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Definition von Stil

Begonnen von Lord Zahnstocher, 28. Februar 2008, 22:02:41

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Lord Zahnstocher

Hi Leute ,

Ich wollte hier mit einem neuen Thema anfangen und bitte um Entschuldigung für meine evtl. Wortkargheit . Also es geht um Folgendes :
Ich weiß zwar vaage was es mit Stil auf sich hat , bin mir aber nicht ganz sicher im Bezug auf die Definition , bzw. auf seine Arten . Könntet ihr mir vielleicht eine Hilfestellung in diese Richtung geben und vielleicht Beispiele für (aus eurer  Sicht ) gute und schlechte Stile aufführen .
Das währ nett .
( verzeit meine Unwissenheit ich weiß , dass das hier keine Schreibschule ist )

best gewünschte ( aber verängstliche Grüße vor Motze )
                            Lord ihr-wisst-schon-wer

Maja

Puh, niemand kann behaupten, du hättest dir kein schwieriges Thema ausgesucht!
Stil ist sehr schwer zu definieren, wenn du mich fragst - man muß erst mal unterscheiden zwischen sprachlichem und inhaltlichen Stil. In jedem Fall ist es das, was der Autor als persönliche Note in sein Werk einbringt. Jeder hat einen Stil, mehr oder weniger individuell ausgeprägt, auch Anfänger - die haben dann einen typischen Anfängerstil, der noch nicht so fein ausgearbeitet ist, aber schon die Tatsache, daß man beim Lesen merkt, ein Anfängerwerk vor sich zu haben, ist ein Zeichen dafür, daß man den Stil unbewußt analysiert hat. Ich merke auch am Stil (am sprachlichen), ob ich ein übersetztes Werk vor mir habe oder eines, das in seiner Originalsprache vorliegt.
Stil verrät, wie strukturiert Autoren denken oder ob sie flatterhaft von Gedanken zu Gedanken hüpfen wie der Schmetterling von Blüte zu Blüte, verträumt, assoziativ oder streng und gradlinig...

Einzlene Stile lassen sich besser beschreiben als Stil als Ganzes, vielleicht, weil Stil an sich so etwas individuelles und Ideelles ist. Man kann ihn nicht fassen, aber man kann ihn bewerten, man urteilt instinktiv, ob man einen Stil gut oder schlecht findet (wobei unterschiedliche Leute unterschiedlich urteilen können).
Aber so instinktiv man in seinem eigenen Stil schreibt, er läßt sich in seiner Entwicklung bewußt steuern. Ein Autor wählt vielleicht seine Wörter automatisch, aber er hat es selbst in der Hand, ob er lange oder kurze Sätze schreibt, wie viele Metaphern er verwendet und vor allem, wie viele Adjektive. Als ich das erste Mal unsere Lavendel einen Text habe lesen hören, ist mir aufgefallen, daß sie kaum ein Nomen ohne beschreibendes Adjektiv und kaum ein Verb ohne beschreibendes Adverb verwendet. Aber sie macht das durchaus bewußt und mit Absicht, glaube ich. Während ich durchaus bewußt Halbsätze aneinanderkette als gebe es kein Morgen, und auch unabhängig davon, ob sie inhaltlich zusammenhängen.

Typische Kennzeichen sprachlichen Stils sind also Sachen wie
- Satzlänge, -struktur und -aufbau
- Häufigkeit von Adjetiven, Adverben
- Verwendung von Metaphern und Bildern
- Wörtervielfalt und Worthäufigkeit

Typische Kennzeichne inhaltlichen Stils sind Sachen wie
- Häufig wiederkehrende Motive
- Häufigkeit und Ausführlichkeit von Beschreibungen
- typische Plotwendungen
- Charakterstereotypen
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Kalderon

Hi,

ich hatte mich im Federfeuer mal an eine vage Definition gewagt. Folglich werde ich nicht alles neu schreiben, sondern den Beitrag etwas umschreiben und dann auch hier posten:

,,Was ist Stil?"

Ab und zu fallen von Autoren Sätze wie: ,,Man muss darauf aufpassen, seinen Stil nicht zu verlieren." oder ,,Wenn ich noch mehr ändere, verliere ich meinen Stil."
Doch was ist eigentlich Stil? Wie bekommt man ihn? Und kann man Stil klauen oder gar verlieren?

Frage 1: "Was ist eigentlich Stil?"
ZitatIn den Sprachwissenschaften ist der Duktus ein bestimmtes Charakteristikum beim Schreiben oder beim Sprechen.
-   Wikipedia

Aufgrund unseres Autorendaseins konzentrieren wir uns auf das ,,Charakteristikum beim Schreiben".

ZitatIn der Handschrift bezieht er sich auf die Führung der schreibenden Hand und meint den Schreibstil, das Charakteristische einer persönlichen Handschrift.
-   Wikipedia

Die Handschrift interessiert uns an dieser Stelle nicht. Folglich liegt unser Augenmerk nicht auf dem Schreibstil.

ZitatBei der Sprache bezieht sich Duktus auf den Ausdruck des Gesprochenen oder Geschriebenen und meint den Sprachstil, das Charakteristische einer persönlichen Sprache, d.h. die Art zu sprechen, zu reden, zu schreiben.
-   Wikipedia

Richtig: Der gemeine Autor ist interessiert am ,,Sprachstil."
Doch wie erkennt man den Sprachstil eines Autors? Was sind die Charakteristika eines Textes? Oder besser: Was ist Stilistik?

ZitatDie Stilistik befasst sich u.a. mit den Variationen des Stils einer Sprache und seinem Gebrauch. Dabei werden sowohl schriftlich niedergelegte Texte erfasst, als auch der mündliche Gebrauch[...]. Bei der Stilistik geht es [...]um unterschiedliche Anwendungen der Sprache abhängig von Kontext oder Situation.
[...]
Weitere Themen[...]: Stil eines Autors, eines Genres, einer Zeit, der Alltagssprache, der Wissenschaftssprache, etc. [...]Je nach dem, welche Themen im Vordergrund stehen, hat man es eher mit einer linguistischen (nichtliterarische Texte) oder literaturwissenschaftlichen Stilistik (literarische Texte) zu tun.
-   Wikipedia

Bisheriges Fazit: Da es sich bei Romanen um literarische Texte handelt, beschäftigt sich der gemeine Autor mit der literaturwissenschaftlichen Stilistik. Damit ist die Frage nach den Charakteristika eines Textes und nach der Frage ,,Was kennzeichnet Stil?" jedoch nur sehr unbefriedigend beantwortet.

Doch auch dem kann man Abhilfe leisten:

ZitatZur Stilistik gehören die Untersuchung der Wortwahl, der Intonation, der Rhythmik, des Satzbaus und ähnlicher Eigenschaften abhängig zum Beispiel von Tradition, Zeitperiode und Genre.
-   Wikipedia

Ist Stil also die persönliche Art und Weise, wie ein Autor mit verschiedenen Mitteln der Sprache einen Kontext zu vermitteln sucht?
Wir nehmen dies vorerst als mögliche Antwort.

Frage 2: ,,Wie erlangt man Stil?"
Das ist ein lustiges und zugleich frustrierendes Thema. Es gibt einige ,,Autoren", die behaupten, sie hätten ,,Stil". Nun, wie aus unserer Bezeichnung dessen, was Stil ist, hervorgeht, mag das stimmen. Was diese Autoren jedoch meinen ist, sie hätten einen ,,guten Stil".

In meinen Augen ist Stil so etwas wie ,,Persönlichkeit". Stil und Persönlichkeit müssen sich entwickeln, herauskristallisieren, festigen.

ZitatDer Anfänger beginnt am besten damit, dass er sich entschlossen von allem abwendet, wovon die Leute meinen, es kennzeichne den Stil: von allen Manierismen, Ausschmückungen und Tricks. Stil entsteht durch Klarheit, Einfachheit, Aufrichtigkeit und Ordnung... Reich geschmückte Prosa ist schwer zu verdauen, meinst unbekömmlich und manchmal zum Erbrechen.
,,Aber", könnte der studierende sagen, ,,was, wenn das Experiment meine natürliche Ausdrucksweise ist, wenn ich ein Pionier bin oder gar ein Genie? Antwort: ,,Dann sei eins. Vergiss aber nicht: Was wie eine Pioniertat aussieht, ist vielleicht eine Ausflucht, oder Faulheit, oder die Abneigung, sich einer Disziplin zu unterwerfen. Gutes, richtiges Englisch zu schreiben ist durchaus nicht selbstverständlich, und bevor du so weit bist, wirst du durch genügend raues Land gereist sein, um deinen Abenteuerdurst zu stillen.
-   E. B. White, An Approach to Style (Aus "Deutsch für Kenner" – Wolf Schneider)

Damit halte ich diese Frage für beantwortet.

Frage 3: ,,Kann man Stil klauen/kopieren?"
Die Frage ist schnell beantwortet. Und zwar mit einer Gegenfrage: Kann man Persönlichkeit klauen oder kopieren? Nein. Es gelingt nicht. Und ein Grund, warum dies nicht funktioniert wird in der Antwort auf die nächste Frage gegeben.

Frage 4: ,,Kann man seinen Stil verlieren?"
Eine interessante und beunruhigende Frage, deren Antwort ich zu geben versuche: Stil bleibt nicht. Stil verändert sich, so wie die eigene Persönlichkeit. ,,Weiterentwicklung" ist das Stichwort. Ob das schlecht ist oder nicht, ist immer unterschiedlich, so unterschiedlich wie die Meinungen darüber, was gut und was schlecht ist.

Und an dieser Stelle möchte ich den Vortrag gerne beenden.

Wenn ich total auf dem Holzweg bin: Irren ist menschlich, und ,,schlechte Recherche" mein zweiter Vorname. ;)


Liebe Grüße: Kalderon

Silabaron

Hallo,

vielleicht hilft dir Ludwig Reiners Stilfibel (ISBN-10: 3423300051) weiter. Das Buch beschreibt recht verständlich, was Reiners unter Stil versteht und ist nach meiner Meinung ein "muss" für jeden Autor.

Viele Grüße,

Dieter.








saraneth

Hallo Lord Z,

wenn es dir nur auf die Definition ankommt, kannst du auch mal bei wikipedia reinschauen: http://de.wikipedia.org/wiki/Stil

LG
Saraneth

Lord Zahnstocher

Danke für die Antworten .
Dann nochmal ein paar Fragen .
Also :
Was die Sprache angeht . Würdet ihr abgahackte , kurze oder lange bzw. Relativsätze als den besseren Stil empfinden . Ich weiß , dass sich über Geschmack streiten lässt , aber ich meine was ist für euch angenehmer zu lesen und was könnt ihr garnicht ab ? (Ihr wisst was ich meine )

Desweiteren wollte ich fragen wie viel Beschreibung ihr vertragen könnt . Ich meine jetz nicht die Anzahl der Adjektive sondern die Länge bzw. Anzahl der Sätze die etwas veranschaulichen sollen . ( Ich habe versucht es zu beschreiben , aber mir fällt grad nichts Vernünftiges ein  :wums:)

Damit das widerrum niemand hier falsch versteht : Es geht hier um euren Geschmack , nicht um irgendwelche Streitfragen . Selbstverständlich hat jeder seine eigene Meinung , und ich will hier Meinungen sammeln , weil ich ja für eine breite Leserschaft schreiben will , und nicht für mich oder Freunde und Verwandte , die die Bücher nur lobpreisen würden , weil sie sich nicht trauen mir die Wahrheit zu sagen .

@ Maja : Welche Motive genau meinen Sie/meinst du bei >>Kennzeichen inhaltlichen Stils<< ?

Freundlichste Grüße
                               Lord Dingsbums

Ary

Hi,
zum Thema Sprache/Satzlänge/Satzbau: Das kommt für mich auf den Kontext an. Wenn ich eine actionreiche Szene selbst schreibe, dann arbeite ich meistens mit kürzeren Sätzen, um tempo reinzubekommen. Das geht allerdings auch, indem man lange Sätze sozusagen wie atemlos aneinanderreiht und nur mit Kommata voneinander trennt. Ich mische beide Varianten, beim lesen gefällt mir beides nicht immer gleich gut, da kommt es auch auf die Geschichte an.
Eine ganze Geschichte in kurzen, abgehackten Sätzen zu lesen, die viellicht auch noch immer gleich aufgebaut sind treibt mich dazu, sie ganz schnell wieder wegzulegen.

Beschreibungen: ich gehöre zu denen, für die man gar nicht genug beschreiben kann, aber auch das ist Geschmackssache. ich mag Adjektive, ich benutze sie selbst (viel zu) gern, und ich schwelge in ausschweifenden Beschreibungen, bis meine betaleser mir das Zeug um die Ohren hauen.

Grüße,
Aryana
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

zDatze

Was mir gefällt und was mir nicht gefällt, ist selbst für mich nicht so einfach zu erklären. Ich habe wirklich lange gebraucht um mir klar zu sein warum ich ein Buch nicht aus der Hand legen kann und ein anderes nach nur wenigen Seiten in der Versenkung verschwindet.
Stil ist schwer zu beschreiben (wie bereits viele andere hier erwähnt haben), aber für mich sind wirklich wichtige Kriterien der Lesefluss und die Stimmung des Textes. Manchmal reichen ein paar wohlgewählte Worte, um einen in den Bann zu schlagen, doch auch nur ein falsches Wort am falschen Platz macht alles kaputt.

Beschreibungen sind auch eben geschmackssache, aber das weißt du ja selber. Wenn jemand gut beschreiben kann und es nicht gekünstelt oder zwanghaft rüber kommt, dann nur her damit.  ;) Nur manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass viele versuchen krampfhaft etwas zu beschreiben, oder einfach in Klischees abrutschen. Ich finde es nicht sonderlich schön soetwas zu lesen.

Oft stört mich auch einfach die "Sprache" eines Textes - wenn nicht anspruchsvoll geschrieben wird und die Spannung an einem abperlt. Durchschaubare Plots, typische Charas usw. sind absolutes No-Go bei mir.
Oder auch wenn hunderttausende Vergleiche in einem Buch vorkommen. Diese "Ihre Haut war blass wie Elfenbein." Wenn es bewusst gesetzt wird um einen Effekt in der Geschichte zu erzielen, kein Problemm, aber wenn es auf jeder 5.Seite vorkommt ... ::)

So das wars dann mal von mir.

Zuuk33

Hey Lord Z,

die Musik ist da sehr hilfreich, zum Vergleich, meine ich.
Bei vielen Musikern weißt du einfach, was dich erwartet, weil sie ihren eigenen Stil haben.
Bei Autoren ist das nicht anders.
Halte dich nicht mit der Definition "Stil" auf, jeder findet "Seinen" unbewußt irgentwann, oder andere entdecken ihn. Dabei kommt es nicht darauf an, ob du in langen, oder kurzen Sätzen erzählst, sondern darauf, wie du deine Storie schilderst.
Ich bin z.B. ein Fan von Tad Williams, der die Angewohnheit hat, viele Szenen in endlos langen Sätzen zu beschreiben, er ist ein Gott der blumigen Sprache. Viele Leser finden das nervendaufreibend, aber am Ende geben alle zu, das sie dadurch seine Welt fast bildlich vor Augen gesehen haben. Deshalb lese ich ihn so gerne, es ist halt sein Stil.
Mir haben meine Betaleser nachgesagt, ich sei jemand, der unerwartet viel Humor in eine Fantasygeschichte gebracht hat, auch nicht gerade üblich, und von vornherein von mir nicht beabsichtigt gewesen, tja, ist wohl mein Stil.
Jetzt schreibe ich gerade an einer Horrorfantasy, und mir selbst ist zum Erschrecken aufgefallen, das ich den Humor wieder nicht zu kurz kommen lasse, war nicht bewußt so geplant.
Was ich damit sagen will ist, beim Schreiben entwickelt sich der Stil,
ich schreibe nicht, wenn mir einer vorgegeben wird.
Gruß
J.m.Z.

Lord Zahnstocher

Hallo
Wenn einem aber der eigene Stil nicht gefällt, dann hat man ein fettes Problem.
Naja, nicht so wichtig.

Tschüss

Lisande

Zitat von: Lord Zahnstocher am 24. März 2008, 23:12:30
Hallo
Wenn einem aber der eigene Stil nicht gefällt, dann hat man ein fettes Problem.
Naja, nicht so wichtig.

Tschüss

Ganz im Gegenteil - Problem erkannt, Problem gebannt, oder wie sagt man so schön? So einfach ist es natürlich nicht, aber wenn man schon mal rausgefunden hat, dass man mit seinem Stil ein Problem hat, dann kann man was dagegen tun. Und zwar ganz in Ruhe analysieren, was einen eigentlich stört, oder auch mit den Werken anderer, die man mag, vergleichen und schauen, wo die Unterschiede sind.

Und wenn man das Schreiben ernst nimmt, dann sollte man auch die Zeit investieren die es braucht, um den Stil zu verbessern. Das ist bestimmt nicht leicht und schon gar nicht schnell erledigt, aber es sollte helfen, für die Zukunft Frust zu vermeiden - auch wenn der Weg dorthin durchaus frustbelastet sein wird. Aber niemand hat je behauptet, dass schreiben - und gut schreiben - einfach ist!