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Amazon verbannt küssende Paare?

Begonnen von FeeamPC, 24. November 2015, 18:55:59

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FeeamPC

Ein anderer Verlag, der gerade eine Werbekampagne mit Amazon macht, hat geschrieben, dass Amazon offenbar Bücher in der Werbung glatt ablehnt, wenn küssende Paare oder Pistolen auf dem Titelbild zu finden sind.
Hat irgend jemand anderes davon schon gehört?
Falls das stimmt, spinnt Amazon endgültig.

Leann

Da geht es vermutlich um den Bookshouse Verlag. Ja, das stimmt offenbar, denn meine beiden BH-Romane sind auch für die E-Book-Ausgaben mit neuen Covern versehen worden. Es geht wohl nicht nur um Küssen, sondern überhaupt um nackte Haut.
Lt. Bookshouse wurde sogar ein "lustvoll" im Titel bemängelt.

JarlFrank

Ich treib mich ab und zu in Foren zu Erotik-Schreiben herum, und da wird oft betont dass man bei Amazon sehr vorsichtig sein muss, wenn man dort veröffentlicht, weil die Bücher schnell in den "Dungeon" schieben wenn sie zu explizit sind. Einerseits gibt es die Kategorie "Erotik", andererseits gibt es nochmal extra einen Filter den Amazon auch innerhalb dieser Kategorie über Bücher verhängt, die anscheinend zu unanständig sind. Dabei ist der Inhalt völlig egal, es kommt nur auf Cover und Klappentext an. Da reicht es schon, wenn man eine oberkörperfreie Frau von hinten sieht: ist zwar nur ein Rücken zu sehen, aber allein die Implikation dass sie oben ohne ist reicht wohl schon, um dem Werk einen Filter zu verpassen. Was innerhalb der Kategorie Erotik komplett sinnlos ist, weil die doch eh nur von Leuten durchsucht wird, die sowas sehen wollen!

Und wenn's da schon so aussieht, dann wird es wohl in anderen, "anständigeren" Kategorien nicht anders sein. Anscheinend wollen amazon ein familienfreundliches Image pushen, und da schieben sie Bücher, die im Cover, Titel oder Klappentext gewisse Elemente haben eben lieber in einen Filter. Ist vor allem dann nicht schön, wenn man als Autor dann die äußere Aufmachung des Buches so ändern muss, dass es dem Inhalt nicht mehr ganz so gerecht wird wie vorher, aber was will man machen.

Amber

Mann, geht's noch? Und das von dem Onlineshop, der sich mit Erotik eine goldene Nase verdient hat.

Sascha

Sorry, aber: Die haben doch ein gewisses Körperteil sperrangelweit offen.
Leider durfte ich mir letztens wieder anhören: "Ach, wie die ihr Personal oder Autoren und Verlage behandeln, ist mir doch egal. Ich bin ja nur Kunde, für mich ist Amazon praktisch."
Traurige Realität.

Nycra

Zitat von: Sascha am 25. November 2015, 12:01:05
Sorry, aber: Die haben doch ein gewisses Körperteil sperrangelweit offen.
Leider durfte ich mir letztens wieder anhören: "Ach, wie die ihr Personal oder Autoren und Verlage behandeln, ist mir doch egal. Ich bin ja nur Kunde, für mich ist Amazon praktisch."
Traurige Realität.
Oh ja, da kenn ich auch einige.

Falls das tatsächlich so ist, bin ich einfach nur traurig, weil meine Bestien damit dann endgültig in der Schmuddelecke landen, wo sie definitiv nicht hingehören. Amazon macht es mir als Autor echt schwer, überhaupt noch mit Veröffentlichungswunsch schreiben zu wollen. Ganz ehrlich, lange schau ich mir das nicht mehr an.

Nika

Was das für Filter sein sollen, möchte ich aber gern mal wissen. Ich hab jetzt mal testweise die Kategorie Bücher - Erotik - Romane & Erzählungen durchgeklickt. Seite 7, erstes Buch müsste schon bei Titel (den ich hier nicht wiedergeben möchte) und Cover (nur nackter Busen) heftigste Filter auslösen, auf den Seiten vorher gibt es mehrere spärlich bekleidete Paare, auch einige nackte Frauenrücken.

Man darf hier auch nicht zwei Dinge durcheinanderwerfen: Bei den Einschränkungen geht es um Werbeanzeigen, die auf allen Amazonseiten eingeblendet werden. Will man keine Werbeanzeige bei Amazon schalten, kann das Cover aussehen, wie es will, das stört Amazon nicht im Geringsten. Ich gehe auch davon aus, dass da kein Mensch sitzt, der die Anzeigen prüft, sondern eine Software die Bilder analysiert. Wie sinnvoll bzw. sinnlos das funktioniert zeigt sich nicht nur bei Amazon, sondern z. B. auch bei Facebook, wo ein Foto in einer Werbeanzeige maximal 20 % Text beinhalten darf. Das macht das Bewerben von Büchern praktisch unmöglich. Ich kann mir zumindest nur durch Maschinen erklären, wie die oftmals mehr als harmlosen Cover (nicht mal Wangenküsschen wurden zugelassen; allein ein sichtbarer Brustansatz in einer Bluse war sexistisch ...) so rigoros abgelehnt werden.

FeeamPC

Selbst wenn das "nur" Werbeanzeigen betrifft, steuern wir damit doch geradewegs in jene puritanische Ecke, die im amerikanischen bible-belt die Norm ist. Und das stört mich. Gewaltig.
Gut, dass dank Tolino die anderen Ebook-Anbieter hier in Deutschland gewaltig aufgeholt haben und Amazon nicht mehr alleiniger Platzhirsch ist.

JarlFrank

Zitat von: Nika am 25. November 2015, 14:42:20
Was das für Filter sein sollen, möchte ich aber gern mal wissen. Ich hab jetzt mal testweise die Kategorie Bücher - Erotik - Romane & Erzählungen durchgeklickt. Seite 7, erstes Buch müsste schon bei Titel (den ich hier nicht wiedergeben möchte) und Cover (nur nackter Busen) heftigste Filter auslösen, auf den Seiten vorher gibt es mehrere spärlich bekleidete Paare, auch einige nackte Frauenrücken.

Man darf hier auch nicht zwei Dinge durcheinanderwerfen: Bei den Einschränkungen geht es um Werbeanzeigen, die auf allen Amazonseiten eingeblendet werden. Will man keine Werbeanzeige bei Amazon schalten, kann das Cover aussehen, wie es will, das stört Amazon nicht im Geringsten. Ich gehe auch davon aus, dass da kein Mensch sitzt, der die Anzeigen prüft, sondern eine Software die Bilder analysiert. Wie sinnvoll bzw. sinnlos das funktioniert zeigt sich nicht nur bei Amazon, sondern z. B. auch bei Facebook, wo ein Foto in einer Werbeanzeige maximal 20 % Text beinhalten darf. Das macht das Bewerben von Büchern praktisch unmöglich. Ich kann mir zumindest nur durch Maschinen erklären, wie die oftmals mehr als harmlosen Cover (nicht mal Wangenküsschen wurden zugelassen; allein ein sichtbarer Brustansatz in einer Bluse war sexistisch ...) so rigoros abgelehnt werden.

Hier ein Zitat aus dem Info-Thread des "erotic authors" forums auf reddit:

ZitatIf the adult filter is applied to a book, it will not come up in most searches, and Amazon will make it difficult to find even for people who are looking for it. What will get the filter applied?

    Any direct reference to genital contact or specific sex acts in the blurb
    Profanity in the title or blurb
    Possibly some adult warnings in the blurb, especially if you specifically say it's "for adults only"
    Covers that come close to being too explicit to be allowed at all, anything obviously simulating sex
    Samples of hardcore action in the blurb

Note I'm only referring to words/ideas in the title, cover or blurb here, not the actual content. AFAIK, Amazon never reads the actual stories, so as long as you dance around it in the title/cover/blurb, you can get away with a lot of this stuff in the stories themselves.

Eigene Erfahrungen hab ich damit zwar keine, aber von dem was ich von anderen so gelesen habe scheint das relativ willkürlich zu sein. Ein Verlag der unter anderem auch Erotik verlegt hat mal (wohl von einem übereifrigen Amazon-Mitarbeiter) alle Romanzen in die Erotik-Kategorie verschoben bekommen, und musste wochenlang emails an Amazon schreiben damit sies wieder richten. Wenn man eine Romanze in die Erotik-Kategorie geschoben bekommt, verfehlt das komplett die Zielgruppen, die gezielt innerhalb von Kategorien suchen (der Romanzenleser findets nicht, und der Erotikleser ist enttäuscht dass in dem Buch nur gekuschelt wird und gibt eine schlechte Rezension), und das schadet dem Buch.
Dann gibt es noch den besagten adult filter, der nochmal was anderes ist als die Kategorie: auch ein Buch das eh schon als Erotik eingeordnet ist kann zusätzlich dazu noch den Filter kriegen, wodurch es schwerer zu finden ist als andere in derselben Kategorie. Keine Ahnung, was Amazon damit bezwecken will - eine Einteilung in Softcore und Hardcore Erotik oder so? Dabei ist der Inhalt relativ wurscht, es geht nur um das, was auf Cover und Klappentext zu sehen ist. Das führt zu der bizarren Situation, dass irgendein relativ harmloseres Werk, das sich z.B. auf einen Fetisch fokussiert der weniger explizit ist, oder das tatsächlich nur Softcore beinhaltet, wegen seinem Cover den Filter bekommt, während ein Werk mit deutlich expliziterem Inhalt aber "anständigerem" Cover durchkommt.

Was die ganze Unfairheit noch verschärft ist, dass die besserverdienenden Amazon-Autoren weniger Gefahr haben, einen Filter über ihre Werke gesetzt zu bekommen. Wenn jemand hunderttausend Bücher pro Monat verkauft - was tatsächlich bei einigen wenigen Top-Erotik-Autoren vorkommt - dann ist es wahrscheinlicher, dass Amazon mal was "übersieht", während der kleine Autor der gerade erst sein zweites Werk auf kindle direct hochlädt den Hammer zu spüren bekommt, damit Amazon in der Öffentlichkeit sagen kann sie tun etwas dagegen, dass ihr kindle-store mit Schund überflutet wird, ohne ihren Gewinnen zu schaden. Solche "Zensurwellen" finden ab und zu mal statt und können auch ein Werk treffen, das ein Jahr lang ohne den Sonderfilter in der Erotik-Kategorie gesessen hat. Meistens wird sowas hervorgerufen wenn irgendwer irgendwo in einem Online Magazin drüber ablästert, wie viele billige Sexheftchen doch auf Amazon veröffentlicht werden - wohlgemerkt in der dafür angemessenen Kategorie der Erotik, weshalb ich mich frage warum solche Leute dann überhaupt diese Kategorie durchsuchen.

Im Endeffekt läuft das alles nur auf Imagespielchen Amazons heraus, die "Da guckt, wir machen was gegen die Schund-Flut!" sagen wollen, aber das nicht konsequent durchziehen weil sie ihre Gewinne nicht gefährden möchten. Leidtragende sind dann kleine, unbekannte Autoren und Kleinverlage. Das nimmt dann teilweise so absurde Züge an, dass einer der einen expliziten Werwolf-Porno geschrieben hat peinlichst darauf achtet, was er in seinem Cover abbildet und in seinen Klappentext schreibt, weil wildes Gepoppe im Buch selbst ok ist aber im Klappentext nicht.

Das große Problem an der Sache ist wie inkonsequent Amazon damit umgeht. Den Filter kann man als Benutzer abstellen: dann kriegt man auch gefilterte Bücher angezeigt. Aber das macht kaum jemand - viele wissen gar nicht, dass es da einen Filter gibt - weil der Großteil der Erotik-Werke KEINEN Filter drauf hat. Das heißt für diejenigen Werke, die gefiltert werden, dass sie vom Großteil der Zielgruppe nicht gesehen werden. Warum den Aufwand begehen, einen Filter auszuschalten, wenn man auch ohne Filter genügend Ergebnisse bekommt? Das macht den Filter vor allem für Leute, die gerade erst mit dem Veröffentlichen beginnen, zum Todesurteil. Wenn jemand nach "werewolf" in der Erotik-Kategorie sucht, findet er hunderte nicht-gefilterter Werke, die ziemlich expliziten Werwolf-Sex als Inhalt haben. Keiner denkt dann daran, einen Filter zu deaktivieren - der übrigens jedes Mal manuell deaktiviert werden muss. Mann kann nicht in seinem Account einstellen, dass man erwachsen ist und Kram für Erwachsene sehen möchte. Nein, wenn man im Browser seine Cookies löscht, ist der Filter wieder drin und muss beim nächsten Mal neu deaktiviert werden.

An sich ist nichts verkehrt an einem Jugendschutz im Sinne von "Das ist für Erwachsene. Möchten Sie das wirklich sehen? Wenn ja, hier klicken". Aber das ist dieser Filter nicht. Der betrifft nur einzelne Werke, keine ganzen Kategorien, und wird so willkürlich eingesetzt, dass es einfach nur unfair ist, vor allem den kleinen Autoren gegenüber. Wäre der Filter allgemein auf Erotik angesetzt wäre das kein Problem: dann deaktiviert der interessierte Leser einfach den Filter und findet dann alles. So findet er auch mit Filter genug, und die gefilterten Bücher werden von dem Großteil der eigentlichen Zielgruppe, die einfach mal im Kindle-Store nach neuen Geschichten sucht und das kauft was so als erstes kommt, nicht gefunden.

Ganz anders - und viel besser - macht das z.B. der eBook-Anbieter Smashwords. Die haben Erotik als Kategorie, die man sich in seiner Suche komplett anzeigen lassen kann, oder komplett ausblenden. Das war's. Alle Bücher innerhalb der Kategorie werden gleich behandelt. Amazon macht das, aus welchen Gründen auch immer, nicht so.

Aphelion

Meine Vermutung ist, dass Amazon vom Billigheimer-Image weg möchte, nicht nur im Buchsektor.

Nackte Haut & Co. werden nun einmal mit Porno und Erotik in Verbindung gebracht - und das gilt allgemein als billig und niveaulos. Ich möchte damit ausdrücklich nicht diskutieren, ob diese Assoziation berechtigt ist.

Waffendarstellungen scheinen häufig auf gewaltverherrlichenden Büchern verwendet zu werden, die grenzwertig sind. Umgekehrt bedeutet das natürlich nicht, dass jedes Buch mit einer Waffe auf dem Cover eine Handlung mit eimerweise Blut beinhaltet.

Beides erweckt den Eindruck, die angebotenen Bücher bestünden zum größten Teil aus Schund. Noch einmal ausdrücklich: den Eindruck.

Sollte das stimmen, kann ich es Amazon nicht einmal verübeln, denn zuweilen wirkt die Rubrikseite wie eine Mischung aus Groschenroman-Regal und Erotikshop. Aus Marketing-Sicht wäre es deshalb sinnvoll, solche Cover einzuschränken.

Wie gesagt: Das ist eine Vermutung. Amazon hat schon länger mit dem Billig-Image Schwierigkeiten. Auch die Tarifdebatte hat sicherlich dazu beigetragen. Wenn das Unternehmen weiter wachsen will oder auch nur seine Position am Markt halten soll, wird es sein Image verändern wollen.

treogen

Könnte es vielleicht damit zusammenhängen, dass Amazon im letzten Jahr extrem Marktanteile beim Ebook eingebüßt hat (mittlerweile weniger als 40% der Ebook-Umsätze in D)?
Oder geht es auch um Print?
www.verlag-torsten-low.de

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