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Beherrsche ich eigentlich die deutsche Sprache?

Begonnen von Feuertraum, 08. Januar 2017, 12:10:30

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Nebu

*wühl buddel Thread ausgrab*

Ich bin mit meinem Wortschatz, wenn ich schreibe und Zeit zum Grübeln und Konstruieren habe, schon recht zufrieden - das Dumme ist nur: Manchmal liest es sich dann auch konstruiert und unnatürlich.
Ich habe meinen Deutschlehrer früher zur Verzweiflung getrieben, weil ich im Diktat immer fehlerfrei war, aber nie erklären konnte, warum wo ein Komma steht oder nicht. Es war (und ist auch immer noch) mir einfach egal, wie Grammatik begründet und bezeichnet wird. Na gut, beim Begriff des "Tu-Wortes" sträuben sich mir auch die Haare, aber gerade die verschiedenen Zeitformen und eigentlich auch alle sonstigen aus dem lateinischen oder woher auch immer stammenden Benennungen müsste ich mir wirklich wieder anlesen. (Dazu sehe ich aber keinen Grund - ich hab bis jetzt auch gut ohne dieses Wissen überlebt.  ;D)

Ich hatte auch kein Problem damit, mich in juristische Texte einzuarbeiten und entsprechend auf Juristendeutsch zu formulieren und zu antworten, aber nur, wenn ich tippen konnte. Im Dialog oder auch in einer kleinen Gruppe (und das leider auch im Gericht  :-\ ) möchte ich oft viel zu schnell viel zu viel vermitteln, sodass ich dann auf Umgehungslösungen zurückgreife und nach Herzenslust in einer hohen Geschwindigkeit Wörter wie "Dings" und "Krams" verwende, um die Welt zu erklären. Das ist immer wieder ein Punkt, an dem ich mir auch denke, dass die ganze Schulbildung doch irgendwie hinfällig war.  :schuldig:

Aber kommt es darauf an? Ist es nicht viel wichtiger, Gedanken so zu vermitteln, dass Bilder vor dem inneren Auge des Gegenübers entstehen? Muss ich dazu mit "Der Datif is' dem Genitif sein Tot" vong Grammattik her etwas anzufangen wissen? Und auch in einem Gespräch kann es charmant sein, auch mal nach einem richtigen Wort zu suchen und dafür zu pausieren. Oder im Zweifelsfall nachzulesen, ob es und wenn ja welche Synonyme für einen Begriff gibt. Und klar, Wortwiederholung hört sich auch für die nicht Grammatik-Affinen plump und wenig sorgfältig durchdacht an. Das sind aber alles Aspekte, die meine ich eher etwas mit den Techniken des Schreibens einer Geschichte zu tun haben als im Alltag ihre Anwendung zu finden.

Man kann von "Beherrschen" tatsächlich in ganz unterschiedliche Richtungen denken. Beherrscht die seit zwei Jahren in Deutschland lebende junge Mutter die deutsche Sprache, weil sie zwei Sprachkurse besucht hat? Im Ergebnis wird es sicher schon völlig ausreichen, sich im Alltag, beim Einkauf, im Kindergarten mit Muttersprachlern zu unterhalten. Das ist eine Form des Beherrschens, die von der des kleinen Jungen, der gerade erst die ersten Wörter spricht, aber vielleicht schon durchaus versteht, was seine Eltern formulieren (selbst wenn es über "eidideidi" hinaus geht - was - genaugenommen - auch ich nicht verstehe  :hmmm: ).
Und dann gibt es Literaturwissenschaftler, für die es vielleicht auch wichtig ist, den Hintergrund und die Entwicklung eines Wortes, Begriffes, Wortstammes zu kennen. Blitz und Glühwürmchen und so.
Und ganz ehrlich: Wer es schafft, mit einem Schwarm (oder heißt es Herde? Oder gar Rudel?? ;) ) Glühwürmchen eine Stimmung zu schaffen, in der ein junges Paar glücklich in einer Sommernacht den Sternenhimmel betrachtet, beherrscht damit die deutsche Sprache um einiges besser als jemand, dessen Protagonist wie der Blitz um die Ecke sauste.  :rofl: