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[Kriminalistik] Ab wann wird eine Vermisstenanzeige ernst genommen?

Begonnen von moonjunkie, 13. Februar 2014, 09:38:17

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moonjunkie

Hallo ihr lieben,

ich stecke gerade fest. Eine Nebenfigur in meinem Krimi ist verschwunden. Er ist jetzt schon knapp zwei Wochen spurlos verschwunden, ohne ein Wort. Allerdings ist er schon volljährig. Jetzt möchte meine Prota eine Vermisstenanzeige bei der Polizei aufgeben. Ein Polizist hat ihr das sogar vorgeschlagen (wobei ich mir nicht sicher bin, ob er das tun würde oder eher sagen: ach, der taucht schon wieder auf). Erschwerend hinzu kommt allerdings, dass ein gemeinsamer Freund der beiden gerade ermordet aufgefunden wurde, das würde die Lage möglicherweise ernster machen.

Meine Überlegungen: Nimmt die Polizei eine Vermisstenanzeige eines erwachsenen Mannes nach dieser kurzen Zeit überhaupt schon ernst? Was würden sie machen? Fahren sie z.B. in die Wohnung des Vermissten und suchen dort nach Anhaltspunkten?

Hoffe sehr, dass mir da jemand weiterhelfen kann. Schon mal lieben Dank!


Nycra

Wenn man so die Buch- und Filmwelt anschaut, heißt es immer, mindestens 48 Stunden warten, dann wird die Vermisstenanzeige bei Erwachsenen aufgenommen. Bei Kindern machen die das meines Wissens nach sofort. Ansonsten kannst du sicher auch einfach mal bei der örtlichen Polizei vorbeischauen, dich als Autor outen und fragen, was da die Routine wäre.

Runaway

Ich hab einen Polizisten im Freundeskreis, soll ich mal fragen? ;D

edit: Ich mach einfach mal.

Lothen

Also ich nehme an, nach 2 Wochen würde man auch bei einer erwachsenen Person stutzig werden, vor allem wenn selbst enge Freunde oder die Familie nichts über deren Verbleib wissen. Falls die Person einem Job nachgeht, dürfte sich ja auch der Arbeitgeber wundern, wo sie die ganze Zeit steckt - und wenn keine Krankmeldung oder Urlaub vorliegt, könnte das auch ein Hinweis darauf sein, dass etwas nicht stimmt.

Aber ich würde Nycra recht geben und im Zweifelsfall einfach mal bei der Polizei anrufen/vorbeischauen und mich erkundigen. Aber vielleicht hat Dani ja auch noch Insider-Tipps für dich ;)

moonjunkie

Cool, danke schon mal! Das mit dem Arbeitgeber ist auch ein sehr guter Tipp, daran hatte ich bisher gar nicht gedacht.

Oh, Dani! Genial! Ja, bitte.

traumfängerin

Ich habe dafür mal für meinen eigenen Krimi recherchiert. Irgendwo im Internet habe ich einen Text gefunden namens: "Die polizeiliche Bearbeitung von Vermisstenfällen in Deutschland" der vom Bundeskriminalamt herausgegeben wurde (und den du unter dem Titel vermutlich finden solltest, ich selbst habe ihn abgespeichert und weiß deshalb nicht mehr, woher ich ihn habe).

Danach gilt eine Person dann als vermisst, wenn sie ihren gewohnten Lebensumkreis verlassen hat, ihr Aufenthaltsort unbekannt ist und von einer Gefahr für Leib und Leben ausgegangen werden kann. Dieses letzte ist ganz wichtig. Wenn nämlich nichts auf ein Verbrechen hindeutet, haben andere kein Recht dazu die vermisste Person mit Hilfe der Polizei ausfindig zu machen, da jeder Erwachsene das Recht dazu hat, seinen Aufenthaltsort selbst zu bestimmen - und manchal auch nicht von jedem gefunden werden will. Bei Personen unter 18 wird übrigens immer angenommen, dass sie sich in Gefahr befinden, so dass eine Fahndung sofort eingeleitet wird.

In deinem Fall würde die Polizei die Vermisstenanzeige also nur aufnehmen, wenn davon auszugehen ist, dass eine Gefahr für Leib und Leben besteht. Es müsste also unbedingt auf diesen anderen Mord und die evtl. Verwicklung deines Nebencharakters darin verwiesen werden, damit die Polizei überhaupt aktiv wird. Wie intensiv die Suche dann durchgeführt wird, liegt dann daran, wie stark die Gefahr für die vermisste Person eingeschätzt wird.

Runaway

Herr Polizist hat mir folgendes geschrieben:

ZitatJuristen antworten in so Fällen gerne mit "Es kommt darauf an"
Grundsätzlich sucht die Polizei nach Personen wenn
-Sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen hat UND
-ihr Aufenthalt unbekannt ist UND
-eine Gefahr für Leib oder Leben (Verdacht auf Unfall, Hilflosigkeit, Straftat oder Selbsttötungsabsicht) angenommen werden kann.
So einfach ist das also nicht, denn meistens scheitert es am dritten Punkt. Die 48 Stunden Regel die man häufig im Fernsehen sieht gibt es nicht. Ein Erwachsener kann sein Umfeld einfach so verlassen, ob das moralisch vertretbar ist oder nicht.
In deinem Fall kann man vielleicht einen Vermisstenfall konstruieren, allerdings müsste man dann die genaue Beziehung des Opfers zu der vermissten Person kennen. Ein Bekannter flüchtiger Art reicht da wohl eher nicht.
Allerdings selbst wenn ein Vermisstenfall vorliegt richten sich die Maßnahmen der Polizei an die Gefahrenlage und den zu erwartenden Aufenthaltsort, d.h. es gehen nicht immer Helikopter in die Luft...die Bandbreite fängt von Computerausschreibung an und endet bei der Suche mit Mantrailerhunden etc.
Ach ja, bei Kindern ist's natürlich was anders, da sucht man sobald das  Kind seinen gewohnten Lebensbereich verlassen hat, egal wie kurz dies her sein möge.

Hoffe es nützt :)

moonjunkie

Vielen Dank! Das war bei mir auch irgendwie noch so im Hinterkopf abgespeichert, dass es bei Erwachsenen oft nicht sofort zu einer Suche kommt. Das hilft mir jedenfalls sehr weiter!

Es hat also gar nicht so sehr etwas mit der Dauer zu tun, sondern der Gefahr für Leib und Leben. Dann muss ich da noch ein bisschen dran basteln, dass es bei mir funktioniert.

Dankeschön!  :knuddel: