gut ansetzen, und dann denkt man sich einfach weiter, tagträumt, entwickelt. Und da kann man sich dann auch verlieben, denke ich oder zumindest eine Ahnung dafür bekommen.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Maubel

Ich plauder mal aus dem Nähkästchen: Ich habe mir als Jugendliche diese Frage auch häufig gestellt und war schon ganz verzweifelt, dass ich nicht lieben konnte, aber das hat sich dann doch erledigt. Ich habe jedoch sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Schwärmerei:
Der Kelch ist an mir vorübergegangen ganz klar. Ja, natürlich fand ich einige Jungs oder Stars gut aussehend, aber ich muss sagen, dass da sehr viel künstliche Schwärmerei dabei war, weil man das von einer 13jährigen eben erwartet. Durchgedreht oder nervös bin ich nie geworden. Es war fast eher ein Hobby oder Tagträumerei. Irgendwer muss ja dafür herhalten ;)

Die erste Liebe:
Ich glaube, ich müsste schon fast eher Araluen fragen, wie das damals mit mir war. So richtig kann ich mich gar nicht daran erinnern. Nur, dass ich so aufgeregt war, dass ich sofort meinen Eltern vom ersten Kuss geschrieben habe und ja... ich glaube, es war alles einfach ganz aufregend. Man fühlte sich plötzlich so erwachsen und ich habe es auch in der Schule herum erzählt. Als dann Schluss war, beziehungsweise hatte ich das Geknutsche ja völlig missverstanden und wir waren nie zusammen (ein Jahr später stellte sich heraus, der Gute hatte schon seit zwei Jahren eine Freundin :omn:), war das auch sehr dramatisch und mit vielen Tränen verbunden. Ein zwei Wochen später war das aber auch vorbei. Dennoch ein Jahr später war die Anziehung noch immer leicht da, aber mein Kopf war da glücklicherweise schon klüger.
Ich gebe dieser Beziehung die Schuld dafür, dass ich die nächsten drei vier Jahre mich nicht verlieben konnte.

Gescheiterte Beziehungen:

Meine Beziehungen waren alle grandios kurz (von 4 Monaten bis 2 Wochen) und zwar lag es häufig daran, dass ich schnell Interesse hatte, aber sobald man aus den Augen war, fehlte einfach das Verliebtsein. Soll heißen, ich habe meine Freunde nicht vermisst und das ist doch irgendwie falsch, wenn man doch eigentlich frisch verliebt sein sollte.
Eine Beziehung bin eingegangen, weil es romantisch klang, dass dieser jemand ein Jahr lang auf mich gewartet hatte und wir haben zusammen eben etwas rumexperimentiert. Da dachte ich noch, das müsste eben so sein, aber als nach drei Monaten räumliche Trennung noch immer kein einziges Treffen zu stande kam, habe ich das beendet. Das tat auch nicht weh, weil wir nach drei Monaten wirklich nicht mehr verliebt waren.
Eine andere bin ich eingegangen, weil ich wissen wollte, ob ich mir einen Freund angeln kann. Das war tatsächlich eiskalte Berechnung und auch ganz schön, aber eben der Fall von nicht vermisst nach zwei Wochen.
Mit einem Freund war viel Geflirte da, aber als wir da dann endlich Nägeln mit Köpfen machen wollten, fehlte die sexuelle Anziehung komplett. Wir sind dann bei Freunden geblieben.

Mein Kopf hat schon immer ein sehr starkes Mitspracherecht bekommen und wenn ich weiß, dass es derjenige nicht ist, dann mache ich die Beziehung auch nicht weiter. Da geht das Herz dann etwas verloren und so kam es schließlich auch dazu, dass sich schon ganz deprimiert von mir selbst war, dass ich nicht lieben konnte.

Die unerwiderte Liebe:
Schließlich traf ich in einem sehr Beziehungs-günstigen Ambiente einen jungen Mann, der tatsächlich mit Witz und Charme diese Schmetterlinge hervor gerufen hat und als wir vier Tage voneinander getrennt waren, war mir tatsächlich schlecht vor Sehnsucht. Er kam wieder und hatte sich in der Zwischenzeit eine Freundin geangelt (ich sage ja, in dem Ambiente ging so was schnell). Und ich war am Boden zerstört. Ich wollte niemanden um mich haben und habe mich in eine ganz dunkle Ecke verkrochen, wo ich zwei Stunden lang nur geheult habe. Und nach zwei Stunden ist mir klar gewesen, dass ich mich tatsächlich verliebt hatte und das hat mich sogar ein wenig getröstet. Die Odysee ging dann weiter. Er betrog seine Freundin, war mit einer anderen zusammen und noch zweimal Wiederholung und meine Gefühle waren immer noch da, obwohl mein Kopf da vehement protestierte. Es wurde mir trotzdem warm im Bauch, wenn er mich anfasste oder auf unserem Roadtrip in meinem Schoß schlief. Erst nach dem er die vierte Freundin in 5 Wochen hatte, waren meine Gefühle endlich auf simple Freundschaft abgekühlt und wahrscheinlich war ich damit auch deutlich besser bedient gewesen. Und immerhin hat er mir gezeigt, dass ich doch fähig war mich zu verlieben.

Weitere Experimente:
Im Unileben hatte ich dann zwei Beziehungen. Eine viermonatige und eine siebenmonatige. Die erste war tatsächlich eine klassische körperliche Anziehung, aber auf geistigem Niveau passte es immer wieder nicht. Wir haben uns einmal getrennt, kamen doch wieder zusammen. In gewisser Weise konnten wir nicht ohneeinander aber erst recht nicht miteinander und blieben dann getrennt.
Die zweite Beziehung war einer der größten Fehler meines Lebens. Ich wusste, dass mein damals bester Freund was von mir wollte. Wir haben als Freunde gekuschelt und auf dem geistigen Niveau stimmte alles, nur... ich war nicht verliebt. Und da man doch so häufig liest, manchmal würde aus Freundschaft mehr wachsen und wir ja doch jede freie Minute miteinander verbrachten und auch kuschelten, sagte ich irgendwann okay, lass es uns probieren (Red Flag!). Diese Entscheidung wurde nicht mal mit einem Kuss besiegelt, der kam zwei Monate später. Überhaupt war körperliche Anziehung ganz unten in unserer Prioritätsliste und als es doch mal zu mehr werden sollte, war ich plötzlich ganz sicher, dass ich das nicht möchte. Und ab dem Punkt war mir klar, das man Liebe nicht künstlich herbei führen kann und Freundschaftliche Gefühle eben freundschaftlich bleiben, wenn die körperliche Anziehung fehlt. Das ganze Trara hat unsere Freundschaft natürlich komplett ruiniert. Heute denke ich, dass es keine Chance gab, weil er eben auch vorher schon Gefühle hatte und irgendwann wären die eben auf andere Weise zum Tragen gekommen.

Die wahre Liebe (kitschig ich weiß):
Ich habe mir immer und überall vorgestellt, jemand netten zu treffen und dann mit dem zusammen zu kommen. Aber an dem Tag, als das geschah, hätte ich es nun wirklich gar nicht erwartet und doch war es von der ersten Sekunde da. Ein Blick und die Verbindung stand. Wir haben beide heftig miteinander geflirtet, versucht uns möglichst unschuldig zu berühren und waren den Nachmittag so offensiv, dass Freunde das schon verwundert bemerkten, weil wir sonst nicht so sind. Ich habe es die Nacht wohl auch gleich in seine Träume geschafft ;) Aber für mich war klar, auch wenn ich ihn erst einen Monat später wieder sehe, muss ich jetzt den Kontakt herstellen, sonst geht er mir verloren. Wir schrieben uns Nachrichten und ich habe den ganzen Tag nur auf seine Antwort gewartet. Er hat mein Weihnachtsfest ruiniert, weil er über die Feiertage kein Internet hatte, mir aber nicht Bescheid gegeben hatte und somit einfach die Antworten ausfielen. Und ich fühlte mich die Weihnachtstage leer und sehnsüchtig. Dann hat mein Kopf eingeschaltet und die Sache für abgeschlossen erklärt.
Eine Woche später kam dann die Antwort und schon als ich den Namen gelesen habe, war alles Bauchkribbeln wieder da. Und dann der Tag des Wiedertreffens und plötzlich waren wir ganz scheu und wollten uns nicht mal umarmen. Drei Stunden später war das allerdings gegessen und wir saßen eng umarmt zusammen. Ohne nächstes absehbares Treffen, verabredeten wir uns und als ich die Antwort gelesen hatte mit dem Datum, da wusste ich, dass er der eine ist. Ja... wir hatten noch nicht mal eine Beziehung, aber ich wusste, der ist richtig. Mit dem willst du zusammen kommen und auch zusammen bleiben, solange es eben hält und ich bin vor Freude in die Luft gesprungen, nicht weil er geschrieben hatte, er vermisst mich, sondern weil ich bei diesen Worten wusste, dass ich ihn liebe. Ich denke mal, an dieser Chemiesache muss was dran sein.
Wie fühlte sich das nun an? Warmes Gefühl im Bauch, Aufregung bei kleinen romantischen Gesten, körperliche Anziehung (ich wollte ihn berühren und küssen und alles) und als wir für längere Zeit räumlich getrennt waren, war ich wieder krank vor Liebe und konnte mich gar nicht recht über mein eigentlich aufregendes Praktikum freuen und ja, ich wusste, nach wenigen Monaten, dass er der Mann fürs Leben ist. Wir haben dann nur aus Anstand wenigstens anderthalb Jahre gewartet mit der Hochzeit.
Mittlerweile ist die Beziehung anders und zwar, ist er Familie geworden. Er gehört zu mir, wie meine Verwandten. Ich kann mir nicht vorstellen mich von ihm zu trennen, weil ich mich auch nicht einfach von meinen Eltern oder meiner Schwester trennen kann, selbst wenn wir uns gerade nicht grün sind. Wir hatten auch anstrengende Monate, und solche ohne viel körperlichen Kontakt, aber ich weiß, dass ich ihm alles anvertrauen kann und es gibt kein Geheimnis zwischen uns. Wir können auch vier Monate getrennt voneinander leben ohne dass mir wieder schlecht wird und brauchen doch nicht fürchten, dass irgendwer fremd geht. Man vertraut sich eben komplett. Wir gehören einfach zusammen und ich hoffe, das bleibt auch so.

Die rosarote Brille:
Ja, die gibt es. Wenn ich mir einige meiner Beziehungen anschaue, muss ich sagen, dass die teilweise gar nicht so gut aussahen, aber sie das in dem Moment wirklich taten. Oder man übersieht auch charakterliche Schwächen (siehe den umtriebigen da oben) und da wird der Kopf dann tatsächlich glatt übergangen. Aber es kommt sehr auf die Menschen drauf an und bei mir ist der Kopf ziemlich stark und da kann wirklich nur echte Verliebtheit drüber schreiben. Alle anderen haben da keine Chance, ebensowenig Schwärmereien. Bei anderen ist das sicher anders.

Kann man das so schreiben?
Ja. Es gibt so viele Bücher und Erzählungen über die Liebe, dass man tatsächlich ein ganz gutes Gefühl hat und manche Klischees können wirklich eintreffen (die besten Freunde, die zu Partnern werden, die große Schwärmerei, die Liebe auf den ersten Blick), aber ich denke, wenn man selbst einiges erlebt hat, hat man ein viel tiefergehendes Wissen, welche Faktoren da mit rein spielten und was vor allem im Kopf von Person 1 zugeht und da gibt es einfach verschiedene Typen. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass Liebe nicht immer als Superklischee dargestellt wird, sondern mit echten Gefühlen untermauert: Sehnsucht, Herzschmerz, Gewohnheit, Vertrauen, Attraktion. Da jeder Mensch anders ist, ist jedoch auch jede Liebe für irgendwen plausibel und vor allem will der Leser doch auch gerne mal was unrealistisches lesen. Solange nicht alle Bücher nur von der einzig wahren Liebe handeln, kann man da auch gut differenzieren.

So, Roman Ende ;)


HauntingWitch

Zitat von: Zitkalasa am 06. März 2016, 05:00:26
Zitat von: Lina Franken am 28. Januar 2016, 00:57:16
Biologischer Blickwinkel:
Nach Ansicht der meisten wisschenschaftlichen Untersuchungen ist Verliebtheit nichts weiter, als eine körperliche Reaktion auf den Geruch des Gegenübers, der wiederrum darüber aussagt, ob unser Genetischer Code sich sehr voneinander unterscheidet und demnach gesunden Nachwuchs hervorbringen würde. Diese körperliche Reaktion bei uns ist wiederrum einfach nur eine gigantische Flut von Hormonen die plötzlich gesteigert produziert werden um unsere Paarungsbereitschaft zu erhöhen.
Tja... das klingt jetzt alles unglaublich trocken und unromantisch... und viele Menschen möchten ihre Gefühle nicht auf Chemie reduziert sehen, aber ich für meinen Teil finde den Gedanken sehr beruhigend, weil er einem Entschuldigungen für pubertäres Verhalten liefert.

Hm, das ist eine Erklärung dafür, finde ich persönlich aber recht kurz gefasst. Weil: Wie kommt es dann zu Schwärmereien für Promis? Das ist ja auch keine rationale Entscheidung.


Eine rationale Erklärung gibt es für solche Schwärmereien schon, aber es hat natürlich nichts mit dem Geruch zu tun. Ich glaube, das hat es übrigens auch bei Personen im persönlichen Umfeld nicht, jedenfalls nicht nur. Sympathie bzw. allfällige daraus entstehende Gefühle werden ja noch von viel mehr Faktoren beeinflusst. Die Erscheinung der anderen Person, ihr Auftreten, Mimik, Gestik, Stimme/Sprechweise, das sind alles ebenfalls Dinge, die unsere Einschätzung der anderen Person beeinflussen und damit auch, welche Empfindungen wir gegenüber dieser Person haben.

Akirai

Da es hier ja um das sich verlieben im Roman gehen soll, vielleicht auch noch eine lustige Idee: Muss dein Prota denn bemerken, dass er / sie heftig verliebt ist?


Nähkästchen:
Ich bin, was Zwischenmenschlich-Soziales angeht, manchmal ... sehr langsam  ;D . So auch hier: Ich hatte jemanden kennengelernt. Toll fand ich ihn gar nicht, und dass er meine Nähe gesucht hat, hat mich am Anfang eher amüsiert. Die Tage vergehen. Ich fange an, seine Nähe zu suchen. Ich bin traurig, wenn ich ihn nicht sehe, obwohl ich ihn erwartet habe. Ich mache verdammt viel mit ihm zusammen! Ich rede permanent von ihm. Weil er cool ist (natürlich ... *hust*). Und dann der Tag des Abschieds, unsere Wege trennen sich. Den Schmerz kann ich heute noch nachfühlen, das war wirklich eine bleibende Erinnerung. Und nein, ich bin nicht traurig, weil ich ihn nicht mehr sehe. Nein! Ich bin traurig, weil die schöne Woche rum ist und das ganze Drumherum und der Arbeitsalltag wieder losgeht und und und und und ... Aber nicht wegen ihm. Nein. Niemals!
Drei Tage später, nachdem ich zu Unzeiten aufgewacht bin, um nachzusehen, ob er mir geschrieben hat, überfiel mich folgende Erkenntnis:
:o
Sch*** - ich hab mich verliebt!

Vermutlich habe ich / haben wir uns benommen, wie die letzten Idioten. Zumindest würde das das ständige wissende Grinsen der anderen Leute erklären, wann immer sie uns gesehen haben  :rofl: