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Nebenplots, wie gestaltet man die? Was gibt es für Möglichkeiten?

Begonnen von Wollmütze, 17. Oktober 2010, 11:26:09

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Wollmütze

Guten Morgen lieber Zirkel,  :winke:

Ich beschäftige mich grade mit den Nebensträngen eines Projektes von mir und hab da ein paar Fragen. Erst hatte ich überlegt das ganze in einem der unzähligen Plot-Threads zu posten, die wir hier im Forum haben, aber dann dachte ich mir, man sollte diesen Nebenhandlungen einen eigenen Thread widmen. 

Mir ist aufgefallen, dass ich oft dazu neige den bloßen Hauptplot niederschreiben. Natürlich gibt es bei mir z.B auch Liebeleien, aber meistens wachsen die mit dem Hauptplot so zusammen, dass sie für ihn auch eine sehr entscheidende Rolle spielen, quasi direkt zur Haupthandlung gehören. Dadurch, dass ich dann nur das erzähle was wirklich wirklich wichtig ist für den Plot, wirkt alles ziemlich schnell und es kommt kaum Ruhe herein. (Ich glaube ich habe auch ein bisschen Angst davor, mit Nebeninformationen bzw. Handlungen zu langweilen  ::) )

Wie handhabt ihr das denn? Gibt es bei euch viele Nebenhandlungen, wenn ja, sind sie entscheidend für die Haupthandlung oder sind sie vielleicht nur wichtig für den Protagonisten, haben aber mit den eigentlichen Ereignissen gar nichts zutun? Welche Arten von Nebenhandlungen baut ihr ein?



Viele liebe Grüße,
eure gespannte Wollmütze (für die endlich die richtige Jahreszeit angebrochen ist  :vibes: )

Smaragd

Also bei mir kommt das darauf an, was ich schreibe. Wenn es eher in die epische Richtung geht, mit mehreren Handlungssträngen und Perspektiven, dann habe ich immer auch Nebenplots drin. Die sind im Normalfall mit Aspekten der Haupthandlung verknüpft, verdeutlichen Auswirkungen davon, geben wichtige Informationen, erläutern Motivationen von Charakteren usw. Jedenfalls stelle ich mir das so vor - ob das auch tatsächlich so ist oder ich auch viel überflüssiges Zeug dazufüge beurteile ich selbst halt sehr subjektiv ;) Aber gerade bei Fantasy finde ich ein bisschen nicht direkt plotrelevanten Informationen über Kulturen etc schon wichtig, damit man ein Gefühl für die Welt/das Land bekommt.

Wenn ich nur eine Perspektive habe und genau auf ein Ziel zuschreibe, dann geht die Handlung selbst natürlich schneller.

Was man letztlich besser findet, ist Geschmackssache.

Spinnenkind

Hallo Wollmütze  :winke:

Interessantes Thema. Da musste ich selbst nochmal grübeln, was denn genau ich für Nebenplots habe ;D

Bei mir ist es so, dass ich etwa 4-5 Nebenplots habe, und sie sind alle wichtig für den Hauptstrang. Ich weise meinen Nebenplots immer "Aufgaben" zu, das heißt, die Handlungsträger spielen eine Schlüsselrolle in der Aufdeckung von Informationen, die wichtig für meine Protas und den Hauptstrang sind. Diese Figuren kreuzen später entweder den Weg der Protas oder überliefern dem Leser die Informationen, ohne, dass die Hauptcharaktere von ihnen wissen. (Beispiel: Eine Ärztin ist einer mysteriösen Seuche auf der Spur. Sie entdeckt, dass diese irgendetwas mit den Machenschaften des "Bösewichts" zu tun hat. Entweder die Protas erfahren diese Information von ihr, oder der Leser erfährt es von ihr und die Protas gar nicht oder auf anderem Wege.)

So ein Nebenstrang ganz ohne Bezug zur Haupthandlung, zur reinen Erheiterung, kommt mir irgendwie müßig vor.

Es ist echt nicht leicht, diese Nebenplots zu timen und auf den Hauptstrang abzustimmen :P Darin liegt eine der großen Schwierigkeiten beim Plotten, wie ich finde.

Einsamer Falke

Also bei mir läuft eigentlich immer nur ein Plotstrang von Anfang bis Ende durch, ich folge also mit dem Erzählten immer meinem Hauptprota. Alles, was er nicht sieht, sieht auch der Leser nicht (allerdings schreibe ich nicht aus der Ich-Perspektive).
Die einzigen Nebengeschichten, die ich einbringe, sind seine Erinnerungen an die Vergangenheit, teilweise Träume, die nichts mit der Handlung zu tun haben und Vorahnungen.
Wobei, wenn ich etwas wichtiges zu erzählen habe (mein Prota ist viel auf Reisen, also kann währenddessen etwas in seiner Heimatstadt passieren, was dann aber auch meistens einigermaßen wichtig ist), dann streue ich das auch mal so als kleines Kapitel ein.
Das nächste Kapitel fängt dann gerne damit an, dass mein Prota das vorher erzählte irgendwie ahnt/fühlt/was auch immer. Wobei ich noch nicht weiß, ob ich das in der Überarbeitung so lassen werde. :hmmm:

Gruß
Eric

Wollmütze

#4
Huhu,

Ist ja schonmal interessant was ihr schreibt, aber ich wollte vor allem darauf hinaus, ob es in der Perspektive des Protas noch Nebenhandlungen gibt.

Ich meine, der hat ja auch noch andere Sorgen(ganz bestimmt sogar!) als nur das Ziel aller, die große Auflösung. Da gibt es familiäre Sachen, Liebschaften, Verluste, Probleme mit Freunden, Rätsel und Fragen die sich um was anderes drehen als nur um das Retten der Welt :d'oh: (oder eben das, was das Main-Goal ist.)

Es geht mir also nicht unbedingt darum, andere Handlungsstränge mit anderen Personen einzuführen, denn Handlungsstränge habe ich auch 2-4 nebeneinander laufen, es geht mir darum, was der Prota oder auch die Perspektivträger der anderen Stränge noch für "Nebenhandlungen" ausüben ?!

Grade z.B. bei Anti-Helden muss es da doch eine Menge geben, was nebenher läuft. Aber was davon ist für den Leser interessant, oder wie macht man es interessant/baut es in den Kontext des restlichen Plots ein?


Wollmütze

Edit: Ich hab grad ein bisschen im Montségur Forum gestöbert, und dabei im Handwerksbereich etwas über die Verknüpfung von Neben/Subplots gefunden. Dann hatte ich einen kurzen Aha!-Effekt. Ich hab zwar diese Nebenplots(irgendwie hab ich die immer nicht als sowas angesehen), aber bei mir sind sie immer nur angerissen, ich schaue nie wirklich tief rein, nicht unter die Oberfläche der anderen Figuren die meinem Prota nahe stehen. Hat sich für mich also jetzt erledigt. Danke für die Antworten!

@Spinnenkind: Das der Leser etwas weiß, was der Prota nicht weiß aber eigentlich wissen müsste, finde ich ganz wichtig als Schreibende. Als Leserin nervt mich sowas tierisch(aber positiv, nämlich im Sinne von Spannung!) und ich möchte am liebsten bis zu der Stelle weiter blättern, an der der Prota es endlich erfährt.  ;D

Alia

Hallo Wollmütze,

ich bin mir jetzt etwas unsicher, was du genau unter "Nebenplots" meinst.

Ist es etwas in der Art von:
Held reist von A nach B, um dort die Welt zu retten.
Auf dem Weg
- kämpft er gegen Wegelagerer
- verirrt sich im Verzauberten Wald
- wird von einer wunderschönen Frau bezirst, die ihn von dem Plan abhalten will
- überquert er einen Fluss und kämpft gegen die Monster

Oder eher in der Art von:
Held reist von A nach B, um dort die Welt zu retten,
Weil er eh schon mal unterwegs ist,
- bittet seine Mutter ihn noch schnell Butter zu kaufen,
- seine Freundin soll einen Verlobungsring bekommen,
- er will seinem Vater beweisen, dass er kein Weichei ist,
- er will unbedingt den alten Helden XYZ finden, der ihm was beibringen soll.

