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Was ergibt überhaupt Sinn?

Begonnen von Valentina, 07. Juni 2024, 17:39:19

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Valentina

Hallo ihr Lieben,

In den letzten Wochen habe ich mich durch den Dschungel der Wettbewerbe, Stipendien und Co geklickt.
Dabei gibt es verschiedene "Schwierigkeitsgrade" und verschiedene Voraussetzungen, wie zb. ein Verlagsvertrag bei den Zuwendungen, die mehr Geld bringen.


Meine Frage ist: Was ist eure Erfahrung mit diesem Thema, was ergibt Sinn, was eher weniger?

Zb.:
- sich bei Magazinen/Verlagen bewerben, die Kurzgeschichten veröffentlichen (darf dann aber nur 1 Kurzgeschichte pro Magazin/Verlag sein)
- Schreibwettbewerbe (die haben aber manchmal die unterschiedlichsten Themen, für viele braucht man einen neuen Text)
- Stipendien (hier ist weniger Arbeitszeit, man nimmt das Projekt, an dem man sowieso arbeitet. Meistens braucht man dafür aber einen Verlagsvertrag)
- bei wie vielen Ausschreibungen würdet ihr euch bewerben, und wann? (bei welchem Entwicklungsstand des Romans/des Schreibhandwerks)
- wie sieht es aus mit internationalen Wettbewerben, habt ihr schon Texte übersetzt und in Amerika oder England eingereicht? (einfach, weil ich nur auf englisch übersetzen könnte  ;D )


Als Anfänger bin ich mir nicht sicher, wo es wert ist, meine Energie hineinzustecken (vor allem bei den thematischen Ausschreibungen) - oder ob ich mich nicht lieber komplett auf mein Manuskript und darauf, eine Agentur und Verlagsvertrag zu bekommen, konzentrieren sollte.
Andererseits gibt es doch bestimmt Pluspunkte bei Agenturen, wenn man schon veröffentlicht hat, oder?

Wie seht ihr das, wie würdet ihr da eure Energie einteilen?



Ich freue mich auf eure Antworten und wünsche euch allen ein schönes Wochenende!
Valentina  :vibes:
"Selbst die Dunkelheit muss vergehen. Ein neuer Tag wird kommen. Und wenn die Sonne wieder scheint, wird sie umso heller strahlen." - J.R.R. Tolkien

Evanesca Feuerblut

Es hängt sehr viel auch davon ab, wie du selbst als Mensch und als Schreibperson tickst.
Ich habe ja sehr früh (mit 16) angefangen, bei Ausschreibungen was einzureichen, weil ich damals noch zur Schule ging und Kurzgeschichten + Lyrik bei mir ohnehin als "Abfallprodukt" von Unterforderung, Leerlauf und Langeweile entstanden sind, die ich irgendwo überbrücken musste.
Außerdem sind Kurzgeschichten für mich persönlich (!!!) total toll geeignet, um quasi zwischendurch die kleine Dopaminspritze namens "Schreiberfolg" abzuholen. Anders als bei einem Roman/einer Novelle habe ich vergleichsweise schnell was fertig und kann mit dem guten Gefühl, dass mal wieder was entstanden ist, wieder an die Mammutaufgabe "Langform" gehen.
Bis heute ist es so, dass ich, wenn ich aufgrund von Stress kaum zum Arbeiten an meinen Romanen komme, einfach ... spontan anfange, Kurzgeschichten und Textfragmente zu schreiben. Sie sind für mich ein Outlet und Kurzgeschichtenausschreibungen sind ein guter Weg, um diesen Outlet in halbwegs geordnete Bahnen zu lenken. ("Es juckt mir in den Fingern, aber da gibt es ja gerade eine Ausschreibung, die eins meiner Lieblingsthemen behandelt")
Was dabei aber auch zwangsläufig passiert ist: Ich habe inzwischen eine ziemlich große Schubladen-Backlist aus Texten zu allen möglichen Themen, sodass ich gar nicht für jede Ausschreibung zwingend einen neuen verfassen muss. Manche Themen kommen regelmäßig wieder oder ein Text passt auf mehrere Vorgaben (z.B. zu den Themen "Zorn", "Fantastische Wesen - Element Feuer", "Historische Fantasy"). Bevor ich einen alten Text einsende, lese ich ihn immer noch mal und oftmals überarbeite ich ihn dabei teils recht gründlich, wodurch ich das Gefühl habe, dass der Text bei der zweiten Einreichung (oder dritten, vierten...) sowieso viel besser ist als bei der allerersten.
(Manchmal werden Texte aber auch direkt beim ersten Versuch genommen)

Vorteil der Veröffentlichungen auch in kleinen Medien: Manche größeren Wettbewerbe/Arbeitsstipendien haben als Voraussetzung, dass du eine Mindestzahl an Veröffentlichungen benötigst und die kannst du dir mit Anthologien/Zeitschriften durchaus zusammensammeln und bist dann überhaupt erst berechtigt für die Teilnahme bei den großen und hochdotierten Sachen.

Nachteil: Es dauert ewig, wirklich ewig, bis sich das Arbeiten an einer KG-Backlist in irgendeiner Form von Networking auszahlt. Bei mir fängt es jetzt erst langsam an, dass Leute an mich denken, weil sie irgendwo eine KG von mir zu einem Thema gelesen haben und mich daher als Person mit Wissen dazu einsortieren.

Übersetzungen: Ein paar Mal versucht, aber letzten Endes überfordert es mich komplett, neben dem deutschsprachigen Ausschreibungsbereich auch noch den internationalen checken zu müssen. Daher wieder sein gelassen. Ich müsste regelmäßig auch englischen Output haben, damit sich das irgendwie in irgendeiner Form positiv auswirkt und das habe ich einfach nicht.

Stipendien: Ich bin ehrlich, ich nehme gern an Romanchallenges teil, sofern die Vorgaben zufällig auf eine Idee passen, die ich sowieso im Hinterkopf herumwerfe. Und dann schreibe ich exakt so viel, wie ich für die Leseprobe brauche. So habe ich neben dem aktuellen Projekt dann ein bisschen was an Backlog für Romanstipendien.

Maja

Ich gehe erstmal auf deine konkreten Fragen ein und schreibe dann etwas Allgemeineres:

Zitat von: Valentina am 07. Juni 2024, 17:39:19- sich bei Magazinen/Verlagen bewerben, die Kurzgeschichten veröffentlichen (darf dann aber nur 1 Kurzgeschichte pro Magazin/Verlag sein)
- Schreibwettbewerbe (die haben aber manchmal die unterschiedlichsten Themen, für viele braucht man einen neuen Text)
Wenn du ohnehin gern Kurzgeschichten schreibst, ist es natürlich sinnvoll, die auch bei den verschiedenen Magazinen und Anthologieausschreibungen einzureichen. Aber ich würde nicht dazu raten, Kurzgeschichten ausschließlich als Türöffner für Romanprojekte schreiben zu wollen. Da hält sich der Effekt nämlich wirklich sehr in Grenzen. Ich habe im Leben noch nie eine Kurzgeschichte geschrieben, geschweige denn veröffentlicht, und im Rahmen der vielen Absagen, die ich von den Verlagen für meine Romane bekommen habe, bis es endlich mal geklappt hat, war nie ein "Schreib erstmal Kurzgeschichten, dann reden wir weiter!" dabei. Das sind einfach zwei paar Schuhe, wer gute KGs schreibt, kann nicht unbedingt Romane konstruieren und umgekehrt.

Zitat- Stipendien (hier ist weniger Arbeitszeit, man nimmt das Projekt, an dem man sowieso arbeitet. Meistens braucht man dafür aber einen Verlagsvertrag)
Für das PAN-Stipendium braucht man nur ein unfertiges Romanprojekt und, in der Debüt-Kategorie, keine Veröffentlichungserfahrung. Allerdings ist die Debüt-Kategorie auch wirklich sehr überlaufen (ich war letztes Jahr in der Jury). So ein Stipendium zu gewinnen, bringt Renommee und Geld, beides konnte ich wirklich gut brauchen, als ich vor drei Jahren in der Roman-Kategorie gewonnen habe. Allerdings ist es leider so, dass dieses Stipendium den Verlagen ziemlich egal ist. In meinem Fall hat es praktisch kein Verlagsinteresse generiert.

Aber: Ich weiß von mehreren Stipendiumsgewinner:innen und Shortlistplatzierten, die über das PAN-Stipendium einen Agenturvertrag gelandet haben. Und eine Agentur zu haben ist sehr wichtig, wenn du in einem größeren Verlag landen möchtest. Mit einer Agentur im Rücken verkaufst du nicht unbedingt den ersten angebotenen Roman, aber vielleicht den dritten oder fünften (wichtig ist es, immer weiterzuschreiben, sich von Rückschlägen nicht einschüchtern zu lassen und im Zweifelsfall ein neues Projeit in der Hinterhand zu haben, mit dem man es stattdessen versuchnen kann).

Wie es mit anderen Stipendien als dem PAN-Stipendium aussieht, kann ich nicht sagen, da habe ich keine Erfahrungswerte.

Zitat- bei wie vielen Ausschreibungen würdet ihr euch bewerben, und wann? (bei welchem Entwicklungsstand des Romans/des Schreibhandwerks)
Vom PAN-Stipendium abgesehen, wo es wirlkich ausschließlich um unfertige Projekte geht, würde ich immer dazu raten, nur fertige Romane anzubieten, wenn du noch keinen vorher veröffentlicht hast. Die Verlage müssen sichergehen können, dass du in der Lage bist, ein längeres Projekt fertigzustellen. Das kannst du auch schon mit deinem ersten fertigen Roman machen - sei nur nicht zu niedergeschlagen, wenn es mit dem ersten Roman noch nichts wird.

Ich habe meinen ersten Roman 1999 beim Wolfgang-Hohlbein-Preis eingereicht und danach bei einer ganzen Reihe Verlagen angeboten, auch wenn die gerade keine Ausschreibungen laufen hatten, einfach als "unverlangt eingereichtes Manuskript". Damals war es noch einfacher, als Autor ohne Agentur bei Verlagen etwas anzubieten, viele nehmen heute keine unverlangtne Manuskripte mehr an und sind nur mit Agentur noch zu erreichen, wenn sie nicht gerade eine ausdrückliche Ausschreibung laufen haben. Ein Verlag hat immerhin auf die Leseprobe hin das Gesamtmanuskript angefordert, aber letztlich haben sie mir alle abgesagt, und mit fünfundzwanzig Jahren Abstand kann ich auch sagen, das Buch war auch einfach noch nicht gut genug, heute kann ich viel, viel mehr.

Was die Anzahl der Einreichungen angeht: Versuch es, aber informiere dich vorher, was für Verlage das sind (gerne auch hier im Forum fragen) und biete es nur da an, wo du auch wirlkich veröffentlichen möchtest. und: Wenn du vor hast, dir mit einem Manuskript eine Agentur zu suchen, dann biete es nicht zu vielen Verlagen vorher an, sonst kann die Agentur nicht mehr damit arbeiten. Also, wenn dein Lieblingsverlag einen hochdotierten Preis ausschreibt, nimmt dir keine Agentur übel, wenn du es da schon mal in Eigenregie versuchst, aber vermeide es, mit der Gieskanne einen Verlag nach dem anderen anzuschreiben, sonst ist das Manuskript verbrannt für die Agentur.

