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[Geschichte/Bibliographie] Recherche zum 19. Jahrhundert

Begonnen von Cailyn, 15. August 2014, 16:19:53

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Cailyn

Ich suche Recherche-Bürcher rund um das Thema 19. Jahrundert, vor allem in den Bereichen Kolonialmächte, England, Medizin, Mode, Stellung der Frau, Gesellschaft, Seefahrt und Wale (dieses natürlich unabhängig vom Jahrhundert ;)).

Bislang habe ich gelesen:
Ein Platz an der Sonne - Die Geschichte der Kolonialmächte
Geschichte der Medizin - Vom Aderlass bis zur Genforschung
Hornblower-Reihe (sind zwar keine Sachbücher, aber trotzdem inspirierend für Seefahrerthemen)

Wichtig ist für mich: Ich will keine super-akademisierten Wissenschaftsbücher, bei welchen ich jedes zweite Wort nachschlagen muss. Und sie sollten auch nicht so trocken sein, dass die Seiten der Sachbücher fast von alleine abbröckeln. Auch Recherche-Bücher sollen für mich ein wenig Unterhaltungswert haben, zumal ich mich die nächsten Monate damit befassen werde. Also lieber ein Buch "19. Jahrhundert für Dummies" als ein "Kompendium für Hochbegabte zur Abhandlung aller Themen des 19. Jahrhunderts in Altdeutsch  :lehrer:". Ich bin schlicht zu faul, mich in eine trockene Fremdwörter-Ansammlung zu begeben  8).

Wer also einen Tipp hat für spannende Sachbücher zu diesen Themen... bitte melden!  :winke:

Marle

Hallo  Cailyn,

spannende Fachbücher kann ich Dir leider nicht aufzählen, aber ich habe mal einen sehr schönen Roman gelesen, in dem es in gewisser Weise um die Stellung der Frau im England des 19. Jahrhunderts geht- "Zwei bemerkenswerte Frauen" von Tracy Chevalier.
Es beschreibt sehr schön, den Lebensweg von Elizabeth Philpot, einer Pionierin im Bereich Geologie. Leider kann ich mich nicht mehr so genau an den Inhalt erinnern. Ich glaube eine Liebesgeschichte ist es auch irgendwie :hmmm:

Und natürlich nicht zu vergessen: "Die Vermessung der Welt". Den Film fand ich ja nicht so toll, aber das Buch war einfachklasse  :jau:

Wie schon gesagt, leider keine Fachbücher, aber vielleicht eine nette und informative Abwechslung zu dem Thema.

Aphelion

Zum Thema Wale/Seefahrt darf in meinen Augen "Moby Dick" nicht fehlen - falls du das nicht ohnehin schon kennst. :) Auch, wenn es dir nicht primär um Walfang gehen sollte, spiegelt der Roman doch eine typische Sicht auf die Meeressäuger wider, wie sie zu dieser Zeit herrschte.

Überhaupt finde ich Romane, die in dieser Zeit geschrieben wurden, ein gutes Mittel, um einen Eindruck von Gesellschaft etc. zu bekommen. Das ist auch nicht trocken. :)

Churke

Ich empfehle zeitgenössische Literatur.
Joseph Conrad, speziell Almayers Wahn (über Leben und Dekadenz in den Kolonien)
http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Conrad

und, äh, hab mal im Regal gestöbert
http://www.zeitschriften.ablit.de/periodika/pilchro.htm

Ich habe die Ausgaben 1884 und 1885. Viel blbabla, aber hübsche Illustrationen und man hat den Zeitgeist an den Fingern kleben.  ;D

außerdem
http://www.hood.de/i/illustrierte-geschichte-des-neunzehnten-jahrhunderts-49927666.htm
bzw. für den Blick ins Buch
http://www.amazon.de/Bestell-Nr-Illustrierte-Geschichte-Neunzehnten-Jahrhunderts/dp/B0087N0LN8

Das Geile an der Illustrierten Geschichte des Neunzehnten Jahrhunderts ist: Das wirklich Wichtige steht immer im Kleingedruckten. Stattdessen elegische Ausführungen über Kriegshandlungen, von denen man vorher noch nie gehört hat. Die Kolonialgeschichte beginnt auch erst mit den deutschen Schutzgebieten.  ::) So hat man das eben damals gesehen.

Pygmalion

Jack London könnte man da noch einreihen, vor allem den Seewolf.  Das ist zwar schon so gerade 20. Jh., aber ich behaupte mal, dass die Grenze nicht so scharf ist, dass man 1899 aufhören müsste :D Es spiegelt zum Einen die Seefahrt der Zeit wider, zum anderen lebt es von den Gegensätzlichen Protagonisten. Zudem hat er selbst mal ein Schiff besessen, dürfte also grundlegend korrekte Widergaben liefern ;)

Lavendel

Tja ... ein Buch, wo so ziemlich alles drinsteht ist "Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts" von Jürgen Osterhammel. Es ist von 2010. also so ziemlich auf dem neuesten Forschungsstand und nur so 1500 Seiten. ;)
Ist aber gut zu lesen.

Kati

Das neunzehnte Jahrhundert ist lang.  ;) 1800 sieht besonders die westliche Welt komplett anders aus als 1900 und so generelle Infos zu finden, die auf jeden Moment des neunzehnten Jahrhunderts zutreffen, dürfte wirklich schwer werden. Eine schöne chronologische Erzählung (ab ca. 1830) ist The Victorians von A.N. Wilson, der sich auf den britischen Raum beschränkt und die wichtigsten Ereignisse des neunzehnten Jahrhunderts unterhaltsam zusammenfasst. "Suffer and Be Still" von Martha Vicinus befasst sich mit der Rolle der Frau. Zu Mode, Gesellschaft und Medizin wirst du vielleicht Überblicke finden, aber das dürfte für einzelne Bände eigentlich zu umfangreich sein, weil es da sehr rasant sehr große Veränderungen gab. Medizin kann ich leider gar nicht helfen, zu Mode gibt es einen ganzen Haufen, allerdings finde ich bei Mode immer, dass Museen da am allerbesten sind, weil man die Kleidung in "Aktion" sieht und nicht nur platt abgebildet.

Cailyn

Danke!  :jau:

Marle,
Ich bestelle mir von deinem Vorschlag mal die Leseprobe auf den Kindle. Merci für den Tipp!  :)

Aphelion,
Moby Dick kenne ich gut. Habe ich zwei Mal gelesen. Ist mir dienlich bezüglich Walfang, aber auch Themen betreffend Seefahrt.  :buch:

Churke,
Uh ja, das gibt einem schon ein richtiges Feeling fürs 19. Jahrhundert. Vor allem die Illustrationen find ich genial. Ist der Text dazu dann in der alten Schrift? Von Joseph Conrad werde ich mir auch das eine oder andere anschauen. Klingt vielversprechend.

Pygmalion,
Ich kenne von Jack London Wolfsblut. Mal schauen, ob der Seewolf auch was hergibt für mich.

Lavendel,
Ich musste gerade schmunzeln, denn dieses 1500-Seiten-Buch habe ich mir gerade in der Bibliothek reservieren lassen. Ich hole es nächste Woche ab. Hauptsächlich will ich es erst ausleihen, weil ich mir so einen fetten Wälzer nicht umsonst ins Büchergestell stellen möchte, sollte er meinen Zwecken nicht dienlich sein. Aber das Inhaltsverzeichnis sieht schon mal sehr gut aus.

Kati,
Ich werde deine Vorschläge anschauen. Was die Mode betrifft, ja, rein fürs Auge sind Museen die beste Wahl. Mein Problem dabei: Ich möchte ja gerade über die Bezeichnungen etwas lernen. Schon in unserer zeitgenössischen Mode habe ich oft Mühe, Stoffe und Formen korrekt zu beschreiben. Ich kenne gerade mal Puffärmel und Buntfaltenhose, Jeans und Lederjacke. Was darüber hinausgeht, ist für mich Fachchinesich. Ein Beispiel: Eine Freundin hat mir neulich über Whatsapp geschrieben: "Ich habe einen Plisseerock mit Volants gekauft." Ich habe beides - also Plissee und Volants - nachschauen müssen. Hab ich noch nie gehört, obwohl das offenbar Begriffe aus der modernen Modewelt sind. Und wenn es dann noch um Mode aus dem 19. Jahrhundert geht, bin ich komplett verloren.  :P 

Churke

Zitat von: Cailyn am 17. August 2014, 11:37:10
Churke,
Uh ja, das gibt einem schon ein richtiges Feeling fürs 19. Jahrhundert. Vor allem die Illustrationen find ich genial. Ist der Text dazu dann in der alten Schrift?
Ja.

Weitere Empfehlung: Emile Zola.

Interessant ist vielleicht noch der praktische Universal Ratgeber
http://www.weltbild-marktplatz.de/B%C3%BCcher/Angebote/titel=Der%2Bpraktische%2BUniversal-Ratgeber.%2B%2BIllustriertes%2BHaus-%2Bund%2B

Obwohl nach 1900, ist das richtig heiß. Eine extrem gute Quelle. Alleine der Artikel "Berufswahl": Der Koch müsse "ein ganzer Mann sein". Für den Kolonialdienst eignen sich nur "besonders kräftige, gut gebaute, nicht zu magere und nicht zu dicke Leute, die auch in psychischer Hinsicht vollständig einwandfrei sind." Die Gehaltsverhältnisse sind glänzend. "Dabei muss aber jeder sich gegenwärtig halten, daß er sein Leben aufs Spiel setzt."

Dagegen:
"Lehrerin ist die schwierigste aller weiblichen Berufsarten. Sie stellt so hohe Anforderungen in jeder Hinsicht, daß nur körperlich durchaus tüchtige und gesunde und geistig gut beanlagte junge Damen sich ihr widmen sollten."
:rofl:

In dem Buch steht aber auch Sinnvolles drin, z.B., wie man Krawatten bindet.  :D

Kati

Mode: Ah, jetzt verstehe ich, worum es geht. Ich hoffe, es ist okay, wenn ich mal schamlos Eigenwerbung mache, ich habe darüber nämlich früher viel gebloggt: Hier. Die Artikel sind alt und noch nicht überarbeitet, aber vielleicht hilft es für einen allerersten Überblick schon weiter.  :) Desweiteren gibt es zu dem Thema eine Menge günstiger Bücher, die auch auf den ersten Blick echt gut aussehen, wenn man einfach "victorian fashion" in die Suchmaschine von Buchhändlern eingibt. So richtig "das" Werk kann ich dir da leider nicht empfehlen, weil ich mir das Wissen überall zusammengeklaubt habe und gar nicht mehr genau weiß, womit ich damals angefangen habe. Es gibt für sowas aber auch recht gute Quellen im Internet: Victoriana gefällt mir immer wieder sehr gut. Am besten wäre es natürlich, du würdest ungefähr eingrenzen, in welchem Zeitraum deine Geschichte spielt. Wie gesagt, das neunzehnte Jahrhundert ist lang und besonders Mode sah alle paar Jahre anders aus, wie heute auch.

Cailyn

Churke,
Danke für die weiteren Tipps!
Im übrigens haben sich wohl die Berufsanforderungen für heutige Lehrerinnen wieder jenen des 19. Jahrhunderts angepasst, würde ich meinen. Vielleicht könnte man das "tüchtige" streichen, denn das ist ja heutzutage jedem selber überlassen. Aber wenn man körperlich und geistig nicht 100% batterieaufgeladen ist, dann gibt man sich als Lehrer/-in ja schon nach ein paar Jahren der Berufsausübung die Kugel. 

Kati,
Ach, du bist das Gaiety-Girl?  :vibes: Ich habe diese Seite auch einmal entdeckt, den Link aber leider nicht gespeichert. Vielen Dank dafür! Ja, da findet sich wirklich einiges, was mir enorm nützlich sein wird. Super schön gemacht übrigens. Gefällt mir!

Churke

Zitat von: Cailyn am 22. August 2014, 10:48:42
Im übrigens haben sich wohl die Berufsanforderungen für heutige Lehrerinnen wieder jenen des 19. Jahrhunderts angepasst, würde ich meinen.

Ich hätte auch was über die "Kindergärtnerin" schreiben können... Wobei man sich klarmachen muss, dass dieses Frauenbild wirklich als Bild zu verstehen ist. Im selben Buch, ganz hinten, weit entfernt vom Kapitel "Berufswahl", ist ein Foto aus einer sächsischen Textilfabrik. An den Maschinen arbeiten nur Frauen.
Man sieht auch bei Emile Zola, z.B. in "Germinal", wie die bürgerlichen Rollen- und Moralvorstellungen in der Tonne landen, wenn die Not regiert. Frauen, die halbnackt unter Tage in Kohlegruben schuften - auch das ist 19. Jahrhundert.

Cailyn

Interessantes Beispiel mit den halbnackten Frauen. Ja, im Krieb und in Armut ändert sich so einiges...