Wollmütze

Hey Alia,

Ich meine in etwa deine zweite Auflistung! Ersteres sind für mich Hindernisse und Konflikte. Ich meine Dinge, die dem Prota persönliche nahe stehen und mit denen er sich auseinander setzt, das hat auch was mit seinen Gefühlen zu tun. Diese Dinge können auch später mit dem Hauptziel verknüpft werden oder bereits verknüpft sein (z.B sie verliebt sich in den Sohn des Bösewichts o.ä.). Es geht um die Freunde, die Familie, die Liebe, vielleicht Konkurrenten. Dinge, die jeder Mensch irgendwie hat. Mein Problem war eben, dass ich diese Dinge immer für unwichtig oder langweilig gehalten habe und sie deshalb zu kurz kommen ließ. Eben Nebenplots, die nur indirekt etwas mit dem großen Quest sondern vielmehr mit der Charakterentwicklung zu tun haben.

Ich fabrizier schon wieder so ein Gewurschtel, aber ich hoffe, du versteht es jetzt etwas besser  :D

Grüße,
Wolli

Vali

Achso, sowas. Ja, habe ich auch, wobei das Augenmerk natürlich auf dem Hauptplot liegt und die Nebenplots wirklich nur nebensächlich sind und hauptsächlich dazu dienen den Charakter des Prota besser auszuleuchten. Die Nebenplots sollen ein wenig erklären, warum der Prota so handelt wie er handelt. Sie sind meistens also doch mit dem Hauptplot verknüpft. Richtige Nebenquests, die für den Hauptplot total Banane sind, wie Prota rettet die Welt, aber wenn er schon dabei ist, wird er mal eben Kartenspielweltmeister und rettet einen Hund vorm Ertrinken, habe ich nicht, weil ich fürchte, dass so etwas einen langweilt, weil es dem Hauptplot nicht zuträglich ist.
Die Nebenplots, die bei mir auftauchen, sind meist privater Dinge. Mein Prota soll hauptsächlich einige Verbrechen aufklären und dabei eine der Hauptfiguren bitte retten, aber nebenbei trauert er seinem verstorbenen Bruder und seiner Exfreundin hinterher, kämpft mit Schlafproblemen, kümmert sich um seinen Chef, der eine Lebenskrise durchmacht und ist furchtbar neidisch auf ein glückliches Kollegenpärchen.
Diese Nebenplots streue ich zwischendurch hinein. Zum Beispiel will der Prota seinen grandiosen Plan seinem Chef vorstellen, platzt in sein Büro und findet ihn weinend auf dem Bürosessel. Also muss er kurz Seelenklempner spielen und das obwohl er selbst einen bräuchte. Klingt wie eine Unterbrechung, aber hat durchaus was mit dem Hauptplot zu tun und man lernt nicht nur den Chef, sondern auch den Prota näher kennen.
Auf keinen Fall widme ich ein ganzes Kapitel diesen Problemchen, weil die Gefahr sonst zu groß ist den roten Faden zu verlieren.

Simara

Meine Nebenhandlungen entstehen eigentlich immer ziemlich automatisch, da ich öfter mal die Perspektive wechsele. Fast jeder Nebencharakter hat eine eigene Nebenhandlung die Parallel oder verschmelzend zur Haupthandlung läuft. Die kommen einfach...

Churke

Zitat von: Wollmütze am 17. Oktober 2010, 15:41:51
Mein Problem war eben, dass ich diese Dinge immer für unwichtig oder langweilig gehalten habe und sie deshalb zu kurz kommen ließ.

Wenn es langweilig ist/ erscheint, dann fehlt wahrscheinlich der Bezug zum Hauptplot.

Auch bei einer Nebenhandlung gilt die alte Frage: Was will der Dichter damit sagen?
Nebenhandlungen möchte ich als "dienende" Handlungen bezeichnen, die den Hauptplot unterstützen und den Leser mit wichtigen Informationen versorgen.

