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Absatz, wann und wo?

Begonnen von Czara Niyaha, 16. Mai 2018, 18:21:49

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Czara Niyaha

Huhu, ich bin gerade echt am Verzweifeln!  :brüll:
Ich hoffe ihr nehmt mir meine Frage nicht übel, da es für viele von euch vermutlich eine Selbstverständlichkeit ist und ihr euch nicht (mehr) diese Gedanken beim Schreiben macht. Ich bin derzeit dabei mein "Schmetterlingsmädchen" zu überarbeiten. Und ja, das ist mein erstes wirklich großes Projekt.  ;)
Obwohl ich bereits einiges gelernt habe hier im Forum, habe ich noch diverse Unsicherheiten beim Formulieren, Ausdruck, Grammatik, sowie Textformatierung. Und genau da ist mein Problem: Ich bin mir öfters unsicher wann und wo genau ich einen Absatz machen muss. Anfangs habe ich viel zu viele Absätze gemacht, die mehr für Verwirrung als Verständnis gesorgt haben.
Damit ihr mein Dilemma besser nachvollziehen könnt, hier ein Textbeispiel von meiner Geschichte: Hinweis: Dieses Kapitel ist aus Arancks Sicht geschrieben!

...
,,Milele Chidera?" wiederholte Aranck und schüttelte verwundert den Kopf. ( Absatz)
Siara schmiegte sich enger in seine Umarmung. ,,Das, was ich dir jetzt anvertraue, ist nicht vielen bekannt, und jene, die in Kenntnis über diesen Vorfall sind, die behüten dieses Geheimnis und gehen alle erdenkbaren Wege, damit die Wahrheit auch weiterhin im Vergessen ruht", begann sie zu erzählen und schaute Aranck an. Ihr Gesicht zeichnete sich in ernster Mimik. ,,Ich kann dir jedoch mit Gewissheit sagen, dass das Projekt Milele Chidera vor mindestens achthundert Jahren ins Leben gerufen wurde", redete sie schließlich weiter. ,,Eine auserwählte Gruppe der brillantesten Wissenschaftler im Bereich der Biochemie, Technik sowie Programmierung verfolgten den Plan, ein Wesen zu entwickeln, welches das menschliche Dasein in den Schatten stellen sollte. Sie hatten Visionen, ein gottähnliches Wesen zu erschaffen, das nicht nach freiem Willen handelte, sondern die Befehle seiner Schöpfer ausführte." Allein der bloße Gedanke, über welch erdenkliche Macht ein Mensch verfügte, wenn ihm keine Grenzen gesetzt waren, ließ Aranck erschauern. ( An dieser Stelle bin ich mir unsicher, wenn ich jetzt aus Arancks Sicht schreibe was er denkt/fühlt bei Siaras Worten. Muss ich das in einen extra Absatz setzen oder nicht? Siara ist nach wie vor die Person, die spricht!) ,,In vereinter Zusammenarbeit schafften es die Visionäre, einen sehr komplexen Quellcode zu entwickeln, der über logisches Denken weit hinausgeht." Aranck liebte Siara mehr als sein eigenes Leben, aber manchmal weilte sie mit ihrem Geist in Dimensionen, in die er ihr nicht folgen konnte. ,,Stell dir vor, dass dieser Code, der in seiner damaligen Version auch als der Urcode bezeichnet wurde wie die Seele von Milele Chidera ist."

Das ist jetzt nur ein Beispiel unter vielen! Ich habe öfter Szenen, wo ich mir nicht sicher bin wo ich den Absatz mache, wenn Person A etwas sagt, und Person B darauf irgendeine Reaktion zeigt, aber Person A im Anschluss noch weiter redet. Ich habe auch schon in diversen Büchern geblättert, um mir Anregungen zu holen, aber irgendwie komme ich bei meiner eigenen Geschichte nicht wirklich weiter. Vielleicht sehe ich aber auch nur vor lauter Worten die Logik nicht?! Ich weiß es nicht...  :wums:






Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Sprotte

Ich gebe auch stummen Dialoganteilen (Figur B nickt oder denkt sich was eigenes dazu.) einen eigenen Absatz. Auch um optisch längere Erklärungen nicht zu einer Bleiwüste ausufern zu lassen.

Zit

Das ist wirklich eher Geschmackssache. ;D Stimme Sprotte allerdings zu, dass gerade bei deinem Beispiel mit einem großen Redeblock, Arancks stumme Dialogteile einen Zeilenumbruch davor und danach verdienen.

Und weil wir hier ja an sich keine Textberatung machen, es aber auch schön zum Thema passt: Den Redeblock könntest du auch etwas zusammenkürzen. Meinem Geschmack nach sind da zu viele ablenkende Inquit-Formeln drin, die ich persönlich eher da bräuchte, wo sich Siaras Rede und Arancks Gedanken abwechseln. Das würde dann auch kleinere Blöcke (was du Absätze nennst) ergeben, die besser fürs Auge sind.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Carolina

Es gibt viele Situationen, in denen man frei entscheiden kann. Im Zweifel mache ich lieber mehr Absätze, weil das leserfreundlicher ist. Lange Blöcke lesen sich schlecht. Manchmal unterbreche ich auch jemanden, der lange reden will, damit er eben keinen Block produziert. Das kann dann eine kleine Bemerkung vom Gegenüber sein. "Was?", fragte sie entsetzt. "Das hast du wirklich erlebt?"
Natürlich nicht ganz so banal, wie in dem Beispiel, aber es lockert auf.

Alana

#4
Ich mache auch eher viele Absätze, immer, wenn jemand anderes spricht oder stumm reagiert oder wenn ein neuer Gedanke beginnt oder eine neue Handlung passiert etc. Lange Blöcke habe ich eigentlich fast gar nicht. Künstlich unterbrechen tue ich die jedoch nicht, wenn sie auftreten. Ich frage mich dann eher, ob ich an dieser Stelle vielleicht ins Schwafeln gekommen bin und die Stelle insgesamt besser schreiben könnte. Oft, wenn jemand so lange redet, ist das ein Zeichen dafür, dass er den Erklärbär macht und man die Stelle vielleicht anders vorbereiten muss, damit nicht so viel erklärt werden muss, oder auch dafür, dass in der Szene zu wenig passiert. Manchmal lässt es sich aber nicht vermeiden. Gerade bei langen Erzählungen von Figuren in direkter Rede, wenn sie sehr atmosphärisch und schön zu lesen sind (kein Erklärbär!), würde ich auch lieber nicht unterbrechen und auch Dinge wie "redete er weiter" weglassen, dann kann der Leser genauso einsinken wie in einen Fließtext.
Alhambrana

Waldhex

Schließe mich meinen Vorrednerinnen an, ich würde an der Stelle auch einen Absatz machen, besser gesagt einen vorher einen hinterher.

Czara Niyaha

Danke für eure hilfreichen Tipps und Anregungen!  :) Allmählich bekomme ich den Durchblick!
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Gizmo

In der Regel mache ich keinen Absatz, wenn Körpersprache / kurze Gedanken derjenigen Person in die wörtliche Rede eingeschoben sind, die gerade spricht. Ich mache dann einen Absatz, wenn der Gesprächspartner etwas denkt / tut. Unglaublich ödes Beispiel:

Anja deutete auf die Tür. "Es ist wunderschönes Wetter."
Boris sah lustlos zum Fenster hinaus.
"Komm schon, ein wenig Bewegung wird dir gut tun", redete sie weiter.

Manchmal mache ich Absätze in einer wörtlichen Rede, wenn ein Charakter lange spricht und mehrere Sinnschritte durchläuft. Allerdings versuche ich so lange Monologe nach Möglichkeit zu vermeiden. Im Allgemeinen neige ich auch dazu, eher viele Absätze zu machen, da ich auch nicht gerne Texte lese, die als massiver Block daherkommen.
"Appears we just got here in the nick of time. What does that make us?"
"Big damn heroes, sir!"
- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"

Kunstmut

#8
Absätze sind ein spannendes Thema. Für Onlinetexte gilt ja grob: 1000 Worte auf einer Seite, serifenlose Schrift und Absätze, die grob zehn bis fünfzehn Zeilen lang sind. Wobei für den Effekt einzelne Zeilen hervorgehoben werden können. Das gilt für das Lesen am Monitor. Bei Printprodukten braucht man eigentlich eine gut lesbare Schrift mit Serifen, dazu einen Satzspiegel, der zur Buchseitenmitte hin nicht die äußeren Ränder frisst. Sonst muss man dem Buch beim Lesen das Rückgrat brechen, und gerade bei kleinen, dicken Taschenbüchern können sich dann die ersten Seiten lösen.

Ich hab mal in ein paar Bücher aus meinem Regal geschaut: Dostojewski - Schuld und Sühne, Paolini - Eragon, Eco - Der Name der Rose, Le Guin - Erdsee, Tolkien - Lord of the rings, und Kinder Hurins, Lem - Der Schnupfen, Rothfuss - Die Furcht des Weisen Band 2, Stroud - Bartimäus 1,  Lukianenko - Der falsche Spiegel,  Glukhovsky - Metro 2033, Anaconda Verlag Doyle - Sherlock Holmes Gesammelte Werke, Ende - Die unendliche Geschichte

Ergebnis: Alle Bücher haben auf der rechten Seite die Blocksatzkante. Wie mit dem Lineal gezogen. Auf der linken Seite war bei manchen Büchern der Sägefisch ausgelassen zugange. Bei Rothfuss hat gefühlt jede zweite Zeile einen Einzug. (Aber das ist auch der Mann mit den tausend Kurzkapiteln). Der krasse Gegensatz ist die Dostojewski Ausgabe von 1971. Kleines handliches Buch, 700 Seiten, und zwischendurch gibt es Passagen, die wirklich Blocksatz sind. Da kann man auch links das Lineal ansetzen. Was beim Lesen übrigens nicht stört.

Grundsätzlich scheint es zwei Standards zu geben: Bei Fließtext wenigstens so ein bis zweimal ein kleiner Einschub als Lesestütze auf der linken Seite. Nur bei alten Büchern oder wissenschaftlichen Büchern gibt es seitenweise Blocksatz und Winzschrift, um vermutlich Kosten zu sparen. Bei neueren Büchern, gerade Fantasy, ist das Format größer, und vor allem ist die Schrift um zwei Stufen größer. Es kann also sein, dass man für ein altes kleines 300 Seiten Science Fiction Taschenbuch genauso viel Lesezeit benötigt, wie für einen modernen 600 Seiten Fantasyroman.

Grundsätzlich ist das Layout ja Geschmackssache. Mein Alltime Favorit bleibt natürlich Die Klippenland Chroniken. - Sauerländer Verlag. Die Dinger sehen wunderschön aus, sind wertig verarbeitet und machen alles richtig, was Bücher richtig machen können. Vom neutralen Standpunkt aus gesehen, sollte sich jeder an der Hobbit Presse Klett Cotta (Bakker - Krieg der Propheten) oder an den dtv Büchern (Thomas Hardy) orientieren. Ebenfalls klasse sind diese Anaconda Klassikerbände: Doyle, Kafka, Poe usw.

Die englische Herr der Ringe Ausgabe ist hart an der Schmerzgrenze, weil der Text zuweit in die Mitte läuft. Die Unendliche Geschichte hat zwar den schönsten Text, aber dieser ständige blau-orange Wechsel geht auf die Augen. Ich bin der Meinung, dass ein Text optisch angenehm wirken muss, dann sind die Absätze fast egal. In manchen Texten beginnt eine neue Dialogzeile noch in derselben Zeile. In anderen Texten, speziell Der falsche Spiegel werden mehrere Zeilen in Folge nur so drei bis fünf Worte verwendet. Ich schätze, es hängt auch von der Textmasse ab.

Gegenbeispiel zum falschen Spiegel ist Heitz - Der Krieg der Zwerge. Hat fast 600 Seiten samt Leseprobe für einen weiteren Heitz Roman. Der Piper Verlag macht hier einen eleganten Trick - jetzt, wo ich mir das mal bewusst im Vergleich anschaue, fällt mir das erst auf. (Welcher Leser achtet schon auf Absätze, wenn er in der Handlung voll drin ist? Rechtschreibfehler sind da sicherlich unangenehmer). Die Längsseite ist erhöht, wodurch der Text nicht massiger wirkt, obwohl da mehr steht. Und dann wird auch regelmäßig die gesamte Zeilenbreite genutzt, um all den Text unterzubringen. Ziemlich clever, denn die Bücher sind gerade noch so Rucksack freundlich für unterwegs. (Ich gebe zu: So schön manche Bücher Zuhause wirken - die etwas kleineren handlichen Bücher sind mir lieber).

Noch eine Ergänzung: Anscheinend beginnt man bei wörtlicher Rede genau dann die neue Zeile, wenn der Sprecher wechselt. Was auch Sinn ergibt, weil man nicht ständig "sagte er/ fragte er" gebrauchen muss, da der Sinn klar bleibt. Wer redet gerade? Ist es derselbe Sprecher, wird die aktuelle Zeile weiterverwendet. Rothfuss macht das andauernd, um Gespräche besser zu beschreiben, um auf natürliche Weise Zögern oder Überlegen einzubauen.

"Was denn?", seine Augen nahmen einen schelmischen Glanz an, als er den Fragesteller von der Seite spöttisch musterte. "Reichen dir diese weitschweifigen und - unter uns gesagt - nerdigen Erklärungen noch nicht aus? Lass das bloß nicht die hübschen Mädchen und Jungen hören, sonst lachen sie dich aus! Und lies einfach mehr Bücher, dann muss ich dir nicht immer wie so ein Verkäufer aus einem Rollenspiel die Welt erklären."
"Aber ... aber, ich also, ich hab dich doch gar nicht gefragt. Du hast von selbst geantwortet!" Das blassviolett angelaufene Karmoffel zog die Stirn in Falten und hätte ärgerlich gewirkt, wenn es nicht so nervös gewesen wäre. "Fort mit dir du Scharlatan!"
Aber da das Karmoffel oder Karmuffel seine kleine Faust in die falsche Richtung drohend schüttelte, war der Schelm schon verschwunden.


Sprotte

Zitat von: Kunstmut am 21. Mai 2018, 22:46:42
Noch eine Ergänzung: Anscheinend beginnt man bei wörtlicher Rede genau dann die neue Zeile, wenn der Sprecher wechselt.

Lass das "anscheinend" weg, dann stimmt es, und genau darum geht es in diesem Thread: Verdient auch ein stummer Dialoganteil einen eigenen Absatz?

Tigermöhre

Zitat von: Kunstmut am 21. Mai 2018, 22:46:42
Die Unendliche Geschichte hat zwar den schönsten Text, aber dieser ständige blau-orange Wechsel geht auf die Augen.

Kurzes OT: Dann hast du die falsche Ausgabe. ;)
In der Originalausgabe ist die Schrift rot-grün (Genauso, wie im Buch beschrieben) und ich fand gerade das Grün sehr angenehm zu lesen.
Von der orange-blauen Ausgabe habe ich aber bislang wirklich nur schlechtes gehört. Noch schlimmer ist wahrscheinlich nur die kursiv/nicht kursiv Ausgabe, von der mir ein Bekannter mal erzählte.