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Mit der Jugend starten?

Begonnen von FeeamPC, 03. Juni 2016, 10:12:58

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Angela

Fee, da sprichst du etwas an, was mich umtreibt. Ich lese sehr gerne Bücher mit Kinder- oder Jugendhelden für Erwachsene. Die Fitz-Geschichte von Hobb oder Half a King von Abercrombie wären ein Beispiel. Die Belgariad Saga, ach so viele, aber das sind amerikanische Autoren, die dürfen das wohl.
Ich würde das zu gern schreiben, denke auch, dass es Leser dafür geben würde, aber wird das in D vermarktet?

Cailyn

#16
Also ich denke, dass die Art, wie beide aufwachsen, genügend "unerwachsen" ist, um es nicht als Jugendbuch zu verstehen. Ich hätte eher Mühe mit dem Schluss. Du schreibst, sie treffen sich. Das ist schon mal schön, weil sie ja sehr unterschiedlich sind, aber als Gemeinsamkeit ihre harte Kindheit haben. Aber das ergibt ja noch keinen eigentlichen Schluss einer Geschichte. Wenn du den Mut hast, das Buch ohne Umschweife als Mehrteiler anzulegen, dann ist das natürlich in Ordnung. Aber wenn du ein Debut schreibst (sorry, ich bin gerade nicht informiert, ob du schon was publiziert hast), dann würde ich davon abraten. Dann wäre es schon besser, wenn das Buch auch für sich alleine stehen könnte. Die Frage ist dann, worauf es ausser auf ihre Freundschaft noch hinauslaufen könnte.

Eine Idee dazu wäre: Die beiden müssen irgendwie darum kämpfen, um sich aus ihrem "Gefängnis" zu befreien. Und durch einen Zufall können sie sich gegenseitig dabei helfen, das letzte Puzzlestück für ihre Freiheit zu finden. Irgend sowas vom Prinzip her.  ;)

FeeamPC

#17
Der Schluss ist zwei Bücher später, das ist alles fertig, die Trilogie knabbert nur noch an ihrem Einstieg. Und in Band 1 ist der - vorläufige - Schluss, dass beide an einem entscheidenden Punkt ihrer Laufbahn angekommen sind, ohne wirklich damit glücklich zu sein, obwohl sie oberflächlich gesehen eigentlich jubeln müssten, weil sie etwas heiß ersehntes/hart umkämpftes erreicht haben.

In der amerikanischen Literatur sind Geschichten, die mit einem jugendlichen oder kindlichen Prota starten, oft coming-of-age-stories und damit meist dem teenager = young adult Genre zugeordnet.

Slenderella

Das geht und spricht auch durchaus Erwachsene an. Hab das auch in einem Buch, daran hat sich keiner gestört.
Generell außerhalb des Fantasygenres ist es sowieso schon fast normal, aber auch im Fantasy Bereich gibt es das hin und wieder (Marion Zimmer Bradley fällt mir da ein).
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert

Alana

#19
Marion Zimmer Bradley hat das ganz oft so gemacht. Die Feuer von Troja sind ein gutes Beispiel dafür, oder Herrin der Falken. Ich persönlich arbeite auch gern mit Rückblenden, weil es, wenn es sich nicht gut einfügt, sonst die Geschichte langatmig macht. Dafür auch ein Beispiel: der Film Maleficent. Die Vorgeschichte nimmt 45 Minuten ein, erst dann hat man das Gefühl, die Handlung beginnt. Sehr schade, denn dadurch gähnt man sich durch eine eigentlich tolle Idee. Hätte man hier mit Rückblenden gearbeitet, hätte das ein richtig toller Film werden können. Wie man es macht, hängt vor allem davon ab, ob die Vorgeschichte an sich schon Handlung ist oder die Handlung nur einläutet. Wäre meine These dazu.
Alhambrana

Maja

Ich fange mit der Jugend nur dann an, wenn da etwas Plotrelevantes passiert. Ansonsten setze ich voraus, dass meine Figuren auch irgendwann mal eine Kindheit hatten. Wenn ich eine Trilogie schreibe, habe ich üblicherweise eigentlich vor, einen Einteiler zu schreiben, der dann irgendwann den Rahmen sprengt und zur Trilogie erklärt wird, ich fange also nicht an mit der Prämisse "Ach, ich hab viel Platz, fängst du mit der Geburt an".

Bei meinen "Schattenklingen" habe ich in den ersten Kapiteln meine Hochelfen als Kinder, weil das die Zeit ist, in der Amadis' Eltern niedergemetzelt werden und er in die Königsburg kommt, also durchaus eine plotrelevante Entwicklung, und wie sich Amadis und Landras kennenlernen, ist durchaus von Bedeutung für den Rest der Geschichte. Das habe ich also geschrieben, unabhängig vom geplanten Umfang, einfach weil ich es als Teil der Geschichte betrachte.

Bei den "Fälschern", die auch zur Trilogie geworden sind, habe ich hingegen nur einen ziemlich kurzen Prolog, in dem Tymur als Achtjähriger einen Gastauftritt hat, und setze danach fünfzehn Jahre später ein, wo alle meine Hauptfiguren als Erwachsene zählen. Natürlich sind in der Zwischenzeit Dinge passiert. Tymur hat mit dem Morden angefangen, Kevrons Bruder ist ermordet worden, aber irgendeine Vergangenheit hat jeder, und ich mache einen Roman nicht besser, indem ich bei Adam und Eva anfange. Irgendwo muss man den Cut setzen, und es ist möglich, Figuren einzuführen, ohne dass der Leser sie schon in den Kindergarten begleitet hat. Ein Kapitel mittendrin, das nochmal in Tymurs Kindheit angesiedelt ist, fliegt darum gerade beim Überarbeiten raus bzw. wird zum Prolog des zweiten Bandes, weil dort Dinge passieren, die auf diesem Kapitel aufbauen. Aber im ersten Teil stört es sonst nur.

Und als Leser, insbesondere wenn ich ein dickes oder mehrteiliges Werk in Angriff nehme, will, dass es mit Handlung beginnt. Ich gewinne die Figuren nicht lieber, wenn ich sie durch die gesamte Schullaufbahn und Ausbildung begleite, sondern ich will, dass der Autor in den Quark kommt. Der Protagonist macht während seiner Magierausbildung den entscheidenden Fehler und teleportiert versehentlich seinen besten Freund ins Nirva, der dann vierzehn Jahre später und keinen Tag gealtert wieder auftaucht? Dann kann man diese eine Szene als Prolog nehmen und ansonsten da einsetzen, wo der Verschwundene wiederkommt. Aber man muss nicht auch noch miterleben, wie sich der Held auf seine Aufnahmeprüfung vorbereitet, die Prüfüng besteht, die Mitschüler kennenlernt, sieben Jahre Harry Potter für Arme mitmacht, wenn eigentlich nur diese eine Szene relevant ist und die eigentliche Handlung dann kommt, wenn er lang erwachsen ist.

Mich interessiert die Kindheit der Helden nicht. Das heißt nicht, dass sich ein Autor keine Gedanken darüber machen sollte, wie die Figuren als Kinder waren, und ich habe auch kein Problem damit, wenn relevante Szenen z.B. in Form von Rückblenden vorkommen. Aber ich lerne sie lieber als gewachsene Charaktere kennen denn als Kinder und Jugendliche, weil das die Form ist, in der ich den Großteil der Zeit mit ihnen verbringen werde. Auch wenn ein Buch mehrere Teile hat, muss man nicht wertvolle Seiten und die Geduld des Lesers verplempern, indem man den ERzähleinstieg Jahre vor der eigentlichen Handlung ansiedelt.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt