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[Wirtschaft] Betriebskosten eines Frachtschiffs?

Begonnen von Farean, 14. November 2012, 20:44:50

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Farean

Für mein SF-Szenario bräuchte ich gerade mal ein paar halbwegs glaubwürdige Zahlen. Nicht zur Naturwissenschaft - in der bin ich selber gut firm -, sondern zur wirtschaftlichen Seite von Güterverkehr. Dabei würde ich mich für mein Raumschiff gerne an ganz normalen heutigen Schiffen orientieren, von der Wirtschaftlichkeit her sollten da ja eigentlich dieselben Gesetzmäßigkeiten gelten.

Situation: Mein Raumfrachter liegt im Orbit um einen Planeten, beladen mit Fracht, für die der Abnehmer abgesprungen ist. Nun wüßte ich gern, wieviel Prozent des vereinbarten Preises der Captain mindestens herausschlagen müßte, um für diesen Flug wenigstens keinen Verlust zu machen. Wieviel also vom typischen Erlös der Fahrt eines Frachters fließt normalerweise in laufende Kosten wie Wartung, Reparaturen usw.?

(Natürlich möchte ich meinen Raumfahrern genau das Problem aufdrücken, daß es mit dem, was sie noch rausschlagen, verdammt eng wird. Schließlich sollen sie sich in der Hoffnung auf mehr Profit auf eine Queste einlassen... ;))

Churke

Zitat von: Farean am 14. November 2012, 20:44:50
Dabei würde ich mich für mein Raumschiff gerne an ganz normalen heutigen Schiffen orientieren, von der Wirtschaftlichkeit her sollten da ja eigentlich dieselben Gesetzmäßigkeiten gelten.

Kommt auf die Größe des Schiffs an. Zum Einlesen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Baltic_Dry_Index

Man baut die Schiffe so groß wie möglich. Der limitierende Faktor sind die Tiefseehäfen und die Kanäle. Früher waren die Schiffe auch deshalb kleiner, weil man sie nicht voll bekam. Ich sage nur "Great Eastern".


Farean

Erst mal danke für den Link, Churke, der ist schon mal sehr hilfreich. :)

Allerdings bin ich mir noch nicht sicher, ob ich die Tabellen richtig interpretiere. Nach den Frachtraten von 2011 käme ich im Moment für die 14-tägige Fahrt eines Panamax-Frachters auf Gesamtbetriebskosten von unter 100.000$. Gemessen am Haushaltsbudget von meiner Frau und mir ist das zwar viel, für einen 200.000t-Frachter kommt es mir aber doch sehr moderat vor - knapp 50 Cent pro Tonne. Wenn es sich, sagen wir mal, um eine Tonne Schokolade handelt mit einem Verkaufspreis von 2$ pro 100g-Tafel, dann hieße das, vom Verkaufspreis entfielen lediglich 0,0025% auf den Seetransport. (Selbst auf dem Höhepunkt des BDI, als Frachterverkehr zur See so richtig teuer war, hätten wir dann gerade mal an den 0,03% gekratzt.)

Habe ich da noch ein Verständnisproblem, oder sind Frachter wirklich so "günstig"?

DEckel

Ist da irgendwo aufgegliedert was alles Teil der Gesamtbetriebskosten ist?
Sind da sämtliche Reparaturen, Mannschaftsgehälter, Steuern, Zolle, Gebühren zum Anlegen, Kosten für Auf- und Abladen des Frachters mit dabei?

Ausserdem kannst du damit rechnen dass so ein 200.000t Monster nicht mal eben aus der Portokasse bezahlt wurde. Wahrscheinlich wurde ein Kredit/Leasing aufgenommen, heisst da kommen noch einmal zusätzliche Kosten auf die Reederei zu.

Wäre vielleicht auch eine Idee für deinen Raumschiffpiloten - Das Schiff gehört noch zu einem großen Teil der Bank und wenn er seine Ware nicht an den Mann bringt kann er die nächste Rate nicht bezahlen. Und dann wird sein Raumschiff leider zwangsversteigert...

Churke

Zitat von: Farean am 15. November 2012, 17:04:35
Allerdings bin ich mir noch nicht sicher, ob ich die Tabellen richtig interpretiere. Nach den Frachtraten von 2011 käme ich im Moment für die 14-tägige Fahrt eines Panamax-Frachters auf Gesamtbetriebskosten von unter 100.000$.

Die Frachtrate ist das, was das Schiff "verdient". Die Betriebskosten das, was das Schiff kostet. Nach der Tabelle komme ich auf Betriebskostenvon 182.000 USD. Wegen Überkapazitäten fahren die meisten Schiffe heute mit Verlust.

Zitat
Habe ich da noch ein Verständnisproblem, oder sind Frachter wirklich so "günstig"?
Ob in dem Index jetzt wirklich alles drin ist, kann ich auch nicht sagen. Es stimmt aber schon, dass Seetransport lächerlich billig ist.

DEckel

ZitatEs stimmt aber schon, dass Seetransport lächerlich billig ist.

Das kann ich bestätigen. Es hat schon seinen Grund dass nicht alles per Flugzeug transportiert wird...

Farean

Wie war das denn mit dem Seehandel zu Segelschiff-Zeiten? Sagen wir, 17./18. Jahrhundert? Hat da jemand Zahlen, wieviel ein Frachtkapitän damals mit einer Fahrt eingenommen hat und wieviel davon er in den Unterhalt des Schiffes stecken mußte?

Churke

Ich habe von Traumrenditen bei Ostindien-Fahrern gelesen. Gewinne von 50, 100 und mehr Prozent auf das eingesetzte Kapital. Allerdings waren solche Reisen riskant. Wenn das Schiff unter ging, war's weg. Das muss man natürlich abzinsen.

Zweiter Punkt: Die Lohnkosten. Deutsche Reeder setzten bis zum 1. Weltkrieg Frachtsegler ein, weil 30 Matrosen und die Hafenarbeiter günstiger waren als Kohle und man mehr transportieren konnte.

Übrigens hier ein euphorischer Spiegel-Artikel von 1951:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-20300727.html

Die Pamir sank dann ja auch bald darauf durch menschliches Versagen. (Beladungsfehler)