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... die Mnemopathen

Begonnen von Maja, 03. Juni 2018, 04:13:27

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Maja

Für einen neuen Roman (geplant für den diesjährigen Nanowrimo, noch ohne richtigen Arbeitstitel, aber einigen hier bereits bekannt als "Tättoo und Harry" suche ich nach einer knackigen Bezeichnung für eine Gruppe übernatürlich talentierter Menschen. Sie können durch Berühren einer anderen Person deren Erinnerungen/Lebensgeschichte auslesen, und bis auf unseren Protagonisten Varda, der das aus beruflichen Gründen mit toten Leuten macht, werden sie überwiegend in der Justiz eingesetzt, wo sie Zeugenaussagen validieren (nicht unumstritten, insbesondere der Einfluss, den eine einzelne Familie da seit Generationen aufgebaut hat). Mein Setting ist eine Fantasywelt, deren Entwicklungsstand mit unserer Vergleichbar ist, und die Bezeichnung darf ruhig wissenschaftlich klingen.

Eigentlich hatte ich mir auch schon einen Namen für diese Leute ausgedacht: Mnemopathen, als Wortschöpfung dem griechischen Wort für die Erinnerung und analog zu Empathen und Telepathen gebildet. Das Wort ist insofern eine Eigenkreation, als dass es kein offizielles Fremdwort ist. Allerdings ist es auch wieder so eine naheliegende Wortkreation, dass ich nicht die Erste war, die es bentuzt. Ein Halbdutzend Treffer oder so bei Google halten mich nicht davon ab, dieses Wort zu verwenden - bloß, andere benutzen den Begriff anders. Analog zu Psychopath: Jemand, dessen Erinnerung krank ist. Also etwas komplett anderes als das, was ich sagen will.

Wie würdet ihr als Leser des Wort "Mnemopath" interpretieren? Und habt ihr eine Idee, wie ich diese Leute stattdessen nennen kann? Ich bin so eingefahren auf meine Mnemopathen, dass mir nicht anderes einfällt ...
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Coppelia

#1
*Altgriechischkenntnisse sammel* Herrje, die sind schlecht geworden.
Mnemopathen setzt sich ja auch wirklich aus "Gedächtnis" und "leiden" zusammen, passt also vom Sinn her nicht so gut.

Du könntest sie Mnemologen nennen (Gedächtnis-Sprecher), Mnemoskope(n) (Gedächtnis-Betrachter) oder sowas wie Memognomen (Gedächtnis-Bescheidwisser, klingt allerdings etwas zu sehr nach Gnom). Mnemomanten wäre vermutlich auch drin, aber den hinteren Bestandteil kann ich mit meinen schlechten Kenntnissen leider auf keine Vokabel zurückführen. Soll angeblich auch was mit "Sprechen" zu tun haben.
Die Vokabel für "Lesen" fällt mir nicht mehr ein. Wäre sicher auch geeeignet.
Die Angaben sind ohne Gewähr. Leider hab ich mein Altgriechischlexikon nicht mehr, und online gibt es auch keins. Jedenfalls wäre es so oder nicht schwierig, alternative Begriffe für die Verbindung mit "Mnemo" zu finden. Soll es denn unbedingt Altgriechisch sein?

Klingt jedenfalls nach einer tollen Romanidee, ich würde sowas auch gern schreiben. ^^

Maja

#2
Riesiges Dankeschön!  Mein Favorit im Moment sind die Mnemomanten - ich finde auch die Mnemoskope toll, das klingt aber zu sehr wie ein Gerät, und mit den Gnomen stimme ich dir zu. Mein altsprachlich vorbelasteter Mann hat hier irgendwo noch drinen Gemoll rumfliegen, dann kann ich wegen der -manten nochmal nachfragen. Was wäre tasten, fühlen auf Griechisch, weißt du das zufällig?

Und ja, der Roman wird toll. Habe eigentlich keine Lust, noch bis November drauf zu warten, aber vorher MUSS ich das Siegel durchs Lektorat bringen. Und meine Stadtkinder will ich auch vorher noch fertigmachen. Und außerdem muss ich für das Mnemomantenbuch endlich "Planescape Torment" spielen - schon um Parallelen zu vermeiden. Schließlich ist es Vardas Aufgabe, unbekannte Tote zu tätowieren, was ihn im Verlauf der Handlung selbst ins Totenreich führt - und ich will sichergehen, dass am Ende auch meine eigene Geschichte rauskommt.

Sobald ich einen gescheiten Titel habe, mache ich rinen Romanthread auf ...
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Schreinhüter

Ich mag Coppelias Vorschläge sehr. Mnemoskope ist mein Favorit. Wenn Du noch weiter in Richtung des Prozesses gehen willst, wie sie es anstellen, dann könntest du auf die Berührung und das "Auslesen" eingehen. Dann wären sie vielleicht Haptalogen oder Haptomanten.  :hmmm:

Coppelia

#4
Es freut mich, wenn ich helfen konnte. Wahrnehmen war aisthanomai, glaube ich ... also dasselbe Wort, was in Anästhesist steckt (jemand, der dafür sorgt, dass man nichts mehr wahrnimmt). Es gibt aber sicher noch andere geeignete Wörter.
Mnemästhet, Mnemästhesist oder so könnte dein Wort sein.

Ja, Planescape - Torment ist ein Must Play, meiner Meinung nach das beste Spiel aller Zeiten. Aber ich kann so schon mal sagen, keine Sorge. Das Spiel ist dermaßen originell, dass man da selbst als origineller Autor schwer hinkommt. Und Parallelen sind eine Ehre. ;) Die Tätowierungen spielen keine sehr wichtige Rolle, aber das Sprechen mit den Toten durchaus. Erinnerungen werden dagegen ja mehr in "Pillars of Eternity" ausgelesen.

Alys

"Mnemästhesisten" finde ich toll.

"Mnemomanten" ist zwar auch schön, aber spontan klingt mir das zu sehr nach Nekromant - auch wenn die Bedeutung natürlich eine völlig andere ist. Die Endung -mant kennt aber, glaube ich, der gemeine Fantasy-Leser vor allem im Zusammenhang mit Nekromanten und denkt deshalb automatisch in diese Richtung.

Ansonsten könntest Du natürlich auch das Wort nicht aus der Fähigkeit selbst nehmen, sondern aus dem Beruf, den diese Leute üblicherweise ausüben. Wenn sie oft bei Gericht mit Zeugen arbeiten und auch sonst im Dienste der Wahrheitsfindung stehen, wie wäre dann "Validatoren"?
Das hätte den Vorteil, dass es auch Otto Normalverbraucher aussprechen kann. (Seien wir ehrlich, viele Leute haben schon mit "Anästhesist" ein Problem, auch ohne die zungenbrecherische Vorsilbe "Mnem".)
Always avoid alliteration.

Coppelia

#6
Den Vorschlag von Alys finde ich sehr gut. :) Validator gefällt mir - ich hab's aber ja eh mehr mit Latein.
Ich weiß gar nicht, ob ich gern ein Wort verwenden würde, das irdische antike Spachen als Ursprung hat, wenn man keine identische Sprache in der Vergangenheit seiner Welt hat, aber da bin ich eigen (ich habe schon für meine Settings eigene antike Sprachen entwickelt, aus denen sich Lehnwörter ableiten, die dann nur altgriechisch klingen, aber das hat andere Nachteile. Allerdings weiß normalerweise auch kaum jemand, was die altgriechischen Bestandteile in unseren Fremd- und Lehnwörtern bedeuten.)

Marandris

Oh, das Thema ist sehr interessant   :) Ich hab vor einer Ewigkeit ein Buch gelesen, dass mir von meinem Lieblingsbuchhändler Hermke Eibach empfohlen wurde. Darin wird auch ein Thema behandelt, welches sich mit dem griechischen Wort Mmemonic beschäftigt. Es heißt "Die Herren des Himmels" von Angus Wells. In dem Buch geht es um ganz besondere Menschen, die ein außergewöhnliches Gedächtnis besitzen und sich alles merken können. Ich fand die Thematik so großartig, vor allem dieses Wort"Mnemonic" dass ich eine Abwandlung verwendet habe um die Hauptprotagonistin eines meiner Bücher zu benennen. "Mnemon" die Namenlose, da ihre Eltern starben und ihr keinen Namen hinterlassen konnten.

Deinen Begriff "Mnemopath" finde ich gut. Er vermittelt eigentlich alles, dennoch würde ich eine kleine Erklärung  mit einfügen, denn nicht alle Leser werden mit dem Begriff Mnemonic etwas anfangen können. Ich bin mir nicht sicher, weil es fast zwanzig Jahre her ist, aber ich glaube, bei Angus Wells Buch "Die Herren des Himmels" gab es auch eine Erklärung zu dem Begriff und woher er stammt. Natürlich kann man den Begriff jederzeit googeln, aber ich fand es damals sehr zuvorkommend von Autor und Verlag die Erklärung mit einzufügen, so hatte ich sie gleich parat  :)

Wildfee

Hm, ich habe spontan an "Memorant" oder "Lebensleser" gedacht.
Ist wohl der Einfluß von meinem 6jährigen, der neulich fiktive Buchcharaktere als "Lesewesen" bezeichnet hat  ;)

Coppelia

Update: der hintere Teil bei Nekromant hat mit Mantik zu tun, der Seherkunst. Kommt von Mainz, "rasen".

KaPunkt

Zitat von: Coppelia am 03. Juni 2018, 13:16:32Kommt von Mainz, "rasen".
:o
War das Autocorrect? Oder heißt "Mainz" wirklich "rasen"? Bitte um Antwort, sonst kann ich heute nacht bestimmt nicht schlafen.  :versteck:

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Coppelia

Lach, ja, blödes Smartphone. Ich bin nicht medienkompetent. Es kommt von m a i n o.