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Rüstung angeknackst oder muss der Held glänzen?

Begonnen von Nycra, 23. April 2014, 13:38:06

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Churke

Zitat von: Nycra am 23. April 2014, 15:18:31
Es ging mir generell um eure Einschätzungen und davon habe ich einige bekommen. Es bestärkt mich auf jeden Fall darin, meine Helden (und damit meine ich Protagonisten, nicht wirklich Held wie in heldenhaft) weiter so aufzubauen, wie ich es bisher getan habe, denn auch die Betaleser mochten die Figur, so wie sie war - ungelackt, dreckig und mit Tiefgang.

Nun ist der klassische Held aber ein charismatischer Siegertyp. Das heißt ja nicht, dass er keine Ecken und Kanten hat, da ist immer auch eine dicke Schicht Lack darüber, wie cryphos sagt - aber der Held(TM) bezieht seine Wirkung wesentlich auch aus dem Lack. Viele sagen immer, er solle realistisch sein, sie wollten keinen Prinz Charming, keinen weißen Ritter etc. pp. - und dann fliegen sie auf ihn, weil Prinz Charming eine schwarze Lederjacke der Hell's Angels trägt.  ;D
Ein weiterer Aspekt ist der Punkt Ruhm. John Dillinger (Kopfgeld 10.000 USD) quatschte Frauen immer damit an, dass er sich als John Dillinger vorstellte. Und sie flogen auf ihn, das kann man in seiner FBI-Akte nachlesen.

Es mag natürlich sein, dass man solche Figuren nicht haben will. Andererseits ist man aber auch in den Regeln des Genres gefangen.

HauntingWitch

Zitat von: Zitkalasa am 23. April 2014, 15:56:12
Mal von den lächerlichen Momenten der Serie abgesehen --

*Die-Hard-Fan-Modus an:* Welche lächerlichen Momente?  ;D *Die-Hard-Fan-Modus aus*.

Sorry, der musste sein. Aber back to topic. Einerseits hat Zitkalasa natürlich völlig recht, aber andererseits: Was ist ein Macho? Nach meiner Definition wäre ein Macho jemand, der Frauen für minderwertig/schwach/hilfsbedürftig hält und sie deshalb unterdrückt und mies behandelt. Also zu Deutsch ein richtiges, eindimensionales A...loch. Und in der Realität sind diese Typen erfahrungsgemäss auch nicht die, die den Tarif durchgeben, sondern die, die nur so tun als ob, weil sie in Wahrheit nämlich so gut wie gar nichts drauf haben.
Ich als Leserin würde ein Buch mit einem solchen Helden nach wenigen Seiten in die Ecke pfeffern. Aber wie bereits angesprochen gibt es anscheinend genug Frauen, die das toll finden. Da haben wir sie wieder, diese Romantasy-Typen... Dean ist in meinen Augen kein Macho, denn er hat Charakter (im Sinne von Charakterstärke, innerer Stärke) hinter der grossen Klappe. Aber vielleicht schweife ich jetzt auch ein wenig ab...

Guddy

#17
Klar, Zitkalasa, das ist ja das markanteste Merkmal von Dean :)

@Nycra: Letztlich wissen wir ja nicht genau, wie du ihn beschreibst, da würde ich meine Betaleser fragen, die es da besser beurteilen können. Da sie deinen Prota so mögen, wie er ist, kannst du es ja so falsch nicht gemacht haben ;)

Was sagen sie denn konkret zum Thema Tiefgang und Kanten?
Viele Autoren tendieren dazu, ihrem Prota einen nicht enden wollenden Tiefgang zu geben, sodass er am Ende kein Mensch, sondern nur ein bodenloser Tunnel ist, der ebenso fad ist wie sich das jetzt anhört ;)

Nycra

@Guddy: Ich wollte das Thema ja wieder etwas von meiner Figur/meinem konkreten Projekt wegbringen und es allegemeiner halten. Nur eines noch: Die Betas fanden die Figur weder in die eine noch die andere Richtung übertrieben. Zumindest hat mir das keine davon bemängelt und Kritiken gab es wahrlich genug.  ;)

Guddy

Zitat von: Nycra am 23. April 2014, 16:57:12
@Guddy: Ich wollte das Thema ja wieder etwas von meiner Figur/meinem konkreten Projekt wegbringen und es allegemeiner halten.
Oh, Entschuldigung, hab's überlesen :)
Dann ist alles gut! Weitermachen! ;D

Zit

#20
Witch, ich verstehe deinen Spott nicht.

Und nein: Ein Macho ist für mich nicht gleich ein Arschloch, der Frauen wie Dreck behandelt. Ein Macho ist für mich jemand, der innerlich stark ist und von sich überzeugt ist -- und das auch klar nach außen trägt. Das hat nichts damit zu tun, ob hinter seinem Gebrabbel auch Substanz steckt. Im Falle von Dean steckt da glücklicherweise Substanz.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

canis lupus niger

#21
Zitat von: Nycra am 23. April 2014, 13:38:06
Im konkreten Fall bekomme ich vom Lektorat jetzt aber ständig zu lesen: Der Held muss mehr glänzen.  :-\
Gut, ist jetzt nicht gerade ein Liebesroman, aber DER männliche Charakter mit den meisten Fans in Martins "Lied von Eis und Feuer" ist ein kleinwüchsiger, hochintelligenter, zynischer, ungeliebter, jüngerer Sohn eines machtgeilen Fürsten, der vom Leben immer wieder für seine Anständigkeit bestraft wird. Tyrion gänzt nicht mal ein kleines bisschen.

Die Ära der perfekten Helden mit den glänzenden Rüstungen ist längst vorbei. Auch in Liebesromanen ist eher der Außenseiter/Antiheld gefragt.

Siara

Also rein von deiner Beschreibung her, Nycra, finde ich deinen "Helden" wunderbar. Romance ist zwar in der Regel nicht mein Genre, aber ich lese am liebsten Romane, in denen "Held" eben nicht "Held" bedeutet. Ehrlich gesagt lege ich Bücher mit Helden, die zu wenige Makel haben, schnell beiseite. Halt, nein, das stimmt so nicht ganz - die Charaktere müssen Eigenheiten haben, dann dürfen sie auch ruhig glänzen.

Müssen sie aber durchaus nicht. Sympathie und Antipathie entstehen bei mir jedenfalls nicht dadurch, wie viele Makel eine Figur hat. Es geht für mich viel eher um das Zusammenspiel von Bedingungen (Aussehen, Stärken/Schwächen, Vergangenheit, momentane Situation, Konflikt) und der Handlungs- und Reaktionsweise der Figur. Aus dem, was die Figur aus sich macht, kann das "Prota-Potenzial" entstehen.

Das war jetzt umständlicher, als ich es geplant hatte. ::) Falls nicht ganz rumgekommen ist, was ich meine: Eine Figur vollkommen ohne Makel ist für mich langweilig und unrealistisch, deshalb bevorzuge ich es, wenn sie Makel hat. Wie viele es aber sind und ob sie vielleicht eigentlich alles andere als "heldenhaft" ist, ist nicht direkt wichtig, solange sie eine Persönlichkeit hat. Nur wenn sie Charakter hat, kann Sympathie und Antipathie entstehen, nur dann kümmert es mich als Leser, was aus dem Charakter wird. Und das ist für mich gerade für den "Helden" der Geschichte das höchste Ziel: Dass den Leser sein Schicksal interessiert. Solange du das erreichst, kann er meiner Meinung nach auch vollkommen glanzlos sein.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Churke

Zitat von: canis lupus niger am 23. April 2014, 20:07:10
Gut, ist jetzt nicht gerade ein Liebesroman, aber DER männliche Charakter mit den meisten Fans in Martins "Lied von Eis und Feuer" ist ein kleinwüchsiger, hochintelligenter, zynischer, ungeliebter, jüngerer Sohn eines machtgeilen Fürsten, der vom Leben immer wieder für seine Anständigkeit bestraft wird. Tyrion gänzt nicht mal ein kleines bisschen.

Tyrion ist aber auch nicht gerade der Love Interest.
Außerdem stimmt das nicht. Tyrion hat Königsmund gerettet UND er ist der am meisten unterschätzte Lennister. Das ewige Gemecker seines Vaters ist ein logischer Bruch. Er weiß offensichtlich sehr genau, dass er sich auf Tyrion verlassen kann, denn er schickt immer ihn, wenn die anderen zu dusselig sind.

Lemonie

Zitat von: Katich lese keine richtigen Liebesromane, eher Romantasy, aber ich würde einen Helden, wie du ihn beschreibst, sehr begrüßen. Ich würde so einen viel lieber mal lesen, als die ewig dunklen, nachdenklichen Typen, die ihre Freundinnen behandeln wie Dreck (wie lang sind die noch im Trend? Ich will mal was Neues...).

Das nervt mich irgendwie auch... die sind ja momentan im Romantasygenre sozusagen der neue "Glanz" und gehen mir genauso auf den Keks wie die perfekten Superhelden. Eher noch mehr, weil sie nicht nur unrealistisch sind, sondern auch noch ein bescheuertes Vorbild...

Generell finde ich Glanz in Maßen gut, jemand der nichts kann und nur rumgammelt eignet sich ja kaum für eine Geschichte. Ein "typischer" Held kann auch interessant sein, wenn man nach und nach seine weniger glorreichen Seiten entdeckt. Die Entwicklung innerhalb der Geschichte ist meistens sowieso das interessanteste..


OT:

ZitatAußerdem stimmt das nicht. Tyrion hat Königsmund gerettet UND er ist der am meisten unterschätzte Lennister. Das ewige Gemecker seines Vaters ist ein logischer Bruch. Er weiß offensichtlich sehr genau, dass er sich auf Tyrion verlassen kann, denn er schickt immer ihn, wenn die anderen zu dusselig sind.

Ich habe nicht das Gefühl, dass es ein logischer Bruch ist, wenn man die Lebensumstände betrachtet, denn für Tywin ist ja eigentlich der Erfolg der Familie am wichtigsten, und ich glaube da kann er einfach nicht über seinen eigenen Schatten springen, auch wenn er weiß, dass Tyrion sich eigentlich ziemlich gut behauptet hat auf dem Posten. Nicht, weil er es nicht merkt, sondern weil er es nicht anerkennen kann.

canis lupus niger

Zitat von: Churke am 23. April 2014, 21:20:30
Tyrion ist aber auch nicht gerade der Love Interest.
Dass nach dem Love-Interest gefragt war, hatte ich wohl überlesen. Ich dachte, es ginge um den Helden.

Abgesehen davon kann ein Held durch äußere und durch innere Qualitäten glänzen, und hinsichtlich der inneren braucht sich Tyrion vor niemandem zu verstecken. Allerdings erkennt diese Qualitäten niemand an, er bekommt für seine Leistungen niemals Anerkennung von seinen Mitmenschen. Selbst sein Vater hasst ihn über alle Maßen, auch wenn er ihn braucht.

HauntingWitch

Zitat von: Zitkalasa am 23. April 2014, 18:40:51
Witch, ich verstehe deinen Spott nicht.

Hast PM, ich glaube, das geht sonst zu sehr ins OT.  ;) Zum Thema Macho: Habe das jetzt mal gegoogelt und wieder was gelernt, danke.  :)