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Die Science hängt die Fiction ab...

Begonnen von Farean, 11. Juli 2011, 14:53:51

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Feather

Hi Farean

Ich verstehe dein Dilemma, aber hast du schon mal versuchte die ganze Sache von der anderen Perspektive aus zu gestallten? Das war das Erste was mir nach deinem Beitrag eingefallen ist. Du verzettelst dich in deiner Technik, ala was passiert mit den Menschen wenn sie das und das haben (hoffe ich habe dich richtig verstanden) .
Versuch es doch mal anders herum. Was für eine Welt willst du erschaffen und was brauchst du dann dafür?
Willst du etwas erschaffen, wobei sich niemand mehr für den anderen interessiert, dann gib ihnen Computer und soziale Netzwerke, oder Kühlschränke die selbst Einkaufslisten losschicken (ist ja auch nicht mehr so weit entfernst sowas), damit sie sich nicht mehr von der Stelle bewegen müssen.
Oder willst du eine Welt, in der sich die Menschen beim Unterhalten noch in die Augen schauen. Dann lass sie das tun. Sie können ja Interaktiv miteinander kommunizieren, aber warum sollten sie das nur noch tun.

Ansonsten würden mir, wenn du es doch etwas wissenschaftlicher haben willst, aktuelle Studien einfallen. Es ist ja heute schon bekannt, dass die Leute immer mehr vor dem PC sitzen, sich weniger bewegen, immer dicker werden. Das wären vielleicht solche Dinge, die du dann ausbauen könntest. Halt in die Richtung wo könnte man sich hinbewegen, wenn ich noch mehr Funktionen auf das I-Phone gebe.

Und für dein "Pilotenproblem", ich denke auch ein komplett selbstfliegendes, mit Autopilot gesteuertes Raumschiff, braucht wenigstens einen Menschen/ Piloten der das ganze überwacht. Wenn z.B. aus unerklärlichen Gründen vor ihnen ein Kometenschauer auftaucht und schnell reagiert werden muss, weil der Autopilot die Route nur ohne diese Hindernisse kennt, braucht man dazu schon einen.

Mehr fällt mir zu so später Stunde spontan nicht ein.
Lg Feather

Farean

So, nach dem ersten drüber Schlafen stelle ich fest, daß mir der Austausch hier schon gut weitergeholfen hat, meine Gedanken zu sortieren. @KaPunkt, @Die Wölfin: vielen Dank für eure Literaturtipps! :)

Alles in allem stelle ich fest, daß ich die Technik gern darauf einschränken würde, den Charakteren nur diejenigen Aktivitäten abzunehmen, die "uncool" sind. Im Idealfall sollte sie als "Autobahn" agieren, auf der die Helden ohne langweilige, kleine Alltagsprobleme schnell von einer Action-Szene zur nächsten gelangen.

Auf der anderen Seite sind es ja gerade die "langweiligen", kleinen Alltagsprobleme, die ein Szenario erst lebendig machen. Über die kleinen Ärgernisse lernt man die Charaktere und ihre Denkweise und Mentalität als Kinder ihrer Zeit am besten kennen. Außen vor lassen möchte ich sie somit auch nicht.

Bislang habe ich mich dagegen gewehrt, mich mit dem Pfriemelkram der IT-Technologie im Alltag zu befassen. Wahrscheinlich hilft es mir weiter, wenn ich mich ihr im Gegenteil endlich stelle. Das hieße, daß ich erst einmal die Ärmel hochkremple, mich an meinen Weltenbau setze und solche Dinge wie das Kommunikationsnetz integriere; auch unter Verwendung der vielen Anregungen, die bis jetzt von euch gekommen sind. Danke euch allen. :)

Was das "Pilotenproblem" betrifft, ergibt sich die Lösung vielleicht von selbst, sobald ich die Geisteshaltung meiner Protas zur IT-Technologie besser kenne. Ich möchte schon einen etwas aktiveren Piloten schildern, der nicht nur im Notfall eingreift, sondern auch solche Routinemanöver wie z.B. das Andocken selbst fliegt. Mir schwebt da halt immer noch das Bild des Weltraumhelden aus den 50ern vor, der feinfühlig mit dem Steuerknüppel agieren mußte, um sein Gefährt millimetergenau ins Ziel zu bringen. Ich lasse das Bild mal im Hinterkopf gären, vielleicht fügt es sich ja von selbst wieder ein.

Für weitere Denkanstöße schon mal danke im Voraus. :)

Rosentinte

Hallo,
Weil ich mich nicht viel mit SF und Technik beschäftige, kann ich nicht so viel zu dem anderen Problemen sagen, aber schon beim Lesen kam mir immer wieder eine Idee zu dem Piloten:
Warum kann er nicht einfach altmodisch sein? Warum mag er nicht sein uraltes Raumschiff, dass schon vor x Jahren gebaut wurde? Es gibt doch auch Menschen, die Oldtimer fahren, obwohl sie Einparkhilfen etc. haben könnten. Warum kann dein Pilot nicht auch so einer sein, nur eben mit einem Raumschiff? Er mag es halt, selbst zu steuern usw.
Ich hoffe, das hilft dir vllt. weiter.
LG, Rosentinte
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Churke

Zitat von: Farean am 11. Juli 2011, 17:10:34
Mein Problem sind die Menschen. Ich schaffe es im Moment einfach nicht, mich in den Alltag mit Kommunikationsmitteln hineinzudenken, gegen die unsere heutigen Handys, SmartPhones und wie sie alle heißen klobige Relikte einer fernen Vergangenheit sind;

Die Menschen werden wahrscheinlich das tun, was sie immer tun. Nur viel mehr und viel intensiver. Die gesellschaftlichen Folgen sind eine andere Frage. Wenn ich die heutigen Observationsberichte in Ermittlungs- und Strafverfahren sehe, dann stelle ich mir die Frage, wann Vater Staat jeden dazu verpflichtet, ständig ein eingeschaltetes Mobilfunkgerät mit sich zu führen. Mich wundert auch immer wieder, wie arglos die SF-Autoren damit umgehen. Man stelle sich mal vor, dass jeder gesetzlich dazu verpflichtet ist, jederzeit einen Kommunikator mit sich zu führen, damit Vater Staat jederzeit weiß, wo er ist und was er tut bzw. wo er war und was er tat. (Vorratsdatenspeicherung) Mit richterlicher Genehmigung kann der Kommunikator auch als Wanze eingesetzt werden, ständig wird im privaten Datenmüll nach Verdächtigem und Verbotenem geschnüffelt. Womit wir bei der nächsten Frage wären: Qui custodiat custodes? Wer soll die Wächter bewachen?
Da könnte man sich dann weiterhin vorstellen, dass Leute im Weltraum eine andere Gesellschaft suchen, die eben gerade nicht ständig schnüffelt und vernetzt ist. Auf den äußeren Planeten ist das mit dem www nicht so weit her.