Wenn du lieber in kleienn Verlagen und ohne Agentur veröffentlichen möchtest, schreib nicht alle auf einmal an. Warte fünf, sechs Bewerbungen ab, und wenn du dann nur Absagen kassierst, ist es an der Zeit, nochmal kritisch über Exposé, Anschreiben und Leseprobe drüberzuschauen und das Ganze eventuell anzupassen. Wie oft du es dann insgesamt versuchst, hängt von deiner persönlichen Schmerzgrenze an. Mit meinem Erstling habe ich es wirklich sehr, sehr oft versucht.

Zitat- wie sieht es aus mit internationalen Wettbewerben, habt ihr schon Texte übersetzt und in Amerika oder England eingereicht? (einfach, weil ich nur auf englisch übersetzen könnte  ;D )
Dazu kann ich dir nicht viel aus eigener Erfahrung sagen - allerdings ist im englischsprachigen Bereich die Konkurrenz riesig, und wenn du nicht auf Muttersprachlerniveau schreiben kannst, hast du schlechte Karten. Außerdem sind die englischsprachigen Wettbewerbe oft kostenpflichtig (sei es, um Autor:innen abzuzocken, sei es, um das Teilnehmerfeld auf eine Größe runterzubrechen, bei der man auch alle Einsendungen prüfen kann). Falls du das versuchen möchtest, würde ich dir raten, dich einer internationalen Facebook-Autorengruppe oder einem englischsprachigen Forum anzuschließen, um an Ausschreibungen und Erfahrungsberichte aus erster Hand ranzukommen.


Wichtig ist, dass du dir Gedanken machst, wo du hinmöchtest. Wenn es dein Ziel ist, in größeren Verlagen zu veröffentlichen, mach dich auf einen langen, zähen Weg gefasst und sei dir bewusst, dass es ohne Agentur sehr, sehr schwer ist, auch nur einen Fuß in die Tür zu bekommen. Ich bin Verlagsautorin, habe auch schon in echt großen Verlagen veröffentlicht, und muss trotzdem noch um jeden Vertrag neu kämpfen - ich bin keine Erfolgsautorin, laufe bestenfalls im hinteren Mittelfeld, was meine Umsätze angeht, und letzteres interessiert die Verlage deutlich mehr als die Preise, die ich gewonnen habe.

Aber trotzdem würde ich zum derzeitigen Zeitpunkt sagen, insgesamt habe ich es geschafft. Es war ein langer Weg, ich bin seit Ende 2008 bei meiner Agentur, meine erste Veröffentlichung ist 2013 erschienen und das nur als Ebook, und dann habe ich mich eben langsam hochgearbeitet. Die Zusammenarbeit mit den Verlagen kann aber wirklich sehr frustierend und schmerzhaft sein, und ich kenne mehrere Autor;innen, denen ihre Erfahrungen mit Großverlagen, bei denen man nur ein winziges Zahnrad im Getriebe ist, nachhaltig den Spaß am Schreiben verhagelt haben. Reich wird man damit auch nicht. Ich verdiene mit Glück auf Minijob-Niveau, und ich bin keine Ausnahme - es sind die aller-allerwenigsten, die vom Schreiben bequem leben können, auch mit Agentur und Großverlag.

Wenn dich Kleinverlage reizen, brauchst du keine Agnetur, hast aber eine deutlich geringere Sichtbarkeit und verdienst nochmal deutlich weniger. Anders als Kurzgeschichten sind Kleinverlagsromanveröffentlichungen aber eine Erfahrung, die auch größere Verlage honorieren. Aber: Kleinverlage, die ihre Autor:innen aufbauen und in sie Arbeit und Geld investieren, suchen mehr nach Leuten, die ihnen dann die Treue halten, als die sie nur als Stufe zum Hocharbeiten betrachten.

An Kleinverlage kommst du tatsächlich über Anthologiebeiträge und Kurzgesschichten ganz gut ran, das habe ich oben vergessen (wie gesagt, ich kann keine Kurzgeschichten). Aber es ist nicht unbedingt leichter, bei einem Kleinverlag zu landen als bei einem großen: Dadurch, dass die klein sind, machen sie auch deutlich weniger Titel im Jahr. Aufpassen würde ich mit selbsterklärten Kleinverlagen, die trotzdem fünfzig Titel im Jahr raushauen: Da wird dann massiv am Budget gespart, sowohl in Sachen Lektorat als auch beim Marketing der einzelnen Bücher. Und dann bist du auch nicht besser dran als ein Selfpublisher, verdienst nur pro Buch deutlich weniger.

Ein Zwischending zwischen Groß- und Kleinverlag sind die Ebookimprints der Großen oder reine Ebookverlage wie dotbooks. Da hast du keine Buchhandelspräsenz, kannst aber mit Glücke eine große Menge Bücher umsetzen (mein "Puppenzimmer" bei dotbooks hat sich über die Jahre über 10.000 mal verkauft und ist, allen Großverlagsveröffentlichen zum Trotz, mein bestverkauftes Buch). Reine Ebooks haben gegenüber Druckausgaben meistens ein deutlich reduziertes Budget, können aber eine wirklich gute Möglichkeit sein, Veröffentlichungserfahrung zu sammeln. Aber man kann damit auch ins Klo greifen - meine zweite Veröffentlichung, ein Ebook mit Carlsen Impress, hat sich exakt 112 Mal verkauft und mir den Gegenwert eine Familienpizza eingebracht.

Zu guter Letzt hast du auch die Möglichkeit, es als Selfpublisher zu versuchen. Für mich ist das nichts, weil mir die Energie für alles außer dem Schreiben fehlt, aber wir haben hier im Tizi eine ganze Reihe Selfpublisher, die dir gern darüber Auskunft geben werden, was du da beachten musst und welche Chancen und Risiken sich da bieten. Nur sei dir bewusst, dass es für ein selbstverlegtes Buch extrem schwer ist, noch einen Verlag zu finden, es sei denn, es verkauft sich zigtausendmal (leider unwahrscheinlich), und dann brauchst du auch keinen anderen Verlag mehr dafür.

Bei weiteren Fragen stehe ich gern zu deiner Verfügnug.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Alana

#3
Das meiste hat @Maja schon gesagt, ich möchte noch anfügen:

Es gibt ganz ehrlich sehr wenig, was Großverlage und Agenturen sehr sicher von dir als Debütantin überzeugt.

Dazu gehören:

- Ein sehr gut gelaufenes Buch im SP im richtigen Genre, das die Verlage auch suchen, oder besser mehrere wirklich gut gelaufene Bücher. (Diese Bücher werden dann wahrscheinlich nicht vom Verlag verlegt, aber sie bekommen dadurch Interesse an dir.)

- Eine sehr erfolgreiche Social Media Plattform mit der passenden Zielgruppe als Follower.

- ein tolles, gut geschriebenes Projekt, das genau trifft, was die Verlage gerade suchen (tatsächlich ist das, zum Glück, immer noch der beste Türöffner. Der richtige Stoff zur richtigen Zeit, handwerklich gut gemacht.)

Alles andere, das sage ich dir aus eigener Erfahrung und aus der Erfahrung wirklich vieler anderer Autor*innen, die ich kenne, öffnet dir keine Tür. Stipendien und Literaturpreise sind leider absolut keine Garantie für Verlagsverträge. Verträge bei E-Labels von Großverlagen sind meistens Ausbeute, mit SP oder einem guten Kleinverlag ist man besser dran. Auch Wettbewerbe mit Verlagsverträgen als Gewinn sind selten langfristige Türöffner und die Vorschüsse dafür sind meistens ein Witz. Kurzgeschichten und entsprechende Wettbewerbe interessieren Großverlage überhaupt nicht.(Ausnahmen bestägigen die Regel.)

Ausnahmslos alle Wege zum Großverlag sind hart und steinig und ist man mal drin, wird es erst richtig heftig.

Was macht also Sinn, wenn dein Ziel ein Verlagsvertrag im Großverlag oder viele Buchverkäufe im SP sind?

