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Storyline Planung - Fragen

Begonnen von metajinx, 24. April 2012, 15:55:18

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metajinx

Grüss euch!

Ich habe die letzten 2 Wochen begonnen, mal so richtig ernsthaft an "etwas Größerem" zu planen, einfach um verschiedene Methoden und Werkzeuge auszuprobieren, die mir nützlich vorkamen. Allerdings stecke ich nun ein wenig fest, und bin unentschlossen wie ich weitermachen soll oder kann, denn die Planung muss schon fertig werden bevor ich beginne zu schreiben!
Da hier so ziemlich jeder Aktive schon eine Geschichte oder ein Buch fertiggestellt und/oder publiziert hat, hoffe ich dass ihr mich auf Fehler oder Vergesslichkeiten hinweisen könnt. Ich bin noch totaler Anfänger in dieser Hinsicht :)

Was ich bisher gemacht habe:

Grobbearbeitung
- Genre festgelegt (Dark/Low Fantasy)
- wichtigsten Protagonist über ein Charakterblatt zusammengestellt, das Name, Hintergrund, Herkunft, Aussehen, Probleme und Rolle in der Handlung enthält
- den "Sidekick" nach dem selben Schema und im selben Umfang ausgearbeitet
- Weltbeschreibung und ungefähre Region festgelegt
- Dreh- und Wendepunkt der Handlung (ein Gegenstand) eingefügt
- Wortanzahl festgelegt und auf 4 Blöcke aufgeteilt
- Pro Block Wortanzahl auf ca. 3 Kapitel aufgeteilt (das möcht ich aber noch variabel halten glaube ich)

Dann hab ich mich an die eigentliche Arbeit gemacht, und begonnen die Handlung im Groben zu planen...

Storyline-Planung
- Pro Kapitel mindestens eine handlungstreibende Aktion oder Ereignis
- Beschreibungen von Szenen die ich besonders klar vor Augen hatte, und mögliche Zuordnung zu Kapiteln (Lesehäppchen als Erinnerungsstütze also)
- Festlegen eines Handlungszeitraumes von Beginn bis Ende (soundso viele Tage sollen vergehen)
- Festlegen von Datum in der Spielwelt, und großen Ereignissen die sich gleichzeitig zutragen, wenn auch unabhängig von der Story (für Smalltalk zwischendurch, dachte ich)
- Aufstellen einer Timeline, sodass ich während dem Planen Ereignisse zu Daten und Uhrzeiten notieren kann und nicht die Übersicht verliere
- Steckbriefe von den Orten wo die Handlung bisher spielt, mit Lage, Umgebung, wichtigen Landmarken, Jahreszeit, Wetter, Gerüchen, Geräuschen und so weiter
- Beschreibung der groben Handlung in einem Blocksatz von Beginn bis hoffentlich Ende (bin erst bei der Hälfte)

Nun stecke ich wie schon beschrieben auf ca. der Hälfte der eigentlichen Storyplanung fest, und weiß nicht genau wie ich mich aus meiner Verwirrung bugsieren soll. Mir fehlt noch soviel, und von manchen fehlenden Informationen weiß ich noch nicht einmal, aber spätestens wenn ich dann anfange zu schreiben werde ich darüber stolpern und mich ärgern dass ich nicht vorher gefragt habe, als ich noch mit der Planung beschäftigt war.
Daher hier ein Haufen Fragen dazu, wie ihr bestimmte Hürden bewältigt, oder nach welchem Schema ihr arbeitet ;)

