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[Sonstiges] Notruf und erste Hilfe

Begonnen von Rynn, 08. Dezember 2012, 20:51:50

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Rynn

Liebe Zirkler,

gibt es hier jemanden, der sich mit den Abläufen bei Notrufen auskennt? Ich habe schon danach gegoogelt und konnte mir schon die ein oder andere Frage selbst beantworten, aber was mich vor allem noch interessiert und wozu ich online bisher nichts finden konnte, sind folgende Fragen:

  • Wie meldet sich die Person am anderen Ende der Leitung eigentlich, wenn jemand die 112 wählt?
  • Wenn der Anrufer davon erzählt, dass er eine leblose Person gefunden hat, die sich die Pulsadern aufgeschnitten hat – wird derjenige, der den Anruf entgegengenommen hat, dem Anrufenden empfehlen, die Blutung abzudrücken oder nicht?
  • Hält der Gesprächsführer den Anrufer in der Leitung und spricht mit ihm, um ihn zu beruhigen, bis der Notarzt eingetroffen ist, oder legt er auf?
Über Antworten oder Hinweise, wo ich dazu weitere Infos finde, wäre ich sehr dankbar. :knuddel:
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

gbwolf

Also mein Wissen dahingehend ist sehr beschränkt, aber vielleicht schickst du Kuddel mal eine PN, die ist seit Ewigkeiten mit dem Jugendrotkreuz zugange. Und wenn ihr vor Ort eine freiwillige Feuerwehr habet: Die freuen sich sicherlich, von ihrem Wissen zu erzählen. Gerade jetzt kommt man da vielleicht auf einem Weihnachtsmarkt gut ins Gespräch.

Hanna

Also, ich habe in meinem Leben schon zweimal 112 gewählt. Da wird man freundlich begrüßt mit "Notrufzentrale. Was kann ich für sie tun." Anders als bei 110, wo man erst mal in einer Warteschleife landet. Einmal hatte sich der Tischler nebenan schwer verletzt und ich brauchte bloß "Tischler" sagen und zwei Minuten später war schon ein Rettungswagen da. Solange wurde ich aber am Telefon gehalten. Die begleiten dich schon auch telefonisch bei Erste-Hilfe-Maßnahmen und behalten dich am Telefon bis Hilfe eintrifft, allein schon, um den Anrufer zu beruhigen.

Das andere Mal habe ich einen Brand gemeldet, da das aber an öffentlicher Stelle war und nicht bei mir zuhause, musste ich nicht dranbleiben.
#notdeadyet

Rynn

#3
Vielen Dank euch beiden, das hilft mir schon sehr weiter. :knuddel:
Nur in der Frage, ob mein Prota jetzt die Blutung stillen würde oder nicht, bin ich noch unentschlossen. Ich habe bei meinen Recherchen auch die Info gefunden, dass es vorkommen kann, dass man es damit noch schlimmer macht: Dann überlebt der Patient zwar die Blutung, dafür entzündet sich durch den Dreck, weil man eben selten ein steriles Tuch zur Hand hat, die Wunde. Deshalb würde ich da auf jeden Fall gern wissen, was die Person am Telefon tun würde: zum Abdrücken raten oder eben nicht. (Ich nehme mal an, man drückt trotzdem ab, aber ich will ja nicht nur annehmen ... ::))

@Nadine
Der Hinweis mit dem Weihnachtsmarkt ist sehr gut. :) Das merke ich mir! Und bei Kuddel werde ich mal melden (falls sie es nicht schon von selbst tut, wenn sie das Thema hier sieht). ;)
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

Fianna


Rynn

Zitat von: Fianna am 08. Dezember 2012, 21:31:46
Ich frag mal mein Exexfreund :)
Wenn der in dem Bereich arbeitet, dann sehr gern! Vielen Dank!
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

KaPunkt

Tja, also erstmal vorne weg: Meine Zeit bei der Freiwilligen Feuerwehr ist lange vorbei, und alle meine Aussagen gelten daher ohne Gewähr und sind eher als Meinungstrend zu verstehen. Was der Notruf empfiehlt, weiß ich nicht.