Ein plakatives Beispiel: Hitler. Hauptplot: "Führer und GröFaZ", Nebenhandlungen: "Der Führer privat" und "Adolf und Eva".

Telas

Ich mache liebend gerne Nebenhandlungen weil ich es gern habe, wenn eine Story nicht nur streng linear von A nach B verläuft, auch wenn das vielleicht einfacher zu schreiben wäre.
Das Einzige, was mir dabei noch Probleme macht ist die richtige Szenenlänge, bevor ein Wechsel kommt, eine zu lange Szene könnte den Leser zum Weiterblättern verleiten, während zu kurze Erzählblöcke verwirrend sein können.
Wenn ich eine Nebenhandlung eröffne, gibt es für mich nur zwei Möglichkeiten, die dafür in Frage kommen.

A) Ich nehme einen Nebenschauplatz in das Buch auf. Wichtig ist vor allem, dass dieser Ort irgendeinen Bezug zur Welt des Hauptplots hat, indem es sich zum Beispiel um die Nachbarstadt des Ortes handelt, in dem sich die Hauptgeschichte abspielt.
Die Ereignisse am Nebenschauplatz können dann Einfluss auf das Geschehen am Haupterzählort haben.

B) Nebenplots werden für einzelne Personen entwickelt. Ich schreibe gerne aus verschiedenen Blickwinkeln an einem Werk, um die Kontraste in einer Welt deutlicher hervorzuheben oder die Meinungen verschiedener Leute oder Volksgruppen darzustellen.
Gerne sind das Feinde des Protas, die ihn ein wenig zweifelhafter darstellen sollen, denn eigentlich mag ich es nicht, wenn Charaktere so "vollkommen" sind, dann geht ihnen das Menschliche abhanden.

Einsamer Falke

Ach so meinst du das. Ja, solche Nebenhandlungen benutze ich auch und halte sie für sehr wichtig. Wenns dauernd nur gerade aufs Ziel zugeht, dann kommt sich der Leser vor wie in einem Zug. Einsteigen, fahren, aussteigen. Das ist langweilig.
Ich habe neben dem Hauptplot mehrere Nebenplots. Zum einen ist das die Beziehung des Helden zu seiner Zukünftigen, die ich meistens ein wenig zur Auflockerung verwende. Außerdem wird neben der schon erwähnten "Rettung der Welt" auch noch viel aufgedeckt, was mit der Vorgeschichte (sowohl der des Protagonisten als auch die Vorgeschichte der Welt im allgemeinen) zusammenhängt.
So habe ich ein sehr komplexes System von Göttern, Engeln, Dämonen und Zauberern, das enträtselt werden will (Zb. ist für mich auch wichtig, warum zum Teufel die zaubern können und so. Einfach nur "sind halt Zauberer" war mir da zu blöd).
Und ganz nebenbei: Warum gibt es gerade diese und jene Völker, was haben die Götter sich bei ihrer Schöpfung gedacht und warum gibt es Völker, die nicht von den Göttern geschaffen wurden und wozu sind die da.
Du siehst, eine Fantasywelt lässt einem bei solchen Dingen sehr viele Freiheiten, das detailliert auszuarbeiten und da jede Menge Nebenhandlung daraus zu basteln.  :)

Gruß
Eric

Romy

Zitat von: Simara am 17. Oktober 2010, 19:01:47
Meine Nebenhandlungen entstehen eigentlich immer ziemlich automatisch, da ich öfter mal die Perspektive wechsele. Fast jeder Nebencharakter hat eine eigene Nebenhandlung die Parallel oder verschmelzend zur Haupthandlung läuft. Die kommen einfach...

Genauso geht's mir auch mit diesen personenbezogenen Nebenplots. Die lassen sich oft schlecht planen, sondern sind plötzlich einfach da. Bei mir haben sie aber normalerweise auch Bezug auf die Haupthandlung. Und wenn es "nur" deshalb ist, weil der/die Prota gedanklich mit anderen Dingen beschäftigt ist. ;) Manchmal stellt sich aber auch erst später heraus, dass die vermeintliche Nebenhandlung in Wahrheit sogar einen ziemlich wichtigen Aspekt zur Lösung beisteuert.