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Der Vampir in einer Identitätskrise

Begonnen von Sebastian, 29. Dezember 2010, 16:45:08

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Sorella

 :hmmm: Neutral betrachtet hat doch die Biss-Reihe eine riesengroße Menge an (zumeist weiblichen) Lesern generiert, die seit Jahren keine Bücher mehr in die Hand genommen hatten. Dafür sollten wir als Fantasy-Autoren dankbar sein. Und wenn das Thema so polarisiert, wie man auch an den Reaktionen dieses Threads erkennen kann, um so besser für uns.

Wir sind mächtig, denn wir können genau den echten "Bad boy" erschaffen, nach dem viele verlangen. Oder eben die Antigeschichte für diejenigen schreiben, die den ganzen Kitsch verabscheuen. Der Markt ist auf jeden Fall da, wie man sieht.

Zum Weichspül-Vampir habe ich persönlich zwei Herzen in der Brust:

Das der Leserin:
Natürlich habe ich alle vier Bände gelesen und besonders der erste hat mich sehr begeistert. Im weiteren Verlauf haben Edi und Bella allerdings schon leichtgradig zu nerven begonnen. Die Filme kann ich nur auf Englisch ansehen, weil die deutsche Synchronstimme von Edi zum Ko.... ist. Da wünsche ich mir meinen geliebten Spike (der bad boy von Buffy) wieder her, der ihm richtig "eine einschenkt" (=Orig. oberpfälzer Redensart).  :pfanne:

Das der Autorin:
Ich habe ausnahmslos vor jedem Menschen allergrößten Respekt, der es geschafft hat einen Roman
a) fertig zu schreiben.
b) in einem Verlag (ohne es selbst zu bezahlen) zu veröffentlichen.
Vampire dürfen unter diesen beiden Voraussetzungen dann auch sein, wie es der Autor will, finde ich.

Lomax

Zitat von: Grey am 02. Januar 2011, 20:43:54Aber stell dir mal vor, du würdest plötzlich unfreiwilligerweise zum Vampir - wieso sollte da plötzlich die Persönlichkeit verloren gehen, die du als Mensch hattest?
Nun, da du mit dem Zitat ja schon den Bogen zu Xaverines Post geschlagen hast, bietet sich das gut an, um deine Frage umzukehren: Wenn man also schon mit dem Werwolf das Beispiel für die Verwandlung hat, bei der die "Persönlichkeit" zum guten Teil verloren geht und das Monster zum Vorschein kommt - warum sollte sie ausgerechnet beim Vampir erhalten bleiben, nachdem der ja vorher schon verstorben ist?
  Interessante Figuren sind immer ein Vorteil, und man kann mit dem Vampir sicher eine Menge machen. Man kann ihn auch vielschichtig "böse" wirken lassen. :snicker: Aber einen wirklichen Grund, warum er sich noch an seine vorherige menschliche Persönlichkeiten gebunden fühlen müsste, sehe ich eigentlich nicht. Man muss sich nur mal überlegen, wie sehr sich das Wesen und die "Persönlichkeit" eines Menschen banal krankheitsbedingt verändern kann, und schon kommt man meiner Empfindung nach zu dem Schluss, dass man dieses Maß sogar um einiges überschreiten muss, um allein den Schock und die Umstellung der "Körperchemie" bei Untoten fühlbar in einen Charakter fließen zu lassen.
  Wobei natürlich der klassische "Untote" auch nicht mehr das einzige Vampirmodell heutzutage ist, aber, wie gesagt - einen (logischen und biologischen  ;)) Grund, warum sich die vorherige menschliche Natur allzu stark auswirken sollte, sehe ich eigentlich nicht. Da waren mir eigentlich schon die Rice-Vampire eher zu "weinerlich" und "menschenbehaftet".

Vivian

Zitat von: Rigalad am 02. Januar 2011, 16:16:09
Ach was. Hier soll ja niemand bekehrt werden. ;) Sinn von Diskussionen sind eben unterschiedliche Meinungen. Das hat nichts mit Unruhe stiften zu tun. Meinungsfreiheit und so.

Und auch wenn ich die Glitzervariante nicht mag, "vermenschlichte Monster" gefallen mir doch weitaus besser als diese Ursprungssagen. Fuchsfees Post unterschreib ich mal so, eine ähnliche Doku habe ich nämlich neulich, ich glaube zu Halloween, bei Galileo gesehen. Der ursprüngliche Mythos beruht doch im Grund auf dem gleichen Prinzip wie damals die Hexenverfolgung. Schlimme Dinge passieren, unwissende Menschen hätten gerne einen Verantwortlichen, also werden Vampire "erfunden" oder Frauen als Teufelsanhängerin verbrannt, weil Nachbars Kuh keine Milch gibt.
Generell könnte man also bei allem, was mit Magie zu tun hat, auch sagen: Uh, das ist aber doof, warum sind die heutigen Hexen keine Satansbräute mehr? :) Warum würde Gandalf nicht verbrannt?

Das ist jetzt alles etwas übertrieben ausgedrückt, aber ich finde, Entwicklungen gehören eben auch da dazu. Die ganze Menschheit entwickelt sich weiter. Die Kulturen. Ob Entwicklungen nun besser oder schlechter verlaufen sind, ist letztlich eine Geschmacksfrage.

Der letzte Abschnitt hat mir auch schon einer gesagt.  ;) Und da steckt was Wahres dahinter. Deswegen unterschreibe ich das auch sehr gerne.

ZitatAber stell dir mal vor, du würdest plötzlich unfreiwilligerweise zum Vampir - wieso sollte da plötzlich die Persönlichkeit verloren gehen, die du als Mensch hattest?

Deine Persönlichkeit wird so oder so stark beeinträchtigt. Am Anfang weißt du sicherlich nicht, wo dir der Kopf steht. Aber dann wird der Hunger nach Blut größer ... du mordest ... es gefällt dir ... du mordest immer mehr ... wie kann da ein Hauch von Mensch in dir stecken bleiben? Wenn ich mir vorstelle, ein Vampir zu werden, würde ich mich meiner neuen Sucht völlig hingeben. Als Vampir bist du dazu verdammt, zu töten, egal ob Mensch oder Tier. Oder gar beides, je nachdem. Irgendwann wird die alte, menschliche Persönlichkeit so verschmutzt und verdorben sein, dass man sich kaum noch daran erinnern kann, wie es ist, am Leben zu lassen. Und Mitleid zu hegen. Ich würde mich so verhalten, das ist meine eigene Vorstellung von der Entwicklung eines Jung-Vampirs. Es ist das gleiche wie beim Werwolf, nur dass er noch die Verwandlung durchmachen muss, die wahrscheinlich tausendmal schlimmer ist als jeder Mord, den er unfreiwillig begeht.
Und ich denke, im Laufe der Jahre, wenn der Vampir schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, werden die Erinnerungen an sein altes Leben und seine menschlichen Züge allmählich verblassen. Das ewige Morden belastet einen. Vor allem jemanden, der keine andere Wahl hat, als sich seiner neuen inneren Bestie zu stellen. Es ist natürlich interessant zu sehen, dass ein Vampir wie in den Twilight-Büchern wirklich derartige menschliche Züge hat, dass man ihn kaum mit einem Vampir vergleichen kann. Diese Entwicklung fand ich z.B. sehenswert, dass es Vampire gibt, die sich nach ihrem alten Leben sehnen. Solche gibt's ja auch. Solange es nicht unlogisch wird und der Charakter glaubwürdig und sinnvoll rüberkommt, finde ich es ok.

Aber nichtsdestotrotz sind Vampire und Werwölfe reine Erfindung des Menschen, um Dinge aufzuklären, für die man keine Erklärung fand. Wie es Rigalad schon deutlich in ihrem Post geschrieben hat, suchte man immer einen Schuldigen. Und wenn sich keiner finden lässt, warum nicht etwas erfinden, sich seinen Vorstellungen und Ängsten hingeben? Das habe ich auch oftmals erzählt bekommen und durch etliche Dokus herausgefunden.

ZitatDas beide in ganz vorzügliche Horrorgestalten abgeben können, aber nicht müssen, hat die Literatur in ihrer bisherigen Geschichte ja an mehreren Stellen bewiesen.

Genau, sie MÜSSEN nicht. Wir haben eine Phantasie, warum sie nicht einsetzen? Jeder hat seine eigene Vorstellung von den Vampiren und Werwölfen. Und bis jetzt hatte ich wirklich nie etwas gegen die Wandlung der beiden Wesen, nur ist es halt nicht mein Ding. Das heißt aber nicht, dass ich jedes Buch deswegen blöd finde. Ich habe die Biss-Bücher gelesen und fand sie sehr gut.