Wenn da wirklich die Pulsader getroffen wurde, würde ich empfehlen, die Blutung zu stoppen und den Kreislauf oben zu halten.
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten unterschiedlicher Stärke.
Klassiker ist erstmal: Arme nach oben halten.
Durch den sowieso schon schwachen Blutdruck sollte dann schon mal weniger aus den Wunden kommen
Etwas auf die Wunde pressen. Ich würde schauen, etwas möglichst sauberes zu finden. Saubere Handtücher machen sich da immer gut.
Infektionen wären mir erstmal egal. Die werden frühestens in ein paar Stunden zum Problem. Wenn er jetzt weiterblutet, lebt er in ein paar Stunden vielleicht gar nicht mehr.

Ganz unter Umständen kann man auch versuchen, die Wunde abzubinden. Dadurch würden keine Verunreinigungen in die Wunde kommen, aber ich würde da die Finger von lassen.
Wenn das nicht richtig gemacht wird, oder zu lange die Blutversorgung komplett unterbrochen wird, wird der nicht mehr durchblutete Teil (was in diesem Fall die Hand sein sollte) dauerhaft geschädigt.

Wenn dein Opfer noch mehr oder minder bei Bewusstsein ist, wird vermutlich zur SchockLage geraten werden. Dass heißt, flach hinlegen, Beine hoch lagern (Irgendwas unter die Unterschenkel packen) Dadurch wird der Blutfluss in die Bereiche erleichtert, wo es jetzt gebraucht wird: Körpermitte und Kopf.
Mit dem Opfer reden, bzw. das Opfer reden lassen. Lass ihn irgendwas erzählen, wovon er gerne spricht. Das lenkt ihn ab und hält ihn bei Bewusstsein, und wenn er wegdriftet, merkt man es so sehr gut.

Wenn er nicht mehr bei Bewusstsein ist: Vermutlich stabile Seitenlange (Falls man die noch hinkriegt). Allerdings bin ich mir da nicht sicher, wie man das ggf. mit dem Hochhalten der Arme kombinieren soll.
Auf jeden Fall regelmäßig Puls und Atmung kontrollieren und darauf achten, dass sich das Opfer nicht erbricht, bzw. die Zunge nicht die Atmung blockiert. Sollte eines davon passieren: Beherzt in den Mund greifen und ausräumen. Wenn das nicht getan wird, kann er ersticken.

Daran erinnere ich mich noch, bzw. es erscheint mir sinnvoll.

Wie gesagt, alles ohne Gewähr.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Fianna

Zitat von: Rynn am 08. Dezember 2012, 21:39:20
Wenn der in dem Bereich arbeitet, dann sehr gern! Vielen Dank!
Er ist Rettungssani, arbeitet im Katastrophenschutz, hat ne Fortbildung als Feldkoch undundund... Im Prinzip macht er grob gesagt alles ausser ärztliche Tätigkeiten und eben diese Anrufe entgegen nehmen. Da er aber fast nur mit solchen Leuten rumhängt und seine ausser-ehrenamtliche Freizeit mit seiner medizinstudierenden Freundin verbringt, bin ich mir zu 100 % sicher, dass er die Antwort weiss.

Ich checke morgen mal ab, ob ich die richtige Handynummer hab und falls sie stimmt, zitiere ihn zu FB, wo ich ihm Deine Fragen als Nachricht maile :)

Melde mich sobald ich seine Antwort hab.

Kuddel

Hi, habe das Thema gerade gesehen. Also: Notruf läuft wie folgt ab:

1. Anruf von der Person, die meisten sehr, sehr hektisch und aufgeregt
2. Je nach Kreis und Leitstelle die Meldung: Leitstelle Süd, guten Tag. Die Begrüßung wird meist knapp gehalten.
3. Hektische Sprache vom Anrufer, da der meist viel zu aufgeregt ist um klare, strukturierte Sätze von sich zu geben.
4. Falls Angaben fehlen, wird von Seiten der Leitstelle nachgefragt. Notwendig ist folgendes: Was ist passiert? Wo ist es passiert? Wie viele Verletzte? Welche Arten von Verletzungen? Warten auf Rückfragen. Also wird das Gespräch so lange gehalten, bis der Mann/die Frau in der Leitstelle alle Angaben hat. Dann erst wird es beendet.