1. Was dir Spaß macht und dich nicht auslaugt. Das ist der allerwichtigste Punkt, weil du sonst eine Karriere im Großverlag überhaupt nicht aushalten kannst, und weil Freude an etwas immer der beste Grund ist, es zu tun. :)

2. Was dich handwerklich weiterbringt.

3. Was dich inspiriert.

4. Alles, wodurch du lernst, Bücher zu verkaufen und verkaufbare Bücher zu schreiben.

5. Die Erkenntnis, dass du den Verlag nicht davon überzeugen musst, dass dein Buch toll und originell ist, sondern davon, dass es sich super verkaufen wird (was sich übrigens absolut nicht ausschließt), und entsprechend lernen, wie man das macht: Marktrecherche. Dein Genre bis zum Umfallen lesen, um zu wissen, was die Lesenden wollen. Zielgruppenrecherche. Stoffe kreiren lernen, die dir Spaß machen, und zugleich hohes Verkaufspotential haben.

6. Kleiner Disclaimer zu Romanwettbewerben: Sie können interessant sein, um herauszufinden, was Verlage gerade suchen. Statt dann aber bei einem Wettbewerb mitzumachen, ist es meiner Meinung nach viel sinnvoller, das passend dafür entwickelte Manuskript an Agenturen zu schicken und darüber an einen Verlag heranzutreten. Die Chancen auf einen Vertrag, und noch dazu einen fairen, sind so deutlich größer.
Alhambrana

Valentina

Danke für die tollen, ausführlichen Antworten!

Da in der klassischen Musik Wettbewerbe die Türöffner schlechthin für Karrieren sind, war es spannend zu lesen, dass dem in der Literatur nicht so ist. So wie ich es aus euren Texten herauslesen kann, ist das Buch, das man zu Agenturen schickt, das Wichtigste und danach geht es erst in Richtung Wettbewerbe und Stipendien. Die sind aber unwichtig, wenn es um Verkaufszahlen geht, und das ist im Endeffekt das Wichtigste für Verlage, Verträge und Vertragsverlängerungen.

Es ist lustig, dass du das sagst, @Maja (mit dem Ich hab es geschafft, trotzdem hat das eine Buch für eine Familienpizza gereicht), weil ich auf den Tintenzirkel über das Verzeichnis der Hobbit Presse und deinen Artikel dort gestoßen bin. Und da dachte ich mir "die hat es wirklich geschafft"
- aber es war wohl immer so, dass das Geld beim Schreiben keine große Rolle spielen sollte, wie @Alana richtig sagt, muss man auch schreiben wollen, wenn man nichts oder wenig dafür "bekommt".
Das, was man wirklich bekommt, ist nämlich der Prozess des Erschaffens  :vibes:

Aber das sage ich jetzt so einfach - hattet ihr da mal Durststrecken in eurem Leben, was Motivation und Inspiration angeht, und wie habt ihr die überwunden? Denn ich gehe davon aus, mehrere Jahrzehnte in die Sache zu investieren, das ist ja ein Marathon.
Und @Alana: meinst du, es wird richtig hart, wenn man im Verlag ist, weil man dann abliefern muss? (Ich glaube Sanderson sagte 1 Buch im Jahr) Oder weil man sich kompromittieren muss?


Was die Kurzgeschichten angeht, danke für deine Infos @Evanesca Feuerblut, ich habe schon einige geschrieben, wahrscheinlich aber keine guten und wenn ich welche schreibe, möchte ich sie irgendwie für den Roman verwenden können. Deshalb hat mir dein Einblick sehr geholfen, wahrscheinlich würde ich mich eher zerstreuen, wenn ich zu viele Ausschreibungen abklappere.  :jau:

Und einfach, von euch ein Feedback zu bekommen, wie der Alltag aussieht und dass man sich auf viele Absagen einstellen muss (das kenne ich schon aus der Musik, wie hart der Alltag ist, deshalb schreckt mich das zum Glück nicht ab), war sehr hilfreich.
Was SP angeht, denke ich mir es muss sowieso ein gutes Buch sein, egal ob Verlag oder SP. Wenn man das Buch nicht an einen Verlag bekommt, kann es immer noch im SP laufen und Leser begeistern, mit gutem Marketing und Social Media Präsenz. Aber wie Maja hab ich meine Energie optimalerweise nur im Schreiben aufgehoben.

