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[Geographie] Welche Berliner Bezirke kennt man?

Begonnen von Mogylein, 23. August 2013, 15:23:05

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Mogylein

Momentan plane ich einen Urban-Fantasy-Roman in einem leicht zukünftigen Berlin, wobei sich trotz der Tatsache, dass ich nicht besonders weit in die Zukunft springen will (ca 2030), viel in der Welt und natürlich in Berlin selbst verändert haben soll. Noch wälze ich Prognosen, Diskussionen über mögliche Stadtentwicklungen, philosophiere selbst, wie es mit der Welt in den nächsten zwei Jahrzehnten weitergehen könnte. Ein großes Was-Wäre-Wenn-Spiel, bei dem ich mich gerne ein bisschen politisch sowie von den Charakteren her austoben würde.


Heute habe ich begonnen, kleine Szenen zu schreiben, in denen ich die bisher noch namenlosen Figuren ein bisschen besser kennen lernen soll, doch mir ist aufgefallen, was mir schon bei meinem letzten Berlin-Projekt passiert war: Ich bin zu sehr Berlinerin, um zu wissen, wie gut stadtfremde Leute bescheid wissen. Beim letzten Mal hatte ich (für Berliner Ohren durchaus sehr bekannte) Straßennamen und Orte erwähnt, weil ich dachte, es gibt der Geschichte mehr Standfestigkeit. Die Distanzen und genauen Wege war ich fast alle schon mehrere Male abgelaufen, kannte sie aus meinem Gedächtnis. Doch jemand, der sich in Berlin eben nicht auskennt, fand das ganze sehr verwirrend, es wäre ihm zu viel Reiseführer.


Deswegen würde ich mich gerne dieses Mal auf das beschränken, was man durchaus kennt - denn gerade, da sich einiges verändert hat, kann man nicht anhand der Beschreibung abschätzen, was für ein Bezirk heute gemeint war.


Ich würde also gerne in die Runde fragen: Was für Berliner Bezirke und/oder Orte kennt ihr so und was verbindet ihr damit (arm, reich, viele Ausländer, schöne Gegend für Familien, eher politisch-links, wichtiger Treffpunkt, Knotenpunkt für Verkehrsmittel, eigentlich alles, was keine persönlichen Erinnerungen sind)? Weiß man als stadtfremde Person überhaupt etwas über die Veränderungen, die sich in den letzten ~5 Jahren getan haben?


Ich bin für jeden Input dankbar, damit ich diesmal nicht wieder zum Reiseführer mutiere.  ;)
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

HauntingWitch

Als stadtfremde Person, die einmal für einen Wochenend-Trip dort war und viel fern sieht, sind mir folgende Namen bekannt:

Mitte ist da, wo GZSZ spielt... Ähm, nein, Spass beiseite. ;) Wie mir erzählt wurde beinhaltet das den Alexanderplatz und das Brandenburger Tor, da wo alle Touristen so bevorzugt hingehen.

Von Kreuzberg weiss ich, dass es das Türken/Ausländer-Viertel sein soll, allerdings glaube ich mich zu erinnern, dass es eigentlich ein recht grosses Viertel ist, dass aus mehreren kleineren Vierteln besteht.

In Friedrichshain war ich hauptsächlich, als ich die Stadt vor fast einem Jahr besucht habe, weil meine Freundin dort aufgewachsen ist und sich daher ein wenig auskannte. Ich hörte durch sie zum ersten Mal von der Ecke, fand es aber total schön. Eine Mitarbeiterin, der ich davon erzählt habe, kannte den Begriff, sie ist aber schon mehrmals als Touristin in Berlin gewesen.

Und den Begriff Potsdam habe ich auch schon gehört, habe aber keine genaue Vorstellung davon. Scheint aber vielen Leuten eher bekannt zu sein.

Damit du nicht zum Reiseführer wirst, versuche, den Leser nicht mit Namen zuzupflastern. Von meiner Leseerfahrung her denke ich nicht, dass es nötig ist, sich nur auf bekannte Stadtteile zu beschränken. Aber ich denke, die anderen solltest du eher bildlich beschreiben und mit Strassenbezeichnungen etc. sparsam sein. So bekommt man einen Eindruck von dem Ort, kann eintauchen und etwas Neues ,,kennenlernen", wird aber nicht von den Namen erschlagen. Ich muss auch zugeben, dass ich da als Schreiberin auch selbst noch auf der Suche nach dem optimalen Mittelweg bin.

Sunflower

Vor ein paar Jahren war ich auch mal ein paar Tage in Berlin ...

Hm, das mit Kreuzberg habe ich auch gehört. Mitte ist da, wo die Touristen sind (und wo wir auch die meiste Zeit waren).

Potsdam gehört doch zu Brandenburg, oder? Bin ich mir jetzt aber auch nicht sicher, Erdkunde ... Jedenfalls war ich da im Schloss Sanssouci und wenn ich an Potsdam denke, dann immer an das Schloss mit dem Park :D

Ansonsten fällt mir noch der Wannsee als Ort ein, der sehr schön war, wo aber die Häuser sehr teuer sind.
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Naudiz

Jepp, Postdam ist die Landeshauptstadt von Brandenburg und liegt südwestlich von Berlin. Im Prinzip könnte man Potsdam schon fast zu Berlin zählen, weil die Städte schon fast miteinander verwachsen sind, aber noch ist es eine eigenständige Stadt.

Öhm. Als ehemalige Berlinerin kann ich außer dem Klugscheißen zu Potsdam wohl kaum was beitragen :versteck:

Pestillenzia

Ich hab vor einigen Jahren einmal eine Freundin in Weißensee besucht, seitdem ist mir der Stadtteil ein Begriff (und er gefällt mir wegen seiner schönen Altbauten und der Ruhe unheimlich gut). Vorher hab ich davon aber noch nie gehört.

Der Prenzlauer Berg ist mir ein Begriff als Szene-/In-Stadtteil. Kreuzberg kenne ich hauptsächlich wegen den Krawallen und Ausschreitungen rund um den 1. Mai.
Und ist Neukölln nicht das Viertel mit extrem hohem Ausländer/Migrantenanteil, hoher Arbeitslosigkeit und hoher Kriminalität, Probleme an den Schulen etc.?

Malinche

Ich muss mich als Berlinerin auch zurückhalten. :) Aber ich wollte nur anmerken, dass ich den Thread wahnsinnig spannend finde, um mal ein Gefühl für die Außenansicht anderer auf meine Stadt zu bekommen.

Und darüber hinaus: Klar muss man immer aufpassen, dass man es nicht übertreibt mit dem Lokalkolorit, ich finde aber, es dürfen in einem Roman, der in einer bestimmten Stadt spielt, durchaus einige Ortsnamen und ähnliches vorkommen. Wenn ich ein Buch über Köln oder München lese, muss ich auch nicht jedes Stadtviertel etc. kennen, solange wesentliche Dinge aus dem Kontext klar werden. Und ein bisschen Doppelbödigkeit, denke ich, ist auch immer erlaubt. Heißt, dass die Geschichte quasi eine zusätzliche Ebene für diejenigen hat, die den Schauplatz kennen - ohne dass dadurch aber etwas Wesentliches für den "auswärtigen" Leser verloren geht.

Soviel zu meinem Senf, und jetzt halte ich meine Berliner Klappe und bin gespannt, was noch so an Beiträgen kommt. :)
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Steffi

#6
Also als Nicht-Berlinerin... (und abgesehen von den schon erwähnten Stadtteilen)

Ich meine, dass der Prenzlauer Berg ne zeitlang das hippe Künstlerviertel war und dort derzeit eine Gentrifizierung stattfindet, leider. Ist Friedrichshain nicht jetzt so etwas wie die neue Zentrale der Hipster geworden? Oder vertue ich mich da?

Charlottenburg liegt etwas außerhalb (da war ich mal am Schloss und erinnere mich an die Fahrt)  und schien mir eher so...mittelständisch bis großbürgerlich.

Wilmersdorf ist meines Wissens nach ein etwas feinerer Stadtteil, und da mein Vater als Baulleiter mal eine zeitlang in Berlin für seine Firma Projekte geleitet hat meine ich mich zu erinnern, dass Pankow und Gatow ebenfalls am A*** der Welt liegen, Oder zumindest ziemlich weit draußen...
Sic parvis magna

der Rabe

Natürlich muss ich mich auch zurückhalten, schließe mich aber in allen Punkten Malinche an.

Eigentlich wollte ich nur gerade noch zwei Punkte anmerken. Zum Einen könnte ich mir durchaus vorstellen, dass in zwanzig dreißig Jahren Potsdam von Berlin assimiliert wurde. (hm. oder auch nicht gänzlich, weil es schon ein gutes STück zu fahren ist, aber es könnte in Randgebieten übernommen worden sein)

Und zum anderen muss du bedenken, dass die hippen Bezirke von heute in zwanzig Jahren vermutlich ziemlich uniteressant sind. Vielleicht ist es dann hip, in Köpenick oder Tegel zu wohnen. Insofern sind die Szenebezirke von heute oder von "gestern" vielleicht ganz interessant um zu sehen, wie sich so ein Bezirk entwickelt. Und dann kannst du dir ein heute uninteressantes Eckchen suchen, und das zum Szeneviertel überhaupt machen.

Vielleicht will in zwanzig Jahren aber auch niemand mehr hier wohnen, weil alles totgentrifiziert wurde.  :omn:
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

Pestillenzia

Zitat von: Steffi am 23. August 2013, 16:32:46
Ich meine, dass der Prenzlauer Berg ne zeitlang das hippe Künstlerviertel war und dort derzeit eine Gentrifizierung stattfindet, leider.

Entwickelt sich der Prenzlauer Berg nicht gerade weg vom Szeneviertel und hin in Richtung "schick und in"? (Ähnlich wie das Glockenbachviertel in München, falls es jemand kennt, wo schicki-micki-luxussaniert wird.) Oder hinke ich da der Veränderung schon wieder hinterher?

Wirklich interessant, das Thema. Da merke ich erst einmal, wie wenig ich über Berlin weiß, und dabei ist das ja wirklich keine unbekannte Stadt.  ::)

Steffi

Zitat von: Pestilenzia am 23. August 2013, 17:31:11
Entwickelt sich der Prenzlauer Berg nicht gerade weg vom Szeneviertel und hin in Richtung "schick und in"? (

Das meinte ich mit Gentrifizierung :)
Sic parvis magna

Pestillenzia

Zitat von: Steffi am 23. August 2013, 17:33:26
Das meinte ich mit Gentrifizierung :)

Kaum zu glauben, aber das hab ich sogar kapiert.  ;D

Aber bedeutet Gentrifizierung automatisch einen Wandel nach "schick und in" im Sinne von einem Ort, an dem man wohnt, um "in" zu sein? Ich dachte, es bedeutet, dass der Wandel lediglich dahin geht, dass nach und nach "statushöhere" Bewohner einziehen und die einkommensschwächeren dadurch verdrängt werden. Das müssen ja nicht immer Schicki-Mickis sein sondern "normale" Menschen, die über ein höheres Einkommen verfügen.

Ryadne

#11
Mir als Stadtfremde sagen Neukölln, Kreuzberg, Charlottenberg, Weißensee, Moabit, Tiergarten und Wedding am meisten. Viel Neues beizutragen habe ich allerdings nicht und von den Bezirken auch generell nur so ungefähre Ahnungen (die womöglich noch völlig daneben sind).
Ich war in Neukölln mal in einem Hotel und hab da erst mitbekommen, dass das so als sozialer Brennpunkt gilt, ich dachte vorher, dafür wäre Kreuzberg bekannt. Weißensee und Charlottenberg verbinde ich eher mit so einem gutbürgerlichen, familiären Klima und Wedding mit Prostitution und Glücksspielen, wobei das glaube ich nicht mehr aktuell ist. Ich hab mal ein Buch gelesen, indem Wedding so dargestellt wurde, allerdings hat das... in den 30er? Jahren gespielt. ;)

Steffi

@Pesti: oh Gott, jetzt bin ich überfragt ...  :gähn:

Ach so, mir fällt noch Marzahn ein. Was ich, nicht zuletzt wegen der schrecklichen Cindy aus Marzahn, eher mit ...bildungsfernen Schichten assoziiere.
Sic parvis magna

Churke

Zitat von: der Rabe am 23. August 2013, 16:44:10
Und zum anderen muss du bedenken, dass die hippen Bezirke von heute in zwanzig Jahren vermutlich ziemlich uniteressant sind.

Das glaube ich eigentlich nicht. Berlin ist durch 3 Dinge geprägt: 1. Hauptstadt des Deutschen Reiches (diese endlosen Gründerzeit-Straßenzüge zeugen von einer Epoche chinamäßigen Wachstums). 2. Teilung und Mauerbau. 3. Hauptstadt der BRD.
Epoche 2 führte zu einer Aufwertung des Westens und einer Abwertung des Ostens mit dem alten Stadtzentrum. Das ist heute Vergangenheit. Die protzigen Hauptstadtbauten in Mitte kommen mir vor wie ein modernes Echo des Größenwahns des Kaiserreichs. Auf jeden Fall ist Berlin keine Industriestadt (mehr) und die Gentrifizierung kommt m.E. durch Besserverdienende aus dem Polit- und Lobbybetrieb. Da der Staat immer Geld hat, so pleite er auch sein mag, wird sich an dieser kaufkräftigen Schicht nichts ändern. Wir dürften es also insoweit mit einer ziemlich statischen Situation zu tun haben.

Meine Großmutter hat in den 30ern in Berlin gelebt nach dem, was sie mir erzählt hat, hat sich trotz Flächenbombardements, Teilung, Mauerbau usw. an den Bezirken, von denen sie erzählte, nicht viel geändert. Sie wohnte hinterm Kurfürstendamm (das Haus steht noch), Großvater arbeitete unter den Linden (das Haus steht nicht mehr), Charlottenburg war was Besseres, die Schickimickis hatten ihre Villen im Grunewald und am WE fuhr man an den Wannsee. Diese Strukturen haben 2 Weltkriege und 2 Revolutionen überstanden, bis 2030 sind die nicht weg. Wenn sich was ändert, dann eher in Marzahn. Das war, als ich dort war, eine andere Welt.

Zitat
Vielleicht will in zwanzig Jahren aber auch niemand mehr hier wohnen, weil alles totgentrifiziert wurde.  :omn:
So schnell nicht. Berlin ist die Stadt der Hartzer und der Wohnungsbaugenossenschaften.

Judith

#14
Falls es dir auch hilft zu wissen, was eine Österreicherin, die überhaupt keine Ahnung von Berlin hat, so kennt: Mir sagt Kreuzberg etwas (verbinde ich mit multi-kulti-Bevölkerungsschicht und eher ärmerer Wohngegend) und Charlottenburg (aufgrund des Schlosses wohl eher teurer und grüner) und dank des Musicals "Linie 1" kenn ich auch noch Wilmersdorf. Da die Wilmersdorfer Witwen dort stockkonservative, hochnäsige, alte Schreckschrauben sind, würd ich dort mal eher eine feinere Gegend vermuten.
Ansonsten sind mir Bahnhof Zoo, Alexanderplatz natürlich, Kurfürstendamm, Potsdamer Platz und die Museumsinsel ein Begriff.

Und ja, viel weiter reicht mein Berlin-Wissen (noch) nicht.