Was deine Frage angeht, ob sie Hilfestellung geben: Ja, soweit es die Situation zulässt. Auf der Leitstelle bei uns im Kreis z.B. sitzen nur ausgebildete Rettungsassistenten, die jahrelang selbst als solche gefahren sind. Deswegen können sie gut helfen.

Zu den Massnahmen, die empfohlen werden, es gilt immer eine Regel: Mach alles, damit der Patient überlebt. Wenn er z.B. eine Rückenmarksverletzung hat und bewusstlos ist, wird trotzdem empfohlen ihn in die stabile Seitenlage zu legen, da sein Leben durch das Ersticken an der eigenen Zunge bedroht ist. Dass der Helfer dann mehr im Rücken kaputt macht, ist zweitrangig, da er erst mal erstrangig überleben sollte.
Also hier wie die anderen schon sagen: Stopf was auf die Wunde, egal was. Deinen Pulli, deine Jacke, das Handtuch in der Nähe. Hauptsache die Blutung wird gestillt. Abdrücken ist verdammt schwer und erfordert nach spätestens einer Minute jede Menge Kraft. Und die wenigsten wissen, wo man richtig abdrückt.

Um es dir einfach zu machen, kannst du deinen Anrufer ja bei der Leitstelle nachfragen lassen, was sie/er machen soll. Dann sagen sie auf jeden Fall was.

Ich hoffe, ich konnte dir helfen. Sonst stell einfach die Fragen, die du noch brauchst.
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway

Merwyn

Ich musste ja vor einer Woche erst den Notruf wählen und da hat sich der Herr mit "Feuerwehr- und Notrufzentrale, was ist passiert" oder so ähnlich gemeldet. Möglicherweise hat er auch noch seinen Nachnamen gesagt, da bin ich mir nicht mehr ganz sicher.

ZitatWenn der Anrufer davon erzählt, dass er eine leblose Person gefunden hat, die sich die Pulsadern aufgeschnitten hat – wird derjenige, der den Anruf entgegengenommen hat, dem Anrufenden empfehlen, die Blutung abzudrücken oder nicht?
Das weiß ich zum Glück nicht aus Erfahrung, aber ich würde auf ja tippen, soweit ein Laie eben ohne Fachwissen helfen kann.
Der Notarzt braucht ja auch noch eine gewisse Zeit und je nachdem, wie lang die Person schon Blut verliert, kann es dadurch ja durchaus kritisch werden.

ZitatHält der Gesprächsführer den Anrufer in der Leitung und spricht mit ihm, um ihn zu beruhigen, bis der Notarzt eingetroffen ist, oder legt er auf?
Wenn es sich um einen schwerwiegenden Fall handelt und der Anrufer vielleicht schon total hysterisch ist, könnte ich mir vorstellen, dass der Notrufmensch dran bleibt und vielleicht auch nochmal sagt, wie man vorgehen soll, um z.B. die Blutung zu unterdrücken. So ne Art Schritt-für-Schritt-Anleitung, auch zur Beruhigung des Anrufers.
Ansonsten legen die aber wohl auf, eben mit dem Hinweis, dass der Notarzt unterwegs ist.



Rynn

#10
@KaPunkt
Vielen, vielen Dank für die ausführliche Antwort; dann weiß ich ja jetzt, was der Mann am Telefon meinem Prota erklären muss. :)

@Fianna
Danke schön – weitere Ergänzungen nehme ich immer noch sehr gerne!

@Kuddel
Super, dir auch vielen Dank. Genau das habe ich mir schon gedacht; man kann ja auch einfach davon ausgehen, dass mein Prota nicht einschätzen kann, wie schwer die Verletzung ist, also wird man lieber auf Nummer sicher gehen wollen. Danke! Falls beim Überarbeiten der Szene noch eine Frage auftaucht, melde ich mich bei dir!

@Merwyn
Dir auch ganz lieben Dank!
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

Kuddel

Die durchschnittliche Rettungszeit hängt übrigens davon ab, wo es ist. Wir haben bei uns im Kreis eine Rettungsfrist von 12 Minuten maximal. In einer Grossstadt ist das natürlich kürzer. Das gilt nicht für den Notarzt, aber für den hauptamtlichen Rettungsdienst.
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway