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Rache als Sympathie-Faktor? (Prota-/Antagonisten)

Begonnen von Fianna, 20. Januar 2013, 21:03:17

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Maran

Zitat von: Jenny am 02. Februar 2013, 17:43:29
;D Was das angeht bin ich Meisterin! Nun ja, ich habe eh schon eine Schwäche für fiese Charaktere, da dürfen sie ruhig auch mal ordentlich Rache üben. Sie dürfen sich bloß nicht völlig darin verlieren.  :no:

Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt. Besessenheit ist für mich unangenehm zu lesen.

HauntingWitch

Interessantes Thema. Ich habe jetzt ein Weilchen mitgelesen und frage mich etwas ganz anderes. Es gibt hier die grosse Diskussion, ob das "Sympathisch-machen-des-Protagonisten-durch-Rache" verwerflich oder in Ordnung ist, ob Rache jemals gerechtfertigt sein kann und so weiter.

Erst einmal meine fünf Cents dazu: Ich finde, es kommt darauf an, was der Verbrecher, an dem der Protagonist sich rächt, getan hat. Es gibt Gründe für brutale Rache, die ich durchaus nachvollziehen kann und die ich auch nicht verurteile. Ich nenne da gerne des Beispiel vom Film "The Crow": Der Protagonist rächt sich auf brutalste Art und Weise an den Vergewaltigern seiner verstorbenen Freundin. Ich nun, die auf das Thema Vergewaltigungen, Missbrauch etc. sehr empfindlich reagiert, sage also: Na und? Die haben es verdient. Dabei stellt sich für mich nicht einmal die Frage (@Alia  ;)), ob der, der dem "bösen" Mesnchen Rache antut, der gute Mensch ist oder ob der andere überhaupt böse war. Für mich ist es eher so: Aufgrund meiner Wertvorstellungen sehe ich es als in Ordnung an, eine solche Tat zu bestrafen, wenn auch die Art und Weise der Bestrafung vielleicht nicht in Ordnung ist - letzteres ist für mich aber nicht relevant, weil ich die Tat selbst noch schlimmer finde. Ich hoffe, das ist nicht allzu verwirrend.

Die Frage, die ich mir aber aus Autorensicht stelle ist: Ist es denn die Rache, die sympathsich macht? Ist es das Bestrafen der schrecklichen Tat, was uns auf die Seite des Bestrafers stellt? Oder ist es nicht eher so, dass wir uns nur auf seine Seite stellen, wenn er uns ohnehin bereits schon vorher sympathisch ist (was meistens auf den Protagonisten zutrifft) und uns gegen ihn stellen, wenn er uns von vornherein unsympathisch ist (was meistens der Antagonist ist)?
Ich glaube, viel hat auch damit zu tun. Um bei meinem Beispiel zu bleiben, den Protagonisten dieses Films finde ich ab der ersten Szene sympathisch. Die Schergen des Antagonisten hingegen finde ich unsympathisch und hässlich. Also ist das mit ein Grund, warum ich das Tun des Protagonisten in Ordnung finde. Den Antagonisten aber, finde ich ebenfalls sympathisch. Und auch sein Handeln ist nachvollziehbar. Bei ihm ist es so, dass ich beim Kampf zwischen den beiden immer wieder denke: Oh nein, oh nein, bring ihn nicht um, bring ihn nicht um, das kannst du doch nicht machen... Obwohl ich im Grunde immer noch auf der Seite des Protagonisten stehe. Aber ich finde sein Handeln plötzlich weniger in Ordnung als vorher, obwohl der Antagonist der ursprüngliche Auslöser der schrecklichen Tat war, die seine Schergen begangen haben. Nur kommt beim Antagonisten der Gedanke: Aber er hat es ja nicht selbst getan. Demzufolge finde ich auch den Antagonisten "verteidigungswerter" als die anderen. Also, langer Rede kurzer Sinn: Ich glaube, sehr viel von unserer moralischen Einschätzung einer Figur hat auch mit der Sympathie zu tun, die wir für diese haben, weniger umgekehrt. Zwar beeinflusst unsere moralische Einschätzung sicher auch unsere Sympathie, aber für mein Empfinden ist das eher ein untergeordnerter Faktor.

Serena Hirano

Zitat von: HauntingWitch am 03. Februar 2013, 15:15:11
Ist es denn die Rache, die sympathsich macht?

Moin,

den Punkt finde ich sehr wichtig. Irgendwo stand ja auch, dass ein Anta durch Rache viel Tiefe gewinnen kann. Sehe ich ebenso. Ich glaube Rache ist einfach ein sehr menschliches Verhalten. Für mich gibt es kein wirkliches gut und böse, aber wenn, finde ich zum Beispiel Habgier, Neid, Eifersucht etc. Punkte, die einen Bösewicht wirklich so ungeheuer böse machen.
Rache finde ich jedoch eher ein "weiches" Mittel. Es setzt voraus, jemand wurde zutiefst verletzt, ist nicht in der Lage es zu verarbeiten, wird von Wut überrannt und weiß keinen Ausweg, außer der eigentlichen Ursache den Gar aus zu machen, bzw ihr auch etwas anzutun (müssen ja nich alle aus Rache über die Wupper gehen)

Die moralische Empfindung sehe ich dort auch eindeutig im Vordergrund. Es gibt ja Protas, die in ihrer Vergangenheit Rache an jemandem nahmen und Unschuldige mit hineingezogen hatten. (z.B wutschäumend ein Haus bombardierd und nicht nur den Feind, sondern nebenbei nette Menschen gleich mit in die Luft gejagt). Im Nachhinein, leiden sie dann unter dieser "Schuld".
Ich finde das macht den Prota jetzt nicht direkt sympathisch, aber eben menschlich. Und menschlich sein, authentisch sein, bringt einen Charakter hervor, über den ich gerne lesen mag. Wahrscheinlich spielt da wie eingangs erwähnt auch eine Rolle, dass man raushört, wie falsch die Entscheidung für den Prota doch war. Oder wenigstens, dass er diese Rache durchgezogen hat, dazu steht und mit dem normalen, noblen Leben weitermacht. Rache als Randerscheinung im Lebenslauf wenn man so will.

Mal blöd gefragt: Ist ein Protagonist, der "Böses" tut und nicht bereuht, oder eben, der diese gewisse Lesersympathie nicht ganz erhaschen kann, dann eigentlich noch per Definition der PROTAgonist??? Also mal im Ernst. Protas sind doch auch meistens die Heldenhaften. Ich hab grad kein Beispiel im Kopf, in dem der Antagonist auf einmal der Tolle war und man den Prota nicht mehr leiden konnte. Das würde ja bedeuten, wenn mein Leser das Vertrauen in den Protagosnisten verliert und mehr Sympathie für einen anderen Charakter entwickelt, dann wechselt damit auch die Rolle des Protagonisten auf den oder? Geht sowas? Hat man in so einem Fall beschissen geschrieben und seinen Plot verhunzt oder im besten Fall eine gute Wende hinbekommen? Wie wäre es, wenn z.B. der Prota aus nachvollziehbarer Rache in sein Abenteuer aufbricht, sich aber dann wirklich von ihr "verderben" lässt.