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[Deutsches Sozialrecht] Arbeitslos und pflegebedürftig

Begonnen von Ratzefatz, 15. Oktober 2013, 17:05:11

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Ratzefatz

Liebe 'zirkler,

da meine Charaktere Deutsche sind und ich nicht :-), hoffe ich, dass ihr mir bei ein paar grundlegenden rechtlichen Fragen helfen könnt.

Und zwar habe ich hier folgende Familie:

- 1 Elternteil, geschieden, nach einem Unfall pflegebedürftig, kam vor 10 Jahren mit den Kindern aus einem Nicht-EU-Staat nach Deutschland (der andere geschiedene Elternteil ist noch im Heimatland, von dort ist keine Hilfe zu erwarten)
- 1 Kind, 19, Schulabbrecher, derzeit arbeitslos
- 1 Kind, 14, Schüler

Meine Überlegungen:

Zunächst einmal: Wie alt hätte das erste Kind zur Zeit des Unfalls sein müssen, um quasi die Elternrolle zu übernehmen? Und wie alt muss das jüngere Kind sein, um zusätzlich zur Schule einen Nebenjob haben zu dürfen? Achtzehn bzw. fünfzehn, ist das richtig?

Und zweitens: Welche Einkünfte könnte diese Familie haben? Gibt es eine Grundabsicherung auch für Arbeitslose, die noch nicht lange gearbeitet haben? Und dann vermutlich Pflegegeld - heißt das in Deutschland so? Der Unfall war ein Verkehrsunfall (möglicherweise auf dem Weg zur Arbeit - ich bin da flexibel), gibt es daraus Versicherungszahlungen?

Und drittens: Kann man als Privater eine x-beliebige Person als Betreuer (des pflegebedürftigen Elternteils) engagieren, oder muss das über einen Verein o. Ä. erfolgen? Und wie sieht es mit der Bezahlung aus - wird so etwas durch Zuschüsse gefördert?

Ich vertiefe mich auch gern in die entsprechenden Gesetze, nur würde es mir sehr helfen, wenn mir jemand einen Tipp geben könnte, wo ich anfangen soll.

Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe!

LG
Ratzefatz
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"

Pygmalion

Hoi, ich kann dir nicht auf alles antworten, aber ich versuche es mal ;)

ZitatZunächst einmal: Wie alt hätte das erste Kind zur Zeit des Unfalls sein müssen, um quasi die Elternrolle zu übernehmen? Und wie alt muss das jüngere Kind sein, um zusätzlich zur Schule einen Nebenjob haben zu dürfen? Achtzehn bzw. fünfzehn, ist das richtig?
Das mit der Elternrolle ist mir nicht ganz klar, ich bin mir nicht sicher, ob das deutsche Recht das überhaupt vorsieht. Meiner Meinung nach (nicht belegt) mindestens 18 Jahre, also volljährig. Da aber die Mutter noch da ist und "nur" pflegebedürftig, ist sie natürlich weiterhin erziehungsberechtigt.
Kommt auf die Definition Nebenjob an. Zeitungen austragen darfst du auch schon mit 13. Richtig einen 450 Euro Job darfst du ab 15 machen, einige fangen ja auch bereits mit 15-16 ihre Ausbildungen an.

ZitatUnd zweitens: Welche Einkünfte könnte diese Familie haben? Gibt es eine Grundabsicherung auch für Arbeitslose, die noch nicht lange gearbeitet haben? Und dann vermutlich Pflegegeld - heißt das in Deutschland so? Der Unfall war ein Verkehrsunfall (möglicherweise auf dem Weg zur Arbeit - ich bin da flexibel), gibt es daraus Versicherungszahlungen?
Also, da wäre zunächst mal Sozialhilfe bzw. Hartv IV. Das Amt bezahlt dann die Wohnung, zusätzlich gibts dann noch Geld jeweils für die Mutter und die Kinder, dazu kommt noch Kindergeld für jedes Kind bis es 25 ist oder eine Ausbildung fertig hat.
Wenn das ein Unfall auf dem Weg zur Arbeit war, sollte Geld kein Problem darstellen. Da ist man in der Regel über den Arbeitgeber versichert und erhält von der Versicherung Geld. Das gilt als Arbeitsunfall/Wegeunfall. Man darf nur keine größeren privaten Umwege auf dem Weg zur Arbeit machen, das ist dann wiederum nicht mehr versichert. Eine Summe kann ich dir da nicht nennen, aber die bezahlen die Behandlung, Folgeschäden etc. sowie etwaige Taxifahrten zur Physiotherapie etc.pp. Im Grunde ist man nach einem Arbeitsunfall recht gut abgesichert, man erhält dann die Verletztenrente

ZitatUnd drittens: Kann man als Privater eine x-beliebige Person als Betreuer (des pflegebedürftigen Elternteils) engagieren, oder muss das über einen Verein o. Ä. erfolgen? Und wie sieht es mit der Bezahlung aus - wird so etwas durch Zuschüsse gefördert?
Also, man kann entweder selbst pflegen, dann kriegt man monatlich eine gewisse Summe (bis zu um 600 Euro, glaube ich), oder man lässt pflegen, z.B. im Pflege- oder Altersheim, dann wird das auch je nach der Pflegestufe, bezuschusst... Das ist aber dann weniger als es kostet, ergo müsste man draufzahlen.

Ich würde das alles aber nochmal detailliert auf Internetseiten nachlesen, da gibts genug Seiten.
guck z.B. mal da http://www.anwalt-im-sozialrecht.de/unfallversicherung/#arbeitsunfall
Da steht insgesamt was zum Sozialrecht, das dich da ja am meisten berührt.

Churke

Zitat von: Ratzefatz am 15. Oktober 2013, 17:05:11
Zunächst einmal: Wie alt hätte das erste Kind zur Zeit des Unfalls sein müssen, um quasi die Elternrolle zu übernehmen?
Für die "Elternrolle" 18.
Für alles andere kommt es auf die Umstände des Einzelfalles und das Jugendamt an.

Zitat
Und zweitens: Welche Einkünfte könnte diese Familie haben? Gibt es eine Grundabsicherung auch für Arbeitslose, die noch nicht lange gearbeitet haben? Und dann vermutlich Pflegegeld - heißt das in Deutschland so? Der Unfall war ein Verkehrsunfall (möglicherweise auf dem Weg zur Arbeit - ich bin da flexibel), gibt es daraus Versicherungszahlungen?
Oh, Autounfall. Für die Versicherung ist das ein Millionenschaden. Deckungssumme für Personenschäden 7,5 Millionen Euro. Es gilt der Grundsatz der Naturalrestitution, also Rente, behindertengerechter Umbau der Wohnung, Pflegeleistungen etc. pp. und Schmerzensgeld in Höhe von einigen hunderttausend Euro. Sozialhilfe kannste da erst mal knicken.

Zitat
Und drittens: Kann man als Privater eine x-beliebige Person als Betreuer (des pflegebedürftigen Elternteils) engagieren, oder muss das über einen Verein o. Ä. erfolgen? Und wie sieht es mit der Bezahlung aus - wird so etwas durch Zuschüsse gefördert?
Betreuer werden nicht engagiert, sondern bestellt. Das Gericht kann einen Berufsbetreuer bestimmen (der kriegt dafür glaube ich 370 Euro im Monat) - oder auch einen anderen, wenn es der zu Betreuende wünscht. (Natürlich muss der Betreffende einverstanden sein) Wenn du Fragen hast zum Betreuungsverfahren - einfach stellen.

Zitat
Ich vertiefe mich auch gern in die entsprechenden Gesetze, nur würde es mir sehr helfen, wenn mir jemand einen Tipp geben könnte, wo ich anfangen soll.
Nach dem, was ich gerade geschrieben habe, brauchst du glaube ich nicht viele Gesetze zu wälzen.

Lothen

Zitat von: Churke am 15. Oktober 2013, 18:42:34
Betreuer werden nicht engagiert, sondern bestellt. Das Gericht kann einen Berufsbetreuer bestimmen (der kriegt dafür glaube ich 370 Euro im Monat) - oder auch einen anderen, wenn es der zu Betreuende wünscht. (Natürlich muss der Betreffende einverstanden sein) Wenn du Fragen hast zum Betreuungsverfahren - einfach stellen.
Nach dem, was ich gerade geschrieben habe, brauchst du glaube ich nicht viele Gesetze zu wälzen.

Ich bin mir nicht sicher, ob Ratzefatz von einem gesetzlichen Vormund gesprochen hat oder viel mehr von einer Pflegeperson, die sich um die Mutter kümmert. Letztere kann zu einem ambulanten Pflegedienst gehören, dürfte aber auch eine Privatperson sein können, wenn man sie unter der Hand bezahlt. Allerdings weiß ich nicht, was passiert, wenn man sich einen Pfleger/Pflegedienst nicht leisten kann...

Zitat von: Churke am 15. Oktober 2013, 18:42:34
und Schmerzensgeld in Höhe von einigen hunderttausend Euro. Sozialhilfe kannste da erst mal knicken.