Lomax

Zitat von: Calysta am 11. Juli 2011, 19:44:46Der Knackpunkt hier ist die technische Hilfe, nicht das Ersetzen. Das funktionierte bei der Bahn wie im Flugzeug der Autopilot. Manche Dinge kann man automatisieren, andere wiederum nicht. Ein Zug braucht bislang immer noch die Erfahrung eines Schaffners. Sein Gefühl für Gefahr und die Witterungsverhältnisse.
Ich warne bei solchen Artikeln immer wieder, dass man nicht alles glauben soll/darf. Egal ob es der Spiegel ist oder die Technical Review. In Sachen Technik kann man unglaublich viel falsch verstehen und auch die Angst der Leser schüren - vielleicht wollten sie das ja auch mit diesem Artikel. Ich jedenfalls kenne auch Mitarbeiter der DB (u.A. auch Lokführer) und jeder Zug fährt mit einem Schaffner, der die Kontrollkonsolen überwacht.
Tut mir leid, da muss ich doch widersprechen. Es ist zwar korrekt, dass derzeit alle Züge bei der deutschen Bundesbahn mit Zugführer unterwegs sind - aber die technische Entwicklung zielt tatsächlich nicht nur auf Unterstützungssysteme, sondern auf komplett automatische Steuerung. Entsprechende Systeme sind zumindest in städtischen U-Bahnsystem auch schon im Alltagseinsatz (vermutlich, weil man da die möglichen Störfaktoren geringer einschätzt - aber auch bei der U-Bahn kann jemand aufs Gleis springen, und wenn man davon ausgeht, dass das automatische System damit klarkommt, muss die Technik schon ziemlich ausgereift sein). Und zumindest die experimentellen Systeme sind explizit auch auf komplett technische Steuerung ausgelegt - auch wenn da derzeit natürlich ein Mensch als Kontrollfaktor mitfährt.
  Ich persönlich bin da sehr skeptisch und würde vermutlich auch nicht ohne Zugführer mitfahren wollen. Aber ich kann auch nicht abstreiten, dass entsprechende vollautomatische Systeme derzeit schon im Alltagsbetrieb unterwegs sind, und dass die Technik von den Entwicklern auch für den größeren Maßstab auf offener Strecke schon als weitesgehend ausgereift und alltagstauglich dargestellt wird. Selbst wenn man den Optimismus und die Technikgläubigkeit abzieht, den man bei den Ingenieuren von entwickelnden Firmen immer findet, würde ich sagen, dass es auf dem Gebiet wohl keine prinzipielle technische Hürde mehr gibt, sondern nur noch Implementierungsfragen. Da würde ich anderslautende Aussagen von Lokführer eher als Zweckoptimismus einstufen. Ich denke mal, die sollten eher darauf hoffen, dass es genug Skeptiker wie mich gibt, als darauf, dass sie technisch nicht ersetzbar wären.   ;)

Für die Luftfahrt gilt übrigens ähnliches. Da gibt es meines Wissens noch keinen Fracht- oder Passagierflug, der ganz ohne Pilot auskommt. Aber im Forschungsbereich gab es ja bereits Langstreckenflüge und sogar Erdumrundungen mit unbemannten Autopilot-Systemen. Und da Empirie durch theoretische Überlegungen nicht mehr widerlegt werden kann, muss damit wohl sogar der Flugzeugpilot als technisch komplett ersetzbar gelten. Wie lange es dauert, bis sich da jemand reinsetzen will, oder bis man auch größere Flugzeuge so fliegen lässt, mag eine andere Frage sein. Wer besser mit unvorhergesehenen Krisensituationen umgeht, eine andere.
  Aber vorhanden ist die Technik, und sie kommt durchaus auch in der Praxis schon mit Alltagsanforderungen klar.

THDuana

Zitat von: sirwen am 11. Juli 2011, 15:23:08
Ist das nicht ein bisschen fahrlässig? Zwar kann jeder Autor im Grunde genommen machen, was er will, aber es sollte in sich geschlossen logisch sein. Und wenn widersprüchliche Dinge in einer Geschichte vorkommen, leidet halt die Glaubwürdigkeit. Die Welt/das Setting muss in ihren Grundzügen genauso so überlegt und gut recherchiert sein wie jede andere fiktive Welt.
Zitat von: KaPunkt am 11. Juli 2011, 18:04:55
Warum davon ausgehen, dass es genauso weitergehen wird wie bisher? Vielleicht ist das Informationszeitalter in deinen Roman auch schon längst wieder vorbei? Zivilisation muss ja kein geradliniger Strahl sein ...
Da stimme ich KaPunkt zu. Denn wir haben ja am wohl schon an vielen Hochkulturen gesehen, dass Technik und Bildung eine Gesellschaft nicht vor dem Rückschritt schützen. Und mit dem Rückschritt meine ich auf das Thema des Threads nicht unbedingt die Technologie, sondern das Sozialverhalten.

Calysta

Zitat von: Lomax am 12. Juli 2011, 11:02:27
Tut mir leid, da muss ich doch widersprechen. Es ist zwar korrekt, dass derzeit alle Züge bei der deutschen Bundesbahn mit Zugführer unterwegs sind - aber die technische Entwicklung zielt tatsächlich nicht nur auf Unterstützungssysteme, sondern auf komplett automatische Steuerung.
Da stimme ich dir 100% zu. Das Ziel ist (überhaupt), den Verkehr möglichst eigenständig zu automatisieren. Die Entwickler versprechen sich davon auch einfach mehr Sicherheit, weil Menschen machen menschliche Fehler und Maschinen sind kühle Mathematiker, die auch nichts nach Gefühl regeln. Dahin wird die Zukunft führen. Ich hatte mich bei dem Artikel nur darauf bezogen, dass es noch nicht soweit ist. Momentan fahren noch Züge mit Lokführern. Wie lange das noch so gehen mag, wird ein Regelungstechniker der Bahn genauer festlegen können. Ich hoffe jedenfalls, dass es noch länger dauert, weil unbemannte Zugsteuerungen sind mir unheimlich - da bin ich ehrlich.
Und vorerst wird der Mensch mit seiner Erfahrung und seinen Gühlen wie gefahreneinschätzung nicht zu ersetzen sein. Ich bin trotzdem echt gespannt, wie lange es dauern wird, bis wir von der Sensorik und der KI soweit sind, dass wir Flugzeuge unbemannt starten lassen - zumal Pilot auch heutzutage noch eine Königsdiziplin ist.

Aber wir sind wirklich weit dem eigentlichen Thema abgekommen...


Churke

Zitat von: Calysta am 12. Juli 2011, 14:40:18
Wie lange das noch so gehen mag, wird ein Regelungstechniker der Bahn genauer festlegen können.

Wohl eher der Gesetzgeber.
Ich hatte vor Jahren den Vortrag eines  Zugentwicklers von Siemens gesehen. Der sagte damals schon, dass die Züge nur deshalb einen Lokführer haben, weil es vom Gesetz vorgeschrieben ist.

Die nächste Generation der Kampfflugzeuge soll ohne Piloten auskommen - weil Maschinen viel extremere Manöver fliegen können als Menschen. Andererseits spielt bei Kampflugzeugen die Sicherheit nur eine untergeordnete Rolle. Es ist auch schon ein Airbus abgestürzt, weil der Bordcomputer keinen vollen Schub zuließ, als der Pilot vollen Schub gab. Das Flugmanöver wurde vom Computer als nicht sicher eingestuft. Bevormundung mit tödlichen Folgen...

Mohnrote

Hallo Farean,


wenn ich dich richtig verstanden habe, soll die Technik in deiner Geschichte keine primäre Rolle einnehmen, also eher im Hintergrund agieren. Ich habe noch nicht besonders viele SF Romane gelesen, aber wenn ich hier ganz frech von Fantasy auf SF schließe, wäre es mir am wichtigsten, dass diese technischen Elemente wie selbstverständlich eingebaut sind. Also kein großes Aufsehen und seitenlange Erklärungen, wie sich diese oder jene Technologie die letzten hundert Jahre entwickelt hat, sondern einfach die Darstellung von Vertrautheit und Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Figuren, die deine Geschichte ausmachen. Das entspräche ja eigentlich deiner Planung. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob man diese Selbstverständlichkeit nur erreichen kann, indem man explizit darüber bescheid weiß - hier würde ich aber verneinen. Es macht wenig Sinn, sich jetzt den Kopf über das Iphone Modell 10000 zu zerbrechen, am Ende kommt doch alles anders.
Also kurz gesagt.. Ich würde zunächst von den Figuren ausgehen (Wenn dein Pilot sein Raumschiff selbst steuern will, muss sich eben die Umgebung an seine Bedürfnisse anpassen! ;)), und daraus die erforderliche Technik erschließen. Vielleicht ist ja etwas geschehen, eine Umweltkatastrophe oder ein Spionagefall, dass eine automatische Steuerung von solchen Fahrzeugen sehr gefährlich oder unsicher macht, sodass sie verboten wurde? Das wäre dann der typische Fall, dass man Robotern nicht mehr trauen kann. Oder es gilt als besonders kühn und bewundernswert, das zu tun? Das hängt dann wieder von deinem Piloten ab. :)

Als Beispiel fällt mir hier "Der Fall Jane Eyre" von Jasper Fforde ein. Ist zwar auch keine SF, aber dem Autor ist es meiner Meinung nach sehr gut gelungen, die erforderliche Technik ohne großes Aufsehen in die Geschichte zu integrieren, auch wenn sie z.T. sehr absurd ist.


Liebe Grüße