Dann hab ich einfach weiterhin Spaß am Schreiben, stelle mich auf das Schlimmste ein und mache vielleicht ein paar ausgesuchte Ausschreibungen, die mich nicht vom Hauptprojekt ablenken  :wolke: 
"Selbst die Dunkelheit muss vergehen. Ein neuer Tag wird kommen. Und wenn die Sonne wieder scheint, wird sie umso heller strahlen." - J.R.R. Tolkien

Evanesca Feuerblut

Zitat von: Valentina am 08. Juni 2024, 15:09:46Aber das sage ich jetzt so einfach - hattet ihr da mal Durststrecken in eurem Leben, was Motivation und Inspiration angeht, und wie habt ihr die überwunden? Denn ich gehe davon aus, mehrere Jahrzehnte in die Sache zu investieren, das ist ja ein Marathon.
Ja! Mehrfach. Keine davon hatte in meinem Fall allerdings direkt mit dem Schreiben an sich zu tun, sondern mit Begleitumständen. Jetzt gerade bin ich in Zwangspause (bis auf "ab und zu brechen total erratisch, ungeplant und ungerichtet Kurzformen aus mir heraus"), weil für Kreativität neben dem Informatik-Kurs keine Energie übrig bleibt.
Als Teenie gehörten Durststrecken dazu, wenn ich mit Schule so beschäftigt war, dass ich nicht motiviert war, meinen Schrieb abzutippen oder an den Computer zu gehen und jetzt wirklich noch mindestens drei Wordseiten zu schreiben, statt mich mit einem Buch in die Sonne zu legen.
Du kannst generell nur so und so viel über deine überhaupt verfügbare Kraft gehen, ohne dass es dir nachträglich in den Hintern beißt und wenn du keine Pausen einlegst, legt der Körper sie für dich ein. Daher sind Pausen okay.
Meist kommt die Motivation und Inspiration wieder, wenn das, was die ganze Energie auffrisst, sich legt und früher oder später geht jede schwere Zeit in irgendeiner Form vorbei  :knuddel: .

Zitat von: Valentina am 08. Juni 2024, 15:09:46Dann hab ich einfach weiterhin Spaß am Schreiben, stelle mich auf das Schlimmste ein und mache vielleicht ein paar ausgesuchte Ausschreibungen, die mich nicht vom Hauptprojekt ablenken  :wolke: 
Das klingt nach einem stabilen Plan!

Alana

#6
Die Verlagsbranche ist ein knallhartes Business, alle Aspekte davon sind psychisch anstregend, sogar die schönen, von denen es auch viele gibt. Verlage sind Business-Unternehmen und üben sehr viel bewussten und unbewussten Druck auf Autor*innen aus, der mit wachsendem Erfolg noch stärker wird. Abliefern kommt dazu, das ist aber noch das mindeste. "Kompromittieren" muss man sich selten, das ist so ein Vorurteil, das leider immer noch kursiert. Wenn man es schafft, eine Schnittstelle zu finden, wo man verkaufen und mit Spaß schreiben kann, und schon bei den Verträgen darauf achtet, ist das selten ein Problem. Aber natürlich muss man Kompromisse machen. Ich denke, das Hauptproblem ist, dass kreative Menschen meistens auch sehr sensibel sind, und das ist in so einem knallharten Business einfach ungünstig. Einen großen Unterschied macht natürlich auch, ob man es beruflich macht oder als Nebenverdienst oder Hobby. Ich würde übrigens nicht dazu raten, einfach vom Schlimmsten auszugehen, es gibt ja auch viel Schönes und Positives. Ich würde dazu raten, sich Skills und Strategien anzueignen, wie man mit extremem Leistungsdruck und psychischen Achterbahnfahrten umgehen kann. Selbstschutz von Anfang an ist das beste Mittel, um Freude am Veröffentlichen zu haben.
Alhambrana

Valentina

Zitat von: Alana am 08. Juni 2024, 17:01:13Wenn man es schafft, eine Schnittstelle zu finden, wo man verkaufen und mit Spaß schreiben kann,

schön zu hören, dass das möglich ist!!

Zitat von: Alana am 08. Juni 2024, 17:01:13sich Skills und Strategien anzueignen, wie man mit extremem Leistungsdruck und psychischen Achterbahnfahrten umgehen kann.

Ja das ist ist ein toller Tipp. Ich glaube der beste Weg ist, unabhängig vom Schreiben auch ein tolles Leben (Beziehungen, Hobbys, andere Einkommensquellen), damit man sich nicht den Boden unter den Füßen wegreißt, wenn mal etwas nicht klappt.  :flausch:


Zitat von: Evanesca Feuerblut am 08. Juni 2024, 15:23:00Daher sind Pausen okay.
Meist kommt die Motivation und Inspiration wieder, wenn das, was die ganze Energie auffrisst, sich legt und früher oder später geht jede schwere Zeit in irgendeiner Form vorbei  :knuddel: .
:wolke:  :knuddel: Und dass im Tintenzirkel so eine coole Community ist, hilft bestimmt auch total!
"Selbst die Dunkelheit muss vergehen. Ein neuer Tag wird kommen. Und wenn die Sonne wieder scheint, wird sie umso heller strahlen." - J.R.R. Tolkien

Ava

Vielen lieben Dank an alle, die sich an diesem Thread beteiligt haben!

Was die Profis hier schreiben, öffnet einer Anfängerin schon die Augen. Wie lang der Atem sein muss, den man braucht. Und wie wichtig es ist, immer wieder neu anfangen zu können, sich auf das nächste Projekt zu fokussieren & nicht den Mut zu verlieren.

Bezüglich Marktrecherche habe ich das Bild gewonnen, dass Romantasy/ Dark Academia bei den großen Verlagen momentan am ehesten gefragt ist. Seht ihr das auch so?

Ziemlich erschreckt hat mich, dass, seit ich Anfang des Jahres mal recherchiert habe, auch viele Kleinverlage inzwischen keine neuen Autor*innen mehr annehmen. Das ist echt schade, weil das mein Plan B nach den Agenturen war.

Macht eine unverlangte Manuskripteinsendung (nachdem man keine Agentur gefunden hat) bei einem großen Verlag eurer Meinung nach momentan überhaupt Sinn, oder behält man das Buch lieber in der Schublade - in der Hoffnung, es zu einem späteren Zeitpunkt einmal platzieren zu können?

Valentina

#9
Es gibt ja immer wieder Wellen und Trends, wie zb. Dark Academia und Romantasy - aber ich würde kein Genre schreiben, weil es gerade "ankommt", weil die Verlagsbranche sich verändert und außerdem recht langsam ist. Wenn man ein Buch schreibt, das momentan dem Markt entspricht, es in 1-2 Jahren fertig hat und dann nochmal 2-3 Jahre vergehen, bis es auf den Markt kommt, können sich die Vorlieben wieder geändert haben...

Edit: wenn aber deine Geschichte in dem Genre ist, würde ich nicht versuchen, den Markt vorauszuahnen oder ähnliches. Dann schreib Romantasy und Dark Academia!  Ich glaube, dass es dieser Ausdauer hilft, die man als Autor braucht, wenn man einfach das schreibt, was einem Spaß macht und besonders am Herzen liegt.
"Selbst die Dunkelheit muss vergehen. Ein neuer Tag wird kommen. Und wenn die Sonne wieder scheint, wird sie umso heller strahlen." - J.R.R. Tolkien