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[Pferd] Distanzen zurücklegen

Begonnen von Cailyn, 28. Juli 2013, 14:29:17

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Cailyn

Immer bin da immer wieder unsicher:

Welche Distanzen kann ein Reitpferd pro Stunde zurücklegen im leichten Trab oder aber im Galopp?
Welche Distanzen kann ein Pferd pro Tag zurücklegen? (ich nehme an, die Leistung nimmt wegen Erschöpfung ab?)
Und wie lange kann denn ein Mensch überhaupt auf einem Pferd sitzen, ohne dass ihm der Allerwerteste abfällt?  ;D

Sprotte

1. Pferde können nicht stundenlang galoppieren. Die Westernfilme sind schuld an diesem Bild, ich weiß. Unter Gepäck und je nach Gelände verkürzt sich die Galoppzeit ungemein. Die Frage ist auch, ob jemand mit voller Ausrüstung lange galoppieren wollte.
Mein letzter Stand ist, daß ein gut trainiertes Voltigierpferd eine halbe Stunde am Stück galoppieren kann. Langsam!

Ich habe schon Distanzritte von acht Stunden Dauer gemacht. Aber ich hatte kein nennenswertes Gepäck dabei, trug keine Rüstung. Und ich bin viel neben dem Pferd gegangen. Nicht nur wegen des Hinterns, sondern vor allem wegen der Knie und Knöchel und zum Lockern meiner Muskulatur.

Hier findest Du einen "Navi" für die Zeit des römischen Reichs, wie lang die Menschen mit welchem Transportmittel unterwegs waren:
http://orbis.stanford.edu/

Christopher

Auskunft meiner Mutter (ein wenig Ahnung nach Jahrzehnten Arbeit mit Rennpferden): 100-150km sind je nach Pferd pro Tag durchaus drin. Geritten, bei leichtem Gepäck. Also nichts mit in voller Rüstung und Marschgepäck für 1-2 Wochen. Wie sehr das verlangsamt kann ich nicht sagen, wird vom Pferd abhängen ;)

Geschwindigkeiten sind im Schritt ca 10-12km/h, Trab 18-22km/h und Galopp 25km/h und mehr.

Sitzen kann man auf dem Pferd quas den ganzen Tag, reine Gewöhnungssache. Wie Sprotte schon sagte, kann man zwischendurch auch mal ne Weile absteigen um das Pferd zu schonen, die Geschwindigkeit leidet darunter nicht allzusehr.

Schätze mal ohne das Pferd allzusehr zu beanspruchen, mit etwas mehr Gepäck, sollten so 70-80km am Tag gut drin sein.
Be brave, dont tryhard.

Sprotte

Wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Distanzreiten
25-160 km sind Eintagesdistanzen. Wenn Distanzen über mehrere Tage (oder im Fantasyroman gar Wochen gehen), sinkt die Tagesleistung natürlich immens. Hinzu kommt die Art des Pferdes. Hochblüter (Rennpferde, Arabermixe im Distanzreiten) schaffen pro Tag mehr Strecke als ein Trumm wie meine Nomi, die dafür sehr wahrscheinlich ausdauernder ist.

Chris

Ich hätte noch Wikipedia zu Reisegeschwindigkeiten im Angebot:
http://de.wikipedia.org/wiki/Reisegeschwindigkeit

Danach schafft ein Pferd etwa 80 Kilometer am Tag, ausgehend von 6 bis 10 Kilometern in der Stunde - kommt also drauf an, wie lange Du im Sattel bleiben willst  ;).

Fianna

#5
Ich würde mich auch nach den Distanzritten orientieren, und zwar nach den längsten Ritten, über die du Infos finden kannst.
Das ist natürlich nur übertragbar auf entsprechend trainierte Pferde; also der Söldner, Barde oder Händler, der es gewohnt ist, diese Strecke zurückzulegen, wird auch diese Werte erreichen.

Ein Pferd, das nicht gewohnheitsmäßig derartig bewegt wird, kann keinesfalls solche Werte erreichen.
Das Ganze hat, wie schon angeklungen, das "Dauerlauf"-Prinzip: es wird praktisch nicht galoppiert (Trab ist sowieso schonender für die Gelenke), und die erreichte Strecke kommt nicht durch Geschwindigkeit, sondern durch Stetigkeit zustande.



Geht es in deinem Roman dagegen um eine akute Gefahrensituation, in der schnell ein Ziel erreicht werden muss - da muss das Pferd entweder geopfert werden (man kann ein Pferd schon zu solchen Kraftakten motivieren, aber in der Regel nur einmal) oder Du musst dir eine Art "Post"-System mit häufigem Pferdewechsel überlegen (Gildenmitglied? Königstreue Unterstützer? Mitglied einer Organisation mit vielen Niederlassungen?). Wenn auf das Vorzeigen eines Gildenabzeichens oder königlichen Siegels alle springen, oder aber sich in jeder Stadt eine Niederlassung/Sektion von [etwas, wozu der Protagonist zugehörig ist], ist das kein Problem, da das Pferd ständig gewechselt wird.


EDIT:
Zitat von: Cailyn am 28. Juli 2013, 14:29:17
Welche Distanzen kann ein Pferd pro Tag zurücklegen? (ich nehme an, die Leistung nimmt wegen Erschöpfung ab?)
Das klingt irgendwie stark nach Motorkraftdenken - auf Tiere übertragen. Ein Pferd ist kein Mopped.
Fahr, ähems, reite mal auf diese Weise (die recherchierte zulässige Zeit für Höchstgeschwindigkeit) und stell das Pferd ab, während Held auf Mission ist - dann kann der danach sich direkt nach einem neuen Gaul umsehen.

Naudiz

Ich weiß jetzt nicht mehr, woher genau ich die Information habe, vermutlich von einem der Reenactment-Leute in meinem Bekanntenkreis, aber ich habe immer so um die 60 km/Tag mit Gepäck und Rüstung im Kopf, aber nur, wenn das Pferd ausreichend trainiert ist und natürlich auch nur dann, wenn die meiste Zeit über Schritttempo gehalten wird. Die Angabe ist jetzt natürlich ohne Gewähr, aber ich nutze sie für meine Romane.

Rhiannon

Die 60km/Tag halte ich für nicht mal unrealistisch. Wenn man bedenkt, dass die römischen Legionäre zu Fuß 50km/Tag geschafft haben und man ein Pferd, vorausgesetzt es ist natürlich trainiert, schon mehrere Stunden traben lassen kann, sind dann auch Gehpausen für den Reiter drin.
Allerdings sollte man nicht nur schauen, wie schwer das Pferd beladen ist, sondern auch in welchem Zustand das Tier sonst ist und welches Wetter herrscht. Wie schon gesagt, ein Pferd ist kein Moped und wenn es heiß ist, wird das Pferd automatisch weniger leistungsfähig. Kälte kann aber auch eine Leistungsbremse sein, vor allem in Verbindung mit Schnee oder unzureichendem Futter. Genau so funktioniert das aber natürlich auch nicht, wenn das Pferd über mehrere Tage hinweg Gewaltritte hinter sich hat oder nicht gut gefüttert ist. Oder wenn das Pferd eigentlich aus einer ganz anderen Klimazone kommt und mit dem Klima noch nicht zurecht kommt.
Ach ja und es kommt natürlich auch auf die Gegend an. Flaches Land und womöglich weiche Wiesen, so lange sie noch nicht matschig sind, tun dem Pferd besser, als gepflasterte Straßen (auf denen der verantwortungsvolle Reiter nicht schneller als Schritt geht). Hügeliges, unebenes Land, wo man womöglich noch mit Löchern und Steinen rechnen muss, oder gar Gebirge, sind natürlich auch nicht förderlich für das Vorankommen.
Wobei da von Pferderasse zu Pferderasse auch ein großer Unterschied besteht. Ich habe in Island einen sechsstündigen Ritt mitgemacht, bei dem mindestens vier Stunden sehr schnell geritten wurde, ohne dass die Pferde auch nur geschnauft hätten. Bei der Art zu reiten wäre manches andere Pferd zusammengebrochen.

Fianna

Die Isländer sind sicher getöltet, oder?

Alia

Die 10-12 km/h halte ich im Schritt für sehr hoch. Da muss das Pferd schon ordentlich arbeiten. Geh mal lieber von 8-10 km/h aus, wenn es auf die Dauer gehalten werden soll. Ansonsten halte ich die Zahlen für ok.

Was man auch extrem merkt ist das Gelände. Geht es schön gerade, tolle Wege, gutes Reitwetter, dann wirst du erheblich mehr schaffen, als wenn du mit Pferd kraxeln musst, über Steine willst oder in brütender Hitze unterwegs bist.

Es gab Zeiten, wo ich über mehrere Tage so 4-5 Stunden geritten bin (war auf einem Ponyhof als Reitbegleitung mit den Anfängern raus + habe noch zwei Pferde bewegt...) Mit Gewöhnung und entsprechendem Sattel kann man schon einen ganzen Tag im Sattel verbringen. Man kann ja auch immer eine Zeit neben dem Pferd her gehen.

Wenn du über mehrere Tage hohe Zeiten reiten willst, brauchst du auch entsprechendes Futter. Wenn du nichts mit nimmst/kaufen kannst, sondern Pferd immer mal wieder am Rand grasen lässt, musst du entsprechend Pausen machen, damit die Tiere auf ihre Fresszeit und auf ihre Energie kommen.

Cailyn

Vielen Dank für die sehr hilfreichen Angaben!

Mit ungefähre Schätzung war sicherlich nicht schlecht, ist aber optimierbar. Ich habe Temperaturen und Zustand des Pferdes (und ebenso des Reiters) auch immer miteinbezogen. Aber ich war wohl doch etwas zu optimistisch.

Mit diesen Fragen zur Reiterei haben sich auch noch viele andere Probleme gezeigt. Für meine Welt habe ich schon längst eine Karte gezeichnet, aber auch dort habe ich es vermieden, mich von den Distanzen her festzulegen. Ich habe mir einfach gedacht: 1 cm sind ungefähr 100 km. In der Story habe ich dann einfach so gerechnet: 1cm auf meiner Karte ist ein optimaler Reittag auf einem schnellen Pferd mit gutem Reiter. Das ist aber nun sehr optimistisch, denn nicht alle Figuren in der Geschichte sind geübte Reiter; eine Figur ist auch noch schwanger. Daher bräuchten die Figuren eigentlich viel länger, um die Distanzen zurückzulegen. Blöd ist jetzt einfach, dass ich die Erzählstränge nicht einfach beliebig ausdehnen kann, weil sonst der Inhalt nicht mehr aufgeht. Daher komme ich immer wieder auf mein Fazit, dass ich beim nächsten Buch viel mehr von Anfanng an planen muss  :hmmm: 

Arcor

Zitat von: Cailyn am 29. Juli 2013, 09:25:40
Mit diesen Fragen zur Reiterei haben sich auch noch viele andere Probleme gezeigt. Für meine Welt habe ich schon längst eine Karte gezeichnet, aber auch dort habe ich es vermieden, mich von den Distanzen her festzulegen. Ich habe mir einfach gedacht: 1 cm sind ungefähr 100 km. In der Story habe ich dann einfach so gerechnet: 1cm auf meiner Karte ist ein optimaler Reittag auf einem schnellen Pferd mit gutem Reiter. Das ist aber nun sehr optimistisch, denn nicht alle Figuren in der Geschichte sind geübte Reiter; eine Figur ist auch noch schwanger. Daher bräuchten die Figuren eigentlich viel länger, um die Distanzen zurückzulegen. Blöd ist jetzt einfach, dass ich die Erzählstränge nicht einfach beliebig ausdehnen kann, weil sonst der Inhalt nicht mehr aufgeht. Daher komme ich immer wieder auf mein Fazit, dass ich beim nächsten Buch viel mehr von Anfanng an planen muss  :hmmm:
Könntest du denn da nicht deine Welt "schrumpfen"? Wenn du bisher einfach 1cm = 100km = 1 Reittag gerechnet hast, dann behalte doch 1cm = 1 Reittag bei und reduziere nur die Kilometer nach unten, bis es realistisch ist für deine Reisegruppe. Dann musst du deine Erzählstränge nicht so extrem ausdehnen, sondern vielleicht nur ein bisschen, sodass alles noch zusammenpasst.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Cailyn

Möglich wäre es schon. Aber ich zögere aus gutem Grund.

Es werden in meiner Geschichte z.B. ziemlich viele Brieftauben verschickt, die irgendwelche Botschaften hin- und herschicken, und aufgrund dieser Botschaften werden Kriege und was weiss ich noch alles in die Wege geleitet. Wer dann wem was schreibt und sagt und wer wen wo besucht...huch, da sammelt sich ganz schön was zusammen!

Was aber der schwierigste Knackpunkt ist: es kommt eine Schwangere vor, die zu Beginn der erzählten Story mindestens 4 Monate schwanger sein muss (den Grund zu erklären, wäre jetzt zu kompliziert) - und am Ende der erzählten Geschichte muss sie das Kind noch kriegen, bevor wiederum eine Schlacht beginnt. Und seien wir ehrlich... Fantasy hin oder her, eine Schwangerschaft kann ich nicht auf 11 Monate ausdehnen  ;D

Churke

Warum nimmst du für die Schwangere keine Kutsche? Bei guten Straßen und guter Infrastruktur sind 80 - 100 km am Tag locker drin.

Adam_Charvelll

So ein ähnliches Thema hatten wir schon einmal (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,9234.0.html) und damals wurde der Mittelalter-Rechner genannt, den ich für Streckenumrechnungen ganz gut finde.
Dort wird eine Reitstunde mit 45 Kilometer angegeben. Wobei natürlich alle bereits erwähnten Faktoren miteinzubeziehen sind. Ein Pferd schafft nach fünf Stunden sicher keine 45 Kilometer mehr.

http://www.mittelalterrechner.de/cms/page/mar/html/Laengenmasse