Wenn der Unfall nicht selbstverschuldet war bzw. wenn der Täter gefunden wurde! Wenn es sich um Unfall mit Fahrerflucht gehandelt hat oder die Mutter selbst (mit)schuldig war, springt die Versicherung in der Regel nicht ein. Hat man keine Vollkasko, kriegt man in beiden Fällen von der Versicherung meines Wissens keinen müden Cent und wird auch noch hochgestuft, d.h. muss künftig mehr Versicherungsbeiträge zahlen.

Relevant wäre evtl. noch, ob die Mutter nur temporär arbeitslos ist oder vermutlich nie wieder vollzeit arbeiten kann, z.B. weil sie durch den Unfall schwer körperbehindert ist. In letzterem Fall bestünde die Möglichkeit, Frührente zu beantragen, dann bekäme die Mutter zumindest eine niedrige monatliche Rente. Habe dazu folgendes Statement gefunden:

ZitatGenerell kann jeder Arbeitnehmer den Antrag auf Frührente stellen, der durch eine psychische oder physische Erkrankung nicht in der Lage ist, mehr als 3 Stunden am Stück zu arbeiten. Der Ausdruck "arbeiten" bezieht sich hierbei jedoch nicht auf den erlernten Beruf, sondern auf die allgemeine Fähigkeit, eine beliebige Tätigkeit am Stück auszuüben.

Churke

Zitat von: Lothen am 18. Oktober 2013, 15:08:08
Wenn der Unfall nicht selbstverschuldet war bzw. wenn der Täter gefunden wurde!
Bei Fahrerflucht gibt es einen Opferfonds für immaterielle Schäden.

Zitat
oder die Mutter selbst (mit)schuldig war, springt die Versicherung in der Regel nicht ein.
Doch, im Grad des gegnerischen Verschuldens.
Die Gefährdungshaftung lasse ich jetzt mal weg...

Zitat
In letzterem Fall bestünde die Möglichkeit, Frührente zu beantragen, dann bekäme die Mutter zumindest eine niedrige monatliche Rente. Habe dazu folgendes Statement gefunden:
Das heißt in diesem Fall übrigens Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung. Beachten: Man muss die rentenrechtlichen Voraussetzungen (Anwartschaftszeit) erfüllen.

Lisande

Oh Vorsicht, hier geht gerade einiges wild durcheinander. Erst mal: nur, weil man eine Schmerzensgeldzahlung (auch wenn es ein sehr hoher Betrag sein sollte) bekommt, ist man noch lange nicht automatisch aus dem Leistungsanspruch nach dem SGb II raus, Schmerzensgeld ist nämlich eine priviligierte Einnahme, die nicht angerechnet wird. Auch Unfallrenten aus der Opferentshädigung können anrechnungsfrei sein, das ist alles extrem komplex!

Und genau, für die Erwerbsunfähigkeitsrente mußss man innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre (in der Summe) gearbeitet haben. Und dann kommt es wieder auf den Grad an - wenn die Dame tatsächlich voll erwerbsunfähig sein sollte, kommt die Grundsicherung nach dem SGB XII in Frage - wenn es denn auf Dauer ist. Ist es nur auf Zeit und sie hat noch einen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Bedarfsgemeinschaft (das kann schon ein fünfzehnjähriges bis vierundzwanzigjähriges Kind sein), kommt wieder für die gesamte Bedarfsgemeinschaft Arbeitslosengeld II - bzw für die Mutter Sozialgeld - nach dem SGBII in Frage.

Der Sachverhalt ist zu oberflächlich geschildert, um das genau auseinander zu klamüsern, ich helfe aber gerne per PM beim genaueren Plotten!

Ratzefatz

Vielen, vielen lieben Dank für eure Rückmeldungen! Da habt ihr mir schon ein paar tolle Ansatzpunkte geliefert - ehrlich gesagt hätte ich mir so manches anders vorgestellt und muss jetzt erst mal überlegen, wie ich meinen Plot entsprechend hinbiege, aber das wird schon klappen. :-)

@ Lisande: Ich muss mir zunächst darüber im Klaren werden, welches Ergebnis ich erzielen will, aber dann nehme ich das Angebot einer PM sehr gerne an!

LG
Ratzefatz
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"

Lisande

Alles klar - mit einem klaren Ergebnis vor Augen kann man dann auch gezielt schauen, was alles geht (und vor allem, was nicht geht. ;) ). Einfach melden, wenn es soweit ist!  :)