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Wie Bücher zu Klassikern werden. Oder: Von zeitgemäßer Moral

Begonnen von Luna, 24. April 2013, 15:28:23

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Linda

#75
Zitat von: Kati am 27. April 2013, 23:57:51
Aber Kinder verstehen auch viel falsch (wie ich Doofkopp mit meinem König, ein Irrglaube, dem ich fünfzehn Jahre nachgehangen habe.  :d'oh:).

Allerleirauh, eine Eselshaut-Variante, ist natürlich, was das angeht, auch ein Brocken. Da ist die erwachende Sexualität von Dornröschen und ihren vielen Schwestern natürlich dezenter.   :psssst:

ZitatIch hatte übrigens ein uraltes Märchenbuch von meinen Großeltern, in dem die unentschärften Versionen standen.

Wenn du es loswerden willst, nehme ich das gerne ;-)

ZitatAber das wird so oft gemacht und den "Hass" kriegen dann meistens die Originalwerke ab, die nichts dafür können.

genau das ist eines der Probleme von Interpretationen, die mit Medienmacht unters Volk gebracht werden. Etwa, dass der Froschkönig durch einen Kuss erlöst wird. Seufz.

Mondfräulein

Ich stimme zu, dass Geschichten Kindern helfen können, eigene Moralvorstellungen zu entwickeln, zu verstehen, was falsch und was richtig ist, aber Märchen halte ich dafür wiederum für ungeeignet. Ich kann mich an kein Märchen erinnern, das mir irgendwelche Moralvorstellungen vermittelt hätte, nun gut, ich weiß jetzt, dass man niemandem einen vergifteten Apfel schenken sollte, aber ich hoffe ja, dass das ohnehin kein Kind vor hatte. Märchen entstammen nunmal ihrer Zeit und damals hatte man andere Vorstellungen von Moral und Werten. Ich will nicht sagen, dass Märchen falsche Vorstellungen davon vermitteln, keinesfalls, aber wenn ich an die Bekanntesten Märchen denke... mit ein wenig gutem Willen kann man sagen, dass Fleiß und Ordentlichkeit gefördert werden.

Sind neuere Geschichten nicht viel eher für solche Zwecke geeignet? Geschichten, die gezielt dafür geschrieben wurden und kindgerechte Situationen wiederspielen, in denen ein Kind zum Beispiel lernen kann, dass man sich nicht verprügeln sollte, dass es manchmal besser ist, miteinander zu reden oder einen Erwachsenen um Hilfe zu bitten, wenn man geärgert wird. So etwas geht mit Geschichte gut, aber nur mit den Richtigen.

Ich halte es nicht für falsch, Kindern Märchen vorzulesen, ich habe sie früher auch geliebt, aber dann bitte nur die entschäften Varianten, bis sie alt genug sind, um das alles differenzierter zu betrachten.

Ich glaube nicht, dass Kinder von Schwarz-Weiß-Malerei viel profitieren. Auch kleine Kinder verstehen gut, dass man zum Beispiel andere nicht hauen sollte, nicht, weil es einfach böse ist, das ist auch vielleicht etwas zu abstrakt, sondern weil es ihnen weh tut. Ist es nicht sinnvoller, einem Kind beizubringen, dass andere Kinder eben traurig sind, wenn man ihnen die Sandburg kaputt macht und die Schippe klaut, als dass man ihnen sagt, dass man das nicht tun soll, weil es eben die böse Königin tut? Ich zumindest hätte irgendwann gesagt, dass ich dann lieber die böse Königin sein will. Böse ist für mich allgemein ein Begriff, der selbst fast zu abstrakt ist, um von mir verstanden zu werden, ich glaube gar nicht, dass etwas wirklich böse sein kann. Natürlich, ich kann böse auf meinen Freund sein, ich kann zu ihm böse sein, aber ich bin deshalb nicht durch und durch böse.