Dinge von denen ich weiß dass sie fehlen:
- Der Antagonist. Der ist momentan samt seiner Gruppe zwar grob festgelegt, aber ich komme irgendwie nicht an den Punkt wo ich ihm ein Gesicht und ein Wesen verleihen kann. Schafft ihr eure Antagonisten ganz zu Anfang, oder nebenbei, oder erst wenn die Protagonisten alle fertig sind?
- Das zu erreichende Ziel. Ich glaube hier scheitere ich tatsächlich an meinem alten Makel, kein Ende finden zu können oder zu wollen, aber in diesem Fall habe ich eher das Gefühl dass ich mir nicht zu Anfang etwas verbauen will, das sich vielleicht später ganz anders gestalten könnte. Wie findet ihr das anzustrebende Ende oder Ziel eurer Geschichte, und wann legt ihr es fest?
- Die Statisten und Nebencharakter. Ich habe teilweise Charaktere, die nur in Erzählungen vorkommen sollen, oder solche, die wirklich nur minimale Rollen spielen, wie zum Beispiel der Wirt für den der Sidekick schwärmt, der aber nie wirklich in der Geschichte vorkommt. Arbeitet ihr diese Nebencharakter trotzdem aus, und wenn ja, wie tief geht ihr mit euren Überlegungen, und wo zieht ihr die Grenze?

Dinge von denen ich nicht weiß dass sie noch fehlen!
Um es nochmal zu betonen, ich bin ein absoluter Anfänger ;) Ich habe mich einfach durch alle möglichen Storyplanungsideen gewühlt und mir herausgepickt was mir sinnvoll erschien, aber dabei habe ich sicher andere wichtige, nützliche oder sinnvolle Methoden oder notwendige Informationen zu meiner Planung übersehen. Wenn euch also gravierende Fehler in meiner Auflistung auffallen, oder ich etwas völlig falsch angegangen bin, wäre ich euch sehr dankbar dafür wenn ihr mir das um die Ohren knallt, gerne auch subjektiv. Umso mehr Feedback ich bekomme, umso leichter tue ich mir damit, mir einen Ruck zu geben und die Planung zu vervollständigen.

Ebenso: Entschuldigung an die Obermotze falls ich das falsche Forum gewählt habe, ich gebe mir Mühe! :)

Rosentinte

Hallo metajinx,

Ich finde, deine Überlegungen klingen schon sehr gut und reflektiert. Ich weiß nur nicht, ob du dir selbst zu viel Druck machst. Jeder arbeitet anders. Der eine braucht einen detaillierten Plot mit Kapitelexposés, bevor er anfängt zu schreiben, der andere füllt stundenlang Szenenbogen aus und der dritte schreibt einfach drauf los. Mir persönlich reicht z.B. eine grobe Einteilung der Geschichte in Kapitel und Szenen, mehr Plot brauche ich nicht (dafür arbeite ich mehr mit meinen Charakteren).
Hilfen zum Plotten im Forum gibt es viele, zwei Methoden, die hier z.B. vorgestellt werden sind die Schneeflocken-Methode oder die Domino-Methode (die dir vielleicht eher liegen könnte).

Zitat- Der Antagonist. Der ist momentan samt seiner Gruppe zwar grob festgelegt, aber ich komme irgendwie nicht an den Punkt wo ich ihm ein Gesicht und ein Wesen verleihen kann. Schafft ihr eure Antagonisten ganz zu Anfang, oder nebenbei, oder erst wenn die Protagonisten alle fertig sind?
Ich muss von Anfang an die wichtigsten Personen kennen, weil bei mir das Plotten hilft bzw. ich später dann ein besseres Gefühl für sie habe, wenn ich sie kenne. Aber man kann auch schreiben, ohne den Antagonisten zu kennen. Du musst dann möglicherweise damit rechnen, dass du zwischendurch das Schreiben unterbrechen musst, um den Antagonisten besser kennen zu lernen, aber prinzipiell spricht nichts dagegen. Und vielleicht wird die Story ja umso spannender, wenn du den Antagonisten auch nicht kennst...

Zitat- Das zu erreichende Ziel. Ich glaube hier scheitere ich tatsächlich an meinem alten Makel, kein Ende finden zu können oder zu wollen, aber in diesem Fall habe ich eher das Gefühl dass ich mir nicht zu Anfang etwas verbauen will, das sich vielleicht später ganz anders gestalten könnte. Wie findet ihr das anzustrebende Ende oder Ziel eurer Geschichte, und wann legt ihr es fest?
Ich denke, es gibt verschiedene Arten von Geschichten. Es gibt Geschichten, von denen weiß ich von Anfang an, wo sie mich hinführen. Es gibt aber auch Geschichten, wo ich mich während des Schreibens mit auf die Reise gehe. Und das ist auch ganz legitim. Es gibt viele, die sich anfangs nicht auf ein Ende festlegen.

ZitatDie Statisten und Nebencharakter. Ich habe teilweise Charaktere, die nur in Erzählungen vorkommen sollen, oder solche, die wirklich nur minimale Rollen spielen, wie zum Beispiel der Wirt für den der Sidekick schwärmt, der aber nie wirklich in der Geschichte vorkommt. Arbeitet ihr diese Nebencharakter trotzdem aus, und wenn ja, wie tief geht ihr mit euren Überlegungen, und wo zieht ihr die Grenze?
Hier schlägt bei mir immer die Faulheit durch. Während ich die Haupt- und die Hauptnebencharaktere (ich hoffe, es ist verständlich, was ich meine) detailliert ausarbeite, ist mir jemand, der nur ein- oder zweimal in der Geschichte vorkommt, einfach nicht wichtig genug. Die Frage ist dann: Warum wird der Wirt erwähnt? Weil er die Getränke bringt und kassiert, oder weil der den Sidekick ungewöhnlicherweise vor der Stadtwache rettet? Daran wie wichtig die Person für die Geschichte ist, messe ich, wie detailliert ich den Charakter ausarbeite.

Ich an deiner Stelle würde mir nicht so viel Stress machen. Es gibt mittlerweile tausendundeine Idee, wie man Bücher plotten kann, aber jeder muss seinen eigenen Weg finden. Und das geht nur durch Ausprobieren. Wer das Buch immer nur plant, der wird es nie schreiben. Und darum geht es doch letztendlich  ;)

LG, Rosentinte
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Zit

#2
Jop, du gehst schon recht analytisch an die ganze Sache heran, das ist das Wichtigste beim Plotten: Probleme erkennen und in Teilprobleme zerlegen.

Ich bin mir aber nicht sicher, ob du dir schon Gedanken darum gemacht hast, ganz generell, was eine Geschichte antreibt, was Spannung bringt, was Ruhe, wo beides nötig ist. Vorallem sind die Charaktere ganz wichtig. Natürlich, du hast vll. schon mal davon gehört, dass Geschichten character oder story driven sein können. Aber dennoch brauchst du Figuren, die Ziele haben -- und die diesen Zielen treu sind, weil nur danach entscheidet sich ein Charakter, was er tut oder was er nicht tut. Du magst zwar einen Ausgangspunkt haben, bspw. X muss Ding Y finden, um Z zu tun, aber dennoch hängt es von den Motivationen deiner Charaktere ab, ob sie als Nichtgläubige bei der örtlichen Institution um Unerstützung bitten oder beim geizigen König oder doch lieber beim gewieften Onkel des Protas, der Händler ist. Du verstehst?

ZitatAntagonist: Der ist momentan samt seiner Gruppe zwar grob festgelegt, aber ich komme irgendwie nicht an den Punkt wo ich ihm ein Gesicht und ein Wesen verleihen kann. Schafft ihr eure Antagonisten ganz zu Anfang, oder nebenbei, oder erst wenn die Protagonisten alle fertig sind?

Welchen Zweck erfüllt dein Anta in der Geschichte? Ist er einfach nur so da, um deiner Heldengruppe das Leben schwer zu machen? Welche Ziele und Motivationen hat er? Entscheide dich: Um diese Ziele zu erfüllen, geht er dabei rabiat vor oder gewieft? Zieht er mehr strippen wie der duppelzungige Berater des Königs oder ist er selbst König, der seine Kriegsflotte aussendet, um deine Helden platt zu machen? Für eines dieser Dinge musst du dich anfangs entscheiden, der Rest ist dann nur noch Herleitung aus gewissen Charaktereigenschaften. Ich empfehle dazu: Schmidt, Victoria Lynn: 45 Master Characters.

Meine Anta kommen wie sie wollen. Manchmal habe ich eine Idee und der erste Chara, der mir in den Sinn kommt, stellt sich als Anta vor oder er kommt später, wenn mir die Protagonisten sagen, dass da noch jemand ist, der das gleiche Ziel hat wie sie. Es ist ganz unterschiedlich, kommt immer auch darauf an, für welchen Plot ich mich entscheide. Dazu auch noch eine Anregung: Tobias, Ronald B.: 20 Master Plots. Es gib auch noch: Campbell, Joseph: Der Heros in tausend Gestalten, aber das besitze ich selbst noch nicht.

ZitatDas zu erreichende Ziel. Ich glaube hier scheitere ich tatsächlich an meinem alten Makel, kein Ende finden zu können oder zu wollen, aber in diesem Fall habe ich eher das Gefühl dass ich mir nicht zu Anfang etwas verbauen will, das sich vielleicht später ganz anders gestalten könnte. Wie findet ihr das anzustrebende Ende oder Ziel eurer Geschichte, und wann legt ihr es fest?

Das Ende ist letztlich die Summe all dessen, was vorher passiert ist. Manchmal habe ich das schon ungefähr im Kopf (Chara X soll sterben, bspw.), was sich dann entsprechend auf die Handlung auswirkt. So ein Chara-Tod sollte ja nicht aus heiterem Himmel kommen. Aber wie das dann genau als Szene aussieht ... das ergibt sich irgendwann auf dem Weg dorthin während des Schreibens.

ZitatDie Statisten und Nebencharakter. Ich habe teilweise Charaktere, die nur in Erzählungen vorkommen sollen, oder solche, die wirklich nur minimale Rollen spielen, wie zum Beispiel der Wirt für den der Sidekick schwärmt, der aber nie wirklich in der Geschichte vorkommt. Arbeitet ihr diese Nebencharakter trotzdem aus, und wenn ja, wie tief geht ihr mit euren Überlegungen, und wo zieht ihr die Grenze?

Ein Love Interest ist etwas spezielles und es kommt auch immer darauf an, wessen LI er ist. Vom Sidekick der, den würde ich nicht sonderlich ausbauen, wenn überhaupt erwähnen. Vll. wenn der Sidekick lieder nach Hause will zu seinem LI als kämpfen, dann kann das problematisch werden und dann sollte das auch irgendwann mal Erwähnung finden, nicht dass man als Leser irgendwann dasteht und sich wundert, warum der Sidekick weg ist. ;)

Nebencharaktere kriegen sicherlich Namen, wenn sie sich selbst dazu bequemen, ihn meinen Helden Preis zu geben. Sonst laufen sie nur rum, geben Infos und sind alsbald wieder vergessen. Solche Figuren sauge ich mir meistens während des Schreibens aus den Fingern und skizziere sie von der Erscheinung grob, weil sie ja auch zur allgemeinen Atmosphäre beitragen können.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Rynn

#3
Klingt, als wärst du eher der strukturelle Plotter. Das ist völlig okay, denn jeder schreibt anders. Manche plotten jede Szene durch, manche machen einen groben Umriss, manche schreiben einfach drauf los. Deshalb ist es auch etwas schwer, da Ratschläge zu geben, denn im Endeffekt funktioniert für jeden etwas anderes. Aber so ganz ohne Ratschlag will ich dich dann doch nicht ziehen lassen, dann bräuchte ich gar nicht erst posten. Also hier meine 2 Cent. ;D

Was dein Antagonisten-Problem angeht: Es klingt für mich, als ist dein Anta nur "Plotdevice", wie man so schön sagt. Nur Mittel zum Zweck, damit du etwas hast, das deinem Prota Ärger bereitet. Wenn das passiert, wird der Anta flach und schnell auch langweilig. Was ist da der beste Vorschlag? Stell dir den Anta als Prota vor. Stell sie dir vor als zwei Protas, die Unterschiedliches erreichen wollen (oder das Gleiche auf unterschiedliche Weise, je nach Geschichte); gib deinem Anta mindestens genauso viel Liebe wie dem Prota. Die hat er verdient. Er braucht einen Grund für das, was er tut, ein Ziel, das er verfolgt. Deshalb entstehen meine Antas meist sehr früh, gleich nach dem Prota; wenn es denn Personen sind. Mein aktuelles Projekt hat eher 'antagonistische Kraft' als einen Anta, das ist wieder ein ganz anderes Kapitel.

Und noch ein Tipp, was das Erreichen des Endes angeht: Denk doch mal darüber nach, was das Thema deines Manuskriptes ist. Welche Frage diskutiert es, welches Problem wirft es auf? Einige Beispiele aus meinen vergangenen Manuskripten, um zu verstehen, was ich mit 'Themen' meine: "Ist Sicherheit wichtiger als Freiheit?" habe ich in meinem NaNo-Roman als Hauptthema behandelt; andere Themen aus dem Projekt, das ich gerade beendet habe: "Hilfe annehmen ist in Ordnung."; "Will man wirklich ewig leben?"; "Sind alle Menschen gleich?" oder natürlich das klassische "Liebe erobert alles." ;) Normalerweise suche ich für meine Manuskripte ein Hauptthema und vier bis sechs Subthemen heraus. Dann weiß ich, wohin ich will, welche Problematik ich diskutieren will und oft habe ich dann eine vage Ahnung, wann ich das Ende erreicht habe: nämlich dann, wenn ich das Gefühl habe, zu allen Themen und Subthemen genug gesagt zu haben. (Die Themen-Idee stammt übrigens nicht von mir, sondern hierher. Das nur der Vollständigkeit halber!)

Aber auch da gilt, wie oben gesagt: Jeder schreibt anders. Probier aus, was für dich passt. Und wenn du ein Strukturierer bist, der alles haarklein aufgeführt haben will mit Charakterbögen für jede Figur, die mehr als zwei Szenen hat, dann ist das für dich eben das absolut Richtige. Für mich wäre das nichts. Tatsächlich habe ich es noch nicht einmal geschafft, auch nur einen einzigen Charakterbogen auszufüllen, nicht einmal für einen meiner Protas. Mir vergeht die Lust, wann immer ich das probiere. Meine Protas entstehen ... irgendwie anders, sie bleiben in meinem Kopf, ich lernen sie beim Schreiben kennen; kein Wunder, dass ich deshalb den Anfang oft noch mal etwas ändere, weil ich meist erst ab dem zweiten oder dritten Kapitel endlich ihre Stimme gefunden habe.
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

metajinx

Wow, der Tipp mit dem Thema beziehungsweise der Lehre der ganzen Geschichte ist so offensichtlich, ich weiß gar nicht wie ich das übersehen konnte. Danke Rynn! Damit habe ich gleich mal einen neuen Pegel für meine Plotterei gefunden.

Dann werde ich wohl jetzt einen Haufen Liebe in meinen vernachlässigten Antagonisten hineinstecken, dadurch ergibt sich sicher ein weiterer Berg an Ideen.

Hat mir schon viel weiter geholfen was ihr so aufgeworfen habt, da möcht' man sich gleich in die Arbeit schmeissen ;)

Judith

Du hast ja wirklich schon gewaltig viel geplottet. Ich als Bauchschreiberin bin da ganz baff vor Staunen.  ;) Vielleicht kann ich aber zu deinen Fragen dennoch ein paar Anregungen liefern:

Zitat- Der Antagonist. Der ist momentan samt seiner Gruppe zwar grob festgelegt, aber ich komme irgendwie nicht an den Punkt wo ich ihm ein Gesicht und ein Wesen verleihen kann. Schafft ihr eure Antagonisten ganz zu Anfang, oder nebenbei, oder erst wenn die Protagonisten alle fertig sind?
Nach dem, was du so schreibst, hast du also tatsächlich einen "klassischen" Antagonisten, oder? Ansonsten könnte dein Problem mit ihm auch daran liegen, dass deine Geschichte nicht direkt einen einzelnen Antagonist hat, sondern eher so schwammige Dinge wie etwa das Umfeld, die Gesellschaft, eine Naturkatastrophe oder was auch immer der tatsächliche Gegenspieler ist.
Falls du aber wirklich einen menschlichen Widersacher hast, dann würde ich ihm schon jetzt mehr Aufmerksamkeit widmen. Da du eher der Planer zu sein scheinst, hilft dir da ja vielleicht auch ein Charakterblatt oder sonst könntest du einfach mal kleine Szenen außerhalb der Geschichte (am besten welche, die zeitlich davor angesiedelt sind) schreiben und deinen Antagonisten auf diese Weise kennenlernen.

Zitat- Das zu erreichende Ziel. Ich glaube hier scheitere ich tatsächlich an meinem alten Makel, kein Ende finden zu können oder zu wollen, aber in diesem Fall habe ich eher das Gefühl dass ich mir nicht zu Anfang etwas verbauen will, das sich vielleicht später ganz anders gestalten könnte. Wie findet ihr das anzustrebende Ende oder Ziel eurer Geschichte, und wann legt ihr es fest?
Wie gesagt, ich bin eher eine Bauchschreiberin, aber zumindest das zu erreichende Ziel lege ich immer schon sehr früh fest. Mit Verbauen hat das meiner Meinung nach nichts zu tun, denn wie Zitkalasa schon geschrieben hat, kommt die genaue Ausformung dann ja erst mit dem Schreiben. Ich finde es wichtig, wenn man ein finales Ziel vor Augen hat, auf das man hinschreibt - selbst, wenn der Weg dahin noch eher im Dunkeln liegt. Und falls du beim Schreiben auf einmal merkst, dass sich dieses Ende/Ziel nicht mehr richtig anfühlt, ist es ja nicht in Stein gemeißelt.

Zitat- Die Statisten und Nebencharakter. Ich habe teilweise Charaktere, die nur in Erzählungen vorkommen sollen, oder solche, die wirklich nur minimale Rollen spielen, wie zum Beispiel der Wirt für den der Sidekick schwärmt, der aber nie wirklich in der Geschichte vorkommt. Arbeitet ihr diese Nebencharakter trotzdem aus, und wenn ja, wie tief geht ihr mit euren Überlegungen, und wo zieht ihr die Grenze?
Die meisten Nebencharaktere erwachen bei mir erst im Schreibprozess so richtig zum Leben. Allerdings bin ich grundsätzlich nicht so die Charakterplanerin. So strukturiert, wie du die Sache angehst, weiß ich nicht, ob das für dich der richtige Weg ist, aber dennoch sollte man es nicht übertreiben, denke ich. Mann muss nicht gleich jede kleine Figur, die mal rasch durchs Bild läuft, ausarbeiten.

Nayoni

Metajinx, ich bedanke mich für diesen super-interessanten Thread!  :knuddel: Habe für mich bereits Einiges aus der Diskussion mitnehmen können, also auch danke an alle für ihre Antworten.

Es ist spannend zu sehen, wie die einzelnen Autoren ihre Geschichten angehen und vor allem bin ich froh, dass auch einige Bauchschreiber mit von der Partie sind! Meine Herangehensweise ist nämlich auch eine ganz Andere: ich kenne das Überthema, die Charaktere im Ansatz und den Rahmen (also den Plot ohne Szenenabfolge) sowie den Schluss. Nach 100 geschriebenen Seiten kenne ich meine Charaktere inzwischen richtig gut und mind. 25 Seiten werden bei der Überarbeitung wieder rausgeschmissen, denn das waren alles Szenen, die ich brauchte, um den Chara besser zu verstehen, die der Leser aber nicht wirklich braucht. So unterschiedlich kann man arbeiten. Aber ich kann überhaupt keine Tipps geben, da es selbst mein erstes Buch ist und sich die Methode noch bewähren muss  ;) Das überlasse ich lieber den alten Hasen hier im Forum.

Ich bin also auch baff von deiner ganzen Vorarbeit und habe gehörigen Respekt davor! Ich wünsch dir ganz viel Spaß und Erfolg beim Schreiben!

LG Nayoni

Alana

#7
Hallo Metajinx,

tolles Thema, mit hilfreichen Antworten! Da werde ich mich bei meinem nächsten Projekt definitiv auch nochmal tiefer einarbeiten.

Ich möchte nochmal auf die Problematik mit dem Ende eingehen:
Wenn du weißt, was der Hauptkonflikt deines Charas ist und das Thema deines Romans (wie von Rynn super beschrieben, den Artikel kannte ich allerdings noch nicht, der ist wirklich gut, danke für den Link, da hab ich gleich ein schönes Zitat gefunden), dann ergibt sich das Ende meistens daraus. Bei mir ist es oft so, dass ich zuerst das Ende vor Augen habe, und dann dazu die Geschichte entwickele.
Welchen Konflikt hat der Prota? Soll er ihn lösen? Welche Motivation hat er, welche Ziele? Soll er seine Ziele erreichen oder nicht? Soll er stattdessen etwas Anderes erreichen?
Die Fragen stelle ich mir und dann habe ich eine ganz gute Ahnung, von dem, was am Ende meiner Geschichte steht. Dann kann ich mir auch ganz gut überlegen, wie ich zu dem Punkt hinkomme, und am besten ohne zu viel Ballast, was mir zugegebenermaßen noch schwer fällt.

Einen guten Anta mit nachvollziehbaren Beweggründen halte ich auch für sehr wichtig. Aktuell hat er sich mit der Geschichte entwickelt. Je mehr ich über den Plot wusste, desto mehr wusste ich über den Anta. Ich finde es sehr schwierig, Figuren komplett vor dem Plot zu entwickeln. Bei mir verläuft das meist parallel. Wenn du ernsthafte Probleme mit einem Chara hast, dann kannst du es ja auch mal mit den Vorstellungsgesprächen versuchen.

Bei den Nebencharakteren entwickle ich die Teile, die für die Geschichte oder für andere Figuren wichtig sind. Also z.B.: Warum verliebt sich meine andere Person genau in diese Nebenfigur?
Alhambrana

metajinx

Bezüglich des Endes nochmal, da mein Protagonist gerade mit soviel Liebe überschüttet wurde, dass er eigentlich einen eigenen Roman verdient...

Es gibt ja diese berühmten Action-Klischees wenn es um das Ende einer Geschichte geht. Zum Beispiel "im letzten Moment erreicht der Antagonist beinahe noch sein Ziel, bevor es zur epischen Endschlacht kommt, die der Held gerade so irgendwie gewinnt".
Ich hab zwar nichts gegen Klischees, will aber nicht gerade diejenigen benutzen, die eh so oft vorkommen dass sie einem als Erstes einfallen.
Allerdings fällt es mir auch ziemlich schwer, um diese Klischees herumzudenken, weil ich sie eben schon so gut aus so vielen Geschichten kenne, dass mein Hirn faul wird. Wie arbeitet ihr da, wenn ihr euch selbst beim Klischeeschmieden erwischt, versucht ihr die zu umgehen, oder benutzt ihr ohne schlechtes Gewissen bereits bekannte Versionen?

Zit

#9
Was mir noch wegen dem Anta einfällt: Das eine ist, wie schön gesagt wurde, ihm ebenso Liebe zukommen zu lassen. Das andere ist auch, ihn genauso mit Fehlern und Problemen auszustatten. Meine Anta entwickeln sich in letzter Zeit aus Personen heraus, die nicht einfach böse sind, weil sie die gesamt Welt vernichen wollen, sondern weil sie selbst Probleme haben, die sie lösen müssen und dabei, wie soll ich sagen, kein schlechtes Gewissen haben über Leichen zu gehen. Sie retten ihren eigenen Hintern, indem sie das Leid anderer in Kauf nehmen. Und dabei stehen sie dem Prota auch im Weg, sei es, weil sie das wollen, was er auch will oder weil der Prota den Anta zu Strecke bringen will oder umgedreht.

ZitatWie arbeitet ihr da, wenn ihr euch selbst beim Klischeeschmieden erwischt, versucht ihr die zu umgehen, oder benutzt ihr ohne schlechtes Gewissen bereits bekannte Versionen?

Pfffff ... Schwer zu sagen. Die Arten, wie man Spannung über den Plot verteilt, sind ja begrenzt. Es gibt auch einfach klassische Handlungsstränge. Um bei dem Beispiel von dir zu bleiben: Was könnte denn anderes passieren?
1. Der Anta erreicht sein Ziel nicht. -> Zack, Ende ohne dass der Held seiner Heldenfunktion gerecht wurde, indem ER den Anta aufhält und dafür sorgt, dass der Anta so schnell nicht noch mal Ärger macht.
2. Der Held gewinnt die Endschlacht nicht. -> Kommt in der Geschichte durchaus vor (je nachdem, wer für einen Held und wer Anta ist ...) -- aber das ist für den Leser nicht befriedigend, weil man für den Helden idR. fiebert, nicht für den Anta.
2.a Nach der verlorenen Endschlacht folgt: Ende. -> Unbefriedigend, weil der Held sein Ziel nicht erreicht hat.
2.b Nach der Endschlacht ist eben nicht Sense. -> Also ist es keine Endschlacht in dem Sinne, weil die finale Begegnung zwischen Held und Anta noch aussteht.

Wichtig ist einfach: Auch wenn der Anta sein Ziel erreicht, er darf nicht als Gewinner aus der Geschichte hervor gehen. Es muss immer der Held der Sieger sein, sonst wäre er ja kein Held. Welcher Barde singt schon Lieder auf Versager? (Mal die Fable-Reihe ausgenommen. ;) ) Das heißt aber nicht automatisch, dass der Held dann auch das Mädchen und die Burg bekommen muss. Ein Sieg kann auch einen sehr hohen Preis haben, zuweilen sogar das Leben des Helden oder die Welt ist von der Schlacht so im A*sch, dass es erstmal eine Weile braucht sie wieder aufzubauen, vom Kollateralschaden mal ganz zu schweigen.
Das Zweite ist: Der Sieg darf dem Helden auch nicht zu einfach gemacht werden, weil dann fehlt eben die Spannung. Dass der Anta also gerade so sein Ziel erreicht, lässt ja nochmals am Sieg des Helden (= mehr oder minder Gutem; also eher der, der unsere Sympathien hat) zweifeln.

Summa summarum: Es zählt für mich die Spannung und wenn die sich nur durch einen Klischeekniff erreichen lässt, dann beiße ich eben in den sauren Apfel. Eine Geschichte hat ja auch andererseits (gewünscht) genug Alleinstellungsmerkmale als dass das eine Klischee allzuviel ausmachen würde. (Wobei ich dann schon schauen würde, wo ich im Plot was gemacht habe, dass ich auf so ein Klischee zurückgreifen muss und ändere dann evtl. das ein oder andere, dass ich das eben nicht mehr muss.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Alana

Zitatwenn ihr euch selbst beim Klischeeschmieden erwischt, versucht ihr die zu umgehen,

Das kommt ganz darauf an. Manche Klischees mag ich, und wenn sie zu meiner Geschichte passen, dann nehm ich sie. Warum auch nicht? Es dürfen nur nicht zu viele sein.
Ich habe in einem Plotbuch den Tipp gelesen, dass am Ende auf jeden Fall der Prota aktiv zum Ausgang der Geschichte beitragen muss, anstatt das andere erledigen zu lassen, das muss aber nicht bedeuten, dass er dem Anta selbst den Kopf runter haut. Ich finde, dass man damit ganz gut spielen kann, ohne gleich in Klischees zu landen.
Das mit dem letzten Moment ist so ein Ding, das bei bestimmten Plots einfach gut funktioniert. Alles andere ist irgendwie unbefriedigend, so wie Zit es ja schon ausgeführt hat.
Alhambrana

Bianca Jones

Oh, deine Probleme kann ich echt gut verstehen, metajinx, mir gehts da oft auch so...

Bin auch noch eine blutige Anfängerin und fand toll, was die anderen schon hier geschrieben haben. Ich muss sagen, dass ich mit mehr Planung besser schreiben kann, dass ist die eine Seite, auf der anderen Seite passiert aber auch im Schreibprozess bei mir noch ganz viel, neue Charas tauchen auf oder verhalten sich anders...

Aber wie die anderen schon schrieben, ist der Anta wirklich wichtig, bei meinem jetztigen Projekt war er (bzw. sie) sogar die erste Figur, die mir in den Sinn kam - und sie ist wirklich wichtig, denn nur mit einem guten Anta kann auch der Held gut sein und sich an ihm abarbeiten. Schlechter Anta wirkt oft albern, bzw. der Held musste sich dann nie wirklich anstrengen - das kennt man ja vor allem aus Action-Filmen....