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Wie geht eigentlich Schreiben?

Begonnen von chaosqueen, 24. Februar 2015, 11:48:56

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Alana

Ich lese viele Ratgeber, da bekommt man tolle Ideen für Techniken und Praxistipps, wie man die richtige Wirkung erzielt. Am meisten lernt man aber durch Kritik, die man selbst bekommt, aber auch dadurch, dass man die Texte anderer Autoren liest. Gerade über Dramaturgie lernt man sehr viel, wenn man sich Gedanken darüber macht, warum ein Text eines anderen Autors einen vielleicht nicht so mitreißt, wie er sollte oder könnte. Wichtig ist dabei natürlich, konstruktive Kritik zu üben und sich wirklich Gedanken über andere Möglichkeiten zu machen. Durch Kritik üben und Kritik bekommen habe ich so ziemlich am meisten gelernt.
Alhambrana

Lothen

@Alana : Gibt es Ratgeber, die du guten Gewissens empfehlen kannst? Am besten solche, die sich nicht auf ein bestimmtes Genre beziehen? Ich hätte auch mal Lust, in einen reinzuschauen - schaden kann es ja nicht.

Aljana

Ich kann mich hier den anderen nur anschließen. Die Betaleser sind ein ganz wichtiger Bestandteil der Verbesserung. Klar, nur weil ein Beta was nicht mag heißt das nicht, ass ich die Geschichte für denjenigen völlig umschreiben, aber wenn man ihnen zuhört und ein bisschen bohrt findet man heraus, was nicht passt.

Zugegeben, bevor ich wusste, was ein Betaleser ist, hat mal einer tatsächlich mit seiner Kritik dazu geführt, dass ich eine Geschichte von Grund auf über den Haufen warf und neu begann nachdem ich ihr ein ganzes Jahr zu ruhen gab. Er sagte damals nicht mal, dass es schlecht war, sondern einfach nur: "Es ist ganz nett, reißt mich aber nicht mit."

Das hat meinen Ehrgeiz geweckt, mich angespornt, mich zu hinterfragen, das Konzept meiner Geschichte von allen Seiten auf den Prüfstein zu legen, Schreibstil, Dramaturgie, Weltenbau. Alles Begriffe, die mir damals fremd waren, doch im Nachhinein betrachtet habe ich im Kopf nichts anderes getan, als viele hier auf dem Papier: Ich begann zu plotten. Und zu verwerfen. Und erst nachdem ich wusste, wie ich es neu machen will, kam das Schreiben und vor allem das immer wieder lesen. Ich war erst zufrieden, nachdem ich eine Szene selbst zum gefühlt hundersten Mal lesen konnte und mir dachte: Hey das klingt einfach verdammt gut."

Man muss im Prinzip selbst sein schärfster Kritiker werden.

moonjunkie

Mir helfen auch immer Betaleser sehr viel weiter, Schreibratgeber habe ich auch eine Zeitlang gelesen und ich habe auch schon Schreibseminare besucht. Unter anderem kann ich die an der Bundesakademie in Wolfenbüttel sehr empfehlen, da gibt es Basisseminare zu mehreren Themen und auch spezielle Seminare für z.B. Fantasy. In Wolfenbüttel war ich schon vier Mal und es hat meine Romane jedes Mal ein Stück weitergebracht, auch wenn man die Kritik erst mal sinken lassen muss.

Lesen finde ich auch sehr wichtig, gucken, wie es die Lieblingsautoren machen und ja, auch das Schreiben hilft. Durch das Überarbeiten, Betalesermeinungen und Lektorat profitiert, glaube ich, auch meistens das nächste Buch. Eine Zeitlang habe ich auch Filme analysiert und geguckt, welchen roten Faden sie haben, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, was Geschichten gut macht und was eher nicht.

Alana

#49
@Lothen: Ich erlaube mir mal, hier meine Schreibratgeber-Liste von meiner alten Website zu posten. Hab sie gerade auf den neusten Stand gebracht. :) Muss die auch mal auf meine neue Website umziehen ...
Alhambrana

Zit

@Lothen

Als erstes Buch würde ich wohl Schriftsteller werden von Dorothea Brande empfehlen. Hier geht es weniger um Techniken als um den Menschen als solches und was es braucht, aus ihm einen Schriftsteller zu machen. (Ich stimme ihr zu, wenn sie sagt, dass alle Techniktipps nichts helfen, wenn man sich einfach nicht wie ein Schriftsteller verhält.)
Ansonsten war mein erster Schreibratgeber Stephen Kings Das Leben und das Schreiben und ich bin dem Buch daher emotional sehr verbunden. (Davon abgesehen hat es mich auch zu Kings sonstigen Werken gebracht und ich finde ihn als Mensch auch einfach sehr sympathisch.) Als Lese-Muss würde ich es nicht unbedingt empfehlen, allerdings ist es ein ganz guter Schmöker über ihn und die Art wie er schreibt.
Ansonsten ist von Alanas Liste 20 Master Plots noch gut, wenn man vll. schon in die Materie des Plottens eingestiegen ist, an sich aber trotzdem noch keinen Plan davon hat.

Ansonsten ist eher die Frage: Was willst du genau wissen? Es gibt unzählige Ratgeber zum Plot, es gibt welche, die einen Rundumschlag versuchen und dabei nur an der Oberfläche kratzen, es gibt welche zu Techniken (wie die Matrix nach Norden, die für mich persönlich sinnbefreit war, weil ich so schon arbeite, nur nicht so schön angeordnet; oder die berühmte Schneeflockenmethode) und es gibt welche zu Genren oder Formaten (Drehbuch, Theater, Songtexte). Dabei ist nicht alles für jeden geeignet. Und je mehr man liest, umso mehr kriegt man immer wieder Altbekanntes in neuem Gewand serviert. Dir auf gut Glück etwas zu raten, ist also wenig zielführend.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Sprotte

Für mich generell waren Betaleser und die Arbeit hier im Zirkel die Erleuchtung. Generell halte ich das Schreiben im stillen Kämmerlein ohne frische Impulse für nicht zielführend. Was kann ein Autor da schon anderes tun, als sich ständig in seinem eigenen Saft zu drehen, ohne wirklich weiterzukommen?
Es gibt Betaleser, die mich wirklich vorwärtsbringen, mir eingefahrene Gewohnheiten aufzeigen können und mir meine geliebten Redundanzen und Wiederholungen austreiben. Ähnlich ist es bei Lektoraten bislang gewesen. Ich hatte eine Lektorin, bei der ich wirklich weinte und mich fragte, ob die meine Geschichte überhaupt gelesen hat. Verblüffenderweise mochte sie trotzdem, was ich abgeliefert hatte. Und ich hatte ein Traumlektorat für Arrion. Viel Spaß, wirklich hilfreiche Hinweise. Ich habe mich so oft dabei erwischt, daß ich laut sagte: "Klar, warum hab ich das nicht selbst gesehen? So viel besser!"

Lothen

@Alana : Danke, deine Liste ist wirklich total nützlich, vor allem die Sortierung!

@Zitkalasa : Mir ginge es eher um einen Ratgeber zum Thema Stil und Sprache. Mit dem Plotten hatte ich bisher noch nie Probleme, glaube ich. Nach Methode plotten ist wohl auch eher nichts für mich.

Zum Thema wollte ich noch sagen, dass ich den anderen uneingeschränkt zustimme. Das Nützlichste sind gute Beta-Leser, die neue Impulse geben. Selber betazulesen bringt mich aber auch sehr viel weiter, weil man das Buch wesentlich genauer und detaillierter liest als die, in denen man privat schmökert (zumindest mir geht es so).

Ansonsten finde ich auch solche Boards wie das Recherche- oder Weltenbau-Board total nützlich. Indem man sieht, womit sich andere beschäftigen, kann man auch Rückschlüsse auf die eigene Arbeit ziehen. Das heißt natürlich nicht, dass man wild klauen soll, aber man fängt an, bestimmte Themen zu hinterfagen und sich zu überlegen: "Wie ist das eigentlich bei mir? Wie mache ich das?"

Lauren Mandrake

Ich kann mich @Zitkalasa nur anschließen mit den Buch-Tipps.
Generell Stephen King zu lesen (die neueren) empfinde ich persönlich als sehr erhellend. Der Bau seines "Maineverse" (Derry, Castle Rock, und die "Mills") finde ich einfach einsame Spitze. Ich finde, niemand kann seine Geschichten so gut ineinander verweben.
Wenn man sich alleine durchliest, wie viel Zeit er sich einfach lässt, den Leser seine Charaktere kennenzulernen... einfach Wahnsinn.

Wie ich mir "Schreiben" beigebracht habe... wie manche Leute das Malen.
Ich hab schlicht und ergreifend etwas oder jemanden nachgeahmt. Bis ich meinen eigenen Stil gefunden habe. Ich habe Fanfictions in so vielen verschiedenen Fandoms gelesen und geschrieben und gemerkt, wie facettenreich der eigene Stil sein kann, je nachdem welches Genre man schreibt :)

Ich hab ja dann zusätzlich noch studiert (Soziologie und Germanistik) und das gab mir dann noch mal einen anderen Blick darauf, wie vielleicht andere meine Bücher später lesen könnten... wenn ich sie veröffentlichen würde... was ich nicht tue, weil ich grade nur Fragmente parat habe... aber egal!  :omn:

Ein "handwerklicher" Blick, wie von Shedzyala beschrieben, hilft auch.

Und klar, ein Betaleser, quasi dein ehrenamtlicher Lektor! Wenn der richtig Ahnung hat und du ihm soweit vertraust, dass du seine vielleicht auch harte Kritik einstecken kannst, ist das eine super Sache.
Ich brauche meistens am Anfang keinen, weil in die Geschichte "reinkommen" muss ich selbst, aber wenn's dann mal so 10-20 Seiten sind, wird es doch hilfreich. Dann ist man noch nicht so in sein Tun "versteift", dass man evtl. den Plot nicht mehr ändern kann oder will.

Franziska

Ich kann mich den anderen nur anschließen. Feedback suchen und selbst geben. Ganz viel lesen. Mir hat da auch sehr geholfen eine Schreibgruppe, wo wir uns persönlich treffen und Textauszüge besprechen. Da lernt man auch selbst Kritik zu geben. Und man bekommt ganz verschiedene Meinungen zum eigenen Text. Ich habe gerade wieder eine in Hambur gegründet.

@Kerstin: das klingt ja interessant, was du machst. Da würde mich bei dir auch interessiern, welche Bücher du empfehlen kannst und mit welchen Techniken ihr da die Texte kritisiert.

Man muss einfach in der Lage sein, die eigenen Texte immer wieder kritisch anzugucken. Ich bin ja perfektionistisch und eigentlich nie wirklich zufrieden damit. Ich kann sicher auch noch viel lernen. Man sollte sich wirlich mit dem Handwerk auseinandersetzten, mit Plot, Figuren, Sprache, Stil etc. man sollte das eigene Genre kennen und darin lesen.

Zit

@Lothen

Zum Thema Stil und Sprache brauchst du nicht mal einen Ratgeber. Zum einen ist das sehr vom Menschen abhängig. Zum anderen gibt es hier im Forum genug Threads, die sich mit den grundlegenden Stil-Regeln befassen:

Show, don't tell?
Wie "muss" ein Buch geschrieben sein
Worauf es beim Überarbeiten sprachlich/ stilistisch ankommt

Und das sind nur drei Threads, die ich beim Blättern im Workshop gefunden habe, da gibt es sicher noch mehr davon -- gerade auch in anderen Unterboards. (Was natürlich bisschen blöd ist, dass die Infos überall verstreut sind. Andererseits gibt es ja die tolle Suchfunktion. Oder man fragt einfach.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Franziska

Danke Zit, ich habe mich gerade an den Thread "Worauf es beim Überarbeiten sprachlich/stilistisch ankommt " erinnert hatte aber keine Ahnung mehr, wie ich den genannt hatte.  :D

Kerstin

Zitat von: Franziska am 07. September 2015, 16:28:08
@Kerstin: das klingt ja interessant, was du machst. Da würde mich bei dir auch interessiern, welche Bücher du empfehlen kannst und mit welchen Techniken ihr da die Texte kritisiert.

Was wir da an der VHS machen, dürfte für die meisten von euch ein alter Hut sein. Da kommen bisher in erster Linie Menschen hin, die zwar ewig schreiben, aber sich noch kein bisschen mit der Theorie beschäftigt haben.
Also fange ich ganz klein an mit dem 10-Punkte-Text-ÜV von Andreas Eschbach (http://www.andreaseschbach.de/schreiben/10punkte/10punkte.html)
Show don't tell
Perspektiven
Infodumps
Konflikte (Szenenaufbau mit bridging conflict)
...

Aber gerade weil sie dort bei Null anfangen, machen sie zum Teil wirklich unglaubliche Fortschritte. Da sieht man wirklich, was das Beschäftigen mit dem Handwerk bringt.

Im nächsten Semester gibt es jetzt auch einen Fortgeschrittenen-Kurs - da wird es dann mehr in die Details gehen.

Meine Favoriten bei den Schreibbüchern sind ganz klar:
Wort für Wort von Elizabeth George - ich finde das Buch sehr motivierend
Stein on Writing von Sol Stein - vor allem die Techniken zum Überarbeiten finde ich toll
Writing the Breakout Novel von Donald Maass - mein absoluter Favorit
2k to 10k von Racherl Aaron - lese ich, wann immer ich mal wieder nicht vorwaärtskomme

Ansonsten muss ich gestehen, dass ich wohl die einzige bin, die nicht wirklich viel von Betalesern / Lektorat gelernt hat?  ???
Klar, für das jeweilige Manuskript waren da sehr hilfreiche Anmerkungen dabei, aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich da jemals eine Art Erleuchtung hatte.  :(

Sascha

Zitat von: Kerstin am 07. September 2015, 17:01:40
Also fange ich ganz klein an mit dem 10-Punkte-Text-ÜV von Andreas Eschbach (http://www.andreaseschbach.de/schreiben/10punkte/10punkte.html)
Ja, das ist klasse, hab ich auch gelesen. Ein Grund, warum ich mir Papyrus zugelegt hab, weil es einige seiner Punkte überprüft (Wortwiederholungen, Füllwörter, ...).

Alana

@Kerstin: Ich glaube, beim Betalesen kommt es darauf an, was für Partner man hat und wie eng man zusammen arbeitet. Bei uns ging das eigentlich mehr in Richtung gegenseitiges Lektorat,  und dabei haben wir beide richtig viel gelernt.

Das Buch "Writing the breakout novel" schaue ich mir gleich mal an, das wäre ja nicht verkehrt. ;D

Stilistisch finde ich es übrigens echt schwierig, weil es auf Deutsch so gut wie keinen guten Ratgeber gibt, außer eben den von Susanne Strecker. Über den Einsatz von Sprache allgemein kann man auch viel aus englischen Büchern lernen, aber beim Stil wird es dann sinnlos. ;D
Alhambrana